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völker geltende natürliche tatsache, dass man die götterheiligtümer am liebsten an stätten verlegte, die an sich schon als heilig galten.1) Ebenso naheliegend ist es, dass man möglichst die schönste stelle der gegend zur tempelstätte wählte, mit vorliebe solche, die eine weite fernsicht gestatteten.2)

Berge und hügel sind also die hauptorte der götterverehrung auf Island. - Stark zurück vor diesem ausgeprägten bergcult treten der wassercult, der andernorts besonders in der form des quellencultes auftritt, namentlich aber der wald- und baumcult, der bei den südlichen Germanen eine vorherschende rolle spielt. Auf Island finden sich nur vereinzelte spuren davon:

a) So erregen einige götterwasserfälle und -täler, auch ein götterfluss das interesse. Obwol nur mangelhafte, zum teil jedoch sehr eigenartige überlieferungen an diese stätten geknüpft sind, darf man in ihnen wol spuren alten wassercultes erblicken. 3) Besonders concret erscheint dieser in der überlieferung vom wasserfall bei Fossnes (no. 17).

b) Waldcult wird man bei dem ungemein dürftigen, dazu niedrigen baumwuchs in historischer zeit4) von vornherein kaum in grösserem masse erwarten dürfen; doch sind auch hiervon einige spuren vorhanden: 1) es finden sich 2 stätten, an denen einst ein von einem kreisförmigen zaun umgebener wald gewesen sein soll: in Lundr (Bgf.)3) (in der nähe der alten tempelstätte) und in Lundrbrekka (Sp.)") - eine überlieferung, die ja sehr wol zu dem namen dieser gehöfte stimmen würde, falls er ursprünglich ist. 2) In Úthlíð soll der tempel einst mitten in einem walde gestanden haben) (ähnlich berichtet die Færeyinga s., c. 23, von einem tempel des Hákon Jarl an einer gerodeten stelle im walde, mit einem 'skíðgarðr' darum). 3) Br. Jónsson ) berichtet von einem ortsnamen 'Blótbjörk' beim gehöft Björk (Á.); er hält ihn für zweifellos heidnischen ursprungs und erklärt ihn dadurch, dass in der nähe einst eine birke gestanden habe; diese sei im vergleich zum wald der umgebung so schön und stattlich gewesen, dass die heidnischen leute an sie glaubten, sie verehrten.

c) Im verhältnis zu den gehöften. Nicht aus allen den berichten über die 67 tempelstätten der oben gegebenen tabelle geht deutlich hervor, welche lage zum nächstliegenden

1) Vgl. Grimm, D. M. I 71; Mogk, Pauls Grundr." III 395.

2) Z. b. no. 4. 5. 9. 11. 12. 22. 23. 71.

3) Vgl. Mogk, ebda. 295; Maurer, Lit.-bl. 1880, s. 14.

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gehöft die betreffende 'hoftótt' einnimmt, bez. wo der tempel einst gestanden haben soll; für 15 dieser stätten (no. 22. 28. 32. 35. 38. 44. 46. 47. 51. 52. 56. 60. 61 65. 67) fehlt in dieser beziehung eine deutliche angabe. Aus den berichten über die übrigen 52 'hoftóttir' aber geht hervor, dass diese mit vier ausnahmen - alle innerhalb des engeren gutsbezirkes der betreffenden alten gehöfte liegen, nämlich auf dem tún. 1) Bei 2 von diesen 48 hoftóttir wird zwar ihre lage im tún nicht direct festgestellt, aber angegeben, dass sie in der nähe des wohnhauses liegen (no. 9. 10).

Die gegenseitige lage von tempel und wohnhaus innerhalb des tún ist natürlich in den einzelnen fällen verschieden, in gewisser beziehung auch wol abhängig von der jeweiligen ausdehnung des tún. In vielen fällen liegt die tempelstätte in unmittelbarer nähe des gehöfts (so bei no. 2. 5. 6. 15. 18. 19. 41), in andern fällen wider in der nähe des túngaror (so in 7. 8. 27. 53. 63), in Hof í Vd. (23) ist der götterhügel, auf dem die tempelruine liegt, etwa 120 m vom wohnhauscomplex entfernt.

