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Der Kaiser gab nun den protestantischen Fürsten bis den andern Tag Bedenkzeit. Am 16. Jun. Morgens um 7 Uhr fanden sich die vier Fürsten mit ihren Räthen wieder bei dem Kaiser ein, (nur der Churfürst von Sachsen hatte sich durch seinen Sohn vertreten lassen) und kamen nach langer Unterhandlung zu keinem andern Bes schlusse, als dem Kaiser eine schriftliche Erkläs rung vorzulegen. Doch wurden an diesem Lage die Predigten von beiden Theilen eingestellt.

Ein zweiter Gegenstand des Streites war das Verlangen des Kaisers, daß die protestans tischen Fürsten der am 16. Jun. fallenden Feier des Fronleichnamsfestes beiwohnen sollten. Da aber diese Fürsten in dem Zeitpunkte, den der Kaiser zu seiner Ankunft wählte, eine besondere List gewahren wollten, so hatten sie deßwegen schon vorher ihre Theologen zu Rathe gezogen. Diese widerriethen die Theilnahme an einer Feiers lichkeit, die ihrem Glauben widerspräche. Die Mißbräuche bei der Prozession seien der heiligen

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Schwerte zum Glauben zwingen dürfte, so würde sich die Christenheit nicht so weit erstrecken. Er wolle jedoch nicht fechten, ob es recht gewesen. Aber das halte er dafür, zu einem neuen Glauben könne man Niemanden zwingen, den alten aber müsse man handhaben. ,,So hatten ja die Juden, erwiederte der Markgraf, nicht unrecht gethan, daß sie so hart auf ihren Glauben gehalten. Der Türk könne die Kunst auch.“ Vgl. Fikenscher's Gesch. d. Fürst. Baireuth. S. 289. Bericht der Gesandten am 16. Juu. Reichstags - Acta. Bl. 55 und 56.

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Schrift und den Befehlen Gottes zuwider; das Sacrament des Altars sei nicht dazu eingesetzt, daß man es anbeten solle. Durch ihre Anwesenheit würden sie die Mißbräuche mit der That billigen, die ihre Lehre verwürfe. Diesem Gut achten gemäß lehnten die Fürsten das Begehren des Kaisers,, mit dem besten Glimpf" ab, und beharrten auf ihrer Weigerung, obschon der Kais ser noch zweimal und immer nachdrücklicher Folgeleistung gebot. Da wiederholte der Markgraf von Brandenburg im Namen und in Gegenwart der übrigen Fürsten, daß ihr Gewissen nicht er, laube, das zu halten, was Christus nirgends bes fohlen und in der ganzen heiligen Schrift alten und neuen Testaments nirgends zu finden sei. Sie würden höchst leichtsinnig, verwegen und fres ventlich handeln, wenn sie Menschensaßungen den göttlichen Befehlen vorziehen und für einen Gots tesdienst halten würden. Für sich bemerkte Marks graf Georg, daß er gelobe, in demselben Sinne. und mit derselben Treue, die er in den beiden östreichischen und ungarischen Kriegen dem Hause Destreich bewährt habe, so lange er lebe, unab lässig zu beharren; aber in göttlichen Dingen werde er durch Gottes unwandelbaren Befehl gezwungen, alle menschlichen Verordnungen und Gebote bei Seite zu sehen, weil geschrieben stehe, man müsse Gott mehr gehorchen, als den Menschen. Er sei daher fest entschlossen, um des Bes kenntnisses der Lehre willen weder Gefahr noch

Tod zu scheuen, seitdem er gehört, daß alle die, welche bei der wahren Religion verharren wollen, ein solches Schicksal treffen solle. *)

Der Kaiser ließ ihnen hierauf sagen, er wolle sehen, ob sie ihm Gehorsam leisten wollten oder nicht. Aber die Fürsten ließen sich bei der Prozession nicht sehen. **)

Eben so widerseßten sich am 17. Jun. die evangelischen Fürsten dem kaiserlichen Verbote in Betreff der Predigten, indem sie in einer schrifte lichen Darstellung ***),, glimpflich und mit guten Ursachen und Gründen“ aus einander seßten, das Evangelium werde bei ihnen lauter und rein gepredigt, so wie es bewährte Kirchenväter ges lehrt und der Reichsabschied zu Nürnberg vom J. 1523 ausdrücklich zugelassen hätte. Diese Pres digten könnten ihnen mit gutem Gewissen nicht verboten werden, weil ihre Seelen dieser Nahrung bedürften. Nach dem kaiserlichen Ausschreiben zu diesem Reichstage sollte die Meinung eines Jeden gehört und erwogen, und was man dann bei dem einen oder andern Theile unrecht fände, abges

*) Vgl. Roos' Reformationsgeschichte, ein Auszug aus Sek. fendorf's hist. Luther. Th. 1. S. 564 f.

