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Originalausgabe zugrunde gelegt. Wenn auch eine vollkommene, wissenschaftliche Kenntnis der Gedankenwelt Picos an den ursprünglichen Text sich wird halten müssen, so kann vorliegende Übersetzung doch allen dienen, die Pico und seinen Schriften Interesse entgegenbringen.

In der Einleitung gibt der Verfasser ein kurzes Lebensbild Picos und eine zusammenhängende Charakteristik seiner Philosophie und Mystik; er findet dabei reichlich Gelegenheit, seinen persönlichen, modernen Standpunkt hervorzukehren. Er sieht in Picos jugendstarkem Herzen eine neue erdenfrohe Lebensstimmung autflackern und bedauert fast, daß ihm der Mut fehlte, die neuen Gedanken und ideale" in brüsker Selbständigkeit dem Erbe des mittelalterlichen Christentums gegenüberzustellen" (S. 1) Pico war redlich bemüht, seine von schwärmerisch humanistischem Geiste befruchtete Spekulation mit dem christlichen Glauben in Einklang zu bringen. Wenn der Verfasser die Meinung hegt, eine Versöhnung zwischen Wissenschaft und Christentum sei unmöglich, so beweist er damit nur, daß ihm das richtige Verständnis für das eine oder andere Glied des vermeintlichen Gegensatzes fehlt; er teilt mit Pico von Mirandola eine übertrieben einseitige Richtung, wenn sie auch nicht in derselben Linie liegt.

Roma, S. Anselmo.

P. Laurentius Zeller O. S. B.

7. Kants gesammelte Schriften. Herausgegeben von der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften. Erste Abteilung: Werke. Bd. I-IV. Berlin, Reimer. I.: 1902, XXII u. 585 S. gr. 8o. II.: 1905, VIII u. 525 S. III.: 1904, IX u. 594 S.

u. 652 S.

IV.: 1903, VIII

Ein achtenswerter Verehrer der „Neuzeit hat die historische Bedeutung Kants sehr treffend mit den Worten gezeichnet: Kant ist der Philosoph des Protestantismus. Wie immer man auch zu Kant und seiner Philosophie sich stellen mag, die Tatsache läßt sich nicht leugnen, daß keiner wie er den Gedankengang der modernen Wissenschaft“ nicht bloß in Deutschland, sondern weit über die Grenzen seiner Heimat hinaus beeinflußt hat und noch man darf fast sagen beherrscht. Nicht mit Unrecht wird Kant an die Seite Luthers gestellt und sein Name als der Anfang einer neuen Epoche im Entwicklungsprozeß des Protestantismus gepriesen. Er war berufen, die religiöse Umwälzung, welche Luther eingeleitet, auf das Gebiet der Wissenschaft zu verpflanzen, die Kritik, we.che Luther am übernatürlichen Erkenntnisprinzip geübt, auch auf die Vernunft anzuwenden und in den Zerfall des Glaubens die Wissenschaft hineinzuziehen. Es kann daher nicht befremden, daß in einer Zeit, in welcher die Werke Luthers eine neue, den Ansprüchen der Gegenwart genügende Ausgabe erleben, auch die Schriften Kants eine Neuauflage erheischen. Wenn auch die Bewegung, welche von Luther und Kant ausgeht, sichtlich bergab läuft, sie gehört noch nicht der Geschichte an; Luther und Kant leben noch in Tausenden, die nach ihnen sich nennen. So sind nicht bloß geschichtliche, sondern auch sachliche Gründe für eine Neuausgabe der Schriften Kants maßgebend gewesen. Und der Name und die Stellung der Männer, welche sich dieser Aufgabe widmen, sind ein weiterer, sprechender Beweis für die große Bedeutung, welche Kant durch seine kritischen Spekulationen tatsächlich erlangt hat. Bei dieser Lage der Verhältnisse bringt man den Schriften Kants in den weitesten

Kreisen Interesse entgegen, und niemand weiß die Zeiten zu berechnen, in welchen die Kritik der reinen Vernunft der Vergessenheit anheimgefallen oder nicht mehr gilt als heute die Sprüche der griechischen Sophisten. Die Herausgabe der gesamten Hinterlassenschaft Kants darf daher mit einem günstigen, fruchtbaren Boden rechnen.

