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hat, linderisch, sinnisch (in beispielen auch bei Stieler nirgends) und wehnisch 'wöhnisch'.

Im ganzen besser bezeugt, auch bei anderen schriftstellern, sind Stielers verbalableitungen mit tadel: ausäffisch, bellisch, empörisch, ergiebisch, gäkisch, geltwerfisch, greifisch, kasteyisch, klaubisch (= nd. glubsch), kletterisch, kriechisch, lermisch, lörisch (= leirisch 'langsam', wie lören leiren, vgl. Lexers liererisch aus einer md. hs. des 15. jh.'s), misdenkisch, misdünkisch, nachäffisch, plackisch, plapperisch, plünderisch (seiner bedeutung gemäss zu plündern, nicht zu plunder, auch die hauptsächlich md. verbreitung macht die verbalableitung wahrscheinlich), polterisch ('ungestüm'; polderisch oder huisch Ickelschamer, Clag 54), porrisch und aufporrisch, saufisch und seufisch (nd. súpsch), scheuchisch, schlägisch (auch bei Campe), schleuderisch, schlenkerisch, schmähisch, schmälerisch, schmeichelisch, schmiegisch, schnackisch, stolperisch, verdenkisch, verheerisch, verödisch, werfisch und wirfisch, zauderisch, zechisch, zergisch und zerrisch. Dann einige von verben auf -ieren: banquetierisch, bossierisch, brafirisch, fexirisch, flattirisch, haselirisch, hausirisch, partirisch, schändirisch, schimpfirisch, sektirisch, skallirisch, spazirisch, spendirisch.

35. In grösserer zahl begegnen wir verbalableitungen auf -isch wider in den nmd. mundarten. Am wenigsten werden wir von dem bisher innegehaltenen chronologischen verfahren abweichen, wenn wir zuerst die mehreren mundarten gemeinsamen und dann die einzelnen eigentümlichen betrachten. Zwar nicht alle finden sich in den idiotiken, an die wir uns hier halten müssen, bei Woeste, Schambach, Albrecht, Danneil, Mi, Weinhold verzeichnet; namentlich von denen, die kraft ihrer weiten verbreitung in die schriftsprache gedrungen sind, wie mistrauisch, mürrisch, störrisch und wetterwendisch, fehlen manche.

Für das göttingische, westfälische, mecklenburgische und altmärkische sind bezeugt: bitsch oder bêtsch 'bissig', löpsch und snippsch oder snepsch; für Mecklenburg, die Altmark und Leipzig angreifisch, anschlägisch und nachträgisch; für Westfalen, Göttingen und die Altmark glupisch und snacksch 'geschwätzig'; für Göttingen und Westfalen körisch wählerisch' (zu scheiden von nd. körisk, kürisch 'schreiend', z. b. Voss 2, 119)

und prättsch oder prötsch 'maulend'; für Göttingen und Mecklenburg wederwensch.

Dem westfäl. allein gehören an: argdenkesch, driewisk, êterbietsk, nieterbietsk, slubietsk, gængesk, gâpsk oder gêiwisk, gæpsk, hürksk, nitsch, prängesk, slensk, smöksk, snaigesk, snúwesk und niepentücksk; dem göttingisch-grubenhagischen: ânisch, bramsch, brüllsch, dowesch, fátsch, grêpsch, lûsch, merksch, melksch und maisemelksch, smêtsch, schewisch, bespreksch; stöätsch, súpsch, twingelsch, unverlâtsch, upsætsch und upstatsch; dem mecklenburgischen äwerögsch, krüdsch, schulsch, langtägsch (oft auch in Reuters Stromtid), wetterdânsch; dem altmärkischen nur naotäögsch; in Leipzig hört man anhängisch, riebisch ‘reibend, scheuernd' von kleidern, übelnehmisch (K. G. Anton gebraucht das wort selbst 1, 11 und 18, 13) und wählisch.

Mehr als dreiviertel dieser adjectiva haben einen bösen sinn, und productiv ist die gruppe nur noch insoweit sie einen bösen sinn hat, aber innerhalb dieser grenze ist die bildung durchaus lebendig, z. b. wird in Leipzig jetzt bisweilen ruppsch für ruppig gesagt, und ein hohes alter ist für keine der verbalableitungen anzunehmen, die nur einer einzelnen mundart angehört.

