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Intransitiv ist dann auch das von einem übertragenen völkernamen abgeleitete flämschen 'eine finstre miene machen' K. G. Anton, Verz. oberlaus. wörter. J. Petters, Andeutungen zur stoffsammlung in den deutschen maa. Böhmens. Fr. Knothe, Markersdorfer ma.; anflämschen ist durch die präposition transitiv geworden. Anton. Petters. Knothe; galbschen 'zanken' zu mhd. gelf ‘übermütig' Schmeller aus Aschaffenburg; girschen 'erschleichen, subrepere' Lexer aus der Hohenfurter Benedictinerregel des 13. jh.'s Zs. fda. 16, 266; glubschen 'scheel, glupisch ansehen' Anton; dazu das transitive anglupschen bei Anton und Bernd; hämischen 'hämisch sein' und daher einen 'hämisch behandeln' Anton. Dagegen von hâmsch 'reizbar, empfindlich' das nord böhmische 's hot 'n g'hämscht 'er hat sich tüchtig verletzt' Knothe; hübschen, transitiv, namentlich in den wendungen sich hübschen Anton und Campe, und sich anhübschen in Thüringen und Obersachsen, hübschen 'hübsch machen' im DWb. auch aus Wirsung Calixtus und 'hübsch werden' aus Stalder; mhd. höveschen 'den hof machen' ist offenbar franz. courtiser nachgebildet; kindschen 'kindisch sein' im DWb. und bei Holtei, Gedichte 364. Berndt, Versuch zu einem schles. id. Anton; verkindschen 'kindisch werden' Adelung 2, 1580; läppschen, das häufigste dieser verba, auch in Weinholds Beiträgen zu einem schles. wb. Bernd und Albrecht; lünschen 'übellaunig sein' Zs. fdm. 5, 155 aus Fallersleben, 6, 354 aus Lippe, im Bremisch-ns. wb. aus Braunschweig, schliesslich in J. Fr. Schützes Holst. id.; muckschen bei Anton und Holtei, Gedichte 336. 365; närrschen bei Anton. Albrecht. Campe, aber auch in Murners Luth. narren v. 2 (vielleicht nach fatuari?); neidschen in den bedeutungen 'neidisch sein, einen neidisch behandeln, ansehen' aus Westmitteldeutschland belegt; tälschen 'tälsch, albern sprechen und handeln' bei Bernd. Holtei 228. 364. 437. 491. Anton (auch unter dälschen); tærischen 'närrische dinge treiben' in Heinrichs von Freiberg Tristan; tückschen 'tückisch tun, schmollen' Albrecht. Bismarck, Gedanken und erinnerungen 1, 189; unwirdischen 'unwirdisch werden, indignari' in Megenbergs Buch der natur.

Diese beispiele werden für sich selbst sprechen und zur genüge zeigen, dass die bildung durchaus md. ist. Damit ordnen sich die verba auf ischen oder -schen passend in das

Beiträge zur geschichte der deutschen sprache. XXIV.

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bild ein, das wir oben von der verbreitung der participialen adjectiva auf isch gewonnen haben.

LEIPZIG.

ALFRED GOETZE.

ZU HARTMANNS REDE VOM GLAUBEN.

Beitr. 24, 206 ff. beschäftigt sich Leitzmann mit meinem buch: Des armen Hartmann rede vom glouven (Breslau 1897). Er sucht nachzuweisen, dass die interpolationen, die ich in diesem denkmal zu erkennen glaubte, als solche nicht gelten dürfen, und macht dann einige bemerkungen zu dem von mir hergestellten text. Da seine angriffe bei unbefangenen lesern den eindruck hervorrufen müssen, als seien meine annahmen recht leichtfertig, möchte ich um die erlaubnis bitten, hier einige worte zu meiner verteidigung zu sagen.

Als ich mich s. z. mit der 'Rede vom glouven' abgab, las ich sie mir widerholt laut vor. Dabei fiel mir auf, dass verschiedene versgruppen in rhythmus und diction sich sehr merklich von dem tenor der anderen verse unterschieden. Als ich daraufhin näher zusah, bemerkte ich in diesen versen auch andere eigenheiten, in denen sie gegen H.'s verse übereinstimmten.

