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a soir, fat la semaine. Hinter der betonten sechsten findet sich oft eine überschiessende' silbe, wie im dekasyllabon hinter der betonten vierten.

Z. b. ebda. v. 12 rera toi an arriere, bien seis la rile. Eben dies beweist schlagend, dass wir es hier nicht mit einer pentapodie oder einem zweigliedrigen langvers zu tun haben, sondern, wie Stengel s. 53 richtig erkennt, mit einer versform, die man als eine andere combination der teile (abschnitte) des gewöhnlichen epischen zehnsilblers auffassen muss. In diesem gruppieren sich die silben wie 4+6

z. b. Charles li reis nostre emperere magnes;

in jenem umgekehrt 6 + 4

z. b. L'anfes Gerairs et Gaie s'an sont torneit. Diese gebilde sind also pressrhythmen und abarten des dekasyllabons, d. h. gepresste vierer.

Ihr zweiter abschnitt ist im rhythmus

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eine form die auch heute noch in liedern vorkommt.

Ein beispiel wird es veranschaulichen, nämlich die schlusszeile des bekannten liedes 'Hinaus in die ferne mit lautem hörnerklang', Lahrer commersbuch no. 52 (s. 57). Ich analysiere die erste strophe ganz.

1. ACL; Jl.vu±n Tu±mL; JUVWin ; JÚ.VOLA |úm.; VL-LA

2.

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Der rhythmus ist zweifellos eine weiterbildung des französischen dekasyllabons. 2a, 3a sind zehnsilbig und haben die früher s. 79 oben erläuterte form, nur mit gelegentlich punktierten werten. 1a. b haben vom französischen standpunkt aus gesehen die 'epische binnencäsur'; nämlich die kürze hinter der zweiten thesis () ist weiblich'. Ausserdem haben sie nach deutschem

brauch auftakt'. d. h. die erste arsis bleibt. Denkt man die reihenauftakte weg, dann hat man genau den rhythmus des epischen dekasyllabons mit 'epischer' binnencäsur.

2b. 3b sind nun dekasyllaben der gruppierung 6 + 4 mit 'epischer' binnencäsur; der wert der überschiessenden' silbe tritt hier zufällig punktiert (~.) auf.

Im hinblick auf diese schlusszeile könnte man die romanze 1,5 bei Bartsch sehr wol so analysieren:

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Die form ist gewis alt, aber dass sie älter als der normale zehnsilbler (4+6), ja ihm gegenüber ursprünglich sei, wie Stengel will (§ 110), halte ich für unwahrscheinlich. Jedenfalls reichen die beweise Stengels nicht aus, seine annahme zu sichern. Mit dem endecasillabo der Italiener hat der rhythmus nichts zu tun, denn der italienische vers ist ein sechser, was seine binnencäsur beweist.

Nach alledem scheint es, als ob wir für die älteste zeit zu scheiden hätten den epischen zehnsilbler (4 +6, 6+ 4) und den lyrischen. Ersterer ist ein gepresster vierer (dekasyllabon), letzterer ein sechser primärer bildung. Erst allmählich dringt das dekasyllabon in die französische und provenzalische lyrik ein und beeinflusst umgekehrt der sechser hier und da den epischen versbau. Entscheiden kann im einzelnen fall nur eine umfassende untersuchung.

Für die entscheidung dürfte ausser der beobachtung der formen der binnencäsur von wichtigkeit sein zu ermitteln, wie die einschnitte im text syntaktisch hergestellt werden. Denn sowol das dekasyllabon wie der sechser haben im romanischen der regel nach hinter der vierten betonten silbe einen deutlichen

einschnitt. Sie unterscheiden sich also fürs auge nicht gerade sehr. Stengel stellt s. 54 ff. darüber mancherlei zusammen. Von vorn herein ist zu erwarten, dass die binnencäsur des dekasyllabons durch syntaktisch stärkere einschnitte festgelegt wird, dass dagegen die binnencäsur des sechsers i. a. schwächer ist. Demnach müsste im allgemeinen das epos relativ starke, die lyrik dagegen relativ schwache syntaktische einschnitte vorziehen. Denn sie liebt ja den sechser, wenn die obigen erwägungen richtig sind.

Die beobachtungen die man bisher gemacht, stimmen dazu. Stengel § 113 teilt mit, dass schon in der altfranzösischen lyrik die binnencäsur rhythmisch und syntaktisch nachlässig behandelt, ja mehrfach geradezu verwischt werde. Noch schwächer als die gleichzeitigen altfranzösischen dichter markierten die Provenzalen die binnencäsur (Stengel § 116). Bei den Italienern könne von syntaktischer ausprägung der binnencäsur überhaupt keine rede sein (§ 117). Alles das weist auf den sechser.

Ich füge noch einige nachträge und verbesserungen zu meiner früheren abhandlung hinzu.

