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sich mit dem anfang und versichert nur zusammenfassend nochmals dass der dichter das ganze alte und neue testament behandelt habe.

Was folgt nun hieraus? doch zunächst dass auch diese nachricht von einer poetischen behandlung des alten testamentes durch den Helianddichter durchaus unglaubwürdig ist. wenn wir nun sehen dass von den beiden zeugnissen hiefür das eine auf einem misverständnis beruht, das andere auf einer contamination dieses misverständisses mit Bedas inhaltsangabe von Caedmons dichtungen, so müssen wir meines erachtens jene nachricht als unhistorisch preisgeben, und alle hypothesen, die sich auf sie gründen, sind haltlos.

Aber es ist noch mehr zu folgern. es dürfte schwer, ja unmöglich sein, dasjenige, was ich B zugewiesen habe, von dem wenigen, was nach den ausscheidungen von Zarncke, Sievers und Roediger von dem zweiten teile der Praefatio A noch übrig bleibt, zu trennen. nehmen wir 4, 2 ff das zweimalige vetus ac novum testamentum und ebenso Igitur a mundi creatione initium capiens, juxta historiae veritatem quaeque excellentiora summatim decerpens weg, so fehlt der hauptinhalt, auf den sich alles bezieht. es blieben dann im wesentlichen von der sogenannten alten Praefatio von 4, 2 an nur noch zusammenhangslose fragmente übrig, nämlich: 1) vir quidam de gente Saxonum, qui apud suos non ignobilis vates habebatur 4, 2f; 2) der ausdruck mystico sensu depingens 4, 12 f; und 3) die fitten 4, 18. 2) hat man auf den Heliand gedeutet; 3) auf die kenntnis alt- resp. angelsächsischer epen zurückgeführt. 1) konnte B, der den Heliand vor sich gehabt hatte, ebenfalls sehr wol behaupten. man beachte auch die durchgehende bezeichnung des dichters als vates von 4, 2 an: 4,3; 4, 20; Versus 24. man vergegenwärtige sich dass wir in B einen mann erkannt haben, der jeglichen historischen sinnes bar ist, einen compilator, der die verschiedensten nachrichten und kenntnisse zusammenrafft und vereinigt, wenn sie auch nur eine entfernte beziehung zu dem haben, was ihm am herzen liegt. wir müssen völlig davon absehen, das zu urgieren, was uns heute mit recht anstofs erregt. das ist nicht der richtige gesichtspunct, und jede gegenargumentation in diesem sinne muss ich von vorne herein zurückweisen. ich begnüge mich damit, die richtigkeit der überlieferung nachzuweisen, und verzichte darauf, ihre vortrefflichkeit zu erweisen, weil sie, wie ich gezeigt zu haben glaube, im vorliegenden falle nicht existiert.

In diesem sinne behaupte ich die einheit der Praefatio A von 4,2 an, der Praefatio B und der Versus.

Es bleibt also von A übrig das stück 3, 1-4, 1 incl., abgesehen von den widerum durch Zarncke, Sievers und Roediger ausgeschiedenen interpolationen. dies stück kann sehr wol eine selbständige Praefatio gewesen sein. die tätigkeit von B denke ich mir nun so: er dichtete die Versus und vereinigte in ihnen das, was er vom Heliand zu wissen glaubte, mit der sage von Caedmon. er fand die Praefatio vor. möglich dass sie sich auf den Heliand bezog, jedesfalls bezog er sie darauf. er führte das dort nur angedeutete weiter aus (4, 2 ff) und verquickte es widerum mit dem, was er wuste, einerseits und mit der Caedmonsage andererseits. dass bei der zusammenfügung so verschiedenartiger elemente etwas einheitliches nicht herauskommen konnte, versteht sich.

Nur in der alten Praefatio (A) ist Ludwig der fromme genannt. nur in B ist das werk, welches auf seine veranlassung entstanden sein soll, so genau bezeichnet, dass man an den Heliand denken muste. A und die bezüglichen angaben von B fasste man bisher als ein ganzes. wenn sich nun zeigt dass ein solches ganze ursprünglich nicht existiert hat, dass vielmehr A und B künstlich zusammengefügt sind, zusammengefügt durch B, den wir hinreichend kennen, um ihm ein historisches gewissen nicht zuzutrauen, so wird damit die beziehung zwischen Ludwig und der Helianddichtung von dem standpunct einer wol überlieferten tatsache auf das niveau einer möglichkeit herabgedrückt, die von wahrscheinlichkeit oder gar sicherheit weit entfernt ist.

