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wendung gebracht hatte; man glaubt beinahe den ehrwürdigen gothischen Greis beim Sinnen über diefer feiner Lebensarbeit zu belaufchen, während der h. Hieronymus fagt: „die Griechen schlafen oder zanken"; man sieht im Geifte Selinas des Meifters Worte niederfchreiben, wenn Hieronymus wieder auf Jef. 2, 4. blickend darüber staunt und jauchzt, dafs die harte Hand, die eben noch den Schwertgriff fafste, und der Finger, welcher den Pfeil schnellte, für den Stylus und das Rohr (S. 772) erweicht wären.

Diejenigen Gothen, zu denen der h. Chryfoftomus den oben genannten Bifchof Unila fandte (S. XXV), nach deffen Tode der König von Gothia einen Nachfolger verlangte, haben ohne Zweifel an den Nordküsten des schwarzen Meeres gefeffen, unabhängig, weil tapfer (Procop. b. g. 4, 2). Sie waren beim Andrange der Hunnen von den Oftgothen hier zurückgeblieben und hatten fich, erft an den Westküften fiedelnd, allmählich weiter gegen Often gezogen. Die Griechen nannten diefe, wahrfcheinlich nach einer Viergliederung (weil es etwa vier kleine Stämme oder Gemeinden waren), tetraxitische Gothen (Tɛtqažītaı): wenigstens als letztere später an Kaifer Juftinian eine Gefandtschaft fchickten, bestimmten fie vier ihrer Landsleute dazu. Procopius (b. g. 4, 4. 5) weifs von diefen nicht zu fagen, ob fie arianische oder rechtgläubige Chriften gewefen feien. Sie wufsten es felbft nicht, hielten aber in grofser Einfalt und ohne fich in Streit einzulafsen auf ihren Glauben und ihre Ehre (Procop.). Als fie hörten, dafs der genannte Kaifer Juftinian im zweiten Jahre feiner Regierung ihren Nachbarn den Abasgern einen Bifchof gegeben habe, schickten fie (547) flugs jene vier Gefandte an jenen, gleichfalls um einen Bifchof für fich zu bitten, da der ihrige geftorben war. Juftinian willfahrte ihnen gern und feitdem blieb auch dies Gothenland (Forðía) mit der byzantinifchen Kirche im Zufammenhange. Ihr Bifchofsfitz war Kapha in der Krim, wo noch bis ins 18. Jahrhd. in Synodalacten ihr Bifchof o Totlas, früher der 34. in der Reihe der Erzbischöfe, die zu Conftantinopel gehörten (Notitia graecorum epifcop. des Kaisers Leo) aufgeführt erscheint (Oriens christian. von Le Quien: I, 1240). Im achten Jhd. hatten diefe Gothen Johannes von Parthenope aus dem kimmerischen Bosporus zu ihrem Bischofe erwählt, ihn aber nicht in Conftantinopel, fondern vom Katholikos in Iberien weihen lassen. Beforgt für die unverfälschte rechtgläubige Lehre forderte er durch seinen Diakonus Longinus den Patriarchen von Jerusalem auf, eine allgemeine Kirchenverfammlung herbeizuführen, und 787 wohnte derfelbe wirklich der unter Conftantinus und Jenen verfammelten Kirchenverfammlung (zu Nicäa) bei, wo er die Bilderstürmer oder Iconomachen eifrig bekämpfte. Andrerfeits widerstand er mit feinen Gothen lange den Chafaren, mufte ihnen aber doch nach Amaftris ausweichen, wo er ftarb (Acta SS. 26. Juni). Noch im J. 1253 traf der genau beobachtende und berichterstattende brabantifche Minorit Ruysbroeck oder Rubriquis auf feiner vom Könige Ludwig IX. von Frankreich ihm aufgegebenen Reife zum mongolifchen Chan zwifchen Cherfon (Chorfun) und Soldaja (Sudagh) vierzig Burgen, unter deren Bewohnern er viele Gothen gefunden haben will, deren Sprache die deutsche sei. Wieder im J. 1436 fpricht von ihnen Jofepha Barbaro, den der Freiftaat Venedig nach Tana (Afow) fandte, wo er 16 Jahre lebte. Er nennt fie gleichfalls deutsch

