den von mir behandelten germanischen, eine silbe aus zweien entstanden; freilich unter anderen betonungsverhältnissen. Nach den im vorhergehenden gegebenen belegen kann germ. ai teils aus urspr. (indog.) ă mit einem reducierten i, teils aus urspr. (indog.) Ŏ mit einem reducierten i entstanden sein. Aus ǎ u. a. in no. 8. norw. eim adj., 15. an. eimr subst., 21. 22. 30. 32. Häufiger aus o. So u. a. in 1. got. hraiw-, 11. ahd. araweiz, 13. ahd. óheim, 14. got. tains, 18. ahd. neiman, 27. got. braids, 29. germ. faigja-, 34. ahd. kleit. Bei mehreren wörtern vermag ich nicht zu entscheiden, ob indog. Ŏ oder ein vocal der dem à des lat. pario, des umbr. kumaltu entspricht, vorauszusetzen ist; z. b. bei 2. germ. *airō. Brugmann nimmt in seinem Grundr. an, dass indog. a hinter der ersten silbe (im auslaut der zweisilbigen wurzelformen, in flexionssilben und suffixen) im aind. und avest. durch i, im armen. durch a, im gr. durch a, im kelt. durch a vertreten ist, und er belegt dies durch nicht wenige beispiele. Dagegen hat er keine spur des in dieser stellung vorauszusetzenden indog. ǝ im germ. nachweisen können. Durch meine begründung habe ich dieser auffassung der germ. lautverhältnisse im vorhergehenden eine andere entgegen zu stellen versucht. Das reducierte i der von mir vorausgesetzten vorgerm. formen entspricht einem aind. i oder einem gr. ǎ oder beiden. S. 1. got. hraiw-; 2. germ. airō; 5. got. mail; 6. an. hreinn; 8. norw. eim adj.; 15. an. eimr subst.; 18. ahd. neiman; 32. ahd. gameit. Diese zusammenstellungen geben keinen beweis für die aussprache des im urindog. Allein z. b. nach hraiw- aus vorgerm. *krowǝ- neben aind. kravi-, gr. xoέa, finde ich es unwahrscheinlich, dass indog. a in dieser stellung als ein gemurmeltes kurzes a ausgesprochen wurde. Der gegensatz des germ. hraiw- aus vorgerm. *krowǝ-, vgl. xoća, zu got. miluks aus vorgerm. melǝý-, vgl. yáλa, setzt voraus, dass die zweite silbe von *krowa- schwächer als die von melǝý betont war. Daher vermute ich, dass die form miluk- lautgesetzlich in der zweisilbigen nominativform entstanden ist. Dagegen scheint *krowa in dreisilbigen casusformen, wo die zweite silbe unbetont war, lautgesetzlich zu hraiw- geworden zu sein, wahrscheinlich wo in der dritten silbe i, ei oder e folgte. Besonders interessant ist das verhältnis bei no. 19: ahd. chêren aus *kairjan, vorgerm. *gar,siyo-; ags. cierran aus *karrjan, vorgerm. *garsiyo-; an. koyra aus *kaurjan, vorgerm. *garusiyo. Hier setzt éin germ. verbum eine vorgerm. form mit reduciertem i voraus; ein anderes, das mit jenem wesentlich identisch ist, eine vorgerm. form, worin s unmittelbar nach folgte (eine vorgerm. form auf der 'nullstufe'); ein drittes germ. verbum, das sich von jenen nicht trennen lässt, setzt eine vorgerm. form mit reduciertem u voraus. Wie diese verschiedenheiten erklärt werden sollen, lässt sich aus den historischen formen dieser verba nicht nachweisen. Allein es ist wahrscheinlich, dass der wechsel des reducierten i und des reducierten u in den vorgerm. formen dieser verba durch den in der flexion stattfindenden wechsel der vocale der folgenden silben bestimmt wurde (vgl. ahd. neiman, aus vorgerm. *nom,niyo-, neben got. glitmunjan). Die abweichung des ags. cierran von ahd. chêren und von an. koyra hat wahrscheinlich in betonungsverhältnissen der vorgerm. sprache ihren grund. Wo in den vorgerm. formen der von mir behandelten wörter ein consonant auf das reducierte i folgte, ist in den entsprechenden germ. formen gewöhnlich eine versetzung eingetreten: germ. rai aus vorgerm. ar, lai aus al, nai aus an, mai aus ami, wai aus aw¿. S. no. 6. 