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Antidicomarianitarum oder Elvidianorum*), welche der heiligen Mutter Christi stets währende Jungfernschaft geleugnet haben, und nur aus diesem einzigen Worte Donec oder Bis, wenn in dem Evangelio gelesen wird: Qoniam Joseph non cognoscebat eam, donec peperit suum primogenitum; das ist: Joseph erkennete Mariam sein Gemahl nicht, bis sie ihren ersten Sohn gebar.

Aber was hat die lateinische und griechische Kirche für Zank erweckt aus den beiden Wörtlein ex und da die Lateinischen behaupten wollen, der Heilige Geist ginge aus aus dem Vater und dem Sohn; die Griechischen aber, aus dem Vater durch den Sohn.

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Was für Trauerspiele hat das Wort Nisi in dem Basilienischen Concilio **) den Böhmen zuwege gebracht, dass sie die Kommunion unter beiderlei Gestalt statuiert haben: Nisi manducaveritis carnem filii hominis et biberitis ejus sanguinem, non habebitis vitam in vobis, das ist: wo ihr nicht esset den Leib des Menschensohnes und trinket sein Blut, so werdet ihr das Leben nicht bei euch haben. Woher kommt der Waldenser und anderer nachfolgender Ketzerei wegen Gebrauch des heiligen Abendmahls, aus nichts anders als aus dem Worte est. Es sind auch noch viel andere schädliche grammatische Ketzereien, aber so verborgen und subtil, dass, wenn sie nicht von den scharfsinnigen englischen Geistlichen zu Oxfurt und von den Sorbonnischen Lehrern zu Paris beizeiten wären wahrgenommen und mit grossen Siegeln verdammet worden, so hätte man sich vor denselben schwerlich hüten können.

Fürwahr, wenn dieses Ketzereien genannt werden sollten, so müsste der Prophet Esaias und Maleachi Ketzer sein. Der erste sagt ad Ezechiam mit diesen Worten: Ecce ego addet super dies tuos, das ist: Siehe, ich will deinen Tagen zulegen. Er sagt nicht addam, *) Diese Sekte lehrte (nach Arnolds Kirch. u. Ketz. Gesch. IV. 8. 18),,Maria wäre nach der Geburt (Christi) keine Jungfrau blieben." **) Konzil von Basel 1431.

sondern addet. Der andere: Et si Domini ego, ubi est timor meus? Bin ich euer Herr, wo fürchtet man mich? An welchem Ort Gott in Plurali sich einen Herrn nennt. Aber noch mehr würden diejenigen alle Ketzer sein, welche durch den ganzen römischen Erdboden für Geistliche gehalten, sofern sie die allgemeine Lehre der wahren Kirchen mit einer neuen Pronuntiation, wider aller Grammaticorum Kunst und Redensart sich vorgetan und unterstanden haben.

Unzählige dergleichen Händel gibt es, und ist zu beklagen, was bei unsern Zeiten für unnötigen Streit und Irrtum die stolzen Grammatici und Sophisten mit ihren verkehrten Wortauslegungen erwecket, indem etliche aus den Worten die Meinungen, etliche aus den Meinungen die Worte erzwingen wollen. Daher entstehen in der medizinischen Kunst sowohl auch in beiden Rechten, als in der Theologie und Philosophie, und dergestalt aus allen Fakultäten täglich unzählige Streit und Irrtümer. Denn die Grammatici beweisen nichts, sondern gründen sich nur allein auf ihre Autorität, welche oftmals unter ihnen so variabel und strittig ist, dass es nicht fehlen kann: es müssen die meisten unter ihnen Lügner sein. Es bestehet ja richtiges Reden nicht bei den Grammaticis, sondern bei dem Volke, und durch die gemeine Gewohnheit wird die Art zu reden eingeführet.

Aber der lateinischen Sprache beste Zierat, nachdem sie bei den barbarischen Völkern abgenommen, muss man nicht von den Grammaticis, sondern von den geschickten und gelehrten Skribenten, als von dem Cicerone, Catone, Varrone, den beiden Plinio, Quintiliano, Seneca, Suetonio, Quinto Curtio, Tito Livio, Sallustio und von andern mehr hernehmen, bei welchen allein die Zierat der lateinischen Sprache noch übrig ist, nicht aber bei diesen Buchstabschreibern, welche mit ihren Reguln und Kompositionen der Latinität viel aufbürden wollen, und oftmals solche Worte zusammensetzen, die ein Mensch, welcher Lateinisch kann, nicht zu gebrauchen befugt ist, es wäre denn, Agrippa I.

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dass die Parisische Sorbonne solche unter ihre Artikul mit gesetzet.