redende Gothen (in Gothia), mit denen fein deutscher Diener sich ganz gut habe unterhalten und verständigen können. Weiter 1521 erwähnt ihrer und ihrer Herzöge nochmals der Krakauer Mönch Mathias von Miechow (Tractatus de duabus Sarmatiis); 1555 ertheilt Konrad Gesner in feinem Mithridates nähere Auskunft über ihre letzten beiden Fürsten, die der türkische Kaifer Mahomed II., als er die Tataren und die Krim unterwarf, in Mankup tödten liefs. Der genannte Miechow berichtet dies als Zeitgenoffe; Martin Broncovius (in feiner Befchreibung der Tataren) sagt dagegen, dafs jene beide, Oheim und Neffe, von griechischem kaiserlichem Geblüte gewesen seien. Gerade in dem Jahre, in welchem Konrad Gesner in feinem Mithridates fo klare Auskunft über diefe Gothen in der Krim ertheilte (1555), befand fich Augerius Gisler, von Busbeck in Flandern, im Auftrage des Kaifers von Oefterreich bereits auf einer längern Reife nach Conftantinopel, wo er im J. 1562 zwei Abgeordnete der Gothen in der Krim an den Sultan fprach und von ihnen mancherlei über ihre Landsleute, deren Bräuche, Gewohnheiten und Sitten erforschte, zugleich eine nicht geringe Anzahl von Wörtern erfragte, die nicht nur durchaus deutsch find, fondern zum Theil Bildungsformen und Wurzelklänge darbieten, wie fie entschieden nur die gothische Sprache bildet. Joseph Scaliger aber fagt fogar (Isagog. 3, 347), dafs die Refte der Gothen, die unter den perekopifchen Tataren wohnten, die heilige Schrift A. u. N. Bundes in derfelben Sprache und denfelben Buchstaben wie Ulfilas befäfsen.

Noch einmal treten uns diefe Gothen 1760 in Büfchings Neuer Erdkunde entgegen, der fie nach Mittheilungen des Jefuiten Mondorf in Wien von jenem Jahre ein heidnisches Volk nennt, bei dem der chriftliche Glaube wieder untergegangen, deffen Sprache aber mit der deutschen offenbar verwandt fei. Einer ihrer Männer, ein Ruderfklave auf türkischer Galeere, den Mondorf kaufte, hätte diefem erklärt, dafs ihr ganzer Gottesdienft in Verehrung eines alten Baumes bestehe.

Von den Chafaren und Tataren endlich gelichtet follen diefe Gothen, als 1784 die Krim entschieden ruffisch ward, durch Potemkin ganz erlofchen fein. Mnias Bschkrantz in feiner 1830 zu Venedig erschienenen armenischen Reife nach Polen etc. spricht von den "gothischen" Denkmälern in Mankup und Sudagh mit Inschriften in alten "gothischen" Buchstaben und von manchen unleferlichen Inschriften, aber auch genuefifchen Wappen, fowie Dörfern mit deutschen Lutheranern u. f. w.

So verdorrte hier erft fpät ein kleiner gothifcher Stamm von langaushaltender Zähigkeit, der einft, als der grofse Strom feines Volkes fich nach Weften wälzte, um fich in Italien, Gallien, Spanien, ja Afrika zu verlaufen und auf unzähligen Schlachtfeldern früh zu verbluten, zurückgeblieben war. Noch im J. 863 wie um 600 (Prisc. Theophylact. 8, 3) erfcheinen im alten Dacien Gepiden (Anonym. Salisb. in Kopitar's Glagol. LXXIII), und in Tomi, fahen wir S. XXIV, wufste Walafrid Strabo, der 849 starb, noch zur gleichen Zeit die gothische Sprache und gothischen Gottesdienst.

