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baz, intrûwen rátih dir daz. Darum erklärte ich die beiden verse für unecht.

Die andern argumente die ich als solche ansah, besonders die obd. worte in interpolierten versen, kommen jetzt nicht mehr für mich in betracht.

Allerdings muss ich einräumen, dass meine kriterien im grund ästhetische sind, und dass ihnen viel subjectives anhaftet. Es ist darum eben so schwer, sie für jedermann einleuchtend zu machen, wie ihre beweiskraft richtig abzuschätzen, insbesondere für einen anfänger, der des guten noch gern zu viel tut, in philologischen untersuchungen noch unerfahren ist, auch beobachtungen die für sein empfinden gewis sind, leicht für objectiv erwiesene hält.

Darum sehe ich heute, nachdem mein blick natürlich unbefangener geworden, dass ich bisweilen ins tüfteln geriet, unterschiede herausfühlte, die nicht existierten, auch von ärmlichkeit redete, wenn sie nicht vorhanden war. Ich lasse demgemäss meine bedenken gegen 105 f. 201 f. 229–34 (vgl. auch Ps. 134, 6 und Reuschel, Lit.-bl. 20, 161). 805-8. 1401-3. 1405. 1531 f. 1610-13 fallen.

Ueber 25-34 bin ich mir noch nicht im klaren; ich gebe aber, zumal wenn ich das von L. s. 216 gesagte in betracht ziehe, zu, dass ich mich auch hier irrte. Freilich bleibt mir der gebrauch von wande in v. 33 für H. auffällig; ebenso verstehe ich, wenn die verse echt sind, nicht recht, warum H. gott in 20 versen um hilfe bittet, nachdem er weiss und zuversichtlich hoffen darf, dass gott ihm diese hilfe gewähren wird.

Die andern verse halte ich nach wie vor für interpolatormache.

Ich komme nun zu Leitzmanns gegenargumenten. L. geht auf meine metrischen kriterien 'ein für alle mal' nicht ein, da meine behandlung dieser dinge 'den an eine rhythmische statistik zu stellenden ansprüchen nicht genügt', (s. 211; vgl. auch s. 215 und s. 206 'die eine unerlässliche statistische analyse der rhythmik ganz beiseite lassende metrik'). 'Von den metrischen tendenzen des gedichts', fährt L. fort, 'hat er sich offenbar selbst kein klares bild gemacht, vielmehr bietet er an stelle einer nüchternen untersuchung phrasen' (z. b. s. 52).

Dass meine metrik in vielen punkten anfechtbar ist, weiss auch ich. Darf man sie aber darum in bausch und bogen verwerfen? Nebenbei habe ich s. z. für mich eine ausführliche statistische analyse der rhythmik' hergestellt und sie absichtlich nicht abgedruckt, ebenso wenig wie ein reimregister. Warum ich so verfuhr, kann ich hier nicht begründen. Meine 'phrasen' auf s. 52 mag jeder selbst nachlesen; ich habe mich in den betr. sätzen so gut ich konnte bemüht, die besondere art von H.'s metrik und den eindruck, den sie mir machte, zu schildern. Anscheinend also kennt L. meine metrik nicht so genau, dass er sie mit solchen worten beiseite schieben dürfte.

Meine stilistischen kriterien behandelt L. auch recht geringschätzig. Zu 2850 f. (mein buch s. 42): 'ich brauche nichts. zur widerlegung hinzuzufügen'. - Zu 2880-83 (mein buch s. 37: ich hatte gesagt, H. citiere nie so genau, vgl. zu 1910 ff.): 'nun, dann hat er es in diesem einem fall doch getan'. Zu 1481-92 (mein buch s. 38): 'die weiterhin gerügten stilwiderholungen finden sich bei H. so massenhaft, dass ich mir belege ersparen kann' (wo finden sie sich? ich finde sie nirgends). Zu 299 f. (mein buch s. 41, 297 liecht 299 liecht; 299 swar 301 swarz, ausserdem schliessen sich 301 wiz und swarz viel besser an 297 vinster und liecht an als 299 liecht und swâr) 'das motiv des anklingens von liht an liecht ist doch nicht ernst zu nehmen. Zu 1501-12 (mein buch s. 35) findet L. meine interpretation von 1500 und den vorangehenden versen falsch. Er will die 'richtige' interpretation geben und erklärt dann die verse: 'gottes gnade lehrt (!) die creaturen, dass sie jede auf ihre weise gott zu loben haben' (eine merkwürdige gnade!). Er gibt dann sofort eine zweite 'richtige' interpretation und fasst diz lob in 1500 rückbezüglich als 'das lob, von dem der dichter eben gesagt hat, dass es gott dargebracht werden solle'. Aber dann hätte diz lob gar keinen inhalt, und grade diesen inhalt bieten die folgenden echten verse, in denen der ruhm gottes sozusagen specificiert wird, eben weil gott den verschiedenen dingen verschiedene gnadenbeweise zu teil werden liess (1497-99). Zu 1085-1124 (mein buch s. 42): 'die widerholungen stören uns natürlich nicht, denn sie sind nicht ungeschickter als manche andren, die doch ruhig