7. 9. 10. 11. 12. 13. 16. 21. 22. 27. 31. 33. 34. Zuweilen ist eine versetzung vor einem consonanten unterblieben, wie es scheint, wegen des einflusses verwanter wörter. S. no. 15. 19. 20. 28. Dass versetzung bei no. 18 ahd. neiman aus vorgerm. *nom niyo- nicht eingetreten ist, hat darin seinen hauptgrund, dass die lautverbindung nm- im germ. anlaute nicht gestattet ist. Aehnlich ist bei no. 30 smári zu beachten, dass das germanische anlautendes smr- nicht duldet. Das aus vorgerm. ă (d) + reduciertem i entstandene germ. ai steht mehrmals zu germ. (e) im ablautsverhältnis. So got. mail neben mēljan (no.5), wo mir das e urindog. scheint. Gleichartig scheint mir das verhältnis des got. fraisan zu ferja (no. 7), ags. drán zum as. drân (no. 23), an. reik zu rák (no. 26); am ehesten auch das des ahd. feili zu fâli (no. 4). Anders fasse ich das verhältnis des got. airus zum as. ârundi (no. 3) auf. Das a welches von â in ârundi vorausgesetzt wird, scheint mir speciell germanisch, und ich erkläre mir die entstehung dieses @ daraus, dass die erste silbe damals, als dies entstand, nicht den hauptton trug. Gleichartig hiermit scheint mir das vocalverhältnis bei eim adj. æmen (no.8), eimråm (no. 15), vajlunde - válan (no. 22). Germ. *airō (no. 2) aus vorgerm. *ara- steht zu rō in an. róðr im ablautsverhältnis; ebenso an. Hreiðgotar aus *hraiði- zu ags. hréðaus *hropi. Die formen rō-, hrōpi- sind mit gr. xoά-dɛuvov, νεό-δματος in betreff des langen vocals gleichartig. Da das hier behandelte germ. ai aus vorgerm. ǎ () + reduciertem i entstanden ist, kann es natürlich zu à und zu den verschiedenen vocalen der e-reihe im ablautsverhältnis stehen. Neben ahd. araweiz (no. 11) findet sich arawiz, dessen i ich aus schwa-i + schwa-i erkläre. Diesen übergang bespreche ich im folgenden artikel näher. Die ablautstufe im- neben eim(no. 15) ist wahrscheinlich speciell germ. und zu eim- nach der analogie ähnlicher ablautsreihen gebildet. Ueber anorw. vélendi no. 22 vgl. den folgenden artikel. Das zusammenrücken der zwei silben zu der germ. einen (von schwa-i zu ai) hat zur zeit der vorgerm. freien betonung stattgefunden. S. meine bemerkungen zu as. ârundi (no. 3), norw. men (no. 8), schw. âm (no. 15), schw. calan (no.22). Der lautwandel macht überhaupt den eindruck, dass er auf einer weit zurückliegenden stufe der sprachentwickelung eingetreten ist. Vgl. z. b. no. 30 an. smári aus *smairhan-, vorgerm. *smarǝkon- neben mittelir. semrach. Ich zweifle nicht, dass derselbe älter ist als die germ. lautverschiebung. Es ist meine absicht, zwei artikel folgen zu lassen: II. zur erläuterung des germ. i; III. zur erläuterung des germ. au, eu und u. CHRISTIANIA, april 1899. SOPHUS BUGGE. ZUR GESCHICHTE DER ADJECTIVA AUF -ISCH. I. Die entwicklung des bösen sinnes. 1. Durch unsere sprache geht seit beginn der neuen zeit ein starker zug vom objectiven zum subjectiven. Das individuum hat gelernt, zu den dingen der aussenwelt stellung zu nehmen im grossen wie im kleinen, in reformation und revolutionen haben sich die völker der neuen zeit das recht der freien meinung erkämpft, in dem namen den der moderne mensch den dingen gibt, heftet er ihnen das urteil an, das er über sie hat. Da er aber nicht lauter neue wörter schafft, um diesem streben zu genügen, so verschiebt sich ihm die bedeutung der vorhandenen: glück ist ihm nicht mehr die art, wie etwas ausschlägt, sondern der ausschlag zum guten (der alte sinn noch bei Luther, z. b. Vom auffrürischen geist 3 und Müntzer, Schutzrede 19 des neudrucks,') beide 1524), und wie glück sind viele voces mediae des mittelalters behandelt worden, z. b. pris, das unserm 'renommee' im guten wie im bösen sinne entspricht, oder schulde, das so gut nhd. 