Als solche erschienen mir und erscheinen mir noch heute: 1) Die verse mit fünf hebungen, die für jene zeit im allgemeinen gewis nichts ungewöhnliches sind, aber auffallen müssen, wenn sie in einem gedicht von über 3000 versen nur sechs mal begegnen (vgl. mein buch s. 34. 38). Während ferner H.'s verse durchaus schwungvoll und bewegt sind, kann man diese fünfheber kaum als verse lesen: es ist baare prosa, wie denn auch einer dieser verse (2675, vgl. mein buch s. 37) tatsächlich als prosasatz vorkommt. Bei einem andern wäre es ganz leicht gewesen, ihn nach dem muster von Hartmannschen in einen guten vers zu verwandeln (vgl. 1481 gelobet

sistu, hêrre, heilich Crist mit 1942. 2114. 2354 lob dir, hêrre, heilich Crist).

2) Armut in ausdruck und worten, not- und flickverse, äusserst ungeschickte widerholungen von versen die keineswegs formelwert besitzen und einander beinahe unmittelbar folgen. Vgl. bes. 79 noh ouh niemer mêr ne tût, 83 noh ouh niemer mér ne tût; 982 dâ begunder dem vater danke, 985 gote begunder danken. Aehnlich 1095 f. 1103 f. 1097 beinah = 1137. Derlei mag ich einem dichter nicht zutrauen, der über einen für jene zeit fast ungewöhnlichen reichtum an worten und synonymen wendungen verfügt; der in der kunst, dasselbe in immer andrer form zu sagen, ein meister ist (man vgl. die verse 75-164. 199–220. 1225 f. 2404 f. und mein buch s. 70 f.).

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3) Eine art, wissen und kenntnisse zur schau zu tragen, die ich mit dem sehr bescheidnen, jeder prahlerei abholden wesen H.'s auch nicht in einklang bringen kann. Der interpolator citiert genau (1510. 2881), H. beruhigt sich mit einem einfachen hinweis auf die heilige schrift oder das neue testament (vgl. mein buch s. 68), der interpolator bringt bibelsprüche und -citate an unpassender stelle, bloss um zu zeigen dass er sie kennt (vgl. v. 714 f. 2674-79. 2880-83), während H.'s citate immer in den zusammenhang passen (man vgl. mein buch s. 94 f.). Besonders charakteristisch für den interpolator sind die verse 2674-79, die in fünf reihen zwei (von den sechs) fünfhebigen versen und zwei unpassende bibelcitate enthalten.

Diese eigenheiten des interpolators verbinden sich auch. psychologisch aufs beste: impotenz und unbescheidenheit gehen. doch oft genug zusammen.

Wenn ich auch sonst stilistische und metrische ungeschicklichkeiten auf das conto des interpolators setzte, wird sich niemand darüber wundern. Z. b. lauten 2850 f. (die zudem in die umliegenden leidenschaftlichen mahnungen sehr unglücklich eingeschoben sind) wole gedenke an daz, intruwen râtich dir daz, bringen also einen rührenden reim, wie ihn H. sonst vermeidet (vgl. mein buch s. 8), und den er in diesem fall doppelt gut hätte vermeiden können, hätte er sich nur, wie das sonst seine art ist, selbst (2404. 2512) widerholt: nú bedenke dih

baz, intruwen râtih dir daz. Darum erklärte ich die beiden verse für unecht.

Die andern argumente die ich als solche ansah, besonders die obd. worte in interpolierten versen, kommen jetzt nicht mehr für mich in betracht.

Allerdings muss ich einräumen, dass meine kriterien im grund ästhetische sind, und dass ihnen viel subjectives anhaftet. Es ist darum eben so schwer, sie für jedermann einleuchtend zu machen, wie ihre beweiskraft richtig abzuschätzen, insbesondere für einen anfänger, der des guten noch gern zu viel tut, in philologischen untersuchungen noch unerfahren ist, auch beobachtungen die für sein empfinden gewis sind, leicht für objectiv erwiesene hält.

