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(Nd. jahrb. 15, 88) lieber 'wein von der sorte, dessen geburtsort die Franzosen uns noch nicht entrissen haben' verstehen möchte. Durch den westfälischen frieden hatte Frankreich 1648 den ganzen Sundgau mit Altbreisach, sowie die festung Philippsburg gewonnen und damit zum ersten mal seinen fuß an den ufern des Rheins festgesetzt. Fassen wir die stelle so auf, dann bietet sie zugleich einen chronologischen anhaltspunkt, da sie dann erst nach 1648 geschrieben sein könnte (in der handschrift fehlt die ganze schlußpartie des zweiten gedichts noch).

3, 151. Das adverb liden begegnet auch in der bauernkomödie (Nd. jahrb. 3, 95).

3, 166 upgetagen und gebahren. Zu der homerischen reminiscenz von den knieen der götter (1, 45) tritt hier eine zweite, bisher nicht beachtete: das typische hysteron proteron τράφεν ἠδ ̓ ἐγένοντο Il. 1, 251. Od. 4, 723. 10, 417. 14,201; θρέψασα τεκοῦσά τε Od. 12, 134.

3, 206. Annemeken begegnet als Annemeten, Annemäten auch in der bauernkomödie (Nd. jahrb. 3, 94. 108); gammelmat (3, 476) ebenso (ebenda 3, 95).

4, 59 Ick hebbe wol ... mit latyn my könt herummer kilen. Dazu vgl. in der bauernkomödie (ebenda 3, 100): so könne wi uns dichte herümmer kihlen.

4, 173 Se sach my glupisch an. Vgl. in der bauernkomödie (ebenda 13, 45): idt sach mi an so glüpisch starck.

4, 231 Phoebus mit allen Pimpleiden. Wenn sich Sprenger (Nd. jahrb. 15, 90) darüber aufhält, daß Cyrrha (4, 133) von den deutschen herausgebern unerklärt gelassen worden sei (was übrigens für Lappenberg gar nicht zutrifft, vgl. s. 242), und Paludan, dem herausgeber des neuen abdrucks der dänischen übersetzung, nachrühmt, daß er das nachgeholt und 'unzweifelhaft das richtige getroffen' habe, so trägt er damit wahrlich eulen nach Athen, da Cirrha dem humanistisch gebildeten leser, der ja allerdings wohl leider bald avis rarissima sein wird, wohlbekannt ist. Daß die Pimpleiden die musen sind, hätte als nicht so geläufig eher von den herausgebern erklärend gesagt werden sollen, was wiederum nur Lappenberg (s. 316) tut, ohne jedoch die quelle des dichters ('Pimplei dulcis' Horaz, Carm. 1, 26, 9) anzuführen. Für die lateinischen dich

tungen Laurembergs, die 'Satira' und die 'Querimonia', hat sich Lappenberg mit erfolg bemüht, die antiken vorbilder einzelner stellen und wendungen genauer nachzuweisen: trotzdem ist ihm der rude donatus' Satira 287 (so nennt sich Lauremberg auch selbst in der bekannten algebraischen gleichung über sein lebensalter Lappenberg s. 188 und Müller s. 7) aus Horaz, Episteln 1, 1, 2 entgangen und auch bei Querimonia 108 möchte ich lieber an 'Cynthius aurem vellit' Vergil, Eklogen 6, 3 denken als mit Lappenberg (s. 250) eine reminiscenz aus Paulinus von Nola annehmen.

4, 238. kakelbunt kommt auch in der bauernkomödie vor (Nd. jahrb. 13, 36): Dat leed dat wass so kakelbund.

4, 348. Peter Mafferts boeck, das Braune in der anmerkung (s. 82) noch als dunkel bezeichnete, hat Kock (Nd. corresp. 25, 11) sicher richtig als das kartenspiel gedeutet, da Peter Meffert ein berühmter spielkartenfabrikant in Amsterdam, zudem ein zeitgenosse Laurembergs war.

