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EIN SCHLUSSWORT
ZU CEDERSCHIÖLDS AUSGABE DER

BEVIS SAGA.

Zu Cederschiölds aufsatz 'Ueber die ausgabe der Bevis saga' Beitr. 23, 257 ff. gestatte ich mir folgende erwiderung, indem ich dabei gleich bemerke, dass ich mich bemühen werde, einen weniger hochfahrenden ton anzuschlagen als C.; ausdrücke wie 'lächerlich' und 'unwissenheit' werden in meinen darlegungen z. b. nicht vorkommen.

Recapitulieren wir zunächst kurz die sachlage. C. legt seiner ausgabe der Bevis saga den cod. Holm. membr. 6, 4° (B) zu grunde, soweit er vollständig, und ergänzt die lücken durch cod. Holm. 7 fol. (C) bez. durch zwei demselben nahe stehende papierhss. (7d). Bezüglich der verwertung dieser letzteren hss. für die teile der saga, welche in beiden fassungen vorliegen, erklärt er s. LXIV seiner FSS., er habe aus ihnen alle von unserem texte abweichenden lesarten aufgenommen, so dass nur die so gut wie wertlosen abweichungen nicht angemerkt worden seien. Diese äusserung liegt gedruckt vor; der zusammenhang, in dem sie vorgebracht wird, ändert an ihrem sinne nicht das mindeste (vgl. C. s. 262). Wenn er (abgesehen von einer späteren stelle der einleitung s. CCXL) jetzt (s. 262) diese in denkbar klarster form abgegebene zusage in merkwürdig verclausulierter weise dahin abgeschwächt, er habe 'eine hauptsächlich vom nordisch-philologischen standpunkte aus einigermassen vollständige sammlung der abweichenden lesarten... zu geben versucht', so muss ihm die, wie mir scheint nicht ganz leicht zu tragende verantwortung dafür zugeschoben werden.

Er hat ferner weder die franz. hss., deren eine ihm aus meinen Beiträgen (1876) s. 136 bekannt sein musste,1) benutzt, noch auch die englische, 1838 erschienene, oder die gälische fassung, mit englischer übersetzung gedruckt 1880, zur vergleichung herangezogen. Und hätte er wenigstens noch seine zusage erfüllt, alle inhaltlichen ('sachlich' verstehe ich in meinem aufsatze ebenso wie Elis s. s. XXXVII im gegensatz zu 'graphisch', wodurch C.'s darauf bezügliche auslassungen s. 265 ff. gegenstandslos werden) varianten von Cyd zu notieren, so träfe ihn zwar immer noch der vorwurf, eine minderwertige hs. zu grunde gelegt zu haben, aber er hätte doch dankenswertes, vollständiges material geliefert; dass das nicht geschehen, lehrt ein blick auf meine nachträge. Ja nicht einmal die recht bescheidene aussicht, eine 'hauptsächlich vom nordischphilologischen standpunkte aus einigermassen vollständige sammlung der abweichenden lesarten' zu erhalten, hat C. verwirklicht; an einer ganzen anzahl von stellen, wo die lesung von B sich auch ohne die hinzunahme fremder redactionen als mangelhaft erwies, hat der herausgeber die wichtigen varianten der anderen hss. anzuführen unterlassen; vgl. meine note zu s. 216 z. 25, aus der er sehen kann, dass die frage, ob Bevis von elf oder zwölf rittern angegriffen wird, doch nicht so bedeutungslos ist wie er glaubt (s. 280); ferner meine anmerkungen zu s. 216, 38 (vgl. auch Beitr. s. 42 no. 40). 232, 6 (Beitr. s. 46 no. 118). 248, 34 f. 251, 15 f. 57. 251, 16. 253, 33 f. 46 f. 256, 50 f. 265, 40 f.

Alle diese punkte stehen fest, und weder die früheren noch etwaige zukünftige argumentationen C.'s werden im stande. sein, sie zu beseitigen.

