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an seine quelle an, als er die directe rede der verdammten teilweise beibehält. In dem citierten sermo heisst es (no. 2, s. 2060): postquam enim exaltatus, i. e. a Judaeis in cruce suspensus est, .... mox ut spiritum reddidit, unita suae divinitati anima ad inferorum profunda descendit. Cumque tenebrarum terminum quasi quidam depraedator splendidus ac terribilis attigisset, aspicientes eum impiae ac tartareae legiones territae ac trementes inquirere coeperunt dicentes. Quisnam est iste terribilis niveo splendore coruscus? Numquam noster talem excepit tartarus, nunquam in nostram cavernam talem evomuit mundus... insuper et de nostro interitu formidamus (v. 23—28). Ib. s. 2061 heisst es weiter: ecce ipsi qui sub nostris solebant suspirare tormentis, insultant nobis de perceptione salutis... Numquam hic ita superbierunt mortui nec aliquando sic potuerunt laeti esse captivi. Utquid huc istum adducere voluisti, quo veniente omnes sunt laetitiae restituti, qui ante fuerant desperati (v. 29—35).

39, 36-51. Die gedanken welche der dichter hier vorbringt, sind, abgesehen davon dass er die ganze hl. dreifaltigkeit in die unterwelt hinabsteigen lässt, was wol seine eigene erfindung ist, wider aus dem citierten pseudo-augustinischen sermo genommen. Denn dort heisst es (no. 4, s. 2061): post istas crudelium ministrorum infernalium voces sine aliqua mora ad imperium domini ac salvatoris nostri omnes ferrei confracti sunt vectes (v. 36-42); ib. no. 2, s. 2060: nunquam huic coenolento loco et nigra semper caligine caecato iucundum lumen apparuit (v. 43 f.); ib. s. 2061, 4: et ecce subito innumerabiles sanctorum populi, qui tenebantur in morte captivi (v. 39 f.).... In tyranno catena nectitur, et tortor noster poena torquetur (v. 45 f.); ib. s. 2061, 5 heisst es weiter: statim a domini iussu omnes antiqui iusti iura potestatis accipiunt... Iucundentur in ascensu tuo fideles, aspicientes cicatrices corporis tui (v. 47 -49). Fecit hoc Christus, sicut iam superius dictum est. Facta praeda in inferno, vivus exit de sepulchro (v. 50 f.).

39, 52-63. In v. 52-62 scheint der dichter Wernerus, Migne t. 167, 926 A vor augen gehabt zu haben; denn dort wird gesagt: quidam sentiunt, quod ab hora mortis usque ad horam resurrectionis in inferno cum electis fuerit, et inde cum eis abiens resurrexerit. Wernerus gibt zwar eine bestimmte

antwort, aber unser dichter hält damit zurück (zu v. 57-63 vgl. s. 124 ff.).

39, 64-40, 2. Die grundstelle zu diesen gedanken findet sich in Ps. 23, 7-10, welcher seit den ältesten zeiten prophetisch gedeutet wurde. Aber gerade die prophetische deutung dieses psalmes ist es, welche der dichter in den citierten versen widergibt. Die erste auslegung desselben mit beziehung auf die himmelfahrt Christi findet sich bei Ambrosius, De mysteriis c. 7: dubitaverunt enim etiam angeli, cum resurgeret Christus; dubitaverunt coelorum potestates videntes quod caro in coelum ascenderet, quia dicebant: quis est iste rex gloriae? Dieselbe auslegung dieser verse des Ps. 23 finden wir bei Augustinus, Sermo 179, t. 52, 2085. Am ausführlichsten erklärt die stelle jedoch Rupert von Deutz im anschlusse an Ambrosius und Augustinus, De trinitate et operibus eius, In Isaiam lib. 2, t. 1, 1375, wo es heisst: interrogant igitur occurrentes angeli et dicunt: quis est iste, quis est iste, rei novitate perterriti (v. 64 -74, wobei wir allerdings v. 64-67 als selbständig hinzugefügte übergangsverse anzusehen haben). Mysterium enim passionis et resurrectionis Christi cunctis retro generationibus fuerat ignotum... Rursus angeli sciscitantur, et dicunt: quare ergo rubrum est indumentum tuum, et vestimenta tua sicut calcantium in torculari (v.75)? ... Respondet ergo percunctantibus: torcular calcavi solus, et de gentibus non erat vir mecum... Calcavi autem solus, nullum quippe habui adiutorem (v.76—78; vgl. Is. 63). Die verse 39,79-40,1 scheinen selbständige erfindung zu sein.