Und wenn man recht hievon reden wollte, so sollte man den Grammatikenschreibern keinen Glauben beimessen, da diese doch zu Richtern und Iudizierern sich aufwerfen, und sich vor andern hervortun wollen; es wird niemals einer so klugen Verstandes gefunden worden sein, der über ihre Zunge nicht hätte springen müssen, oder den sie nicht getadelt und gescholten hätten. Sie lästern auf den Platonem, dass er so konfus und keine Ordnung gehalten hätte, von dessen Mangel der Georgius Trapezuntius ganze Bücher geschrieben hat. Bei dem Aristotele suchen sie mehr Erleuchtung und geben vor, er wäre gar zu obskur gewesen, und nennen ihn Sepiam, das heisset, einen alles trübenden Tintenfisch. Sie taxieren") Virgilium, dass er eines schlechten Ingenii gewesen, und dass er nur von andern das Seinige zusammengetragen und erborgt hätte. Demosthenes gefällt dem Tullio nicht, und der grösste lateinische Redner wird von den Griechen eines gelehrten Diebstahls bezichtiget und auf allerhand Arten angeklaget, dass er furchtsam, weitläuftig in Wiederholung, kalt in guten Scherzreden, langsam im Anfang, träge und faul im Fortgang, sparsam im rechtmässigen Eifer wäre befunden worden. Ja, er wird auch von den Unsrigen karpieret, nämlich von M. Capella, dass er nicht ordentlich geredet, und von dem Apollinari, dass er faul und verdrossen gewesen sei. Der Trogus hält des Livii Orationes für Fabeln und ein erdichtetes Werk; dem Horatio hat der Plautus nicht gefallen, und dieser verdammt auch den Lucilium wegen seiner übel zusammengesetzten Verse; es wird gesagt, dass Plinius zu solcher Verwirrung viel Ursache gegeben und der Ovidius sehr zärtlich gelebet hätte. Von dem Asinio Pollione wird der Sallustius für einen, der voller Affektation gewesen, angegeben, von dern Labione und dessen Helfer, dem Scipione, wird *) Soviel wie tadeln, sticheln.

dem Terentio beigemessen, dass er Diebstahl und andere Sachen begangen.

Der Seneca wird calx sine arena*) genannt, welchen der Quintilianus mit diesen Worten tadelt: Si nullum aequalium contempsisset, si partem non concupisset, si non sua omnia amasset, si pondera rerum minutissimis sententiis non fregisset, consensu potius eruditorum, quam puerorum amore comprobaretur. Das ist: Wenn er vor seinesgleichen niemand verachtet hätte und wäre nicht auf alles so begierig gewesen; wenn er nicht nur das Seine allein hochgehalten, und die Wichtigkeit anderer Sachen nicht so sehr niedergeschlagen, so wäre er vielmehr von hohen verständigen Leuten, als nur von unverständigen Kindern geehrt und hochgehalten worden.

Aber der M. Varro ist ein Schwein, und der h. Ambrosius ein Krählein und Fabeldichter genannt worden; Macrobius, einer von den Gelehrtesten, ist eines unverschämten und undankbaren Gemütes gescholten von Laurentius Valla, und der, der Allergelehrteste unter den Grammatisten, ist von dem Mancinello über die Bank gehauen worden. Wie auch der Servius von dem Beroaldi, und diesen haben die neuen Grammatici als einen Barbarum gänzlich gehasset.

Also haben die Grammatici einer in den andern gleichsam zu wüten im Gebrauch gehabt, ja endlich ist's durch ihr Tun dahin gekommen, dass die Heilige Schrift aus Prätext einiger Korrektion etliche Male geändert, und durch ihre Zensur von der Offenbarung Johannis des Apostels, von der Epistel Pauli an die Hebräer, von der Epistel Judä und andern Kapituln Neues Testamentes gezweifelt worden. Sie haben die Evangelia selber ad problemata zu revozieren, oder zweifelhafte Fragen daraus zu machen, sich unterstanden. Nun aber wollen wir uns zu den Poeten wenden. *),,Kalk ohne Sand"; ein Gedächtnisschnitzer Agrippas; nicht so, sondern Sand ohne Kalk, sagte Kaiser Caligula von Seneca (Sueton. Calig. 53) und wollte damit tadeln, dass er Sätze ohne Bindung aneinander reihe.

KAPITEL IV.

DE POESI

ODER

VON DER DICHTERKUNST

IE Dichterkunst ist an sich selbst, wie Quintilia

sie prahlt für sich so sehr, dass vor alters die Theatra, Amphitheatra und schönsten Weltgebäude, so unter der Sonne haben können gefunden werden, nicht den Philosophis oder Weltweisen, nicht den Rechtsgelehrten, nicht den Medicis, nicht den Rednern, nicht den Mathematicis und Geistlichen, sondern poetischen Fabelerdichtern mit grossen Unkosten sind aufgebauet worden.

Ist eine Kunst, die zu nichts anders erfunden worden ist, als dass sie mit leichtfertigen Reimen und vorgeblichen Wortzusammensetzungen den Ohren närrischer Leute schmeichle und mit viel tausend Lügen und Fabeln die Gemüter betrüge; daher sie billig die Erfinderin der Lügen und Beehrerin aller nicht tauglichen Grundsätze kann genannt werden. Aber, gleichwie wir einem Unsinnigen seine Kühnheit und Raserei gerne vergeben, also wollen wir auch die Lügen der Poeten mit Geduld vertragen; sie lassen keinen Winkel leer, den sie nicht mit ihrem unnützen Geschrei und nichtswürdigen Gedichten anfüllen sollten.

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