C. behauptet, ich hätte ihm unrecht getan durch die verschweigung des umstandes, dass er von jeder saga nur éine redaction mitzuteilen beabsichtigt habe. Nun, ich habe keineswegs ausser betracht gelassen, dass auch von romantischen sqgur verschiedene redactionen existieren können' (s. 261); ich verstehe darunter aber nur solche fälle, wo, um mich etwas

1) Wenn Firmin Didot mir, dem Deutschen, 1876, also wenige jahre nach dem kriege, ausdrücklich die erlaubnis verweigerte, eine copie von der hs. zu nehmen, so ist das wol erklärlich; ein Schwede hätte gewis einen besseren erfolg erzielt.

äusserlich auszudrücken, die differenzen so stark sind, dass es unmöglich wird, dieselben in variantenform darzustellen, wie das z. b. bei hs. D der Elis saga im verhältnis zum Upsalaer codex und bei cod. Holm. 6, 4o der þjalar Jóns saga, verglichen mit þórðarsons text, der fall ist. Die verschiedenen mss. der Bevis saga repräsentieren dagegen nur zwei hss.-klassen; das besagt schon die von C. s. 265 ausgehobene bemerkung in meinem ersten aufsatze. Und dazu kommt die früher besprochene erklärung des herausgebers selbst, dass er in diesem falle anders verfahren wolle. Ich fühle mich also von dem vorwurf durchaus frei, in tendenziöser absicht mich einer verschweigung schuldig gemacht zu haben. Im übrigen aber haben wir es gerade hier mit einem grundirrtum C.'s zu tun. Es ist nicht richtig, dass jeder herausgeber, wie er vorauszusetzen scheint, das recht hat, sich selbst eine eigene kritische methode zu construieren und dann zu verlangen, dass seine leistung bloss von diesem standpunkte aus, als einem gegebenen, beurteilt werde. Ein text der nur auf einen eng beschränkten kreis von interessenten zu rechnen hat, muss gleich das erste mal in einer form geboten werden, die für alle weitere arbeit eine feste grundlage liefert eine forderung deren berechtigung gewis alle einsichtigen anerkennen werden. Ist das nicht der fall, so halst der herausgeber dem benutzer weitere arbeit auf und erschwert zugleich buchhändlerisch die veröffentlichung einer vollständigeren ausgabe. C. erkennt dies princip nicht an: 'das ganze material zu bieten, das möglicherweise zur vergleichung mit den franz. texten nötig werden könnte, hatte ich weder beabsichtigt noch versprochen', bemerkt er (s. 2631)) und gibt damit das selbst zu, was ich hauptsächlich hatte nachweisen wollen.

Eine ganz andere frage ist die nach der aufnahme 'formeller' varianten, wie sie C. nennt; hier können die meinungen in der tat auseinander gehen, wie ich das vor erscheinen von C.'s artikel selbst (Publ. of the Mod. Lang. Assoc. of America, vol. 13, Baltimore 1898, s. 554) offen ausgesprochen habe. Indessen hat kein recensent meiner Elis saga, auch C. nicht, mir einen vorwurf daraus gemacht, dass ich in dieser ausgabe selbst in der anführung dieser gruppe von varianten vollständigkeit angestrebt habe.

C. meint ferner, das factum, dass prof. Stimming mir seine copien der zwei hss. des ältesten franz. textes geliehen habe, hätte stärker betont werden sollen als ich es getan; er glaubt nicht fehlzugreifen, wenn er gerade in dem entleihen dieser copien den eigentlichen entstehungsgrund von meiner strengen kritik seiner ausgabe erblicke. 'Und ich kann nicht umhin, seine art, sich über meine ausgabe zu äussern, mit der übermütigen kritik zu vergleichen, die ein schüler mit hilfe des in seine hände gelangten schlüssels des lehrers an der von einem mitschüler ohne dieses unschätzbare hilfsmittel angefertigten übersetzung übt' (s. 259). C. irrt sich. Mir standen die Pariser hss. in derselben weise zur verfügung wie Stimming; hätte dieser die abschrift nicht schon genommen und die liebenswürdigkeit gehabt sie mir zu leihen, so würde ich, ehe ich an die herausgabe des Sir Beves und an die nähere betrachtung der saga gieng, die nochmalige1) reise nach Paris für diesen zweck ebensowenig gescheut haben, wie ich versäumt habe, vor abfassung meiner abhandlung über die Elis saga den damals noch nicht gedruckten Elie de St. Gille derselben bibliothek zu studieren, oder zum zweck der herstellung eines kritischen textes der me. Ipomandonromanze von den beiden afranz. hss. der beiläufig ca. 10,000 verse langen quelle im Brit. museum copien zu nehmen. Beides erachtete ich für ganz selbstverständlich, und so erschien es mir auch als ziemlich irrelevant für die sache, wo ich mein unentbehrliches kritisches material im vorliegenden falle herbekommen hatte; nur die schuldige danksagung gab zur andeutung dieser verhältnisse veranlassung. Dass übrigens der für mich nicht sonderlich schmeichelhafte vergleich mit dem 'schlüssel' herzlich schlecht passt, bedarf keiner ausführung.