Mit einer aufforderung an seine leser, Christo dem herrn für die woltat der erlösung durch ein wahrhaft gutes leben zu danken, weil es sonst besser wäre daz derselben verte nie gedacht wurde, schliesst der dichter sein werk, das unter allen mittelhochdeutschen geistlichen gedichten das dunkelste, aber auch an gedankentiefe und reichtum des inhaltes das bedeutendste ist.

KOMOTAU.

P. VALENTIN TEUBER, O. Cist.

DAS VERHALTNIS

DER FRAUENMONOLOGE IN DEN LYRISCHEN UND EPISCHEN DEUTSCHEN DICHTUNGEN DES 12. UND ANGEHENDEN 13. JAHRHUNDERTS.

Burdach hat in seinem buche Reinmar der alte und Walther von der Vogelweide s. 69. 74. 120 auf einen zusammenhang der epik und lyrik des 12. und angehenden 13. jh.'s hingewiesen. Die grossen selbstgespräche der Isalde im Tristrant Eilharts von Oberge und der Lavinia in der Eneide Veldekes erscheinen ihm als die vorbilder Hausens und Reinmars. Ich habe dieses problem weiter verfolgt und hoffe einige neue stützen für Burdachs hypothese gefunden zu haben.

Die chronologie der dichter würde dieser annahme nichts in den weg legen: Eilharts Tristrant wird von seinem herausgeber Lichtenstein (s. L und CLIV) mit grosser wahrscheinlichkeit in die siebziger jahre des 12. jh.'s gesetzt.1) Die Eneide ist zum grössten teile um 1175 verfasst, vollendet und bekannt wurde sie nach Behaghels untersuchungen (ausg. s. CLXIII) erst um 1186. Hausens monolog (MF. 54, 1) wird, wenn er von ihm gedichtet ist, wol mit recht von Becker (Der altheimische minnesang, Halle 1882, s. 135 ff.) wegen seiner vollendung unter die letzten gedichte gerechnet, d. h. er ist ungefähr 1189 entstanden. An Hausen schliessen sich dann Reinmar2) und spätere3) an.

1) Auch Schröder (Zs. fda. 42, 79) gesteht zu, dass entscheidende beweismomente gegen diese datierung sich nicht vorbringen lassen.

2) Becker a. a. o. s. 136 nimmt umgekehrt Hausen als den entlehnenden

an, dagegen Burdach, Anz. fda. 10, 27.

3) Ich habe in den kreis meiner betrachtung folgende monologe gezogen: Eilharts Tristrant 1212. 1874-1880. 2398-2598. 3516-3522. Beiträge zur geschichte der deutschen sprache. XXIV.

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Bevor ich aber an eine vergleichende betrachtung dieser epischen und lyrischen frauenlieder herangehe, muss ich zunächst den Eilhartischen liebesmonolog, der ja das vorbild für die späteren wurde, einer kritischen untersuchung in bezug auf echtheit und interpolation unterwerfen. Denn da das gedicht Eilharts vollständig nur in einer bearbeitung des 13. jh.'s vorliegt, so konnte die annahme nahe liegen, dass viele übereinstimmungen mit der späteren höfischen dichtung auf rechnung des bearbeiters zu setzen seien. Diese etwaigen interpolationen müssten natürlich für die untersuchung über die abhängigkeit der lyrik von der vorausgegangenen epik durchaus unberücksichtigt bleiben.

