Page images
PDF
EPUB

welchem die Minderzahl der evangelisch gesinnten Abgeordneten des Bürgerstandes mit der Mehrs zahl der Prälaten und des Adels in Streit gerieth. Der Markgraf gab eine ausweichende Entscheidung,

fern geistlichen und weltlichen verständigen Räthen gemeldter neuen oder strittigen Lehre und Bücher halben einen Auszug zu machen, oder davon zu rathschlagen." Von der Lith, S. 43. Wie sehr das Volk bereits evangelisch gesinnt und für die Kirchenverbesserung empfänglich war, beweist die damals übergebene Bittschrift der sämmtlichen Städte ober und unter dem Gebirg, welche von der Lith S. 45 mitgetheilt hat, und worin folgendes vorkommt: „So ersuchen und bitten wir demnach E. F. G. ganz unterthäniglich und demüthiglich, um Gottes des Allmächtigen und seines eingebornen Sohnes unsers lieben Herrn Erlösers und Seligmachers Christi willen, E. F. G. wolle als löblicher christlicher Fürst uns und gemeine E. F. G. christlich Unterthan bei dem heiligen göttlichen Wort handhaben und daran seyn, daß solches allenthalben lauter und rein ohne menschliche Zusäße gepredigt werde, uns auch gnädiglich zulassen, daß wir uns nach Ausweisung des Worts Gottes, der Werk und Frucht desselben, als das Sakrament in beiderlei Gestalt zu empfahen, deutsch Meß zu hören, und Anderes, was das Evangelium mit sich bringt, wie auch an viel andern christlichen Orten jego beschieht, gebrauchen mögen, oder aufs wenigst nit dawider seyn, wenn wir uns deß also für uns selbs gebrauchen, so viel wir mit dem heiligen Evangelium ausführen mögen, dabei wir auch genesen und sterben wollen u. s. w. Allein die Prälaten, Aebte, Stifter und Klófter wollten von solcher evangelischen Wahrheit nichts wissen. Aecht evangelisch war der Rathschlag der sechs evangelischen Prediger, welcher nebst dem papistischen dem Markgrafen vorgelegt wurde, und aus denen Lith S. 52 ff. und 114 Auszüge mittheilt. Auch haben Luther, Jonas, Bugenhagen und Melanchthon den ersteren sehr gebilligt und sich gefreut, daß „anderswo solche Leut seynd, denen die rechte Wahrheit so ernstlich und treulich zu Herzen gehet." Von der Lith. S. 110 ff.

[ocr errors]

in der zwar das Predigen nach dem lautern Evans gelium befohlen, aber auch Aufruhr und Zänkerei den Predigern untersagt wurde. Wo das reine Evangelium gelehrt wurde, durften auch Aenderungen in den Gebräuchen, deutsche Messe, deutsche Laufe, Abendmahl unter beiden Gestalten, Vers heirathungen der Priester u. d. gl. vorgenommen werden. Als nun im folgenden Jahre der Bauernkrieg ausbrach, drohte den Evangelischen große Verfolgung, von welcher der Markgraf nur durch seinen mitregierenden Bruder Georg, der in Uns garn lebte, abgehalten wurde. Dieser erklärte: ,,es wolle sich gebühren, das lautere wahre Gotteswort nach Christi Befehl allenthalben zu verkünden, sintemal es das höchste Gut sei." In dems selben Sinne schärfte er den Ansbachischen Räthen in einem aus Crackau erlassenen Schreiben ein: ,,daß, dieweil nicht wenig, sondern merklich und groß daran liege, daß eines Fürsten Räthe christ, lich, gottesfürchtig und gute Leute seien, und also den Fürsten, als einen Vorgeher seiner Unterthanen, mehr auf göttliche Liebe denn menschliche Furcht weisen, unangesehen einiges zeitlichen Genieß oder Schadens, so sei dem allen nach an sie sein Be gehren und Befehl, daß sie seinem lieben Bruder Markgraf Casimir getreulich rathen, helfen und daran seyn wollen, daß vor allen Dingen das heilige göttliche Wort, alten und neuen Testaments, lauter und rein, und nichts, das dawider ist, in ihrer beider Fürstenthum und Landen gepredigt

werde, auch seine Lieb gestatten, daß sich alle ihre Unterthanen demselben heiligen göttlichen Wort gemäß halten mögen, ungeachtet was durch menschliche Sagungen, die Seele und Gewissen betref fend, dawider gebrauchet und herkommen ist: denn nicht allein vergeblich und unnüz, son dern auch schimpflich, gotteslästerlich und verdammlich wäre, daß man das heilige götts liche Wort allein zu einem Schein lauter und rein predigen, und nicht demselben gemäß leben, sondern dawider die christlichen Zuhörer des göttlis chen Worts von ihrer christlichen Freiheit, durch Christum, unsern Herrn, so theuer erworben, auf unchristliche Menschensagungen dringen soll.“ Der dritte Bruder Casimir's, Markgraf Johann, war Vicekönig in Valencia in Spanien, und nahm an der Kirchenveränderung aus Unkenntniß der Sache keinen Antheil.

