beredten, mit lob und zustimmung kargen volkslebens bezeichnet wird. 2. Durch jenen umsturz im sprachleben wurde ein ganz neuer wortschatz zu tage gefördert und (was für uns allein controlierbar ist) zur literaturfähigkeit erhoben, der bisher tief unter allem schrifttum gestanden hatte: mit ihm eine klasse von adjectiven, deren entwicklung uns hier näher beschäftigen soll: die adjectiva auf isch. Vielleicht gerade weil ihre bildung zu jener zeit weit um sich gegriffen hat, haben sie, soweit ihnen ein gefühlswert beigelegt worden ist, durchweg eine entwicklung zum bösen genommen. Freilich nicht ausnahmslos. Zwar zum lobe gewordene adjectiva wie deutsch und hübsch sind nur scheinbare ausnahmen, denn sie wurden zur zeit der subjectivierung vom sprachgefühl nicht mehr als adjectiva auf isch erkannt, aber auch andre durchbrechen die regel: zunächst fremde adjectiva, die schon mit einem lobe ins deutsche aufgenommen sind, so ätherisch, franz. éthéré, erst zu ende des vorigen jh.'s ins deutsche aufgenommen oder doch allgemeiner geworden, vgl. Hildebrand im DWb. unter genie 10 f. Zachariae, Poet. schriften 1765, 1, 130, 1754 von Schönaich im Neologischen wörterbuch verspottet, nach Klopstock und Schiller bei Jean Paul, z. b. Werke, Berlin 1840, 3, 26.42 und Seume, Spaziergang nach Syrakus 13, 150 (1803). — balsamisch, franz. balsamique, ebenfalls bei Schönaich, Seume und späteren, doch auch schon in Stielers wörterbuch (1691). So recht ein anakreontisches wort, schon ironisch bei Zachariae, Poet. schriften 1765, 1, 250: ein balsamisches theer tränkt ietzt die durstigen räder. exemplarisch 'exemplaris'. Lobend bei Grimmelshausen, Simpl. 663.') Courage 14. Keuscher Joseph 11; vgl. Anz. fda. 4, 173. musikalisch 'musicalis', Anz. fda. 4, 176. Germ. 29, politisch 'politicus, politique', Germ. 28, 395. 29, 389. Zs. fdu. 10, 777 ff. Anz. fda. 4, 181. 387. Diesen als adjectiva übernommenen fremdworten schliessen sich solche an, die erst im deutschen zu fremden substantiven mit lobendem sinne gebildet worden worden sind, so gravitätisch 1) Der Simplicissimus wird nach seiten der ausgabe A angeführt, weil danach die stellen bei Keller, Kögel und Kurz leicht zu finden sind, Grimmelshausens andere werke nach buch und capitel. zu gravitas, oft bei Christ. Weise und Grimmelshausen. Fischart kann doch nicht umhin, in das wort einen tadel zu legen: im Ausspruch des esels v. 26 entstellt er es zu grobitetisch (s. auch Hauffen, Caspar Scheidt 22). Auch bei Serz, Teutsche idiotismen, provinzialismen, volksausdrücke u. s. w., Nürnberg 1797, wird das wort tadelnd verwendet: er kommt ganz gravitätisch, magnifice se infert. Jetzt hat es wol immer ironischen klang. Deutsche adjectiva auf isch können ein lob erhalten a) wenn sie übersetzungen von solchen fremdworten sind; so das junge dichterisch zu poetisch; haushältisch und haushälterisch zu ökonomisch; heldisch neuerdings zu heroisch; malerisch zu pittoresque (nicht vor Stieler zu belegen); rednerisch und schönrednerisch zu rhetorisch; reiterisch und ritterisch zu cavalier und chevaleresque, beide bei Stieler, reuterisch mit lob auch in Grimmelshausens Courage 3, wo das DWb. seltsamerweise tadelnde bedeutung annimmt, und in der Deutschen grammatik des Laurentius Albertus 71 d. n., dagegen mit tadel: eyn zornig, vnchristlich, bitter hertz, vnd gar eyn hitzig, reüterisch geblüt, Ickelschamer, Clag etlicher brüder 43 d. n. (Rothenburg 1525); ohne gefühlston: die andern zween machten (d. i. statteten) sich reuterisch aus, allein der amptschreiber von Zossen konte nicht zu fusse gehn (also die beiden reuterisch ausgestatteten tun das), der setzt sich auff einen pawrwagen Barth. Krüger, Hans Clawerts