Die neue, von der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften veranstaltete Ausgabe der gesammelten Schriften Kants will nicht bloß einen mehr oder weniger verbesserten Abdruck der bisherigen Gesamtausgaben bieten, sie verfolgt höhere Ziele. Die ganze geistige Hinterlassenschaft des Philosophen soll in aller erreichbaren Vollständigkeit und in möglichster Reinheit des Textes veröffentlicht werden. Die neue Gesamtausgabe wird sich also nicht auf eine Wiedergabe der bereits gedruckten Schriften beschränken, sondern auch das ganze, noch auffindbare handschrittliche Material verwerten, um wirklich eine zuverlässige und allseitige Kenntnis der Kantschen Philosophie und ihrer Entwicklungsgeschichte zu ermöglichen. Bei dem Zustande des schriftlichen Nachlasses Kants ist die Durchführung der Aufgabe keine leichte. Der Philosoph selbst hat der Drucklegung seiner Werke nicht jene Aufmerksamkeit geschenkt, welche dem hohen Interesse, das man seiner Geistesarbeit heute entgegenbringt, genügen könnte. Die Wertschätzung, die er für seine kritischen Hauptwerke hegte, war so groß, daß er seine Arbeiten aus der vorkritischen Periode von einer Sammlung seiner Schriften ausschließen wollte. An der Veröffentlichung seiner Vorlesungen wurde Kant durch die Abnahme der Kräfte gehindert; nur die Anthropologie konnte er och nach seinen handschriftlichen Aufzeichnungen für den Druck bearbeiten; die Redigierung und Drucklegung der übrigen Vorlesungen mußte er seinen Schülern Jäsche und Rink überlassen, welche sich dieser Aufgabe nicht gewachsen zeigten und sie sehr mangelhaft erfüllten. Nach dem Tode Kants zerstreute sich seine, zum Teil bereits in den Händen der Schüler befindliche schriftliche Hinterlassenschaft immer mehr, so daß trotz der erfolgreichen Forschungen, welche Benno Erdmann, Rudolf Reicke, Em. Arnold und Max Heinze dem handschriftlichen Nachlasse gewidmet haben, doch noch die ausgedehntesten und sorgfältigsten Nachforschungen aufgewendet werden mußten, um alle noch vorhandenen Schriftstücke für die Ausgabe verwerten zu können und so eine, allen Anforderungen der Wissenschaft genügende Grundlage für ein einheitliches, geschichtliches Verständnis der Lebensarbeit Kants zu schaffen.

Mit der Leitung der Ausgabe ist die von der philosophisch-historischen Klasse der Akademie eingesetzte Kant-Kommission betraut, in welcher Wilhelm Dilthey, der mit Eduard Zeller die Neuausgabe Kants beantragte, den Vorsitz führt. Als Mitglieder sind Hermann Diels, Max Heinze, Erich Schmidt, Karl Stumpf und Johannes Vahlen beteiligt; die Stelle eines Sekretärs wird von Paul Menzer bekleidet. Die Ausgabe ist auf 22 bis 25 Bände berechnet und zerfallt in vier Abteilungen: 1. Werke, II. Briefwechsel, Ill. Handschriftlicher Nachlaß, IV. Vorlesungen. Die Vertei ung des umfangreichen Materials ist nach streng sachlichen Gesichtspunkten geregelt; innerhalb der einzelnen Abteilungen ist in erster Linie der chronologischen Ordnung Rechnung getragen. Die erste Abteilung, deren Leitung Wilh. Dilthey anvertraut ist, umfaßt alle Schriften, die rein wissenschaftlichen Charakter tragen und von Kant selbst oder in seinem ausdrücklichen Auftrag veröffentlicht wurden. Außer den großen Werken sind alle Aufsätze, auch die kleinsten Journalartikel oder Beiträge zu Schriften anderer, aufgenommen. Öffentliche Erklärungen wurden ihrer persönlichen Natur wegen an den Anhang des Briefwechsels verwiesen.

Manche Aufsätze, die bisher unter die Werke Aufnahme fanden, obwohl sie weder von Kant, noch in seinem Auftrage gedruckt wurden, sind je nach ihrem persönlichen oder wissenschaftlichen Charakter in die zweite oder dritte Abteilung gestellt worden. Die von Jak. Sigism. Beck redigierte Abhandlung Über die Philosophie überhaupt wurde ganz ausgeschieden, und an ihrer Stelle die von Kant selbst verfaßte, von Beck nur auszüglich mitgeteilte Einleitung zur Kritik der Urteilskraft aufgenommen.