M. Casimir konnte den Bewegungen seiner evangelisch gesinnten Unterthanen nicht ganz widers stehen, und erließ auch im J. 1525 eine Verords nung, welche die Verkündigung des lautern Wors tes Gottes alten und neuen Testaments den Pfarrern zur Pflicht machte, wenn er gleich die Wins kelmessen und andere Mißbräuche nicht abzuschafs fen wagte. Aber auf neue Bittschriften der Städte Schwabach, Onolzbach, Baireuth, Kigingen, Uffenheim, Gunzenhausen und Roth, die alle von dem rechten göttlichen Triebe des Evangeliums zeugs ten, ertheilte Casimir abermals ausweichende Ant

worten. Wegen der Empörungen und Unruhen gebot er Vorsicht im Predigen des Glaubens, und schützte seine Unterthanen gegen die Klagen des Bis schofs zu Bamberg. Eben so unbeständig zeigte sich Casimir im I. 1526, in welchem er das Fronleichnamsfest wieder zu feiern befahl, obschon ihm Vogler und Johann von Waldenfels in das Gewissen redeten. Allein auch von päbstlicher Seite erschien ein schmeichelhaftes Breve, welches den Markgrafen der evangelischen Sache abgeneigt zu machen suchte. Er erließ einen Landtagsab schied, worin eine Vereinigung des Lutherthums und Pabstthums versucht wurde, die aber die Evangelischen nicht erfreuen konnte, so löblich auch sein Bestreben war, die Gebräuche vom Schlamme der Zeit zu reinigen. Daher schrieb ihm unter andern sein evangelisch gesinnter Bruder Georg: ,,Wo Jedermann des Teufels will seyn, so will ich Gott vertrauen und meine Seele nicht williglich verdammen. Ich werd mit der heiligen Schrift geweiset." In demselben Sinne schrieb M. Georg im J. 1528 an den römischen König Ferdinand:,,So will uns je nicht gebühren, auf die Menge der Menschen, die sind hohes oder nieders Stands, Concilien oder derz gleichen, noch auf unsere Vorfahren zu sehen, unser selbst und der Unsern Heil zu versäumen, und eines merklichen Unraths, Widerwärtigkeit und Zertrennung friedlicher Einigkeit bei den Un: fern zu gewarten, sondern vielmehr geziemen, Got:

tes reines ungefälscht Wort für uns zu nehmen, und nach demselben einigen gerechten Richtscheid uns selbst und die Unsern zu regieren; denn das allein ist der rechte Weg, die Wahrheit und das Leben, ja Gottes Sohn und unser Heiland selbst *)."

Die schwankende Lage zwischen Lutherthum und Papstthums dauerte bis in das Jahr 1527, in welchem M. Casimir in Ofen starb. Georg, der den Namen des Frommen erhielt, obgleich öfters Eigennut seine Handlungen leitete, erhielt

"

*) Da M. Georg von manchen Schriftstellern über Gebühr gelobt, von andern zu hart getadelt wird, so seße ich ein treffendes Urtheil über ihn her, das Herr Pfarrer Dorfmüller in Weiden, ein genauer Kenner der fränkischen Geschichte, in einem Briefe an mich gefällt hat. In ei nem so leicht beweglichen und gutmüthigen Herzen mußte der Funken der Wahrheit einen bereiten Zunder finden. Seine besonders früher lebhaft sich kundgebende Liebe zu dem göttlichen Worte, sein Haß gegen die Feinde des Evangeliums, sein Vertrauen auf die Hand des Allmächtigen, waren gewiß aufrichtig, wenn auch Leidenschaftlichkeit, Gewöhnung an ein schwelgerisches Leben und Mangel an Entschlossenheit, sobald er überlegte, es nicht zur wahren und bleibenden Frucht der Frömmigkeit kommen ließ. Die Größe der Versuchung, das Beispiel anderer Fürsten, die Geldnoth mag seine früher geäußerte Gewissenhaftigkeit hinsichtlich der Kirchengüter überwunden haben. Unwandelbare Grundsäße und deren Befolgung darf man bei einem solchen Character nicht suchen. Die Nachwelt hieß ihn den Frommen, mehr nach dem, was unter seiner Regierung geschah, und nach einzelnen Muthäußerungen, als nach Gesinnung und Leben urtheilend; ohnedieß ist es Fürsten selten vergónnt, ihre eigene Ueberzeugung, ohne Einfluß politischer Verhältnisse, auszusprechen, und der Wahrheit reine Opfer zu bringen, auch wenn sie wollten."

« PreviousContinue »