Page images
PDF
EPUB

nur aus den zwei sätzen (57, 26 ff.): ez kam von tumbes herzen râte, ez sal ze tumpheit och ergán. Bei Hausen wird die widerholung öfter zur kunstvollen responsion an gleichen versstellen (Burdach s. 89). In dem frauenmonologe 54, 1 ff. drängt das überwältigende gefühl der liebe zu dem geliebten immer wider zum ausdruck (54,* 4. 10 f. 13. 18. 22. 24 f. 30. 32. 36. 38 f.). Der entschluss der liebesgewährung aber (54,* 5. 14. 19. 28. 37. 55,* 3) wird immer wider durchkreuzt durch den dazwischen klingenden gedanken der scheu vor der welt (54,* 7 f. 15 f. 20. 26. 29. 55,* 5). — Ganz ähnlich in dem grossen frauenliede Reinmars (178,* 1 f.): 1) innige liebe: 178,* 2 f. (12).1) 16. 23. (36) f.;

2) die gewährung massvoller liebe aus rücksicht auf die welt: 178,* 6 (11). 25. 27. 29 f. MF. 186,* 19 ff. Das bild des glühend werbenden ritters tritt immer wider vor die seele der frau: 186,* 35. 187, 1 f. 14 f.; sie liebt ihn von herzen: 186,* 25. 32. 37. 187,* 6. 9 f. 11. 27 f., aber der resignierende entschluss ihn aufzugeben, behält doch die oberhand: 186,* 26. 187,* 14. 20. 25. 29 f. — MF. 192,* 25: hier gewinnt die liebe (193,*2. 4f. 18 f.) den sieg über die furcht vor der welt, die in immer wider hervorbrechenden klagen sich luft macht: 192,* 25. 31. 37. 193,* 13. In der totenklage der gattin Leopolds über den verlust des gemahls kehrt das wort tôt und damit der gedanke in allen drei strophen wider (167,* 35. 168,* 15. 19) und sogleich wird die erinnerung an die lebenswarme, liebespendende gestalt des gatten rege: 168,* 1 f. 6 f. 12. 13. 25. Auch in dem unter Reinmars namen überlieferten gedichte MF. 199,* 25 ff. klingt immer wider der gedanke an das scheiden und meiden an: 199,* 32. 200,* 10. 24. 33. 201,*1 und ruft seinerseits das bild des glänzenden ritters hervor: 199,* 29. 39. 200,* 1.3 f. 19 f. 201,* 10. In dem frauenmonolog Hartmanns (MF. 212,* 37), welcher die erbitterten klagen über getäuschte liebe enthält, herscht ein einheitlicher ton, nur ist bemerkenswert, dass die gleisnerischen reden des mannes der frau nicht aus dem sinne wollen: 212,* 37 ff. 213,* 15 ff. In dem zweiten frauenliede (MF. 216,* 1 f.), welches sonst ganz das von den epikern angeschlagene motiv des conflicts zwischen pflicht und liebe

1) Die klammern beziehen sich auf die durch die kritik Burdachs (s. 219) in wegfall kommenden stellen.

durchführt, wird man wol schwerlich eine widerholung der gedanken nachweisen können. Der inhalt ist mit einer gewissen logischen genauigkeit dispositionsartig abgehandelt. Str. 1: ich liebe. Str. 2: ich hatte die wahl zwischen freundschaft und liebe gehabt. Str. 3: aber die letztere habe ich gewählt, denn str. 4: mein geliebter verdient es. In dem dritten frauenliede (MF. 217,* 14 ff.), der wehmütigen klage über den verlorenen geliebten, herscht wider ein bunter wechsel der gedanken: 1) der verlust des geliebten mannes (217,* 19. 28); 2) die trauer darüber (217,* 16. 31. 38); 3) preis des geliebten (217,* 20. 26. 218,* 4); - 4) erinnerung an die frühere, schöne zeit der liebe (217,* 22. 218,* 2).

Vielleicht am kunstvollsten ist diese widerholung der gedanken in Walthers frauenlied 113,* 31 ff. durchgeführt. Das ganze gedicht besteht aus zwei strophenweise sich abwechselnden gedanken: der entschluss der liebesgewährung (str. 1.3.5) kämpft mit dem hangen und bangen vor demselben (str. 2. 4).

Parenthese.

Ueber Eilhart s. Lichtenstein S. CLXXX, über Veldeke s. Behaghel s. cxxx, über den minnesang s. Burdach s. 104 f. 116. 123, über Walther ausser Burdach noch Wilmanns ausg. s. 67. Eine anticipierende parenthese, die im minnesange vor Reinmar ohne beispiel ist, findet sich schon bei Eilhart v. 4562* swer nu sulchin hunger ein jár solde liden - ich kan des nicht vorswigen - he muste wesin hungers tôd, vgl. Reinm. 109, 11: do rieten mine sinne daz (des ich enkeinen tróst mir kan gegeben) daz ich die sorge gar verbære; 170, 13. 181, 33. 192, 37*. Walther 95, 32.