Nur in 4 von den oben genannten 52 stätten scheint der tempel ausserhalb des tún, entfernt vom alten gehöft, gelegen zu haben: 1) In þverá (no. 40), 2) in Bersastaðir (no. 43), in diesen beiden fällen auf dem andern flussufer, 3) in Kollsveinsstaðir (no. 20), 4) in Hallsteinsnes (no. 48), in 1) und 3) bei den späteren, damals wol noch nicht vorhandenen 2) gehöften

1) Unter tún versteht man das gedüngte wiesenland, das zu jedem gehöft gehört und früher immer von einer einhegung (túngarðr) umgeben war. Es hat meist ovalen grundplan und steht im gegensatz zu den ausserhalb des túngarðr liegenden wiesen (engjar), die gewöhnlich nicht gedüngt wurden. Ungefähr in der mitte des tún stehen die dicht zusammengestellten wohnhäuser, ein gebäudecomplex (bær) von mindestens 3-4 häusern, der gelegentlich durch eine besondere umzäunung abgeschlossen war; die wirtschaftsgebäude (in der regel mindestens 3) liegen meist abgesondert im tún. Die heutige grösse des tún ist sehr verschieden (bis zu 30 dänischen tonnen 1600 ar, im durchschnitt 7-10 dänische tonnen 4-500 ar) und von der anzahl der kühe abhängig, für die das winterheu beschafft werden soll; es war daher früher grösser, oft sehr ausgedehnt. So hat das tún an der tempelstätte Hof í Vápnafirði (no. 11) heute eine fläche von rund 640 ar; in alter zeit war es um die gute hälfte grösser, also fast 1000 ar (Arb. '93, 56). Vgl. Maurer, Island s. 402; Bruun s. 97; Guðm. s. 19 f.

2) Vgl. Kål. II 121.

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Hripkelsstaðir bez. Hofstaðir.

Wahrscheinlich liegen in diesen verhältnissen reminiscenzen aus viel älterer zeit vor. Der tempel, ursprünglich stammesheiligtum 1), lag in den ältesten zeiten draussen in der freien natur, erst bei den Nordgermanen entwickelt sich der privatrechtliche charakter des tempels und somit die lage beim gehöft.

Eine gewisse bestätigung dieser erklärung bietet eine betrachtung über die lage der 5 auf Island bisher gefundenen 'horgar' (no. 68-72), jener weit altertümlicheren 2) heiligtümer: in Fagradalr, Hörgsholt und Hörgsdalr liegt der horgr im tún; die horgar von Hringholt und Hvammr dagegen scheinen vom gehöft verhältnismässig weit entfernt: der horgr auf dem gipfel des Hringholt liegt etwa in der mitte zwischen den beiden nachbarhöfen Bakki und Sellátrar, der andre etwa 4-500 m von Hvammr entfernt.

Die ergebnisse über die allgemeine lage der tempelstätten innerhalb des tún zeigen, dass ein unterschied zwischen hauptund privattempeln in diesem punkte nicht bestand. Ein solcher unterschied ist auch von vornherein nicht zu erwarten, da die einrichtung von haupttempeln erst am ende der landnámatíð geschah, bis zu dieser zeit also sämmtliche tempel rein privates eigentum waren. Dieser privatrechtliche charakter gilt ja zu einem teile auch noch späterhin für die haupttempel, wie auch schon früher von den Godentempeln in Norwegen vor der landnámatíð, wie die beispiele von Þórólfr Mostrarskegg (Eb. IV 2) und Þórhaddr (Ldn. 208, 26 ff.) lehren; beide brechen einen norwegischen haupttempel ab, um ihn in Island wider aufzubauen.3)

Auch nachrichten aus den sagas zeigen ganz deutlich, dass in bezug auf die lage zum gehöft kein unterschied zwischen privat- und haupttempel bestand:

a) Kjaln. s., Ísl. S. II 402 (vom haupttempel in Hof, no. 33): ‘... lét hann reisa hof mikit í túni sínu ...'; b) Laxd. s., c. 19, 32 (vom privattempel in Hrútsstaðir, no. 3): 'Hof átti hann í túni..'; c) ähnlich Eb. IV. 6 (vom haupttempel in Hofstaðir, no. 37): 'Hann setti bo mikinn

hann reisa hof' (vgl. Ldn. 153, 2 f.).

1) Vgl. Mogk, Pauls Grundr.2 III 394.

2) S. unten 3. II.

3) Vgl. Maurer, Beitr. 61.

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þar lét

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1) Ein name, der oft widerkehrt bei gehöften, von denen berichtet wird, dass einst ein tempel dort gestanden habe (kal 1 166)

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1) Bei den gehöften, die nicht in die obige tabelle (s. 6 ff.) aufgenommen sind, haben sich bisher weder tempelreste, noch irgendwelche näheren überlieferungen nachweisen lassen.

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