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werden möchten, als wenn sie es zuvor gesehen hätten; wie die Ausleger der Träume, wenn sie den Traum gesehen haben, und verstehen doch nichts Gewisses, wenn aber hernach ihnen etwas widerfahren ist, so muss das, was ihnen widerfahren, der Traum bedeutet haben.

Über dieses, weil es ja unmöglich ist, in einer solchen Menge nicht Sterne zu finden, welche böse oder gut gesetzet stehen, so nehmen sie daher Gelegenheit zu sagen was sie wollen, und wem sie wohl wollen, dem sagen sie mehr, nämlich Leben, Glück, Ehre, Reichtum, Macht, Sieg, Gesundheit, Kinder, Freunde, Ehestand, priesterlich und oberkeitlich Amt oder andere Sachen mehr. Denen aber, denen sie übel wollen, Tod, Galgen, Schande, Elend, Verlust und lauter Unglück, und solches nicht sowohl aus dieser betrüglichen Kunst als aus leichtfertigen Affekten, und setzen also die gottlosen, kuriosische und abergläubische Leute vollends ins Verderben, ja dass sie unter Fürsten und Herren, Land und Leuten oftermals nur schädlichen Krieg und Aufruhr erwecken. Wenn nun ihnen das Glück wohl will, dass eines oder das andere ohngefähr eintrifft, da siehet man Wunder, wie sie den Kamm in die Höhe heben und wie sie sich mit ihren Wahrsagen so stolz gebärden; wenn sie aber lügen und werden der Lügen überzeuget, so wollen sie eine Lüge mit der andern zudecken und bemänteln und sagen: der Weise herrschet über das Gestirne; da doch fürwahr weder die Gestirne über den Weisen, weder der Weise über das Gestirne, sondern Gott über beides herrschet; oder sagen, die Ungeschicklichkeit des Empfängers hätte der himmlischen Influenz oder Einfluss widerstanden; wenn man nun Glauben und Gewähr von ihnen fordert, so werden sie zornig. Und finden doch wohl diese Landstreicher bei Fürsten und Obrigkeit Glauben, und die beschenken sie noch darzu stattlich, da doch fürwahr in einer Republik keine schädlicheren Leute gefunden werden können, als welche aus dem Gestirne, aus der Hände Zeichen, aus den Träumen

und aus andern Wahrsagerstücken zukünftige Dinge zu wissen versprechen und Wahrsagungen aussprengen; und sind doch Leute, die Christo, und allen die an ihn glauben, feind sind, über welche Cornelius Tacitus geklaget hat, wenn er saget: Mathematici, genus hominum principibus infidum, credentibus fallax, a civitate nostra semper prohibentur sed expelluntur nunquam. Das ist: Die Mathematici, denn also nennet man sie, ist eine Art der Leute, welche den Fürsten untreu, den Leichtgläubigen betrüglich, denen unsere Stadt verboten, aber daraus niemals getrieben werden.

Ja auch Varro, ein trefflicher Autor, bezeuget, dass die Vanität des Aberglaubens aus dem Schoss der Astrologie herkommen wäre. In Alexandria war ein gewisser Zoll, den die Astrologi geben mussten, Blacenominon*), von der Torheit so genannt, weil sie durch diese sinnreiche Narrheit Gewinst suchten; es pflegen auch nichts als närrische Leute sie zu konsulieren und um Rat zu fragen. Denn, kommt des Menschen Leben und Glück von dem Gestirne her, was fürchten oder bekümmern wir uns dann? So lasset uns ja vielmehr dieses Gott, welcher nicht irren noch Böses tun kann, anheim stellen, und weil wir Menschen sind, so lasset uns doch über menschliche und nicht über hohe, obere und göttliche Sachen, und über unsere Kräfte und Vermögen klug sein.

Ja weil wir auch Christen sind, so lassen wir billig Christo die Stunden, und Gott dem Vater alle Zeiten und Augenblicke, welche er zu seiner Macht und Gewalt gesetzet hat. Wenn aber unser Glück und Leben nicht von dem Gestirne kommt, so läuft ja alle Astrologie auf nichts hinaus.

Aber es ist die Art der Menschen so furchtsam und abergläubisch, die, wie die Kinder, für die Fabelge

*) Ich finde das Wort in keinem Lexikon; nach der Bedeutung und Etymologie, die Agrippa angibt, müsste es aus Bλa (dumm)und voutuov oder voutsua (Gebühr, Geld) gebildet sein.

spenster sich mehr fürchten als für was Wahres, und glauben alles, es mag wahr sein oder nicht, halten auch mehr von demjenigen, was unmöglich, als was der Wahrheit ähnlich ist; und die Astrologen müssten Hungers sterben, wenn nicht diese Leute wären. Dieser närrischen Leute Leichtgläubigkeit vergisset das Vergangene, verachtet das Gegenwärtige, und ist begierig auf das Zukünftige. Also sind sie günstig ihren Betrügern, dass, wenn etwa eine Unwahrheit bei andern Leuten mit unterläuft, so meinen sie, es wäre alles erlogen; dahingegen, wenn bei diesen Lügenmeistern ja was Wahres sich ohngefähr befindet, so messen sie im übrigen allen ihren Lügen Glauben bei; die sind fürwahr, welche ihnen allzusehr trauen, unter allen Leuten die Unglückseligsten, und pflegen endlich durch solche abergläubische Geschwätze ihren Untergang zu holen.