Personification.

Eilhart scheint der erste gewesen zu sein, der frauwe Amûr (2464?), Cupido (2467) und frauwe Minne (?) in die literatur eingeführt hat (Lichtenstein s. XLXVII). Bei Veldeke erscheint noch Venus und statt frauwe Amûr in strengerer anlehnung an das franz. original Amor.) Im minnesange findet sich die personification der minne zuerst bei Hausen (52,37 u. ö.), wenigstens schreiben Lachmann und Haupt zuerst

1) Misverstanden bei Veld. En. 10156: der minnen got Cupido end Amor sin broeder.

das wort gross.) Freilich lieben die lyriker die fremden namen Venus, Amor, Cupido nicht. So viel ich sehe, kommt Amor zuerst bei dem Tanhauser (MSH. 1, 886) und dem Wilden Alexander (MSH. 1, 365a), Venus und Amor bei Konrad von Kirchberg (MSH. 1, 24a) und Rudolf von Rotenburg (MSH. 78 b) vor. Wilmanns (Leben Walthers s. 328) erklärt das fehlen der fremdwörter überhaupt wol mit recht daraus, dass die sänger einen grösseren zuhörerkreis hatten als der vorleser der epen, die für ein auserleseneres publicum gedichtet waren, an das höhere anforderungen gestellt werden konnten. Dennoch aber stehen die lyriker hinter den epikern an lebendiger ausmalung der allegorie keineswegs zurück: 1) die Minne herscht gleichsam als königin über die ganze welt 2): Eilh. 2514.* 2537.* Veld. En. 10285.* 11160.* Walther 56, 12, vgl. 41, 1. 2) Sie erscheint als kriegerin mit pfeil und bogen: Veld. En. 10036.* 11198.* Walth. 40, 35 f., vgl. 40, 32. 3) Sie verwundet: Veld. En. 10159.* 11201.* Walth. 41, 2. Fenis 82, 3. 4) Sie heilt aber auch: Veld. En. 10266.* Walth. 41, 2, vgl. Hartm., 1. büchl. 1269 und Reinm. 185, 16. 5) Sie benimmt den sinn: Eilh. 2491.* 2539?* Veld. En. 10154.* Johannsdorf 94, 25. 6) Sie bestürmt das herz wie eine burg: Eilh. 2489.* Reinm. 161, 31. Walth. 55, 10. 7) Man begibt sich in ihren dienst: Eilh. 2521.* Veld. En. 10252.* Walth. 58, 18. 8) Der liebende ruft sie3) an und klagt ihr seine not): Eilh. 2516.* vgl. 2530. 2536.* 2543* (?). 2547* (?). Veld. En. 10262*, vgl. Herb. v. Fritzlar 874.* Veld. MF. 66, 9. Fenis 82, 2. Walth. 14, 11. 41, 5. 55, 15. 109, 25. 27. 9) Wenn aber die hilfe ausbleibt, beschwert man sich über sie: Eilh. 2488.* 2510. Veld. En. 10258.* 10290. Haus. 49,35. 53, 23. Walth. 41, 10.

-

*

1) Dietm. 32, 7: owê minne, der dîn âne möhte sîn, daz wæren sinne: hier läge es allerdings wegen der anrede nahe, an eine personification zu denken.

2) Die vorstellung ist schon angedeutet Kaiserchron. 141, 21 umbe die minne ist ez aber sô getân, da ne mac niht lebendiges gestân, vgl. Hausen 52, 37 f. 53, 30.

3) Gott wird um hilfe angerufen Eilh. 2398*. 2439*. Veld. MF. 63, 20. Johannsdorf 92, 14. Hartm. 116, 5.

Walther gestaltet diesen zug zu einem anschaulichen bilde, indem er frau Minne als richterin einführt, vor deren richterstuhl der dichter sein recht sucht, vgl. 40, 27 ff.

Reinmar und Hausen bieten fast gar nichts, und das hängt wol mit ihrem sonstigen mangel an bildern zusammen. Auffälliger aber ist, dass Morungen auch die personificationen der liebe verschmäht: freilich überträgt seine kühnere sprache die anschaulichen wendungen auf die geliebte selbst.

Zerlegung der persönlichkeit.

Ueber die anrede an herz und mut vgl. Burdach s. 120. Das herz wird der torheit und der verräterei bezichtigt: Veld. En. 2198 ff. Rietb. 19, 33. Haus. 49, 15; vgl. Veld. MF. 56, 7. Fenis 82, 23. Rugge 101, 31. Bernger 114, 3. Mor. 125, 3. 134, 6. 147, 5 ff. Hartm. 205, 10 ff. Das herz weilt bei dem geliebten: Veld. En. 10378.* Haus. 51, 29 ff. 54, 32.* Johannsd. 87, 15 ff. Reinm. 159, 19. Bernger 114, 35. Hartm. 215, 30. Walth. 44, 17. 98,9. 44, 15.')