Nach diefem bis fast an unfere Tage hinanreichenden Vorblicke haben wir noch einmal in die Zeit nach Ulfilas Tode zurückzufchauen zu Kaifer Theodofius, welcher die Gothen durch kluge Freigebigkeit zu Verbündeten und Dienern des römischen

Reiches gemacht hatte, fo dafs fie gegen Maximus und Eugenius den vollen Ausfchlag gaben, während fie im Vollgefühl ihrer Kraft fich felbft die Männer, die Römer die Weiber nannten (Cod. Theodos. 3). Als aber Theodofius im Jahre 395 geftorben war und man jenen die langgewohnten Jahrgelder nicht mehr zahlen wollte, da brach Alarich, aus dem edlen Gefchlechte der Balthen (Zofim. 5, 4. 5. Claudian. Ruf. 2, 101-105), der mit Gainas fchon bei Aquileja das Vordertreffen gebildet hatte (Socrat. 7, 10. Oros. 7, 35) und den die Seinen feitdem zum Könige gewählt, von der Donau auf, erfchien vor Conftantinopels Mauern (Jorn. 29), gieng rafch nach Macedonien, Theffalien und Illyrien (andere andererfeits nach Kleinafien), weiter durch die Thermopylen, wo ihm kein Leonidas widerstand, nach Griechenland, wo nur Theben und Athen, das fich schnell ergab (Zofim. 5, 6), der allgemeinen Verwüftung entgiengen, die Tempel des griechifchen Heidenthums aber unrettbar fielen.

Unaufhaltfam und ohne Widerstand drang Alarich über die Landenge von Korinth weiter nach dem Peloponnes, wo Korinth, Argos, Sparta erlagen. Zwar wich er endlich vor Stiliko dem Vandalen, der für Honorius im Weften regierte; fchlofs aber mit Eutropius, dem Nachfolger des auf Stiliko's Antrieb durch Gainas ermordeten Rufinus, der im Often für Arkadius regiert hatte, einen Vertrag, welcher ihm (Alarich) Illyrien in die Hände spielte, während er von hier aus das Oftreich gegen Stiliko schützen follte. Eutropius aber ward wieder durch Gainas gestürzt, der nun das Oftreich bedrängte, während Alarich drohend an den Marken des Weftreiches stand. Denn längft fchon hatte er nach Italien geblickt, wohin er denn auch endlich im J. 400, wiederholt - 402 aufbrach. Da fammelte Stiliko eiligft vom Rheine, aus Gallien, aus Britannien Truppen, und ftellte fich am Oftertage 403 den Gothen bei Pollentia entgegen. Die Schlacht blieb unentschieden (Claudian. de 6. consul. Honor. 281), Alarich drang ungehindert vorwärts, mufste aber zuletzt dennoch durch Stiliko's geschickte Züge nach Illyrien zurückgehen und Frieden schliefsen. Auch der noch heidnifche Rhadagais („cultui idololatriae deditus": Ifid. Chron. 90th.), der täglich dem Wodan und Thunar opferte, schon am ersten Zuge Alarichs nach Welfchland Theil genommen (Isidor. Chr. goth. Cassiodor. Chron. Roncell. 2, 225) und an der Donau zu feinen Gothen über 200,000 (nach Zofim. 400,000) Mann Vandalen, Burgunden, Sueven und Alanen gefammelt hatte, im J. 406 nach Italien aufgebrochen war und fchon Florenz belagerte (Paulin. vita Ambrofii 50), auch er unterlag der Klugheit Stiliko's (Zofim. 5, 26); feine gothischen und hunnifchen Hülfstruppen unter Sarus und Uldinas wurden durch Schwert und Hunger in den Engpäffen von Fäfulae oder Fiefoli aufgerieben, er felbft gefangen und getödtet (Augustin. de civ. dei 5, 23. Serm. 105, 10. Zofim. 5, 26. Oros. 7, 37. Olympiodor. excerpt. p. 3. Marcell. Com. Chron. 206. Jorn. de regn. succ. Zofim. 6, 2. 3. Tiro Chron. Roncall. 1, 746. Profper Chron. Conful. ad 405), wonach nur ein kleiner Reft über die Alpen zurückgelangte und 407 in Gallien einbrach (Oros. 7, 40. Zofim. 6, 3).