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Die zweite, von Rudolf Reicke besorgte Abteilung bietet außer den verhältnismäßig wenigen Briefen Kants sämtliche an ihn gerichteten Briefe, die sich aufgefunden haben; denn diese sind nicht bloß geeignet, seine eigenen noch erhaltenen Briefe zu beleuchten oder über verlorene Aufschluß zu geben, sondern enthalten auch wertvolles Material über sein Leben und seine Lehre. Sie gewähren einen tieferen Einblick in die Entwicklungsgeschichte und in die Verbreituug der Kantschen Philosophie unter den Zeitgenossen. An die Briefe sind die öffentlichen Erklärungen, der letzte Wille und die Stammbuchverse Kants angeschlossen. Den drei Bänden der Briefe, welche bereits erschienen sind (X., XI., XII.), folgt ein vierter, der die Einleitung und Erläuterungen enthält. Die dritte, von Erich Adickes bearbeitete Abteilung umfaßt den handschriftlichen Nachlaß Kants; alle noch erhaltenen Aufzeichnungen wissenschaftlicher Art, von den flüchtigsten Notizen bis zu größeren Arbeiten, welche weder von Kant selbst, noch in seinem ausdrücklichen Auftrag veröffentlicht wurden, haben in dieser dritten Abteilung Aufnahme gefunden. - Die letzte Abteilung soll aus den Nachschriften der Vorlesungen alles Wissenswürdige bringen. Trotz mancher Bedenken, welche der Benützung dieser Quellen entgegenstehen, ist doch der Ertrag, den ihre kritische Verwertung liefert, unvergleichlich höher anzuschlagen. Denn weil hier das Verhältnis Kants zu seinen Vorgängern und Zeitgenossen vielfach weit offener hervortritt als in den gedruckten Werken, können die Vorlesungen die Entwicklungsgeschichte seiner Philosophie um wesentliche Ergänzungen bereichern. Die Herausgabe derselben wird von Max Heinze geleitet; ihm stehen Paul Gedan, Oswald Külpe, Paul Menzer und Rudolf Stammler als Mitarbeiter zur Seite.

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Nach diesen allgemeinen Angaben über den Zweck und den Plan der neuen Kantausgabe wenden wir uns den vier ersten Bänden zu. Die Schriften der vorkritischen Periode füllen den ersten und zweiten Band (1.: 1747-1756; II.: 1757-1777); der Hauptanteil an der Herstellung ihres Textes fällt Kurd Laßwitz und nach ihm Johannes Rahts und Paul Menzer zu; außerdem haben Erich Adickes, Paul Gedan und Max Köhler Beiträge geliefert. Der dritte Band enthält die Kritik der reinen Vernunft in zweiter Auflage; im vierten Band folgt der vollständige Text der ersten Auflage bis einschließlich zum 1. Hauptstück des 2. Buches der transzendentalen Dialektik: Von den Paralogismen der reinen Vernunft; der Text beider Auflagen wurde von Benno Erdmann rezensiert. Außerdem enthält der vierte Band die „Prolegomena zu einer jeden künftigen Metaphysik, die als Wissenschaft wird auftreten können“, ebenfalls von Benno Erdmann herausgegeben, ferner Grundlegung zur Metaphysik der Sitten von Paul Menzer und Metaphysische Anfangsgründe der Naturwissenschaft von Alois Höller. Außer der allgemeinen Einleitung in die Abteilung der Werke, welche am Ende des ersten Bandes dem Texte der Werke folgt, sind jeder Schrift eine besondere Einleitung, sachliche Erläuterungen, ein Verzeichnis der Lesarten und ein Bericht über Orthographie, Interpunktion und Sprache beigegeben und finden

sich am Schlusse eines jeden Bandes in kleinerem Drucke zusammengestellt. Die jeweilige Einleitung gibt über die Quellen des Textes, sowie über die etwaigen äußeren Umstände, welche die Schrift veranlaßten, Auskunft. Die sachlichen Erläuterungen zu den vorkritischen Schriften bieten vor allein literarische Nachweise und gehen nur in seltenen Fällen auf den Inhalt ein; in den Erklärungen zur „Kritik der reinen Vernunft“ ist fast ausschließlich auf die Begründung abweichender Lesarten und auf Erläuterung einiger dunkler Stellen Rücksicht genommen. Im Verzeichnis der Lesarten werden alle Abweichungen vom Originale vermerkt, soweit sie nicht rein orthographischer Natur sind.