4,357 hyr gy man. Die wörterbücher von Lappenberg und Braune übergehen hyr in dieser verbindung, haben es also wohl für identisch mit dem sonst häufigen hyr 'hier' gehalten. Daß dies nicht richtig sein kann, lehrt eine stelle in der bauernkomödie (Nd. jahrb. 3, 97): Wenn ick de lüde frage unde segge: hyr gi, wor iss myne harbarge? Der sinn kann hier nur 'hört ihr' sein und derselbe sinn wird auch an unsrer stelle verlangt. Jellinghaus' falsche erklärung der komödienstelle 'ihr da' ist durch Nissen (ebenda 11, 149) bereits berichtigt worden.

4, 683. Chim ist auch der .name eines der beiden bauern der bauernkomödie (Nd. jahrb. 3, 92).

Zum schluß füge ich zwei bemerkungen an, die sich auf die von Lappenberg im zweiten anhang zu seiner Laurembergausgabe mitgeteilten nd. gedichte beziehen. 1, 58 wird berichtet, Adam habe Eva straks sin beste hart, sin uppentholt genömet. Dazu bemerkt Lappenberg (s. 251): 'sin uppentholt. volkswitz: seine maitresse'. In dieser seit dem 15. jh. begegnenden bezeichnung der geliebten 'zuflucht' liegt sicherlich nichts von dem, was diese anmerkung dahinter sucht. Die ältesten mir bekannten belege sind Hätzlerin 1, 100, 1. 2, 36, 1. 37, 1. Das 11, 40 begegnende chamberlouque, von Lappenberg

ganz unerläutert gelassen, hat Müller (s. 40) richtig mit span. chamerluco 'eine art türkischen gewandes' zusammengebracht. Das grundwort ist türkisch und lautet dort ja[g]murluk 'regenmantel'. Uns Deutschen ist es aus Lessings Nathan 4,4 bekannt (Sämmtl. schr. 3, 123): 'Als christ, als muselmann: gleichviel! im weißen mantel oder jamerlonk, im tulban oder deinem filze: wie du willst! gleichviel! ich habe nie verlangt, daß allen bäumen éine rinde wachse.'

JENA, 31. mai 1917.

ALBERT LEITZMANN.

DIE EU-REIME BEI OPITZ.

Friedrich Neumann wird im zweiten capitel seiner Geschichte des neuhochdeutschen reimes von Opitz bis Wieland, von der das erste 1914 als Göttinger dissertation erschienen ist, auch die reime ei eu behandeln. Da die ungewöhnlich reife dissertation von dem ganzen werk das beste erwarten läßt, würde ich die folgenden ausführungen bis zu seinem erscheinen zurückgehalten haben, wenn bei Neumann nicht gerade Opitz etwas schlecht weggekommen wäre. Das sonst so reichhaltige quellenverzeichnis nennt nur die Teutschen poemata von 1624. Der vater der nhd. verskunst verdient aber nach der gesamtheit seiner werke beurteilt zu werden und nicht bloß nach seinen jugenddichtungen, deren form ihm schon 1624 nicht mehr genüge tat.

Die ausführungen von G. Baesecke, Die sprache der Opitzischen gedichtsammlungen von 1624 und 1625 (Göttinger dissertation 1899) §§ 49. 51 treffen nicht das richtige. Weil eu-laute verschiedener herkunft auf einander reimen, nimmt er an, daß kein unterschied unter ihnen bestand. Aus den reimen eu ei schließt er, daß eu und ei, wenn sie noch nicht zusammengefallen waren, doch einander schon nahe standen. Die tatsache, daß einige reime eu ei in der ausgabe von 1625

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verschwinden, deutet er als annäherung an die schriftsprache; Opitz habe diese reime als fehlerhaft empfunden. Die correctur war aber nicht sehr gründlich, denn es blieben noch 43 eu ei übrig.