'verdienst' wie nhd. 'schuld' umfasst. Das erste beispiel zeigt uns zugleich, wie die durch die subjectivierung entstandenen lücken des wortschatzes gefüllt werden: durch heranziehung von fremdworten. Höchst bezeichnend aber für die entwicklung unsrer sprache und für das übergewicht des subjectiven triebes ist es, dass diese fremden ersatzwörter, sobald sie einwurzeln, gleichfalls subjectiv gefärbt werden: bei renommee, interessant, qualität hat sich eine entwicklung zum 1) Die belege sind nur dann ausführlich angeführt - wo nichts anderes angegeben ist, nach band und seite wenn sie sich in den wörterbüchern noch nicht finden. guten, bei mechanisch, schablone, schematisch zum bösen sinne vollzogen. Daneben geht die entwicklung innerhalb des alten sprachgutes immer weiter: gesellschaft und stand treten seit dem ende des vorigen jh.'s im prägnanten sinne auf, familie und welt erst in diesem (Burdach scheint mir in Reimars und Walthers verse einen zu modernen sinn zu legen, wenn er, Reinmar der alte und Walther von der vogelweide s. 9, deren werlt mit 'gesellschaft' übersetzt: nirgends fordert das mhd. collective werlt diesen gefühlston). Wie sehr der zug zum subjectiven die nhd. sprache beherscht, zeigt sich auch darin, wie schwer es der wissenschaft, die die dinge objectiv fasst, fällt, deutsch zu sprechen, und wie unmöglich es der alltagssprache ist, wissenschaftliche ausdrücke unverändert aufzunehmen. Man denke an bedeutungsverschiebungen, wie sie absolut, ästhetisch, dilemma, exact, indifferent, kritisch, moralisch, originell, religiös, speculation, wahlverwant erfahren haben, sobald sie in die gemeinsprache aufgenommen wurden. Noch eine beobachtung möge die ausdehnung unserer bewegung zeigen: von den beispielen, mit denen Bechstein, Germ. 8, 330 ff. den pessimistischen zug in unserer sprache beweisen will, ist mehr als die hälfte subjectiv gefärbt worden und hat bloss dadurch ihren bösen sinn bekommen: tyrann, pfaffe, unverschämt u. a. sind mit hass erfüllt worden, buhle, wollust, geil, demokrat, aristokrat, komödiant, literat, schulmeister, tölpel, bauer, knecht, dirne, wicht, mensch, armselig, erbärmlich, elend, pöbel, dumm, naiv mit verachtung. So liessen sich noch hunderte von beispielen für diese entwicklung vom objectiven zum subjectiven anführen, sowol für den fall dass die alte vox media zu einem lobe, wie dafür dass sie zu einem tadel geworden ist. Einen pessimistischen zug unserer sprache darf man darin nicht sehen wollen, wie es Bechstein a. a. o. mit einseitiger hervorhebung der fälle der letzten art getan hat, aber allerdings zeigt sich ein übergewicht dieser fälle. Den grund dafür muss man wol in neigung und bedürfnis der alltagssprache suchen, die eben zum tadel mehr affect braucht als zum lobe, und auch daran darf man wol denken, dass die höhezeit dieser entwicklung, das 16. jh., durch ein hinabsteigen der literatur, ein versenken in die tiefen eines politisch und religiös bis zur leidenschaft erregten, im kampfe |