Wir haben für die herstellung des textes drei quellen: 1) die jüngere gereimte bearbeitung aus dem 13. jh., D und H = X (Lichtenstein). Aeltere, dem originale näher stehende fassungen aber bieten 2) die prosaauflösung P aus dem 15. jh. und 3) die czechische übersetzung Č aus dem 13. jh. (vgl. Feifalik, WSB. 32,300). Doch man darf 2) und 3) nicht überschätzen; denn 2) enthält eine reihe von misverständnissen (Lichtenstein, Zur kritik des prosaromans s. 19 ff.), und was schwerwiegender ist, es setzt moderne wörter für antiquierte ein (Lichtenstein a. a. o. s. 23 ff.) und kürzt die dialoge (X 457-495 ist in P 8, 8 ff. stark gekürzt im gegensatz zu Č 14, 12-15, 23, das hier auf seiten von X steht; ähnlich X 646-668 Č 22, 6 — 23, 1: P 12, 5-20; X 729-736 = Č 24, 17-25,5 3) ist ebenso wenig eine einwandsfreie quelle. hält eigene zusätze, die nur eine widerholung früherer gedanken oder eine notdürftige herstellung eines anschlusses sind (Knieschek a. a. o. s. 348), misverständnisse des deutschen originals (Knieschek s. 351), abweichungen und änderungen (Č 92, 19: X 2558). Wichtiger sind aber die unstatthaften auslas

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P 13, 17-19). Denn sie ent

3525-3527; Veldekes Eneide 1362-1408. 2442-2447 (Dido), 10064— 10388. 10400-10435. 10476-10495. 10726-10784. 11383-11422. 1142811465. 11504-11552. 12215-12300. 12672-12688 (Lavinia). Hausen, MF. 54, 1. Veldeke 57, 10. 67, 17. Johannsdorf 94, 35. Rugge 106, 15. Morungen 142, 26. Reinmar 151, 1. 167, 31. 178, 1. 186, 19. 192, 25 (199, 25 und 203, 10 werden mit recht von Er. Schmidt, QF. 4, 76 und 74 für unecht erklärt); Hartmann 212, 37. 217, 14. 216, 1. Walther 113, 31. 39, 11. Otto von Botenlauben MSH. 28, 8.

sungen (Lichtenstein a. a. o. s. 10, 8). In der grossen kampfschilderung X 6022-6072 hat Č offenbar stark gekürzt. Dass aber P nur drei zeilen (130, 10–12) dafür verwende, wie Knieschek meint, ist falsch, denn nur die anordnung der gedanken weicht in P von der in X ab; man vergleiche X 6035 ff. mit P 130, 24; X 6048 mit P 130, 21.

Wie alle jüngeren überarbeitungen älterer gedichte hat auch X das bestreben, das gedicht nach inhalt und form der neuen kunstentwickelung anzupassen. So finden sich denn in der tat neben der beseitigung der alten assonanzen auch tiefer gehende erweiterungen (Lichtenstein a. a. o. s. 17). Manchmal aber stimmt X mit Č und P gegen die alten fragmente (A) überein, so dass selbst Knieschek (a. a. o. s. 339 ff.) zu der ansicht kommt, dass X an einigen stellen das ursprüngliche widergebe. Jedenfalls aber muss ich mit Lichtenstein (ausg. s. xx) übereinstimmen, dass X sehr wenig sachliche verschiedenheiten aufweist. Ueberhaupt glaube ich, dass aus der ganzen, mit grosser heftigkeit geführten untersuchung nur das herausgekommen ist, dass P und Č für die reconstruction der alten reime nach wie vor eine vorzügliche handhabe bieten, dass aber sonst im grossen und ganzen alle drei von einander unabhängige und gleich gute oder gleich schlechte recensionen sind. Denn das resignierende schlussurteil Kniescheks wird bestehen bleibon, dass wir wol nie im stande sein werden, das original Eilharts überall herzustellen, wenn uns nicht neues handschriftliches material zufliesst. Nur wo zwei quellen gegen die eine stimmen, da ist freilich wahrscheinlich, dass diese das ursprüngliche bewahrt haben.

Gehen wir nun unter diesen ungünstigen auspicien an die kritik unseres monologes, so ist sogleich die sehr energische forderung Kniescheks, 115 verse (X 2436-2551) zu streichen, die in Č fehlen, auf ein sehr bescheidenes mass herabzustimmen. Nur an folgenden stellen gehen P und Č in der auslassung zusammen: X 2436-2438. X 2444-2457.') X 2464-2466 (frauwe Amúr). X 2539-2551. X 2480 ff. setzt die bearbeitung mit der anrufung der frauwe Minne ein. Es ist nun auffällig,

1) X 2458-2463 ist gegen den verdacht der interpolation durch P 48. 14-16 geschützt.

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