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LM

rui. Ipse vero suscipiens pannum venerabili facie sua reddidit mihi signatum. Igitur imaginis huius aspectum si dominus tuus devote intuetur, procul dubio postremo sanitati reddetur. Albanus: estne imago talis argento vel auro comparabilis? Veronica dixit: non, sed piae devotionis affectu. Albanus: quid ergo faciam? Veronica: tecum si placet proficiscar et medendam Caesari deferam imaginem et revertar.

A aperuissem, a me petiit pannum et ipsum mihi venerabili suae faciei reddidit signatum imagine. Ergo huius aspectum si dominus tuus devote intuebitur, continuo sanitatis beneficio potietur. Cui ille: est huiusmodi imago auro et argento comparabilis? Cui illa: non, sed pio affectu devotionis. Tecum igitur proficiscar, et videndam Ca esari imaginem deferam et re

vertar.

Es ist demnach klar, dass sich die beiden recensionen weit weniger als Schönbach meint nach A und K scheiden. Ihre hauptsächlichsten unterschiede sind folgende:

D, das an den Desc. 13 enthaltenen brief des Pilatus anknüpft, verlässt sofort diesen punkt und geht zum bericht von der krankheit des kaisers über. LM bringt zunächst die lebensgeschichte des Pilatus, berichtet die entsendung eines boten an den kaiser, dessen fahrt, Vespasians krankheit, und geht dann über zu der entsendung des boten, der hier Albanus heisst, an Pilatus. In D wie in LM ist voraussetzung, dass der kaiser von Christi tod nichts weiss; über die fassung der Veronicalegende ist bereits gehandelt.

Die heilung des kaisers ist in D ziemlich ausführlich behandelt bis zu seinem versuch, die Römer zu bekehren. In LM ist dagegen die heilungsgeschichte sehr kurz (nicht ausgefallen wie Schönbach s. 189 angibt): Caesar igitur iubet afferri imaginem... cuius viso aspectu consecutus est graciam sanitatis. In D folgt nun noch die erzählung von Petrus, Paulus und Simon Magus, in LM wird kurz der beschluss, Jerusalem zu zerstören, mitgeteilt, dann wird des Pilatus selbstmord und die beseitigung seiner leiche geschildert, und daran schliesst sich - was aus Schönbachs angaben nicht ganz klar wird die zerstörung Jerusalems im anschluss an die Vindicta mit dem unterschied, dass hier natürlich Vespasian, nicht Titus, den zug unternimmt und die ganze partie viel später steht als dort, wo der zug gleich unternommen wird und dann die schilderung

der ereignisse durch die erzählung von Veronica und Tiberius nicht eben geschickt unterbrochen wird.

Im diagramm (a. a. o. s. 170) hat Schönbach unser gedicht der gruppe LM zugezählt, s. 206 verzichtet er jedoch selbst darauf, sicheres zu geben. Dies war ihm auch nicht möglich, da er nur die fragmente M kannte, aus denen ihm das verhältnis der namen Volusian und Alban nicht klar werden konnte. Er fasste, da in keiner der anderen recensionen von zwei boten des kaisers die rede ist, den letzteren als boten des Pilatus auf, und vermutete als quelle eine mittelstufe zwischen K und LM. In der tat liegen die verhältnisse womöglich noch verwickelter als er glaubte, da sich bei uns ganz ausgesprochene züge von D und LM begegnen, wie die vergleichung im einzelnen erweisen wird.

Gleich im anfang v. 3712 ff. bei der entsendung des Volusian finden sich spuren beider recensionen. Mit v. 3867 f. (3649 f.) und sprach zu Volusiane, einem sineme caplane vergleiche LM dixit Volusiano, cuidam suo privato, der auftrag v.3870 (3652) und var nach im uber mer = LM vadas trans partes marinas. Dagegen ist für das weitere D als grundlage zu erkennen: v. 3882 f. (3664 f.) sin hus und sin urbor beschiet er sinen kinden tunc Volusianus secundum veterem legem et ordinationem fecit testamentum domui suae. Ebenso wird übereinstimmend mit D die überfahrtszeit auf ein jahr und drei monate angegeben.1)

Damit bricht aber der dichter diese erzählung vorläufig ab und geht über zu der sendung des boten von Pilatus nach LM v.3892-4227 (3674-4007). Dieser bote heisst wie in M Adrianus (L Adanus); es folgt dann die krankheit und heilung des Vespasian, ausgeschmückt mit reichlichen erörterungen über das erlösungswerk. Abweichend von LM besteht die krankheit des Vespasian nicht in wespen, sondern in würmern in der nase.2)

1) LM gibt gar keine zeit, K ein jahr und sieben tage an.