Den Gothen Alarich's waren wie früher Jahrgelder bewilligt worden, die aber wiederholt nicht gezahlt wurden und wegen welcher man von Conftantinopel aus Stiliko, der auf Erfüllung des Vertrages drang (Zofim. 5, 29), in Ravenna stürzte und enthauptete (Zofim. 5, 34. 38. Sozom. 9, 4. Philoftorg. 12, 2. Hieron. ad Agerunt. 9,

Profper Chron. Marcell. Com.). Da brach Alarich erneut auf, zog auf dem Wege nach Welfchland alle unter Stiliko geftandene deutsche, namentlich gothische Hülfstruppen an fich und erfchien im J. 408 endlich vor Rom, wo bald Hunger und Seuche entfetzlich wütheten. Gefandten der ewigen Stadt, welche beim Unterhandeln dennoch auf Fortsetzung des Kampfes pochten, antwortete Alarich mit hellem Gelächter: „Je dichter das Heu oder die Saat, defto leichter die Maht" und verlangte alles Gold, Silber, Hausgeräth und alle deutschen Sklaven in der Stadt. Als die Römer darauf fragten, was er ihnen dann noch lafsen wolle, antwortete er rafch: „das Leben“. Da griffen jene verzweifelt und Gottverlaffen zu den alten heidnifchen Göttern (Sozom. 9, 6. Nicephor. 13, 35. Zofim. 5, 4), die aber nicht mehr helfen wollten, und Rom musste demüthig bei den Gothen um Frieden flehen. Da ward Alarich der Barbar in feinen Forderungen mäfsiger; aber auch diefe nur befriedigen zu können, musste man die filbernen und goldenen Standbilder der Kaifer und Götter, fo viel Conftantin der Grosse, als er Neu-Rom gründete, und feine Nachfolger noch dort gelassen hatten, felbft das Bild der „virtus romana" einfchmelzen (Zofim. 5, 35-42. Olympiod. exc. Sozom. 9, 6. Philoftorg. 12, 3. Oros. 7, 37. Auguftin. Serm. 105, 10. de civ. dei 5, 23). Von Rom gieng Alarich abwartend nach Hetrurien; Honorius aber, der damals in Gallien gegen Conftantinus kämpfte und von Olympius befangen war, bestätigte den ihm unterbreiteten Vertrag nicht. Da liefs Alarich feinen Schwager Athaulf mit neuem Zuzuge von Illyrien heranrücken, so dafs der Kaifer nachgab, Olympius fallen liefs und an deffen Stelle Jovius zum praefectus praetorio, den Attalus aus Kleinafien aber zum praefectus von Rom machte. Erneut unterhandelte man, brach jedoch abermals ab und Alarich rückte nun wirklich in Rom ein (Zofim. 6, 6. Sozom. 9, 8), machte Attalus zum Kaifer (Sozom. 9, 9), fich zum Oberfeldherrn, Athaulf zum Anführer der kaiferlichen Leibwacht und Attalus, bisher Heide, liefs fich auf Alarich's Verlangen durch den gothischen Bifchof Sigefarius (Sigishari), natürlich arianisch, taufen (Sozom. 9, 9), während die Römer fortgesetzt auf fein bisheriges Heidenthum rechneten und wirklich durch feine erften amtlichen Ernennungen am 1. Januar 410 darin bestärkt wurden.

Als Alarich inzwifchen vor Ravenna gezogen war, um Honorius zur Anerkennung feiner Anordnungen zu zwingen, Attalus aber anftatt Afrika [wie ihm von jenem aufgegeben war] inzwischen zu bewältigen, auf Wahrfager und Zeichendeuter hörend diefs verfäumte (Zofim. 6, 7) und dem Alarich nach Ravenna nachzog, um dem Honorius prahlerifch zu drohen; und als diefem plötzlich in den Hafen Hülfstruppen von Often einliefen (Zofim. 6, 7), da fetzte Alarich den von ihm gefchaffenen Kaifer vor den Thoren von Rimini und vor Aller Augen wieder ab (Sozom. 9, 8. Socrat. 7, 10. Zofim. 6, 7-12. Oros. 7, 42), zog zum dritten Male vor das ausgehungerte Rom und nahm es („Brennus noftri temporis“ sagt Hieronym. ep. 97) am 24. Auguft 410 leicht ein (Procop. b. v. 1, 9. Hieron. Augustin. de evid. 2. de civ. dei 1, 10. Philostorg. 12, 3). Er blieb aber nicht lange darin (Oros. 7, 39. Marcell. chron.), fondern führte fein beutebeladenes Heer nach Campanien und an der Meeresküfte entlang nach Rhegium, von wo er nach Sicilien und weiter nach der Kornkammer des weftrömifchen Reiches, nach Afrika überzufetzen gedachte (Jorn. 30). Stürme halber wandte er jedoch, nach Verstümmelung einer heidnischen

Bildfäule, welche den Uebergang gewehrt haben sollte (Olympiod. exc.), um und ward bald darauf plötzlich hinweggerafft. Seine Gothen, die ihn liebten und beklagten, leiteten den Barentinus oder Bufentoftrom bei Cofenza ab, gruben in fein Bett ein tiefes Grab, fenkten ihren jugendlichen König fammt Rofs und Schätzen hinab, fangen Heldenlieder und leiteten das Waffer in fein Bett zurück. Die Gefangenen aber, welche das Grab hatten graben müssen, tödteten fie, damit kein habgieriger Römer mehr wüfste, wo das Alles geschehen sei (Jorn. 30).