Bilder, vergleiche, metaphern.

Bilder, vergleiche und metaphern findet man in den epen. Eilharts und Veldekes nicht sehr viele (s. Lichtenstein S. CLVIII f. Behaghel s. CXXXIX). Im Eilhartischen liebesmonolog kommen zwei vergleiche vor, welche im minnesange keine parallelen haben. Eilh. 2434* he ist lûter... alse daz golt ist vor daz blî, ähnlich in volkstümlichen epen Ortnit 1, 15. Rol. 148, 15. Eilh. 2462* nu is sie (die Minne) mir leider wordin swêre unde als ein ezzich sûr Veld. En. 10248.* Aber Eilh. 6462 und 6514 wird die geliebte mit der sonne verglichen. Dieser vergleich, der allerdings volkstümlich ist (Spervogel 24, 4. Nib. 280, 1) und in der geistlichen poesie (V. d. hochzeit, s. QF. 12, 52) nicht selten vorkommt,2) begegnet auch bei den minnesängern: Dietm. 40, 93. Mor. 138, 38; vgl. 123, 1. 144, 27 u. ö. Walth. 46, 15.

=

Veld. En. 10279*3): sint dat ich dir dienen sal, só moet ich sware borde dragen, vgl. v. 11110. Dieses bild findet sich im minnesange nicht selten: Veld. MF. 56. 8. Rugge, 107, 7. Reinm. 201, 16. Bernger 113, 8. Walth. 69, 15.

1) Die gesonderte existenz des herzens ist schon deutlich bei Dietmar v. Eist 34, 6 ausgesprochen: dó huop sich aber daz herze min an eine stat dâz ê dâ was.

2) Schon bei Plautus Menaechmi 1, 2, 66: eapse eccam emit: ah solem vides satin ut occaecatust prae huius corporis candoribus.

3) Vielleicht schon bei Eilh. nach X 2505*, auf grund von P. 48, 7. Beiträge zur geschichte der deutschen sprache. XXIV.

25

Die in der modernen liebesdichtung so beliebte und häufige metapher von dem feuer der liebe begegnet auffälligerweise in der mittelalterlichen minnepoesie äusserst selten. Zuerst erscheint sie im epos bei Veld. En. 10114*: met den heiten füre brennet mich frouwe Vênus, und zu diesem bildlichen ausdruck gehört auch das verbum derren (v.10126*) und switten (v. 10257* u. ö.). Moritz v. Crâon (v. 322) und Herb. v. Fritzlar (v. 646. 672) haben diese metapher von Veldeke übernommen. Im ganzen minnesange aber existiert, so viel ich sehe, nur bei Rietenb. 19, 19 etwas ähnliches.

Epische züge.

Die unterbrechung der rede durch eine epische formel findet sich sehr häufig in den epischen frauenmonologen: Eilh. 2467.* 2551.* 2587.* Veld. En. 10117.* 10191.* 10271.* 10395.* 10775* u. ö. Es ist, als ob diese einschnitte in die langen selbstgespräche uns eine pause in dem sprach- und denkverlaufe der redenden veranschaulichen. Aufgeregt schreiten sie wortlos auf und nieder, bis endlich wider allgewaltig der gedankenstrom hervorbricht. Die grossen lyrischen frauenmonologe teilen diese epische eigentümlichkeit nicht, nur Veldeke, MF. 57, 12. Joh. 94, 35. Reinm. (?) 203, 11 haben diese formel beibehalten, welche in der älteren lyrik sich häufiger findet (Kürenb. 8, 16. Dietm. 32, 3. 39, 7 u. ö.). Ein epischer zug im altheimischen minnesang ist ferner das vorherschen der erzählung (MF. 34, 4. 8, 9. 33), nur selten enthält ein gedicht reine empfindung, sondern gewöhnlich wird sie erst durch einen äusseren vorgang hervorgerufen, und der gegensatz zwischen der scheinbar ruhigen erzählung und dem hervorbrechen des glühenden, warmen gefühls gibt diesen gedichten einen so eigentümlichen, unvergänglichen reiz. In einem schroffen gegensatz zu den frauenmonologen dieser zeit stehen die epischen monologe Eilharts, Veldekes und die der späteren lyrik. Es fehlt in ihnen zwar nicht an erzählenden momenten, aber sie betreffen vorzugsweise vorgänge im individuum selbst, und diese werden einer beobachtung unterzogen, eine rationalistische deutung und erklärung wird versucht. Viel öfter aber verlässt man den boden der wirklichkeit und beschäftigt sich lieber mit dem gedachten, möglichen, fraglichen. Walther

« PreviousContinue »