werckliche historien 35 d.n. (Berlin 1587); retterisch für sauveur bei Stieler; staatsmännisch für politique und weltmännisch für cavalier, wol nicht vor Goethes Dichtung und wahrheit 15. buch (1814); ... b) als verneinungen von tadelnden adjectiven auf -isch. Die meisten bildungen dieser art sind künstlich und selten: unmüssiggängerisch, unschlächterisch, untyrannisch und unzänkisch bei Stieler, unweidmännisch in Zachariaes Poet. schriften 1765, 1, 284, vnpfäffisch in Fischarts Bienenkorb 204a, und manches mit un- beginnende adjectiv in Campes Wörterbuch. Alt und verbreitet ist allein unparteiisch: Lexer, Mhd. wb. DWb. unter kreppisch. Murner, An den adel 5. H. R. Manuel, Weinspiel (1548) v. 3511. Faustbuch des christlich meinenden, vorr. (auch Scheible, Kloster 2, 76). Scheidt, Grobianus v. 1902. Goldast, Reichshändel (1614) titel, vorr. 2. Simpl. 350. 353. Der schlesisch-lausitzische ausdruck der unparteiische für 'dieb' gehört wol zu partei in dem sinne 'streifcorps zum plündern und fouragieren', bezeichnet also scherzhaft den der nimmt ohne einer solchen partei anzugehören. Eine unhaltbare erklärung bringt K. G. Anton in seinem Verzeichnis oberlausitzischer wörter (Görlitz 1825-48) 14, 6, doch auch er fasst den ausdruck als scherz auf. Beispiele genug von solchen die der ausdruck nach unsrer auffassung zunächst getroffen hätte, stehen im DWb. unter gart (garde, stipis collectio sive potius extorsio Frisch), garten (garden, exire praedatum Schottel) und gartbruder (gardebruder miles vagabundus, praedo mendicus Stieler); = c) wenn das wort von dem sie abgeleitet sind, nachträglich seinen tadelnden sinn zum lobe wendet; so neckisch, schelmisch (in der bedeutung zu heiteren possen geneigt' zuerst und hauptsächlich bei Mitteldeutschen, vgl. ausser den nachweisen des DWb. Gryphius, Peter Squenz 25. Horrib. 66. Hayneccius, Hans Pfriem v. 2360 [Leipzig 1582]. Weise, Erznarren 203. Grimmelshausen, Simpl. 117. 205. 439. 507. 717. Keuscher Joseph 15); schalkisch (nur md. zu belegen); närrisch s. unter 21. 3. Die geschichte unserer adjectiva hat bisher mehr die lexikographen als die grammatiker beschäftigt, sie ist mehr analytisch als synthetisch behandelt worden. Jakob Grimm hat in der Deutschen grammatik 2, 375 ff. über ihre lautliche gestalt und ihre verbreitung, Wilmanns in der Wortbildungslehre 467 ff. über die gesetze ihrer bildung, Kluge in der Nominalen stammbildungslehre § 210 f. über ihre älteste geschichte gehandelt, aber die entwicklung ihrer bedeutung ist noch nicht im zusammenhang dargestellt worden. Einen ansatz dazu enthält Bechsteins erwähnter aufsatz. Das material im einzelnen findet sich in unseren älteren und neueren wörterbüchern, bei Schade, Müller und Zarncke, Lexer, Maaler, Stieler, Frisch, Adelung, Grimm, Kluge und Paul, dann aber auch in den wörterbüchern der md. und nd. mundarten. Schliesslich wurde, soweit es nötig und möglich war, auf die quellen selbst zurückgegangen. 4. Im allgemeinen ist die entwicklung der adjectiva auf -isch folgenden weg gegangen: von haus aus bezeichnen sie die herkunft. Hatte das wort von dem sie abgeleitet wurden, einen lobenden oder tadelnden sinn, so teilten sie ihn. So entwickelte sich der zustand, dass ein teil unserer adjectiva einen tadel bezeichnete. Zufällig waren das gerade die häufigsten, die also im sprachbewusstsein einen grösseren raum einnahmen als die ohne tadel. Darum gewöhnte sich das sprachgefühl, diesen gelegentlichen tadel als einen wesentlichen bestandteil der bedeutung der gruppe aufzufassen: neue adjectiva auf isch wurden vorwiegend von solchen worten abgeleitet die einen tadel enthielten, ja zu adjectiven mit anderen suffixen wurden nebenformen auf isch gebildet, so widersinnisch von Kant zu widersinnig (ebenso auch schon Fischart, Garg. 163). — eigenwillisch von Fischart, Bienenk. 