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passieren dürfen' (bitte, welche? Nebenbei war meine behandlung von 1085-1124, wie ich auch ausdrücklich sagte, nur ein vorschlag; damit erledigen sich alle anderen ausfälle von L.) - Zu 705-10 (mein buch s. 36) sagt L., ich hätte auf das wort werltkuning einen 'luftigen turm' (was ist das?) gebaut. Auch sonst zieht er starke worte starken argumenten vor und macht sich seine widerlegung allzuleicht. In v. 714 f. (mein buch s. 41) hatte ich festgestellt, dass der interpolator den guten reim lilium: filium verderbe. L. sagt 'dieser gute reim sollte durch seinen gleichklang eher verdächtig wirken'. Nun vgl. man 89 f. ineffabilis: mirabilis, 317 f. beatrix: creatrix, 343 eloquentia sapientia, 367. 401 u. s. w. Zu 1612 (mein buch s. 34): ich hatte behauptet, riezen trans. sei bairisch (das ist nicht zutreffend, vgl. Otfr. 1, 18, 11 und Reuschel, Lit.-bl. 20, 161). L. sagt nun: 'das ist nicht einmal ganz richtig, denn auch das Rolandslied hat riezen'. Ist denn das Rolandslied kein bairisches denkmal? Ferner sei das wort auch mnd. vorhanden als rêten. Ja, aber nur in éinem beleg, aus dem jahre 1464 (Redentiner osterspiel), und es ist noch nicht einmal sicher, ob hier réten wirklich dem mhd. riezen entspricht.

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Diese belege werden genügen, um L.'s widerlegung zu charakterisieren. Es wird nicht nötig sein, auch zu seinen anderen angriffen stellung zu nehmen, obwol ich manches auch gegen sie vorbringen könnte. Ich erkenne gern an, dass mich L. in manchen fällen eines bessern belehrt hat; im übrigen halte ich seine starken worte für nicht so schlimm wie sie vielleicht klingen. Etwas schmerzlich ist mir nur, dass er mir eine 'starr schematisierende' betrachtungsweise vorwirft, während ich mich überall nach besten kräften bemühte, der individualität des Armen H. gerecht zu werden. Es liegt mir hier auch nicht daran, L. zu überzeugen; er mag meinetwegen die ganze Rede vom glouven für echt halten: ich wollte mich nur rechtfertigen, indem ich meine motive für die annahme von interpolationen, die L. kaum oder gar nicht nennt, nochmals vorführte und zeigte, dass L. es mit seiner widerlegung doch bisweilen allzu leicht nimmt.

L.'s bemerkungen zu meinem text geben mir auch zu kurzen erwiderungen anlass. L. macht, nachdem er mir, leider mit recht, einige flüchtigkeiten vorgeworfen, 39 besserungs

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vorschläge. In 25 davon beschränkt er sich darauf, den hsl. text, den ich geändert, zu verteidigen; mit recht in 444. 795. 1287. 3207. 3699. In 2528. 2547. 2564 gibt L. gegen Wackernagel und mich Massmann recht. 2171. 2469 halte ich meine änderungen aufrecht, weil sie dem stil des dichters besser gerecht werden als der überlieferte text; ich kann aber nicht verlangen, dass sie einen andern durchaus überzeugen. Zu 2974 (ich hatte beredeten in bredigeten geändert) gebe ich zu, dass L.'s interpretation viel für sich hat. 1083 war ich auf die von L. vorgeschlagene lesart selbst verfallen, zog sie aber auf anraten von Vogt zurück. 559. 801. 2160 bleibe ich bei meiner lesart aus metrischen gründen. 2212 habe ich nicht gebessert, sondern es liegt ein druckfehler vor. 146; wer sine im text lässt, muss auch goteheite in goteheit ändern und den guten reim zu wisheite zerstören. Für trahten mit dem acc. bringt das Mhd. wb. a. a. o. sehr wenig belege. Ich bleibe also bei meiner lesart. 758; wenn L. das ist der hs. wider einfügt, zerstört er das ganze rhythmische und syntaktische gefüge der umliegenden verse. 782 muss den in dem geändert werden wegen des daz in 781.925; welchen sinn L. aus dem vers herauslesen will, wenn er das sulen nicht eliminiert, das weiss ich nicht. 1592; rûwent, das L. wider herstellt, kommt in der verbindung mit clagen nie und im absoluten sinn sehr selten vor. Seit wann ist ferner gebote volgen: verbolgen ein dreireim? 1908 verstehe ich L.'s interpretation nicht und finde sie ausserdem syntaktisch höchst sonderlich. - 2055 änderte ich wegen 2056 lieze, 2057 woldis, 2059 gêbe. 2210 hat Massmann, L. hält