Erlangen.

A. WAGNER.

ZU WALTHER UND HILDEGUNDE.

Weinhold hatte in den Mitteilungen des historischen vereines für Steiermark ıx 51 f die bruchstücke einer hs. des gedichtes von Walther und Hildegunde publiciert, Müllenhoff dann Zs. 12, 280 f dieselben wider abgedruckt. durch die besondere güte des directors unseres landesarchives, herrn prof. dr vZahn, ist Z. F. D. A. neue folge XIII.

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es mir möglich geworden, die fragmente neuerdings in aller musse zu prüfen. seit Weinhold sie las, ist offenbar einiges mehr als damals zum vorschein gekommen; die säuberung oder angewandte reagentien haben erst allmählich gewürkt, auch habe ich unter sehr günstigen umständen arbeiten können. so erklärt es sich dass die folgenden bemerkungen nicht unerhebliche zusätze bieten.

Auf einem von Weinhold nicht erwähnten stückchen pergament, das früher durch leim und papier ganz verdeckt war, lässt sich nun der anfang der letzten zeile einer seite erkennen mit den drei buchstaben .ret., welche das ende eines verses gebildet haben. auf dem stückchen, das als schluss einer seite und zeile (rechts ausgehend) michel on enthält, ist nun als anfang der letzten zeile der anderen seite (links beginnend) zu lesen: vngewan.d.... s. I sp. 1 z. 2 ist der buchstabe vor v sicher e gewesen. z. 5 ist statt ir er nunmehr deutlich war zu sehen. z. 8 steht mte vor Walther, darnach: n. sp. 2 z. 8 nach ich fünf spitzen von buchstaben, alle nicht über die linie ragend; vor lde ist o erkennbar, der buchstabe vorher wahrscheinlich w, gewis nicht s. s. II sp. 1 z. 8 ist noch zu lesen: sprach nemen (?) sold icht mit mir -3; sp. 2 z. 7 nach d noch i und z. 8: chet. nimm vor -. chet steht also am ende eines verses.

Graz, 17. 1.81.

ANTON SCHÖNBACH.

BEMERKUNGEN ZU DER REISE VON
VENEDIG NACH BEIRUT.

Die von Henrici oben s. 59 ff herausgegebene höchst interessante beschreibung der reise von Venedig nach Beirut verdient in mancher weise unsere aufmerksamkeit. es lassen sich dazu aber in bezug sowol auf die italienischen termini technici wie auf das seewesen überhaupt mehrfache erklärungen oder auch besserungen bieten.

Zunächst im allgemeinen ergibt sich klar dass die gesammte mannschaft und die passagiere kein logis unter deck haben, die letzteren also sämmtlich nach heutigem ausdruck deckpassagiere sind; sogar die 'herren' scheinen unter ihrem regendach im 'popen' dh. auf dem hinterdeck ständig oben zu bleiben; der raum unter deck ist nur magazin- und laderaum, der durch querschotten in 4 getrennte abteilungen (compartments) geschieden ist; möglicher weise, wie unten s. v. sentna anzugeben, auch nur in drei.

Die galei oder galeere führt nur einen mast, auch keinen bugspriet; der mast nur eine rah, den segelpaum ubertwerch, s. 63, 80 f: dadurch ist die bezeugung mit segeln durchaus bedingt.

Der capitanio (61), capitaner (63, 66), capitany (65, 121) ist nicht unser capitain oder schiffer; er ist der von der signoria bestellte flotten - oder geschwadercommandant, weshalb er auch 4 edelleute als diener hat. diese stellung ergibt sich aus dem zusammenhange ganz klar, darnach erklären sich denn auch die zeilen 67, 189 ff, die nicht verdorben erscheinen.