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**) Reichstags - Acta. Bl. 56. Die Prozession ist beschrieben Acta Bl. 61 f., wobei merkwürdig ist, daß von Mans nen und Weiben Stattvolks ein kleiner Hauf hie nach, gangen ist.“

***) Bericht der Gesandten vom 19. Jun. Reichstags - Acta. Bl. 63.

schafft werden. So lange dieß nicht geschehen wäre, fönnte es ihnen nicht verboten werden, pres digen zu lassen; sie könnten sich diesem Befehle auch nicht unterwerfen, weil sie sonst ihre Lehre als unrecht, die ihrer Gegner als recht anerkennen würden. Wollte man behaupten, die Protestanten hätten Mißbräuche unter ihren Neuerungen, was sich doch nicht beweisen ließe, so würde der Kaiser wissen, welche erschrecklichen Neuerungen gegen die heilige Schrift und gegen die bewährtes sten Kirchenväter in der römischen Kirche, sowohl in den Lehren als im Wandel und in den Gebräus chen, eingeführt und noch täglich hinzugefügt wer den, worüber alle Frommen in der Welt schon seit längerer Zeit geklagt hätten. Auch sei es dem Kaiser bekannt, wie viele Mißbräuche auf dem Reichstage zu Worms von den Ständen anges. zeigt und gerügt worden, die noch bis diese Stunde nebst vielen andern noch wichtigeren fortdauerten. Nie noch sei von Kaisern, auch nie von dem jezt regierenden Kaiser den Fürsten verboten worden, ihre Prediger in den Kirchen vor sich und Jedem, der sie hören wolle, auftreten zu lassen.

Allein der Kaiser wurde durch diese Weigerung noch mehr erbittert, zumal man fortfuhr, in den Kirchen evangelisch zu predigen. Er ges bot hierauf am 18. Jun., daß alle Prediger, selbst der Hofprediger des Königs Ferdinand Dr. Faber. von Ofen, einer der erbittertsten Feinde der Pros

testanten, nicht mehr predigen sollten, außer wer vom Kaiser dazu verordnet würde. *)

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Ueber diese verordneten Prediger schrieb der Churfürst am 25. Junius an Luther: Wir wers den berichtet, daß sie gewöhnlich nichts mehr, denn den Text des Evangeliums sagen; was sie daneben lehren, sei kindisch und ungeschickt Ding. Also muß unser Herr Gott auf diesem Reichstage stille schweigen. Müssen dennoch dem frommen Kaiser darin nicht ganz Schuld geben, sondern mehr unsern Feinden und den Geistlichen, des Evans gelii Abgünstigen." Der Secretär des Kaisers Cornelius Scepper sagte: was die luthes rischen Geistlichen predigen, ist gut; wenn sie nur Geld hätten, könnten sie die Italiener leicht auf ihre Seite bringen. **)

*) Epp.sel. Mel. p.7:,,Petitum est, ut conciones intermitterentur. Hac de re postea diebus tribus disputatum est. Neque enim statim desierunt nostri concionari. Tandem post longam decertationem decursum est eo, ut Caesar utrique parti prohiberet conciones. Ipse unum aliquem jubebat recitare Evangelium et Epistolam sine explicatione. Ita meo judicio futurum est, ut magis etiam suam partem pontificii laedant hoc interdicto, quam nostram." „Hört, hört, das gebeut die kais. Maj. unser allergnädigster Herr, daß kein Prediger hier zu Augsburg, der sei wer er wolle, fürder nichts predigen solle, außerhalb der ihren, so Ihre Majestát da, zu verordnet, bei Vermeidung Ihrer Maj. harten Straf und Ungnad." So ließ der Kaiser ausrufen, wie die Nürnb. Ges. im Briefe vom 21. Jun. bemerkten. Reichstags-Acta. Bl. 70.

**) Rotermund's Geschichte des Glaubensbekenntnisses der Protestanten. S. 64.

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