2) An wespen ist Vesp. krank noch in der Sächs. weltchronik; Enenkel v. 22241 wand im waren hurnaz ane zal in den nasen überal. Dagegen sind würmer die krankheitsursache im Chronicon S. Aegidii (Massmann, Kehr. 3, 577): Vespasianus, quoddam genus vermium habens in naribus; Beiträge zur geschichte der deutschen sprache, XXIV.

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Während man nun v. 4228 (4008) ff. die fortsetzung der sendung des Volusian erwartet, berichtet unser gedicht von einem zweiten boten, der Albanus') heisst. Motivieren liess sich diese zweite sendung sehr gut mit dem langen ausbleiben Volusians; der directe anlass dazu war aber, dass eben in LM und D die boten verschieden heissen, der name Alban stammt aus LM. Den scheinbaren widerspruch löste der dichter auf diese originelle weise.

Ganz neu, durch die zweiheit der boten begründet, ist natürlich deren zusammentreffen zu Akkers, v. 4239 (4021), worauf sie sich gemeinsam ihres auftrags bei Pilatus entledigen (v. 4246 ff.). Dies selbst, Pilatus' und der juden schreck, des Pilatus versuch sich zu verteidigen sind durchaus nach D, namentlich auch Symeons entgegnung v. 4328 (4110) ff.

warumb spræche du do sus ich han gewalt din Jesus

daz ich dich wol mac lazen gan oder an daz cruce han

D Pilate, dicebas ei: potestatem habeo dimittendi te et potestatem occidendi te. Ausgelassen ist bei uns jedoch die unterredung mit Joseph von Arimathia und Nicodemus. Pilatus' bitte um vierzehntägigen aufschub, die in LM steht, kennt unser gedicht nicht.

V. 4368-92 (4150-74) weiber und männer, die von Christus geheilt waren, kommen und klagen gegen Pilatus, unter ihnen auch Lazarus. Vorbild für diese partie, die sich weder in LM noch D findet, mögen wol wider cap. 6-8 der Gesta gewesen sein (vgl. oben).

v. 4393 (4175) ff. die Veronicageschichte Die Römer fragen nach einem bild Christi wie in D; die nachricht von demselben erhalten sie durch drei juden, in D durch einen namens Marcus, in LM durch Veronica selbst. Die aussagen über die entstehung des bildes stammen aus LM, abgesehen davon, dass sie dort der Veronica selbst in den mund gelegt werden.

ebenso im Vesp. des Wilden mannes v. 192. Das Pass. spricht 269, 38 von wespen, 270, 10 von würmern.

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1) Ueber das eindringen dieses namens in die legende, ebenso über den namen Adrian vgl. Schönbach s. 193. Beide namen, Volusian und Alban, finden sich vereinigt in der hs. M, jedoch ohne absicht nur aus einem versehen, vgl. Schönbach, ebda. anm. 1.

V.4423-61 (4205-43) Veronica gibt das bild nicht von sich, sondern fährt mit nach Rom, und zwar geht abweichend von D und LM der vorschlag von ihr selbst aus. Pilatus wird in ketten mitgeführt, wie in D. In LM wird er erst später auf besonderen befehl des kaisers gefangen.1)