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es für abkürzung von ind. Dies wort kommt aber sonst bei H. nie vor, obwol sich die gelegenheit dazu oft genug geboten hätte. 2523 stellte ich um wegen 2521. 2522. 2525, vgl. auch mein buch s. 51, metrik § 8.

In andern fällen gibt L. eigne vermutungen. Davon scheinen mir zutreffend die zu 9. 29. 206 f. 324. 2287. 2307. 2413 (gezeine), unwahrscheinlich die zu 636. 530; getwas kann hier nicht, wie L. will, 'bösewicht, tor' heissen. Denn erstens ist der teufel kein tor, zweitens wäre doch bose getwâs 'böser bösewicht' eine arge tautologie. Den einwand, dass H. 1292 für 'gespenst' getûsternisse sage, hätte ich machen sollen!

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VON DER LEYEN, ZU HARTMANNS REDE VOM GLAUBEN. Da hätte ich schöne dinge über 'schematisierende betrachtungsweise' zu hören bekommen! - 755 sint (: kinden) ändere ich trotz MSD. 56, 16 nicht in sinden, vgl. meine Metrik § 1 (s. 45).

3135 halte lit nicht für unverständlich, sondern für eine md. contraction von ligit (vgl. Weinhold2 § 52). 1068. 2534. 2829 erklärt L. meine interpunction für verfehlt: ich kann ihm keineswegs beipflichten; es mag jeder selbst darüber urteilen.

MÜNCHEN.

FRIEDRICH VON DER LEYEN.

ETYMOLOGISCHES.

1. Nhd. gaul aus mhd. gul 'eber, männliches tier überhaupt', zu welchem nl. guil 'eine noch nicht trächtig gewesene stute' eine feminin bildung ist, geht auf vorgerm. *ghūlo-s zurück. Dies lasse ich der indog. wz. gheu- 'giessen' entstammen und vergleiche damit gr. zulós 'saft'. Vgl. got. auhsa 'ochse', aind. ukšán 'stier' zu ukšati 'besprengt'; lat. verres 'eber' zu aind. varšati 'beregnet', u. s. w.

2. Mhd. kütz, kütze 'kauz' erhielt wahrscheinlich den namen wegen seines geschreies. So verhält es sich vielleicht auch bei ags. cyta 'rohrdommel; weihe', engl. kite. Die beiden wörter dürfen wir also zusammenstellen und weiter mit lit. gaudziù, gausti 'in langgezogenen tönen heulen, dumpf heulen, wehklagen', gaudimas 'geheul, wehklage', lett. gauda dass., gaudit 'heulen, wehklagen' verbinden.

3. Mhd. ge-hiure 'sanft, anmutig, woran nichts unheimheimliches ist', ahd. as. un-hiuri 'grausig, schrecklich', ags. hyre 'freundlich, mild', aisl. hýrr 'mild' sind noch nicht genügend erklärt. Sie sind vielleicht mit mhd. huren 'kauern', behuren 'niederhalten, niedertreten' verwant und verhalten sich dazu, wie ahd. hold 'gnädig, herablassend' zu hald 'sich vorwärts senkend, geneigt'. Vgl. auch ahd. unhiuri, ungihiuri 'schrecklich, unheimlich': got. unhulpōns 'unholdinnen'. Aus ahd. ungihiuri 'unheimlich' entwickelte sich wahrscheinlich bei mhd. gehiure der begriff 'woran nichts unheimliches ist'.