S. 44 zeile 11 v. o. lies Aristoxenos' bd. 2.

Zu s. 48, § 9. Es ist ein hauptfehler in Westphals Analysen von minneliedern, dass er glaubt, eine reihe könne in ihnen isoliert stehen. So in dem liede Walthers, das er Allgemeine theorie s. 251 analysiert. Auch in seinen arbeiten über antike rhythmik ist dieser punkt vernachlässigt. Die theorie der periode leidet sogar in Rossbachs darstellung der antiken strophenformen (bd. 3 der Theorie der musischen künste der Hellenen) aus eben demselben grunde an unklarheit. Isolierte reihen sind in aller strophik, überhaupt den sog. geschlossenen formen nur in wenigen, als solche zudem leicht verständlichen fällen zuzulassen. Namentlich kommen instrumentale vor- und zwischenspiele, auch clauseln in betracht. Im griech. chorlied halte ich alleinstehende kola für ausgeschlossen, wenigstens im vocalen teil, von dem wir allein wissen.

Die anm. 2 auf s. 50 gehört zu § 16.

Zu s. 69 unten kann ich jetzt auf den sehr wichtigen aufsatz von H. Riemann, Die melodik d. minnesinger, Fritzsches Musik, wochenbl. 28, s. 449 ff. verweisen (besprochen im Jahresber.

für german. philol. 19, 235 f.). Riemann hat dort nachgewiesen, dass die melodien der romanischen und deutschen minnesinger nicht mensural, sondern choral notiert sind. Die notenzeichen der hss. geben also keine zeitwerte (longae, breves u. s. w.), sondern bloss tonhöhen wie die griechischen notenbuchstaben. Es kann darum aus den melodien kaum etwas über den rhythmus der lieder entnommen werden. Der rhythmiker ist auf betrachtung des textes angewiesen und muss so vorgehen, wie es in den abschnitten -v dieser untersuchung geschieht. Dennoch ist es gerade für romanische lieder wichtig, die melodien zu kennen. Denn wie Riemann gefunden (s. 450), bestätigt eben die melodieführung die vor Quicherat und seinen anhängern herschende ansicht der metriker, dass die alten romanischen verse alternierenden rhythmus hätten, eine ansicht der ich oben s. 69 aus allgemeinen gründen und auf grund mhd. nachahmungen romanischer formen beigetreten bin (s. 71 -73). Man wird nun wol aufhören, die einfachen und doch gefälligen rhythmen der alten lieder mensural zu verderben. Die rhythmisierung altfranzösischer und provenzalischer strophen, die oben versucht ist, hat so von ganz anderer seite her willkommene bestätigung empfangen.

Ebenso hat Riemann unabhängig von Eickhoff und mir (vgl. oben s. 75 ff.) die eigentümliche form entdeckt, die ich der kürze wegen dekasyllabon genannt habe, einen rhythmus der eben deshalb merkwürdig ist, weil er gegen den gebrauch der übrigen romanischen verse nicht immer alterniert. Warum er das nicht tut, ist s. 77 erklärt. Ueber die mängel der Riemannschen arbeit vgl. Jahresber. s. 236.

Uebrigens sei hier angemerkt, dass dasselbe was Riemann für die minnelieder nachweist, erst recht für die homophonen melodien gilt, die der früheren zeit angehören. Es ist nicht zulässig z. b. Ratperts lobgesang mit MSD3 s. 84 in 3/4 takt zu bringen. Auch diese melodie ist choral notiert (neumiert) und die spätere mensurale zeitteilung, deren regeln Jacobsthal ermittelt, auf sie anzuwenden, ist eben darum nicht statthaft. Neumen haben keine mensur. Tripeltakt ist später freilich von den mensuralisten stark bevorzugt, ja als der einzig mögliche angesehen worden. Für die ältere zeit beweist das nichts.

Beiträge zur geschichte der deutschen sprache. XXIV.

6

Der lateinische text ist vermutlich folgendermassen zu analysieren, wobei die taktart unsicher bleibt 1):

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Alle verse schliessen thetisch, wie bis zum minnesang die ahd. mhd. reihen überhaupt. Die vorderglieder entbehren meist des auftakts.

Ebensowenig ist das Petruslied mensuriert; anders, wie es scheint, bei Scherer s. 63. Das schema ist wol1):

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Die ictenabstufung nach Sievers' typen. Die glieder entbehren meist des auftakts.

Hierher gehören auch die sequenzenformen no.xix-xxIII, die gleichsam 'freie rhythmen' sind. Man vergleiche hierzu die darstellung der byzantinischen rhythmik bei Christ, Anthologia graeca. Dass die rhythmische prosa dieser sequenzen öfters versmässig, metrisch gesteigert wird, fällt nicht auf. Es ist das eine natürliche entwicklung der 'freien rhythmen', welche die nhd. poesie auch kennt. Der rhythmus dieser 'modi' ist natürlich der gregorianische, der sich an den sprachlichen anschliesst. Vgl. X. Haberl, Magister choralis 105 (1893), s. 1 und s. 186 f. 197 ff. Ich werde anderswo genauer auf diese rhythmen zurückkommen.

Zu s. 78. Bei der ableitung der dekasyllaben wäre es klarer gewesen, statt der formen die aus dem wechselnden zusammenhang der compositionen genommen sind, zunächst

1) Da man es hier mit geistlichen werken, nicht solchen weltlichen ursprungs zu tun hat, so bleibt auch die rhythmusart unsicher. Denn diese geistliche vocalmusik kann immer von dem freien gregorianischen rhythmus beeinflusst sein. Dann hat die frage nach der taktart überhaupt keinen sinn.

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