V. 4462-4531 (4244-4313) Volusian berichtet dem kaiser ganz kurz von Christus. Tiberius voll zorn (mit D verwant) droht den juden rache an. Dies ist wol aus der Vespasianlegende hier übernommen. Der weg über den das bild gebracht werden soll, wird mit kostbaren teppichen belegt (M stratis palliis in viam purpureis), darauf erfolgt die heilung, ausführlicher als in M, aber ohne directen anschluss an D, woraus der lohn den Veronica erhält und das ausschmücken des bildes entnommen ist. In directem widerspruch mit dem vorher berichteten steht nun die angabe, dass dieses bild noch in Rom zu sehen sei. Hier hat sich also ganz unabhängig die jüngere tradition über das bild eingeschlichen, die in der vorlage unseres dichters noch nicht zum worte gekommen war (vgl. über deren entstehen Schönbach s. 165 f.). Ueber die quelle, woher dies möglicherweise stammt s. unten, jedenfalls war schon im 10. jh. diese anschauung ausgebildet: 1011 weihte papst Sergius IV. dem tuche in Rom einen altar (Massmann, Kaiserchronik 3, 576).

Die sich v. 4532-60 (4314-42) anschliessende aufforderung des kaisers, Volusian und Alban sollten einen wunsch äussern, und deren bitte, er möge sich taufen lassen, ist eine eigentümliche modification der in D stehenden frage des kaisers und antwort Volusians.2)

V. 4561-85 (4343-67) Tiberius lässt sich taufen, zerstört

1) Auch hierin folgt D der Vindicta (K). Wenigstens müssen wir nach abschnitt 25 annehmen, dass Pilatus gefangen mitgeführt wurde: Judeae optimi apprehenderunt Pilatum ut ducerent ad portum maris. Dem widerspricht allerdings Volusians bericht vor Tiberius: Pilatum autem in Damasco dimisi ligatum et in carcere positum sub fida custodia. LM folgt umgekehrt wider A, wo auch Pilatus später erst ergriffen wird.

2) Es wäre gar nicht ausgeschlossen, dass der verfasser glaubte, den sinn des lat. textes widerzugeben, indem er petitio falsch als 'bitte' interpretierte und domini mei nicht auf Christus, sondern auf den angeredeten Volusian bezog.

den Isistempel,1) versucht die Römer vergeblich zu bekehren (nach D).

Ueber den tod des Tiberius v. 4586-97 (4368-79), den LM in der fassung unseres dichters nicht kennt, obwol die etymologie ganz im stile dieser recension ist (Schönbach s. 193).

Mit v. 4598 (4380) bereitet der dichter den übergang zur zerstörung Jerusalems vor. Er wusste, dass diese nicht unter Tiberius stattfand, deshalb werden v. 4598-4605 (4380—87) mit einer aufzählung der römischen kaiser eingeschoben. Ueber die differenz der gruppen y und z in dieser stelle und den einfluss von D der hier zu constatieren ist, wurde bereits gehandelt.

Auffallend ist, dass als nachfolger des Nero ein kaiser Anastasius erscheint, unter welchem Vespasian nach Jerusalem fährt.

V. 4606-4714 (4388-4496) der feldzug der in zwei teile zerfällt. Der erste bis zur wahl Vespasians zum kaiser hat in LM und D seine quelle nicht (vgl. unten), erst der zweite ist auch in LM, wird aber bei uns ziemlich selbständig behandelt; die zerstörung Jerusalems selbst ist kurz berichtet, dagegen das strafgericht über die juden weiter ausgeführt.

Fragen wir, auf welchem wege in unserem gedicht die eigentümliche vermengung der beiden recensionen zu stande gekommen sein mag, so haben wir zwei möglichkeiten ins auge zu fassen. Entweder sind beide nebeneinander oder bereits eine contamination derselben benutzt. Gegen die zweite annahme spricht zunächst, dass uns nirgends eine spur einer solchen contamination vorliegt, weder lat. noch deutsch; einzig die hs. M zeigt einen unfreiwilligen ansatz dazu in der doppelheit der namen Volusianus und Albanus für den boten des kaisers (vgl. oben s. 129). Wenn wir auch zugeben müssen, dass eine contamination beider recensionen vorhanden sein und verloren gehen konnte, so ist der ansatz einer solchen als quelle für uns doch auch deshalb sehr zweifelhaft, weil bei uns der lat. text der alten recensionen, wie wir sahen,

1) Vgl. auch Gottfr. v. Viterbo s. 153, dessen darstellung sonst nicht verwant ist.

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