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Zu Luther's religiösen Zweifeln an der Recht mäßigkeit eines Waffenkampfs gesellten sich noch die besondern Mißhelligkeiten wegen Zwingli's Vorstellung vom heiligen Abendmahle, welcher Strasburg und andere Städte beipflichteten; dann die Bes sorgnisse wegen des unruhigen Landgrafen Phi

hat, und dazu keine Frucht bringen mag, angesehen, daß solch Bündniß unnöthig ist; denn der Papisten Haufe nicht so viel permag, noch so viel Herz hat, daß sie sollten etwas anfahen, und hat Gott allbereit uns gegen sie mit guten Mauern seiner Kraft verwahret. So schafft auch folch Bündniß nicht mehr, denn daß der Widertheil verursacht wird, auch Bündniß zu machen, und vielleicht, als zur Wehre und Schuß, daneben denn thun möchten, das fie sonst wohl ließen." Vgl. de Wette's Samml. 3. Bd. S. 455. In gleichem Sinne schrieb Luther am 18. November 1529:,,Noch hat Gott gnädiglich immerdar ausgeholfen und E. C. F. G. festen Muth gegeben und ohne Trost beide leiblich und geistlich nicht gelassen, sondern wunderbarlich alle bóse Tücke und Stricke des Teufels aufgedeckt, zerrissen und zu Schanden gemacht. Er wird's auch fürder nicht böse machen, so wir glauben und bitten, Wir wissen ja gewiß, haben's auch in öffentlicher Hülfe Gottes erfahren bisher, daß unsere Sache nicht unser, fondern Gottes selber ist. Das ist ja unser Troß und Trost; darum er sich als ein treuer Vater solcher seiner Sachen also angenommen und vertheidiget, daß wir müsə sen békennen, es sei über unsere Kunst und Macht gewest, und hätten also nicht mögen mit unserer Vernunft regieren, vertheidigen oder ausführen. Wir wollen, ob Gott will, mit Bitten und Flehen gegen Gott mehr ausrichten, denn sie mit allem ihrem Troßen. Allein, daß wir unsere Hände rein von Blut und Frevel behalten, und wo es dazu káme (als ich nicht meine), daß der Kaiser fortdringe, und mich oder die andern forderte, so wollen wir für uns selbst mit Gottes Hülfe erscheinen und E. C. F. G. in keine Gefahr sehen," De Wette, Th, 3.

S, 526.

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lipp von Hessen, an dessen Luft zu Klösterstürmen die protestantischen Stände im Falle eines Kriegs Antheil nehmen und die Schuld mittragen müßten.

Man kam im October in Schwabach zusammen, wo ein Glaubensbekenntniß in 17 Artikeln, die Luther und Melanchthon in Marburg aufgesezt hatten, vorgelegt wurde. Aber weder hier. noch auf den Versammlungen zu Schmalkalden und Nürnberg, die bald nachher folgten, wurde eine engere Vereinigung bewirkt. Denn die Streiz tigkeiten wegen der Abendmahlslehre giengen noch fort; auch stritt man sich darüber, ob zuerst das Bündniß, oder der Religionspunkt vorgenommen werden sollte. So gieng man wieder auseinander und hatte nichts weiter zu Wege gebracht, als daß jeder Reichsstand zu Hause überlegen möchte, was zu thun wäre, wenn der Kaiser Gewalt brauchen. würde.

Da kündigte der Kaiser von Bologna aus am 21. Januar 1530 einen Reichstag an, der am 8. April in Augsburg gehalten werden sollte. Das Ausschreiben war in den gelindesten Ausdrükken abgefaßt. Unter Anderem hieß es:,,eines Jeglichen Gutbedünken, Opinion und Meinung zwischen uns selbst in Liebe und Gütigkeit zu hören, zu vers stehen, zu erwägen, die zu einer einigen christlichen Wahrheit zu bringen und zu vergleichen; Alles, so zu beiden Theilen nicht recht ist ausgelegt oder gez handelt, abzuthun; durch uns Alle eine einige und wahre Religion anzunehmen und zu halten, also

Alle in einer Gemeinschaft, Kirchen und Einigkeit zu leben.")

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Wie es gekommen sei, daß der Kaiser, der eis nige Monate zuvor die Gesandten der protestantis schen Stände so herrisch behandelt hatte, und ges rade damals mit dem Pabste in vertraulichem Um gange lebte, nun ein mildes Schreiben erließ, das rüber haben sich die Gelehrten fast in Muthmassun» gen erschöpft. Es bleibt auch das Ausschreiben ein merkwürdiges Actenstück, und steht mit dem früheren und späteren Benehmen des Kaisers in einem gewissen Widerspruche. Indessen treten wir nicht der Meinung derer bei, welche hier einen fein angelegten Plan vermuthen, nach welchem Kaiser Carl, um seine Macht zu vergrößern, eben so sehr die Protestanten als den Pabst demüthigen wollte. Wir betrachten die Sache, wie sie dem Unbefangenen auf den ersten Blick erscheinen muß, und wie sie sowohl aus dem Ausschreiben, als aus der Eröffnungsrede und den übrigen Handlungen des Kaisers ers hellt. Zu der milderen Form mag der Kanzler Gats tinara **) Manches beigetragen haben; dazu mag

*) Weber's kritische Geschichte der Augsburg. Confession. Th. 1. S.4 ff.