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passieren dürfen' (bitte, welche? Nebenbei war meine behandlung von 1085-1124, wie ich auch ausdrücklich sagte, nur ein vorschlag; damit erledigen sich alle anderen ausfälle von L.) - Zu 705-10 (mein buch s. 36) sagt L., ich hätte auf das wort werltkuning einen 'luftigen turm' (was ist das?) gebaut. Auch sonst zieht er starke worte starken argumenten vor und macht sich seine widerlegung allzuleicht. In v. 714 f. (mein buch s. 41) hatte ich festgestellt, dass der interpolator den guten reim lilium: filium verderbe. L. sagt 'dieser gute reim sollte durch seinen gleichklang eher verdächtig wirken'. Nun vgl. man 89 f. ineffabilis : mirabilis, 317 f. beatrix : creatrix, 343 eloquentia: sapientia, 367. 401 u.s. w. Zu 1612 (mein buch s. 34): ich hatte behauptet, riezen trans. sei bairisch (das ist nicht zutreffend, vgl. Otfr. 1, 18, 11 und Reuschel, Lit.-bl. 20, 161). L. sagt nun: 'das ist nicht einmal ganz richtig, denn auch das Rolandslied hat riezen'. Ist denn das Rolandslied kein bairisches denkmal? Ferner sei das wort auch mnd. vorhanden als rêten. Ja, aber nur in éinem beleg, aus dem jahre 1464 (Redentiner osterspiel), und es ist noch nicht einmal sicher, ob hier rêten wirklich dem mhd. riezen entspricht.

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Diese belege werden genügen, um L.'s widerlegung zu charakterisieren. Es wird nicht nötig sein, auch zu seinen anderen angriffen stellung zu nehmen, obwol ich manches auch gegen sie vorbringen könnte. Ich erkenne gern an, dass mich L. in manchen fällen eines bessern belehrt hat; im übrigen halte ich seine starken worte für nicht so schlimm wie sie vielleicht klingen. Etwas schmerzlich ist mir nur, dass er mir eine 'starr schematisierende' betrachtungsweise vorwirft, während ich mich überall nach besten kräften bemühte, der individualität des Armen H. gerecht zu werden. Es liegt mir hier auch nicht daran, L. zu überzeugen; er mag meinetwegen die ganze Rede vom glouven für echt halten: ich wollte mich nur rechtfertigen, indem ich meine motive für die annahme von interpolationen, die L. kaum oder gar nicht nennt, nochmals vorführte und zeigte, dass L. es mit seiner widerlegung doch bisweilen allzu leicht nimmt.

L.'s bemerkungen zu meinem text geben mir auch zu kurzen erwiderungen anlass. L. macht, nachdem er mir, leider mit recht, einige flüchtigkeiten vorgeworfen, 39 besserungs

vorschläge. In 25 davon beschränkt er sich darauf, den hsl. text, den ich geändert, zu verteidigen; mit recht in 444. 795. 1287. 3207. 3699. In 2528. 2547. 2564 gibt L. gegen Wackernagel und mich Massmann recht. 2171. 2469 halte ich meine änderungen aufrecht, weil sie dem stil des dichters besser gerecht werden als der überlieferte text; ich kann aber nicht verlangen, dass sie einen andern durchaus überzeugen. Zu 2974 (ich hatte beredeten in bredigeten geändert) gebe ich zu, dass L.'s interpretation viel für sich hat. 1083 war ich auf die von L. vorgeschlagene lesart selbst verfallen, zog sie aber auf anraten von Vogt zurück. 559. 801. 2160 bleibe ich bei meiner lesart aus metrischen gründen. - 2212 habe ich nicht gebessert, sondern es liegt ein druckfehler vor. 146; wer sine im text lässt, muss auch goteheite in goteheit ändern und den guten reim zu wisheite zerstören. Für trahten mit dem acc. bringt das Mhd. wb. a. a. o. sehr wenig belege. Ich bleibe also bei meiner lesart. 758; wenn L. das ist der hs. wider einfügt, zerstört er das ganze rhythmische und syntaktische gefüge der umliegenden verse. 782 muss den in dem geändert werden wegen des daz in 781.925; welchen sinn L. aus dem vers herauslesen will, wenn er das sulen nicht eliminiert, das weiss ich nicht. 1592; rúwent, das L. wider herstellt, kommt in der verbindung mit clagen nie und im absoluten sinn sehr selten vor. Seit wann ist ferner gebote volgen: verbolgen ein dreireim? 1908 verstehe ich L.'s interpretation nicht und finde sie ausserdem syntaktisch höchst sonderlich. 2055 änderte ich wegen 2056

lieze, 2057 woldis, 2059 gêbe.

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2210 hat Massmann, L. hält es für abkürzung von ind. Dies wort kommt aber sonst bei H. nie vor, obwol sich die gelegenheit dazu oft genug geboten hätte. 2523 stellte ich um wegen 2521. 2522. 2525, vgl. auch mein buch s. 51, metrik § 8.

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In andern fällen gibt L. eigne vermutungen. Davon scheinen mir zutreffend die zu 9. 29. 206 f. 324. 2287. 2307. 2413 (gezeine), unwahrscheinlich die zu 636. 530; getwas kann hier nicht, wie L. will, 'bösewicht, tor' heissen. Denn erstens ist der teufel kein tor, zweitens wäre doch bose getwâs 'böser bösewicht' eine arge tautologie. Den einwand, dass H. 1292 für 'gespenst' getûsternisse sage, hätte ich machen sollen!

528 VON DER LEYEN, ZU HARTMANNS REDE VOM GLAUBEN.

Da hätte ich schöne dinge über 'schematisierende betrachtungsweise' zu hören bekommen! 755 sint (: kinden) ändere ich trotz MSD. 56, 16 nicht in sinden, vgl. meine Metrik § 1 (s. 45).

3135 halte lit nicht für unverständlich, sondern für eine md. contraction von ligit (vgl. Weinhold2 § 52). 1068. 2534. 2829 erklärt L. meine interpunction für verfehlt: ich kann ihm keineswegs beipflichten; es mag jeder selbst darüber urteilen.

MÜNCHEN.

FRIEDRICH VON DER LEYEN.

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