36. Es ist s. 514 gesagt worden, dass die participialen adjectiva auf isch den verwanten verben besonders nahe stehen. Als eine bestätigung dieser annahme wird es aufzufassen sein, wenn zu participial gewordenen adjectiven, neben denen kein verbum steht, gern eins aus dem adjectiv abgeleitet wird. Wir belegen im folgenden diese erscheinung aus schriftsprache und mundarten, schicken aber voraus, dass die md. und nd. belege, trotz ihres absoluten übergewichts, relativ in der minderheit sind, d. h. den vorhandenen sprachstoff weniger erschöpfen, als die möglichst reichlich gegebenen obd. beispiele.

Die ältesten verba von adjectiven auf isch bedeuten 'die sprache, die das adjectivum bezeichnet, sprechen', so welschen, kauderwelschen bei Lessing, Thümmel, Campe und Stalder; rotwelschen bei Holtei, Schlesische ged. 218; latinischen bei Murner, Luth. narr v. 1284 (vgl. latinizare); polschen auch in übertragenem sinne = 'unverständlich sprechen' Bernd, Die deutsche sprache in Posen. Holtei 357 und Weinhold im glossar dazu.

Intransitiv ist dann auch das von einem übertragenen völkernamen abgeleitete flämschen 'eine finstre miene machen' K. G. Anton, Verz. oberlaus. wörter. J. Petters, Andeutungen zur stoffsammlung in den deutschen maa. Böhmens. Fr. Knothe, Markersdorfer ma.; anflämschen ist durch die präposition transitiv geworden. Anton. Petters. Knothe; galbschen ‘zanken' zu mhd. gelf ‘übermütig' Schmeller aus Aschaffenburg; girschen 'erschleichen, subrepere' Lexer aus der Hohenfurter Benedictinerregel des 13. jh.'s Zs. fda. 16, 266; glubschen 'scheel, glupisch ansehen' Anton; dazu das transitive anglupschen bei Anton und Bernd; hämischen 'hämisch sein' und daher einen 'hämisch behandeln' Anton. Dagegen von hâmsch 'reizbar, empfindlich' das nordböhmische 's hot 'n g'hämscht 'er hat sich tüchtig verletzt' Knothe; hübschen, transitiv, namentlich in den wendungen sich hübschen Anton und Campe, und sich anhübschen in Thüringen und Obersachsen, hübschen 'hübsch machen' im DWb. auch aus Wirsung Calixtus und 'hübsch werden' aus Stalder; mhd. höveschen 'den hof machen' ist offenbar franz. courtiser nachgebildet; kindschen 'kindisch sein' im DWb. und bei Holtei, Gedichte 364. Berndt, Versuch zu einem schles. id. Anton; verkindschen 'kindisch werden' Adelung 2, 1580; läppschen, das häufigste dieser verba, auch in Weinholds Beiträgen zu einem schles. wb. Bernd und Albrecht; lünschen übellaunig sein' Zs. fdm. 5, 155 aus Fallersleben, 6, 354 aus Lippe, im Bremisch-ns. wb. aus Braunschweig, schliesslich in J. Fr. Schützes Holst. id.; muckschen bei Anton und Holtei, Gedichte 336. 365; närrschen bei Anton. Albrecht. Campe, aber auch in Murners Luth. narren v. 2 (vielleicht nach fatuari?); neidschen in den bedeutungen 'neidisch sein, einen neidisch behandeln, ansehen' aus Westmitteldeutschland belegt; tälschen 'tälsch, albern sprechen und handeln' bei Bernd. Holtei 228. 364. 437. 491. Anton (auch unter dälschen); tærischen 'närrische dinge. treiben' in Heinrichs von Freiberg Tristan; tückschen 'tückisch tun, schmollen' Albrecht. Bismarck, Gedanken und erinnerungen 1, 189; unwirdischen 'unwirdisch werden, indignari' in Megenbergs Buch der natur.

Diese beispiele werden für sich selbst sprechen und zur genüge zeigen, dass die bildung durchaus md. ist. Damit ordnen sich die verba auf ischen oder -schen passend in das Beiträge zur geschichte der deutschen sprache. XXIV.

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bild ein, das wir oben von der verbreitung der participialen adjectiva auf isch gewonnen haben.

LEIPZIG.

ALFRED GOETZE.