Die öfter genannten herren, die 'im popen' sitzen, sind nach 61 deutlich capitanio und patrono, wozu wol priester und richter zu zählen; nach dem 65, 121 gemachten gegensatze: der capitany und der patron und die hern scheinen auch vornehme passagiere dazu gezählt zu werden.

Zu den eigentlichen officieren der besatzung gehört auch nicht der patro oder patrono (61.65, 121), wol zu unterscheiden von dem geswornen patron. er erhält daher ebenso wenig sold wie der capitaner, er ist eben der eigentümer oder rheder des schiffes selbst, wie ich auf amerikanischen schiffen ihn als the owner getroffen, der nicht selber schiffer ist, sondern nur die kaufmannschaft besorgt.

Der erste officier, dem die navigation obliegt, und der auf unseren kauffarteischiffen capitän heissen würde, ist der comita (61), seine 8 gesellen, die nach den karten und den sternen und, wie sich nachher ergibt, dem compass fahren, sind die eigentlichen seeleute gegenüber den ruderern und der kriegsbesatzung, den schützen. sein platz ist auf der truben vorn am popen (63, 58), was eine erklärung nicht fand. der reisebeschreiber hat augenscheinlich ein italienisches wort verderbt oder misverstanden; vermutlich ist in der truben aus intrapertura, fr. entrouverture, entstanden, ein halbgeschlossener raum vor dem hinterdeck; oder der mittelraum, wo ruderer und schützen hausen, hiefs troppa, truppa, fr. la troupe.

Der zweite officier ist der pedotta (61), von Breusing im Jahrb. f. niederd. sprachf. 5, 9 ff richtig abgeleitet von πηδόν, πηδάλιον, etwa πηδώτης, aber insofern irrig definiert, als er mit 'lothen' nichts zu tun haben soll. hier lothet er gerade, misst mit dem blei, und sitzt mit der lothleine (62, 57) im kelin schifflein. während kelein = kalein = galein von Henrici richtig gedeutet ist, fragt es sich aber, was kelin schifflein heisst. schwerlich hat der reisende geradezu übersetzen wollen, er hörte also schifo oder schiffetto, kahn oder trog, und das war vermutlich der name des behälters zum aufbewahren und zum ablaufen lassen der lothleine.

Mit dem nächsten officier ist der erzähler in eine gewisse verwirrung geraten; er nennt ihn (61) eyner der das schiff wendt hinden an dem thymon; aber er selbst sagt später dass einer der gesellen des comita am timon (steuer, eig. steuerhandhabe, lat. temo, die deichsel) steht, wie auch richtig ist: der mann am steuer ist ein matrose, nicht der steuermann. aufklärung gibt 65, 124: ein salige nacht dem (des) tymon und dem der den tymon went; offenbar ist ersteres nicht das steuerruder, sondern der officier: der timoniere oder timonista, der zweite ist der mann am steuer. ersterer kann auch s. 61 nur gemeint sein.

Der nächste officier ist ein gesworner patron (61) oder unterpatron (63, 61), welcher seinen platz nahe dem mastbaum mitten in der kallein hat. im soldverzeichnis ist offenbar der padron zu Radon (68, 224) derselbe officier und ist nur patrono giurato (vom schreiber gesprochen: zurado) zu lesen; 69, 242 ist abermals derselbe zu verstehen.

kon (62, 36), hinter den knechten, ist für keln' verlesen oder verschrieben, denn der 63, 65 genannte kelner fehlt hier.

61, 27 ist zu interpungieren: oder sicherheyt, warumb ist, die weyll sie auf dem mer sein dh. sicherheit geben für die strittige sache (warumb ist), so lange man noch auf see ist.

62, 46. die vier locher, do man hinabsteigt sind die 4 luken, sie werden von hinten (oben) nach vorn gezählt. die erste, namenlose 62, 48 kann nicht, mit H., fonte puzzolo genannt werden, sondern nur porta della fondega, wie unten zu sehen. die zweite kann auch nur porta della sentna heissen, ist aber statt 'kellerluke' kurzweg auch 'keller' genannt; sie führte in den tiefsten, untersten schiffsraum, wie der name sentna ergibt, der als proviantmagazin diente; war dieser zugang schornsteinartig angelegt,

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