**) Von ihm schrieb Melanchthon: „Man behauptet durch, gehends von Gattinara, daß er der rechtschaffenste, weiseste Mann und wirklich ein anderer Ulpian gewesen.“ Ueber ihn außerten sich auch die Nürnberg. Gesandten im Bericht vom 8. Jun. sehr günstig. Reichstags - Acta. Bl. 35. Sein Freund, Cornelius Scepper, Vicekanzler beim ehemaligen Könige Christian von Dánemark, versicherte,

der Kaiser selbst auf den Gedanken gekommen seyn, daß zur Wiederherstellung der Eintracht der Weg der Güte für den Anfang vorzuziehen sei. Denn an der Eintracht im deutschen Reiche lag ihm aus politischen Gründen Alles; sie war aber durch die Reformation der Kirche gestört. Das kaiserliche Wort ward von den protestantischen Fürsten, die ihre volle Unabhängigkeit zu erringen schienen, gering geachtet; ein verheerender Bauernkrieg, und eine schwärmerische Secte der Wiedertäufer hatten die Zwietracht, wenn auch ohne Schuld der Refors matoren, genährt; immer mehr Fürsten und Städte schienen sich der jungen Kirche anzuschließen und eine neue Ordnung der politischen Welt herbeizus

Gattinara habe kurz vor seinem Tode vor vielen Vornehnen gesagt:, ich wünsche und bitte nichts mehr, als daß der Churfürst von Sachsen standhaft im Bekenntniß des Evangeliums beharre und auf ein freies, christliches Concilium dringe." Eine ähnliche Gesinnung verrieth der Cardinal von Mainz gegen den Nürnbergischen Gesandten Christoph Kreß. ,,Er wollte kais. Maj. keineswegs rathen, im Handel des Glaubens ungnådig oder rauh zu handeln, sondern daß es Ihre Maj. ordentlich und durch ein Concilium zu ertragen fürnehme, wie auch bisher auf allen Reichstagen die Meinung gewest. Denn, wo kais. Maj. die Schärfe gebrauchte, und wieder aus dem Reiche zoge, wáre gut zu gedenken, daß sich eine neue Unruhe im Reich erheben und vielleicht an den Geistlichen am ersten ausgehen würde. Seine churf. Gn. sagte auch: es würde ihr bei Etlichen verargt, daß sie sich mit Hessen vereinigt hätte. Aber Se. churf. Gn. Meinung wäre allerdings zum Frieden geneigt. Und daß sie schlechts nit kriegen könnte noch wollte, darum sie mit Jedermann begehret, einig und friedlich zu seyn." Bericht der Nürnb. Gef. v. 26. Mai. Reichstags - Acta, Bl. 15.

führen, bei der die alte nothwendig verlor; im Osten erhoben sich die Türken zu einem nie gesehenen Glanze, und rissen ein Stück nach dem andern vom Kaisers reiche. Eintracht forderte zugleich das kirchliche Interesse des Pabstes, der dem Kaiser mit der Ausrots tung der neuen Keßerei sehr anlag. Diese Eintracht persönlich durchzusehen, verfügt er einen Reichstag, dem er selbst beiwohnt; von dieser Eintracht spricht die Eröffnungsrede ganz unumwunden, ja man kann nicht leugnen, daß alle Maßregeln des Kaisers auf dem Reichstage und selbst späterhin von dies sem Grundsage geleitet zu seyn scheinen. Es war zwar Alles Politik; allein wer konnte von Carl etwas Anderes erwarten? Die Zuneigung gegen eins zelne protestantische Fürsten, seine Nachgiebigkeit in gewissen Punkten, um hier die Kraft der Gegner zu schwächen, dort eine gleiche Nachgiebigkeit zu erringen, ja, als alle Unterhandlung zu keinem Ziele, vielmehr zu bestimmterer Scheidung und grö ßerem Widerwillen auf beiden Seiten führte, selbst die Härte im Reichsabschiede erscheint nicht auffallend, wenn man die Lage des Reichs, die pers sönlichen Wünsche und Hoffnungen des Kaisers, das Geschrei der päbstlichen Theologen, der vertries benen Mönche und der beraubten Bischöffe erwägt. Dazu war der Kaiser in seiner Art religiös, und zweifelte weder an der Vortrefflichkeit und Wahrheit des damaligen katholischen Glaubens und der katholischen Gebräuche, noch mochte er daran zweifeln. Erwägt man nun alle diese Umstände und

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