Die nun führerlofen Gothen wählten darauf des Entrückten Schwager, Athaulf, dem Herz und Verftand aus den Augen leuchteten (Jorn. 31), zu ihrem Könige. Diefer unterhandelte mit Honorius und wandte fich 412 um fefte Wohnfitze nach Gallien (Jorn. 25–31. Zofim. 5, 29. Claudian.) und Spanien, wo bereits Franken und Alamannen, Vandalen und Sueven, Markomannen und Quaden (Sozom. 9, 10) feften Fufs gefafft hatten. Athaulf bezwang in Gallien 413 zunächst den Jovinus und feinen Bruder Sebastian, die fich dort durch Hülfe des Feldherrn der Alanen Goar und des Königs der Burgunder Gunthiar oder Gunthahari aufgeworfen hatten, und fandte ihre Köpfe an Honorius ein (Sozom. 9, 11. 15. Olympiod.). Ebenfo fiel des Sarus Kopf. Athaulf aber eroberte ferner Narbonne, Toledo und Bordeaux.

Bei dem zweiten Zuge Alarichs gegen Rom hatten die Gothen des Honorius fchöne Schwefter Galla Placidia mit fich fortgeführt, welche der kaiferliche Bruder feinem in Gallien erft fiegreichen Feldherrn Conftantius zugefagt hatte. Nun ward aber der Gothenkönig gegen fie von Liebe entbrannt, so dafs er fie zur Gemahlin zu nehmen und zur Königin zu machen befchlofs, während Honorius dagegen ihre Auslieferung verlangt hatte. Placidia aber, um den Frieden zu ermöglichen, reichte Athaulf im J. 414 zu Narbonne wirklich ihre Hand und die Hochzeit ward in aller königlichen Pracht begangen. Attalus felbft ftimmte den Hochzeitgefang an, Athaulf trug römische Purpurkleidung und fünfzig in Seide gekleidete schöne Jünglinge brachten der neben Athaulf in königlichem Schmucke fitzenden Placidia je zwei Schüffeln mit Gold und Edelsteinen aus Roms Schätzen gefüllt dar (Olympiod.). Placidia gebar Athaulf zu Barcellona einen Sohn, der nach feinem Grofsvater Theodofius getauft ward, aber bald wieder starb (Olympiod.). Nach Mittheilungen eines Bürgers von Narbonne an den h. Hieronymus in Bethlehem erzählt der Spanier Orofius, des h. Auguftinus Schüler (7, 43. 44), dafs Athaulf früher fich mit dem Gedanken getragen habe, aus dem römischen Reiche ein gothisches, aus der Romania eine Gothia und fich zum Auguftus zu machen; später aber habe er vorgezogen, durch feine Gothen Wiederhersteller des römifchen Reiches und Namens zu werden. Die Zeitgenoffen begrüssten seine Verbindung mit Placidia als die Erfüllung der danielifchen Weiffagungen 2, 3. 11, 6. (Philoftorg. 12, 4. Idat. Chron.).

Bald darauf aber (415) ward Athaulf zu Barcellona meuchlings, als Opfer alter Blutrache, ermordet (Oros. 7, 34. Olympiod. Prosper). Im Tode noch hatte er feinem Bruder aufgetragen, Placidia dem Honorius zurückzuführen. Sigerich, Bruder des Sarus, des alten Feindes von Athaulf wie von Alarich, rifs die Herrfchaft an fich, liefs Athaulfs Kinder erfter Ehe den Händen des fchon genannten Bifchofs Sigifarius entreifsen und ermorden (Sozom. 9, 9), und behandelte auch Placidia fchimpflich (fie mufste zu Fufse vor feinem Pferde hergehen), ward aber

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