Ich habe C. immer für einen sehr sorgsamen und gewissenhaften handschriftenleser gehalten, 2) und darin macht mich

1) Vgl. oben s. 415 anm 1.

*) Dieser selben meinung hatte ich Beitr. 19, 641) folgenden ausdruck geliehen 'C.'s textabdrücke werden im allgemeinen mit recht wegen ihrer ausserordentlichen akribie gerühmt'. Ich weiss nicht, wie C. dazu kommt, darin etwas wie spott zu wittern (s. 276): ich habe nichts dergleichen beabsichtigt und muss mich gegen eine solche willkürliche unterstellung verwahren.

auch der umstand nicht irre, dass sein abdruck einer kurzen handschriftlichen notiz aus dem 17. jh. vier lesefehler enthält (vgl. Publ. a. a. o. s. 544) und er in den varianten zur Clarus saga zweimal ohne erklärung den casus abgeändert hat (vgl. das. s. 5572)). Sein urteil über mich ist freilich weniger freundlich: er spricht meinem ergänzenden variantenapparate zuverlässigkeit und genauigkeit ab (s. 276). Die sache liegt so. Als ich für die An. sagabibliothek die herausgabe der Flóres saga übernommen und zugleich beschlossen hatte, der Bevis saga ein eingehenderes studium zuzuwenden, nahm ich im herbst 1892 zunächst einen kurzen aufenthalt in Kopenhagen, um über das handschriftliche material einen vorläufigen überblick zu gewinnen. Bei dieser gelegenheit collationierte ich u. a. unter ungünstigen beleuchtungsverhältnissen die fragmente A und D der Bevis saga, und hielt dann bei ausarbeitung des apparates meine collation derselben für genügend, zumal C. gerade von A besonders reichliche varianten mitgeteilt hatte; doch stiegen mir schon bald nach dem druck des aufsatzes bedenken auf, ob ich darin recht getan hätte. Die hss. Cyd, also das hauptsächlichste material für meine arbeit, dagegen habe ich lange zeit hier benutzen dürfen und dabei namentlich gelegenheit gehabt, der oft recht schwer lesbaren hs. C das eingehendste studium zu widmen; ich war in der lage, die correctur in aller musse mit den mss. zur seite zu lesen, und ich bin mir bewusst, den apparat mit der denkbar grössten gewissenhaftigkeit zusammengestellt zu haben. Höchstens könnte - um ja nichts zu verschweigen

das misgeschick, dass zu einer zeit, wo die eine der papierhss. bereits wider weggeschickt war, auf dem wege von Leipzig nach Halle ein revisionsbogen durch die post in verlust geraten ist, vielleicht ein paar kleine ungenauigkeiten verschuldet haben. Die hss. sind allgemein zugänglich: jeder interessent, vor allem C. selbst, kann sich mit leichtigkeit überzeugen, ob ich zu viel behaupte. Ja vielleicht ist eine erneute einsicht in die hss. zur beurteilung der sachlage nicht einmal nötig; fast sämmtliche correcturen meines apparates durch C. (s. 277 f.) beziehen sich auf die fragmente D und A; nur zwei gesicherte berühren yd, und zwar handelt es sich das erste mal s. 209, 4 um ein druckversehen, indem vor 'unnit ok yo' add. ausgefallen

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