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Was an diesen behauptungen richtig, was unrichtig ist, wird die folgende untersuchung lehren. Nur ein punkt muß gleich hier erledigt werden. Baesecke nimmt ohne weiteres an, daß in allen fällen, wo der reim eu ei in der ausgabe von 1625 nicht mehr vorhanden ist, eben die unreinheit der bindung ursache der änderung gewesen sei. Solcher änderungen macht er neun namhaft. Von diesen kommt ich citiere nach den nummern und verszahlen der ausgabe von Witkowski, Neudrucke 189-192- 57, 65 gar nicht in betracht, da die vier verse 65-68 überhaupt in der ausgabe B fehlen. Und ihr fehlen ist nicht etwa durch den reim eu ei veranlaßt, denn die änderung von Leyd vnd Frewd (: beyd) in Frewd vnd Leyd hätte doch wahrhaftig auf der hand gelegen. 10, 2; 11, 27; 52,4 sollte die apocopierte form Freudt, 13, 152 der apocopierte dativ zu leydt beseitigt werden. 13, 158 änderte Opitz sich so schön zusammen beugen in sich schön in einander reigen, um schön vor einen vocal zu bringen; vor consonant will er nur schöne brauchen. 63, 1 die Tafel mir nicht leuget mußte wegen der wortstellung geändert werden. Es bleiben also nur zwei fälle übrig. 76, 12 wird aus geneiget ereuget in B geneigt gezeigt. Ich möchte glauben, daß Opitz an dem wort ereugen anstoß nahm; die ersetzung durch das synonyme erzeigen bot sich leicht dar. 78, 24 hat Opitz allerdings eräugt belassen, aber hier war eben das andere reimwort erzeigt. Nur 5,51 rund vnd frey statt ohne schew (: sey) entzieht sich jeder andern deutung. Wie dieser fall zu beurteilen ist, werden wir später sehen.

Ich habe die poetischen stücke untersucht, die in den ausgaben der Deutschen poemata von 1629 (C, Anderer Theil: C2), der Geistlichen poemata von 1638 (E), der Weltlichen poemata von 1644 (F, F2) enthalten sind, ferner das Florilegium variorum epigrammatum nach dem druck Francofurti 1644, und die Psalmen Davids sowie die übersetzung von Hugo Grotius Von der Warheit der Christlichen Religion, beide nach der Fellgibelschen ausgabe.

Der inhalt von C, C2 und E, F, F2 deckt sich vielfach. Ich gebe im folgenden die von mir gebrauchten abkürzungen für die einzelnen stücke an, sowie die ausgaben, nach denen sie benutzt werden.

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Ep.

F.

Fl.

Gr.

=

=

=

=

Die Episteln der Sontage vnd fürnembsten Fest (E)..
Lob des Feldtlebens (C).

Florilegium variorum epigrammatum.

Hugo Grotius Von der Warheit der Christlichen Religion (Fellgibel). HL. = Salomons hohes Lied (E).

Herc.

=

Schäfferey von der Nimfen Hercinie (F2).

Jer. = Die Klage Lieder Jeremia (E).

Jonas (E).

Krg.
Ls.

=

=

NOd.
NPW.
Od.

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Lob des Krieges Gottes (C2).

Lobgesang vber den frewdenreichen Geburtstag vnsers Herren vnd Heylands Jesu Christi (E).

=

=

=

Oden oder Gesänge (C2).

Newes Buch Poetischer Wälder (C2).
Oden oder Gesänge (C).

Lobgedicht an die Königliche Majestät zu Polen vnd Schweden (F).

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Deß Herren von Pibrac Tetrasticha (F).

Geistliche Oden, oder Gesänge: Bevorauß vnterschiedene Psalmen
Davids (E).

=

Psalmen Davids (Fellgibel).

Sonnete (C).

L. Annaei Senecae Trojanerinnen (C2).

Trg. Trostgedichte in Widerwertigkeit deß Kriegs (E)

=

U. An den.. Hochgebornen Fürsten vnd Herrn, Herrn Vldrichen usw. (F).

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Die in C und C, nicht vorhandenen gedichte von F2; II, III bezeichnen die bücher der Poetischen Wälder, E. die Epigrammata, Od. die Oden.

Auff den Anfang deß 1621. Jahrs (E).

Dionysii Catonis Disticha (F), Von der Welt Eytelkeit (F), Judith (E) und einige kleinere gedichte in E enthalten keine eu-reime.

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