Die grundbedeutung der germ. wz. hūr- wäre also 'biegen, beugen'. Hierher können weiter gehören: ags. hyran, engl. hire, mnd. huren 'mieten', mhd. behuren 'mieten, kaufen', verhüren 'verkaufen'. Vgl. got. biugan 'biegen': bugjan 'kaufen', Verf., Am. journ. phil. 19, 42 f.; aind. namayati 'biegt, lenkt ab',

gr. vouάo 'lenke, regiere': lett. nômat 'mieten'; aind. námati 'beugt, beugt sich' lat. emō 'kaufe', got. niman 'nehmen'. Vgl. Prellwitz, Et. wb. s. v. véμo, vouάoo. Uhlenbeck, Et. wb. s. v. niman.

Die germ. wz. hur-, vorgerm. qu-ro-, scheint eine erweiterung der indog. wz. qū-, qau- zu sein. Vgl. got. hauns 'niedrig, demütig', lett. kauns 'scham, schmach', gr.zavvós⋅ xaxós, xavęós xaxós, lit. kuvetis 'sich schämen' (s. Uhlenbeck, Et. wb. s. v. hauns). Hier ist wol auch die grundbedeutung ‘sich beugen, sich ducken'.

4. Aisl. kūra 'untätig sein', schw. kūra, dän. kūre, mengl. couren, engl. cower 'kauern' haben natürlich nichts mit mhd. hūren 'kauern' zu tun. Sie gehören mit kauzen zur selben wz. kū- (Kluge, Et. wb. s. v. kauzen) und lassen sich mit gr. rugós 'rund, gekrümmt, gebückt', yupos 'kreis', rugów 'biege, krümme' vergleichen. Hierher wol auch mhd. kūme 'gebrechlich, schwach, elend', ahd. kūmīg 'gebrechlich, schwack, krank', ursprünglich 'niedergebeugt, hinfällig' (vgl. engl. crank ‘krümmung': d. krank, Kluge, Et. wb.5), ahd. chūmōn 'trauern', as. kūmian 'beklagen' (vgl. got. driusan 'fallen': ahd. trūrēn 'trauern'), ags. cyme 'anmutig, schön', eigentlich 'biegsam, schmuck' (vgl. schmiegen: schmuck). Weiteres über die wz. gu- bei Prellwitz, Et. wb. s. v. yúalov.

5. Got. hnasqus 'weich, fein', ags. hnesce 'zart', ahd. nascon 'naschen' können auf vorgerm. *qnod-sqo- oder *qned-sqo zurückgehen. Vgl. lit. kándu 'beisse', aind. khādati ‘kaut, zerbeisst', gr. xvodov 'zahn am jagdspiess' (Brugmann, Grundr. 12, 420).

6. Got. neh, neha 'nahe', aisl. när, ags. neah, as. ahd. nah u. s. w. führe ich auf vorgerm. *nék-uo- zurück und vergleiche damit aind. náçati 'erreicht, erlangt', lat. nanciscor, got. ganōhs 'genug' u. s. w.

7. Ahd. gisal, ags. zīsel, aisl. gisl 'kriegsgefangener, bürgschaftsgefangener' vergleicht man mit dem gleichbed. air. gíall. Die grundform *gheislo-, worauf diese sippe beruht, bedeutete vielleicht ursprünglich 'anhaftend, zurückbleibend' und lässt sich dann in diesem falle mit lat. haereo vergleichen.

8. D. mahr 'alp', mhd. mar, mare, ahd. mara 'quälendes nachtgespenst, nachtalp', ags. mara 'nightmare', aisl. mara

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