Welches an dem Zoroastre, Pharaone, Nabuchodonosore, Caesare, Crasso, Pompejo, Diotharo (?), Nerone und Juliano Apostata die Alten bezeugen, die, gleich wie sie dem unnützen Wesen sind ergeben gewesen, also haben sie durch diese ihre Confidenz ein unglücklich Ende genommen; und denen sie alles Fröhliche prognostizieret haben, denen ist das allertraurigste widerfahren, wie dem Pompejo und dem Cäsari geschehen ist, denen sie durch ihre Astrologie versichert, dass sie beide alt und mit höchster Ehre sterben sollten, da sie doch beide geschwind und elend sind umkommen.

Fürwahr ein recht halsstarrig und betrügerisch Volk, die da zukünftige Sachen wissen wollen, da sie doch nicht wissen, was geschehen oder gegenwärtig ist, und indem sie von allem Verborgenen Profession machen, so wissen sie oft nicht, was in ihrem eigenen Hause oder in ihrem Ehebette geschieht, wie einen dergleichen Astrologum der Engelländer Morus mit diesen Versen artlich beschrieben hat:

Astra tibi aethereo pandunt sese omnia vati,
Omnibus et quae sint fata futura, monent.

Agrippa I.

9

Omnibus ast uxor quod se tua publicat id te
Astra (licet videant omnia) nulla monent.
Saturnus procul est, jamque olim coecus, ut ajunt,
Nec prope discernens a puero lapidem.

Luna verecundis formosa incedit ocellis,
Nec nisi virgineum virgo videre potest.
Juppiter Europen, Martem Venus, et Venerem Mars,
Daphnen Sol, Hercen Mercurius recolit.

Hinc factum, Astrologe, est, tua cum capit uxor amantes,
Sidera significentur nihil inde tibi.

Das ist: Du gibest vor, die Sterne zeigen und erinnern einem alles dessen, was ihnen begegnen solle. Wie kommt es aber, dass dir die Sterne nicht kund tun, wenn deine Frau mit andern ihrer Lust pfleget, ob sie es gleich alle sehen? Allein, der Saturnus ist zu weit davon, und schon vorlängst nach gemeiner Aussage gar blind gewesen. Der Mond ist allzu schamhaftig, solches an Tag zu geben. Der Jupiter aber pfleget selbst seiner Lust mit der Europa. Die Venus liebet den Martem, und der Mars die Venerem; die Sonne die Daphnen und der Mercurius die Hercen; dahero kommt es, mein lieber Sternseher, dass dir die Sterne nichts davon anzeigen, wenn gleich deine Frau ungehindert andere aus und einlässet.

Überdies so ist ja allen bekannt, wie die Jüden, Chaldäer, Agyptier, Persier, Griechen und Araber voneinander in den Reguln dieser Kunst dissentieren, und wie Ptolomäus alle der Alten ihre Astrologie verworfen, und diesen der Abenroda defendieret. Also hat Albumasar diesen wieder angegriffen, alle diese aber hat Abraham Avenazre, ein Hebräer, vernichtet.

Endlich ist Dorothäus, Paulus Alexandrinus, Ephestion, Messahalla und fast alle die andern in der Meinung, dass, was in dieser Wissenschaft gelehret wird, für wahrhaftig nicht kann gesaget werden, indem sie sich alleine auf die Experienz fundieren, und kommen doch auch in diesem nicht alle überein; wie sie dann nicht wenig von Eigenschaften der astrologischen

Häuser daraus sie die Wahrsagung aller Begebnisse erhaschen wollen, untereinander uneinig sind, denn anders judiziert davon Ptolomäus, anders Heliodorus, anders Paulus, anders Manlius, anders Porphyrius, anders Abenragel, anders die Ägyptier, anders die Araber, anders die Griechen und Lateiner, anders die Alten und anders die Neuen.

Denn gleich wie unter ihnen noch auf keinem gewissen Fusse stehet, wie der Ursprung oder der Anfang und das Ende der Häuser*), und auf was für Art es muss gesetzet werden, indem solches anders die Alten, anders Ptolomäus, anders Campanus, anders Johannes de Regio Monte, formiert haben; daher geschiehts, dass sie oftmals selbst ihren Observationibus nicht trauen, wenn sie mit den Örtern ihnen ganz unterschiedene Eigenschaften, Anfang und Ende zuschreiben. Fürwahr eine gottlose Art der Menschen, welche das, was Gottes alleine ist, dem Gestirne zuschreiben, und die uns, als Freigeborne, zu Knechten und Sklaven der Gestirne machen wollen; und da wir doch wissen, dass Gott alles gut erschaffen hat, so wollen sie doch schädliche und böse Sterne, welche Urheber der bösen Influenzien wären, uns für die Augen malen, und tun Gott und dem Himmel unrecht, wenn sie statuieren, dass droben in dem himmlischen Rat böse Sach zu tun wäre beschlossen worden, und was von uns durch unsern eigenen bösen Willen begangen wird, oder sonsten uns Böses begegnet, das schreiben sie alles dem Gestirne zu; ja sie bekennen auch mit einer leichtfertigen Unbesonnenheit die Ketzereien und den Unglauben, dass das Geschenke der Prophezeiung, die Kraft der Religion, Heimlichkeit des Gewissens, Gewalt über die Teufel, Wirkung der Wunderwerke und des Gebets, ja der gan*) Gemeint sind hier und oben die zwölf Häuser oder Partien (domus) des Himmels, welche vom Astrologen nach dem Punkte der Ekliptik (im Augenblicke der Geburt) bestimmt werden mussten, um nach ihnen die Nativität zu stellen. Es gab ein Haus des Lebens, des Todes, des Glückes usw.

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