174 a und Ringwald zu eigenwillig. grätisch schlesisch und oberlaus. zu grätig, Weinhold, Beiträge zu einem schlesischen wb. unter grätig. K. G. Anton 8, 14. drecksch oberlaus. zu dreckig. K. G. Anton 7, 16. gallisch zu gallig, Stieler, Frank, Krämer, Paracelsus. grentisch zu grandig 'mürrisch' bei Sachs, Fabeln und schwänke 1, 206. 513, zu scheiden von einem wie es scheint rotwelschen grandig 'gross' nach franz. grand, Simpl. 253. Teutscher Michel 13. Springinsfeld 23. Vgl. ferner Murner, Narrenbeschwörung 16,41. Moscheroschs rotwelsches wörterbuch. Weim. jb. 4, 83. K. G. Anton unter grandig. Horn, Soldatensprache 118. stätisch zu stätig 'störrisch' von pferden, denn nur das kann stätig bedeuten (vgl. Lexer, Maaler, Frisch, Adelung, Campe, das Bremisch-niedersächsische wb.), und nicht 'lammfromm', wie Spanier, Zs. fdph. 29, 420 Murners stettig rösser übersetzt haben will. Schliesslich wurde es auch möglich, dass die ableitungssilbe erst den tadel in ein wort hineinbrachte, indem sie eine tadelnde übertragung veranlasste, und schliesslich wurden adjectiva lediglich dadurch dass sie auf isch endeten, zum tadel. Diese letzte entwicklung ist sehr selten; eins der wenigen beispiele ist jägerisch, zu dem Frisch bemerkt: 'ist etwas spöttisch wegen der endung -isch, jägerlich ist besser'. Wenn man auch keinen anlass hat, Frischs angabe zu bezweifeln, so kann doch der spöttische beigeschmack von jägerisch nur geringe ausdehnung gehabt haben, denn weder bei Sebitz 1580 noch bei Goethe 1816 noch im heutigen bairischen (z. b. Fliegende blätter 2731. 1897) ist ein tadel darin zu verspüren, und schon 1775 erhebt Adelung einspruch gegen Frischs jägerlich. Jedenfalls ist die aufstellung einer gruppe von adjectiven dieser art praktisch ohne wert. 5. Die wenigen adjectiva auf -isch die in germanische zeit zurückreichen, bezeichnen die herkunft. Es sind Diese ältesten adjectiva unserer klasse haben sich in den späteren sprachen alle erhalten: himmlisch, jüdisch, heimisch bezeichnen noch heute die herkunft vom himmel, den juden und der heimat: aber auch schon an diesen ältesten beispielen erkennt man, dass sie durch eine leichte bedeutungsverschiebung zum tadel werden können: bei jüdisch hat sich diese entwicklung in dem zu grunde liegenden substantiv, bei an. heimskr 'idiotus' in dem adjectiv selbst vollzogen. 6. In ahd. zeit wächst die zahl der adjectiva auf -isch. Sie sind bei Grimm, Kluge und Wilmanns angeführt, so dass hier eine aufzählung unnötig ist. Natürlich wächst bei dem anschwellen der ganzen bildung auch die zahl der adjectiva mit bösem sinne. Von tadelnden nominibus abgeleitet und daher, aber auch bloss daher, mit einem tadel behaftet sind: ahd. bruttisc 'schrecklich', von brutti 'schrecken'; girisc 'gierig', von girî 'gier'; mordisc 'mörderisch', von mord; tulise 'töricht', von tol, vielleicht schon gemeingermanisch: aschw. dulsker, dylsker 'träge, gleichgiltig' bei Tamm, Et. svensk ordbok. In den später zu tadelndem sinne entwickelten adjectiven gawisk, dorfise, gipûrisch, kindisc, unadalisc ist der tadel wol erst im keime enthalten. heidanisc, irdisc, weraltisc mussten im munde eifriger christen zum vorwurf werden; dass das aber nicht auf rechnung der endung zu setzen ist, zeigen die ihnen entgegengesetzten frónisc, himilisc, êrwirdisc. Immerhin ist zu bemerken, dass bei einer verhältnismässig grossen zahl ahd. adjectiva möglichkeit und wol auch neigung zu einer wendung ins moralische vorhanden ist; es muss aber betont werden, dass diese neigung noch keine bestimmte richtung |