Page images
PDF
EPUB

nen.“ Eine würdige Rede, wenn gleich die mensch: liche Verzagtheit davor warnen mochte. Gesetzt auch, es war dem Churfürsten eine Verrätherei zus gedacht, woran man aber zu glauben keine gez gründete Ursache hatte, oder es war mißlich, vor dem Kaiser den neuen ihm verhaßten Glauben ohne Rückhalt zu bekennen: so war es auf der andern Seite auch kein evangelischer Muth, Schrecknisse der Menschen zu fürchten, da es Gottes Sache und Ehre galt, so war es eine Aufforderung für den Kaiser, nun um so nachdrücklicher gegen den Protestantismus zu verfahren.

Der Churfürst reiste am 3. April 1530 mit seinen Theologen von Torgau ab, und kam am 16. April nach Coburg, wo er Luther'n auf der Ehrenburg, nach besonderem Anrathen der Stadt Nürnberg, zurückließ, um in Augsburg dem Kaiser und den katholischen Ständen durch den Ans blick des ersten Glaubenshelden, der überdieß in des Pabstes Bann und des Kaisers Acht war, kein Aergerniß zu geben, ihn aber doch für den Fall, daß man seines Beistandes oder Rathes bedurfte, in der Nähe zu behalten. Am 27. April kam der Churfürst noch Nürnberg, hörte den Andreas Osiander in der Lorenzkirche, und den Joh. Agricola, den der Graf Albrecht von Mansfeld mitgenommen hatte, in der Frauenkirche predigen. Melanchthon und Jonas besuchten den Wilibald Pirkheimer, der, obschon er dem katholischen Glauben treu blieb, doch Luther'n sehr schäßte,

aber durch Osiander's Heftigkeit gegen die Refor mation eingenommen wurde.

Am 2. Mai langte der Churfürst von Sachsen als der erste von den protestantischen Fürsten in Augsburg an. In seinem Gefolge befanden fich die Kanzler Brück oder Pontanus und Bayer, dann die Theologen Melanchthon, Jonas, Spas latin und Joh. Agricola. Zehn Tage später traf der Landgraf von Hessen ein. Beide ließen zu großem Aergerniß der katholischen Geistlichen, aber auf Verlangen Augsburgischer Bürger in der Dominikaner- und Katharinenkirche predigen. Der Landgraf hatte sogar die Domkirche gewählt, bes gnügte sich aber bald nachher, weil das Aufsehen zu groß wurde, mit der Ulrichskirche. Dieß veranlaßte eine Berathung mit den Theologen, ob man die evangelischen Predigten werde einstellen. müssen, oder ob man sie werde fortsetzen und vers theidigen können. Melanchthon fand hierin nichts Unerlaubtes und bezog sich auf den Reichstag zu Speier. Ueberdieß predige man das lautere Evans gelium, das keinem Menschen verboten werden dürfe. Jedoch rieth er zum Gehorsam, wenn sich der Kaiser nicht durch Bitten auf andere Gesins nungen werde bringen lassen. Gleicher Meinung war Luther, dem der Churfürst die Gutachten der Theologen zusandte. Auf die Frage, was zu thun wäre, wenn der Kaiser das Essen von Fleischspeisen an den in der römischen Kirche verbotes nen Tagen untersagen wollte, erwiederte Melanch

thon: in einer Sache, die Gott weder geboten noch verboten habe, müsse man dem Kaiser zu Willen seyn. Doch glücklicher Weise fügte es sich anders, als man geahnet hatte.

Ehe wir in der Erzählung weiter gehen, müs sen wir aus dem Briefwechsel, den der Churfürst mit Luther'n unterhielt, ein Paar Stellen ausheben, weil diese Briefe nicht nur einen wesentlichen Einfluß auf die Handlungsweise des Churfürsten ausübten, sondern auch die Theologen zum uners schütterlichen Festhalten an der evangelischen Wahrheit anfeuerten. Am 20. Mai schrieb Luther: ,,Gott zum Freund haben, ist ja tröstlicher, denn aller Welt Freundschaft haben. Dagegen sehen

