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Schulausgabe lag nahe, durchweg die langen Selbftlaute (é u. neben a u. u) fo wie ái u. aí, die áu u. aú zu bezeichnen; vaila liefs ich wohlweislich offen; gabaúrjaba u. baúrjóthus wird mir J. Grimm nach dem, was er in feinem deutschen Wörterbuche Sp. 1175 unter Bauer gefagt, nicht gelten lafsen, fo wenig wie ihre Stellung unter baíran (S. 675). Eben fo wenig wohl áihtrôn, áihts, áihta, als zu áigan gehörig (S. 667).

Das Wörterbuch habe ich, den Zweck streng im Auge, auch streng nach dem ABC und dennoch wiederum wurzelhaft (beides läfst fich gar wohl vereinigen), übrigens auch ftreng nach der Folge des lateinischen ABC (alfo g nach h, th unter t, wie he unter und nach hku nur k), geordnet.

Leider mufste aus äufseren Gründen die Sprachlehre mit der Formenlehre abbrechen. Noch leider aber thun mir manche Druckfehler, die bei weiter Entfernung des Druckortes, oft nach und während der Verbesserung noch eindrangen (man vgl. z. B. 5 Mof. 32, 21 u. 1 Th. 5, 5) und die ich in einigen besondern Fällen schon in den Anmerkungen berichtigt habe.

Das nachfolgende Inhaltsverzeichnifs befagt von felber, dafs nicht nur die „Skeireins," fondern auch der gothische Kalender (oder das Martyrologium), die gothifchen Urkunden, das gothifche Diftichon ihres Ortes aufgenommen, fomit fämmtliche der Zeit uns zuständige gothifche Sprachdenkmäler hier wieder vereinigt worden find. S. LVIII—LIX aber läfst überblicken, was aus dem Alten Bunde uns wirklich erhalten, was aus den Anführungsftellen des N. B. daraus entnommen und nicht unlehrreich zurück aufgeftellt worden ist.

Es ist mir in diefer Ausgabe des Ulfilas ein Lieblingsgedanke und langjähriger Wunsch meines Lebens erfüllt. Schon vor Jahren, in München noch, trug ich den Plan mit mir, wie früher zu den gothifchen Ueberresten nach Mailand, Rom und Neapel (1833), so auch zu erneuter Vergleichung des Codex argenteus nach Upfala zu reifen; und hier in meiner Vaterstadt dem Aufbewahrungsorte der filbernen Handschrift um fo viel näher gerückt, durfte ich mich der Hoffnung einer baldigen Verwirklichung

meines Planes hingeben. Eben im Begriffe die Reife dorthin anzutreten, erfchien Uppftröms mit diplomatifcher Genauigkeit beforgter, zeilengetreuer Abdruck, der mich der Mühe einer weitern Vergleichung überhob, und gleichzeitig ergieng an mich von Seiten der Verlagshandlung die Aufforderung zu Beforgung einer neuen, dem gegenwärtigen Stande der Wiffenschaft entsprechenden und zugleich wohlfeilen Ausgabe. Die Vereinigung diefer Umstände war zu günstig und ich war fo hinlänglich darauf vorbereitet, als dafs ich länger hätte zögern dürfen, meinen Lieblingswunsch zur Ausführung zu bringen. Von der Verlagshandlung aufs bereitwilligste unterstützt, habe ich Alles gethan, um durch Hinzufügung des griechischen und lateinischen Textes der heiligen Schriften, des Wörterbuchs, der Sprachlehre und hiftorischen Einleitung der Ausgabe diejenige practische Brauchbarkeit zu geben, die zu einem erfolg- und fegensreichen Studium der älteften Denkmäler unferer Sprache durchaus erforderlich ift.

So möge denn das geliebte Buch hinausgehen und der Sache wie der Sprache in Schulen und bei Gottesgelehrten neue Freunde und Jünger gewinnen.

Berlin, am 10. October 1856.

H. F. Mafsmann.

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Gefchichtliche Einleitung.

Kaifer Julian, den im Jahre 360 Deutsche felbft in deutscher Weife auf den Schild, d. h. auf den Thron erhoben hatten (Amm. Marcell. 20, 4. Zofim. 3, 10), verglich die Klänge deutscher Rede oder deutschen Gefanges mit dem rauhen Gekrächze wilder Vögel, und noch Adelung und mit ihm Andere haben es jenem nachgefagt, während die Klangwellen vor ihnen felber noch dahinrollten und Tacitus unfere Väter geiftig wie fittlich fo hoch ftellte. Bei aller Unwahrfcheinlichkeit eines folchen angedeuteten Misverhältniffes zwifchen inwohnendem Geifte und Geift ausftrahlender Sprache an sich würden wir aber wirklich über das Wefen der letzteren in ihren Urklängen kein klares, kein richtiges Urtheil haben, wenn uns nicht auf fast wunderbare Weife die im Ganzen nicht unbedeutenden Trümmer eines Werkes erhalten worden wären, das noch vor der grofsen Abfchwächung der Laute in und nach der Völkerwanderung in reichem und reinem Ebenmasse die Tiefe und das ursprüngliche Leben der Muttersprache aufzudecken vollkommen geeignet ift. Dies ift die Ueberfetzung der heiligen Schrift Alten und Neuen Bundes in die gothifche Sprache durch den Bifchof Wulfila oder, wie die Griechen, welche das deutsche w nicht ausfprechen konnten, ihn nannten Ulfilas. Er felbft konnte freilich nicht ahnen, dafs während er in Liebe und Treue feinem Stamme die Quellen des Chriftenthumes zu unmittelbarem Selbstschöpfen zu erfchliefsen beabsichtigte, er auch den fernften Nachkommen zugleich eine ungeahnte Herrlichkeit der Anschauung und Erkenntnifs ihrer Muttersprache hinterlassen würde. Denn einzig und allein durch die erhaltenen Bruchstücke jener über alles Lob erhabenen Arbeit ist, im Zusammenhange und Zufammenhalte mit den übrigen Denkmälern deutscher oder germanischer Ursprache im Altnordifchen, Altfächsischen, Angelfächfifchen, Althochdeutschen u. f. w. der grofse wiffenfchaftliche Aufbau möglich geworden, den wir durch Jakob Grimm's Lebensarbeit jetzt überblicken und anftaunen; ja, nur auf der Grundlage des Gothifchen, verbunden mit den bei Römern und Griechen zerstreuten Mofaiktrümmern einzeln und nur zu sparsam überlieferter Wörter und Wurzelklänge der Muttersprache konnte die junge und doch schon fo erstarkte Wiffenfchaft der vergleichenden Sprachforschung sich aufrichten, von deren Zinnen wir jetzt schon auf die Urzeit der fprachverwandten Völker mit ganz andern Augen als früher hinblicken, wenn wir auch H. Leo's jüngsten Versuch noch für mehr als gewagt halten wollen. In feiner Gefchichte der deutschen Sprache wie in feiner Sprachlehre hat J. Grimm die Fülle und die Kraft des deutschen Sprachgeiftes, die tiefen und felbftändigen, alle Redetheile durchdringenden Gesetze der Wortbildung (durch Ablaut u. f. w.) genügend dargelegt: es konnte daher nicht die Abficht diefer Einleitung, die ganz Andrem bestimmt ift, fein, weder jenes erneut zu beweifen, noch

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