ZU HARTMANNS REDE VOM GLAUBEN.

Beitr. 24, 206 ff. beschäftigt sich Leitzmann mit meinem buch: Des armen Hartmann rede vom glouven (Breslau 1897). Er sucht nachzuweisen, dass die interpolationen, die ich in diesem denkmal zu erkennen glaubte, als solche nicht gelten dürfen, und macht dann einige bemerkungen zu dem von mir hergestellten text. Da seine angriffe bei unbefangenen lesern den eindruck hervorrufen müssen, als seien meine annahmen recht leichtfertig, möchte ich um die erlaubnis bitten, hier einige worte zu meiner verteidigung zu sagen.

Als ich mich s. z. mit der 'Rede vom glouven' abgab, las ich sie mir widerholt laut vor. Dabei fiel mir auf, dass verschiedene versgruppen in rhythmus und diction sich sehr merklich von dem tenor der anderen verse unterschieden. Als ich daraufhin näher zusah, bemerkte ich in diesen versen auch andere eigenheiten, in denen sie gegen H.'s verse übereinstimmten.

Als solche erschienen mir und erscheinen mir noch heute:

1) Die verse mit fünf hebungen, die für jene zeit im allgemeinen gewis nichts ungewöhnliches sind, aber auffallen müssen, wenn sie in einem gedicht von über 3000 versen nur sechs mal begegnen (vgl. mein buch s. 34. 38). Während ferner H.'s verse durchaus schwungvoll und bewegt sind, kann man diese fünfheber kaum als verse lesen: es ist baare prosa, wie denn auch einer dieser verse (2675, vgl. mein buch s. 37) tatsächlich als prosasatz vorkommt. Bei einem andern wäre es ganz leicht gewesen, ihn nach dem muster von Hartmannschen in einen guten vers zu verwandeln (vgl. 1481 gelobet

sistu, hérre, heilich Crist mit 1942. 2114. 2354 lob dir, hêrre, heilich Crist).

2) Armut in ausdruck und worten, not- und flickverse, äusserst ungeschickte widerholungen von versen die keineswegs formelwert besitzen und einander beinahe unmittelbar folgen. Vgl. bes. 79 noh ouh niemer mêr ne tût, 83 noh ouh niemer mér ne tût; 982 dâ begunder dem vater danke, 985 gote begunder danken. Aehnlich 1095 f. 1103 f. 1097 beinah = 1137. Derlei mag ich einem dichter nicht zutrauen, der über einen für jene zeit fast ungewöhnlichen reichtum an worten und synonymen wendungen verfügt; der in der kunst, dasselbe in immer andrer form zu sagen, ein meister ist (man vgl. die verse 75-164. 199–220. 1225 f. 2404 f. und mein buch s. 70 f.).

3) Eine art, wissen und kenntnisse zur schau zu tragen, die ich mit dem sehr bescheidnen, jeder prahlerei abholden wesen H.'s auch nicht in einklang bringen kann. Der interpolator citiert genau (1510. 2881), H. beruhigt sich mit einem einfachen hinweis auf die heilige schrift oder das neue testament (vgl. mein buch s. 68), der interpolator bringt bibelsprüche und -citate an unpassender stelle, bloss um zu zeigen dass er sie kennt (vgl. v. 714 f. 2674-79. 2880-83), während H.'s citate immer in den zusammenhang passen (man vgl. mein buch s. 94 f.). Besonders charakteristisch für den interpolator sind die verse 2674-79, die in fünf reihen zwei (von den sechs) fünfhebigen versen und zwei unpassende bibelcitate enthalten.

Diese eigenheiten des interpolators verbinden sich auch psychologisch aufs beste: impotenz und unbescheidenheit gehen doch oft genug zusammen.

Wenn ich auch sonst stilistische und metrische ungeschicklichkeiten auf das conto des interpolators setzte, wird sich niemand darüber wundern. Z. b. lauten 2850 f. (die zudem in die umliegenden leidenschaftlichen mahnungen sehr unglücklich eingeschoben sind) wole gedenke an daz, intrûwen râtich dir daz, bringen also einen rührenden reim, wie ihn H. sonst vermeidet (vgl. mein buch s. 8), und den er in diesem fall doppelt gut hätte vermeiden können, hätte er sich nur, wie das sonst seine art ist, selbst (2404. 2512) widerholt: nú bedenke dih

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