wir, wie Gott die wüthigen und zornigen Fürsten nicht werth achtet, daß sie sein Wort kennen oder haben sollen. Ja sie müssen verblendet und vers stockt dasselbige lästern und verfolgen, als die Rasigen und Unsinnigen, welches schreckliche Zeichen sind seiner großen Ungnad und Zorns über sie. Deß sollten sie billig erschrecken und trostlos seyn im Gewissen, wie es denn zulegt auch ergehen muß. Ueberdas so erzeiget sich der barmherzige Gott wohl noch gnädiger, daß er sein Wort so mächtig und fruchtbar in E. C. F. G. Landen macht. Denn freilich E. C. F. G. Lande die allers besten und meisten Pfarrherren und Prediger has ben, als sonst kein Land in aller Welt, die so treulich und rein lehren, und so schönen Fried helfen halten. Es wächset jezt daher die zarte Jus

gend von Knäblin und Maidlin, mit dem Kates chismus und Schrift so wohl zugericht, daß mir's in meinem Herzen sanft thut, daß ich sehen mag, wie jest junge Knäblin und Maidlin beten, glaus ben und reden können von Gott, von Christo, denn zuvorhin und noch alle Stifter, Klöster und Schus len gekonnt haben und noch können." ,,Wir wissen, daß unser Gebet recht ist und die Sache gut, darum wir auch gewiß sind, daß es angenehm und erhöret wird. Das junge Volk wird's thun, das mit seinen unschuldigen Zünglin so herzlich gen Himmel ruft, und schreiet, und E. C. F. G. als ihren lieben Vater so treulich dem barmherzis gen Gott befiehlet. Dagegen wissen wir ja, daß jenes Theil böse Sachen hat, können auch nicht beten, sondern gehen mit listigen. Anschlägen um, sehen Alles auf ihren Wig und Macht, wie man vor Augen siehet. Da stehet es denn auf rechtem Sande *)."

[ocr errors]

Solcher Zusprache bedurfte der Churfürst Johann um so mehr, als ihm eine Nachricht von Inspruck des Kaisers Kälte und Ungnade verrieth. Johann hatte kurz zuvor den Grafen Dolzig an den Kaiser gesendet, um sein Gesuch wegen der Belehnung mit der Churwürde erneuern zu lassen. Allein zu gleicher Zeit waren drei große Gegner der Reformation nach Inspruck gekommen, Churf. Joachim von Brandenburg, Herzog Georg von

[ocr errors]

*) S. den ganzen Brief bei de Wette. Th. 4. S. 20 ff.

Sachsen und Herzog Wilhelm von Bayern. Diese brachten dem Kaiser die Meinung bei, der Churfürst von Sachsen stehe im Bunde mit den Schweiz zern. So ist die Instruction erklärbar, welche Carl durch die Grafen von Nassau und Newenar dem Churfürsten hatte zustellen lassen; sie gab eine große Unzufriedenheit zu erkennen. Dabei verz dammte sie die Protestanten ungehört des Irr thums, bezeichnete den Churfürsten als Bundeshaupt und verbot die evangelischen Predigten. Aber mit Entschlossenheit, wie sie der Glaube an Christum giebt, antwortete Johann dem Kaiser am 31. Mai. Er entwickelte in seinem Briefe, daß er und sein seliger Bruder Friedrich dem Kaiser jederzeit gehorsam gewesen, sobald es des Reiches Wohlfahrt oder des Kaisers Ehre erfordert habe, aber für ungebührlich müsse er es achten, ,,wider Gott und sein Wort, ohne welches Niemand selig werden kann, zu handeln. Wie auch gleichfalls denen, die jeßt unsern Schaden und Verlegung suchen, nicht unbewußt ist, daß das Wormsische Edict in allen folgenden Reichstagen also angesehen und geachtet worden, daß es gemeinen Fried deutscher Nation verhindern möchte, und derhalben rathsamer und zum höchs sten nöthig werde, ein christlich Concilium zu hals ten. "

[ocr errors]

Eben so widerlegte er alle Beschuldiguns gen, verlangte, daß der Kaiser selbst die Untersus chung leiten möchte, und bat ihn, die evangelis schen Prediger, die ja das reine Evangelium vers

« PreviousContinue »