Darum sehe ich heute, nachdem mein blick natürlich unbefangener geworden, dass ich bisweilen ins tüfteln geriet, unterschiede herausfühlte, die nicht existierten, auch von ärmlichkeit redete, wenn sie nicht vorhanden war. Ich lasse demgemäss meine bedenken gegen 105 f. 201 f. 229-34 (vgl. auch Ps. 134, 6 und Reuschel, Lit.-bl. 20, 161). 805-8. 1401-3. 1405. 1531 f. 1610-13 fallen.

Ueber 25-34 bin ich mir noch nicht im klaren; ich gebe aber, zumal wenn ich das von L. s. 216 gesagte in betracht ziehe, zu, dass ich mich auch hier irrte. Freilich bleibt mir der gebrauch von wande in v. 33 für H. auffällig; ebenso verstehe ich, wenn die verse echt sind, nicht recht, warum H. gott in 20 versen um hilfe bittet, nachdem er weiss und zuversichtlich hoffen darf, dass gott ihm diese hilfe gewähren wird.

Die andern verse halte ich nach wie vor für interpolatormache.

Ich komme nun zu Leitzmanns gegenargumenten. L. geht auf meine metrischen kriterien 'ein für alle mal' nicht ein, da meine behandlung dieser dinge 'den an eine rhythmische statistik zu stellenden ansprüchen nicht genügt', (s. 211; vgl. auch s. 215 und s. 206 'die eine unerlässliche statistische analyse der rhythmik ganz beiseite lassende metrik'). 'Von den metrischen tendenzen des gedichts', fährt L. fort, 'hat er sich offenbar selbst kein klares bild gemacht, vielmehr bietet er an stelle einer nüchternen untersuchung phrasen' (z. b. s. 52).

Dass meine metrik in vielen punkten anfechtbar ist, weiss auch ich. Darf man sie aber darum in bausch und bogen verwerfen? Nebenbei habe ich s. z. für mich eine 'ausführliche statistische analyse der rhythmik' hergestellt und sie absichtlich nicht abgedruckt, ebenso wenig wie ein reimregister. Warum ich so verfuhr, kann ich hier nicht begründen. Meine 'phrasen' auf s. 52 mag jeder selbst nachlesen; ich habe mich in den betr. sätzen so gut ich konnte bemüht, die besondere art von H.'s metrik und den eindruck, den sie mir machte, zu schildern. Anscheinend also kennt L. meine metrik nicht so genau, dass er sie mit solchen worten beiseite schieben dürfte.

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Meine stilistischen kriterien behandelt L. auch recht geringschätzig. Zu 2850 f. (mein buch s.42): 'ich brauche nichts zur widerlegung hinzuzufügen'. - Zu 2880-83 (mein buch s. 37: ich hatte gesagt, H. citiere nie so genau, vgl. zu 1910 ff.): 'nun, dann hat er es in diesem einem fall doch getan'. Zu 1481-92 (mein buch s. 38): 'die weiterhin gerügten stilwiderholungen finden sich bei H. so massenhaft, dass ich mir belege ersparen kann' (wo finden sie sich? ich finde sie nirgends). Zu 299 f. (mein buch s. 41, 297 liecht 299 liecht; 299 swar 301 swarz, ausserdem schliessen sich 301 wiz und swarz viel besser an 297 vinster und liecht an als 299 liecht und swâr) 'das motiv des anklingens von liht an liecht ist doch nicht ernst zu nehmen. Zu 1501-12 (mein buch s. 35) findet L. meine interpretation von 1500 und den vorangehenden versen falsch. Er will die 'richtige' interpretation geben und erklärt dann die verse: 'gottes gnade lehrt (!) die creaturen, dass sie jede auf ihre weise gott zu loben haben' (eine merkwürdige gnade!). Er gibt dann sofort eine zweite 'richtige' interpretation und fasst diz lob in 1500 rückbezüglich als 'das lob, von dem der dichter eben gesagt hat, dass es gott dargebracht werden solle'. Aber dann hätte diz lob gar keinen inhalt, und grade diesen inhalt bieten die folgenden echten verse, in denen der ruhm gottes sozusagen specificiert wird, eben weil gott den verschiedenen dingen verschiedene gnadenbeweise zu teil werden liess (1497-99). Zu 1085-1124 (mein buch s. 42): 'die widerholungen stören uns natürlich nicht, denn sie sind nicht ungeschickter als manche andren, die doch ruhig

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