Da in dieser Abteilung der Werke nur solche Schriften Aufnahme finden, welche von Kant selbst oder in seinem ausdrücklichen Auftrag veröffentlicht wurden, waren für die Herstellung des Textes in erster Linie die Originaldrucke maßgebend. Bei Schriften, die öfter aufgelegt wurden, diente in der Regel die letzte, nachweisbar auf Kant zurückgehende Auflage als Grundlage. Für die Reinigung des Textes wurde auf die Gesamtausgaben, auf die Ausgaben einzelner Werke, sowie auf die textkritischen Arbeiten über die Schriften Kants eingehend Rücksicht genommen. Ein Eingriff wurde aber nur in solchen Fällen vorgenommen, wo sich durch Vergleich verschiedener Originaldrucke oder durch Rücksichtnahme auf sachliche Gründe ein Verderbnis des Textes unzweifelhaft feststellen ließ. Um das bisher Erreichte noch zu überbieten, wurden die Texte, welche das Gebiet der Einzelwissenschaften berühren, solchen Männern zur Revision anvertraut, welche zugleich fachmännische und philosophische Bildung besitzen. Auch hinsichtlich der Sprache, Orthographie und Interpunktion wurde den heutigen Verhältnissen Rechnung getragen. Auf Grund eingehender, vergleichender Studien haben Fachmänner der philologischen Reinheit des Textes die größte Sorgfalt zugewendet und eine gewisse Einheitlichkeit in die Schriften Kants gebracht. Um einerseits die störenden Mängel einer regellosen, oft genug der Willkür der Setzer überlassenen Schreibweise zu beseitigen, anderseits aber den Text nicht einfachhin auf Kosten der Eigenart Kants zu modernisieren, hat Dr. Ewald Frey, dem die philologische Bearbeitung der deutschen Schriften anvertraut ist, auf Grund der Originalschriften Kants aus der reifsten Zeit der neunziger Jalire einheitliche Normen für die sprachliche Revision des Textes aufgestellt. Nach denselben Grundsätzen hat Dr. Emil Thomas die lateinischen Schriften Kants einer philologischen Durchprüfung unterzogen.

Es läßt sich nicht leugnen, daß durch Anwendung dieser, von peinlichster Sorgfalt zeugenden Grundsätze der Text der Kantschen Schriften eine kaum zu überbietende Vollendung erlangt hat. So sehr man indes die Sorgfalt und Mühe anerkennen muß, welche auf die Werke des Philosophen verwendet wurden, um ihre Lektüre angenehmer zu gestalten, so wird doch mancher Leser nur ungern die Mängel vermissen, welche dem Originaltexte anhaften und zur vollen Charakteristik Kants gehören. Vom rein philosophischen Standpunkt sind die angebrachten kleinen Änderungen freilich ohne besonderen Belang; nur wäre es im Interesse leichteren Vergleiches wünschenswert gewesen, wenn die abweichenden Lesarten am Fuße des Textes angemerkt worden wären, statt am Ende eines jeden Bandes, wodurch das Nachschlagen immer erschwert bleibt. Auf Einzelheiten einzugehen, halten wir nicht für notwendig; durch eine Prüfung des Textes haben wir die Überzeugung gewonnen, daß die Herausgeber ihrem Grundsatze, nur sicher nachweisbare Textverderbnisse zu verbessern, durchaus treu geblieben sind und sich an dieses ebenso anerkennenswerte wie strenge Gesetz selbst in solchen Fällen gehalten haben, wo

innere Gründe mit großer Wahrscheinlichkeit einen Schreibfehler vermuten lassen. Wenn die Beschränkung der Textemendationen vollen Beifall verdient, so dürfte die äußerste Maßhaltung, welche in den sachlichen Erläuterungen eingehalten wurde, vielleicht mit Recht bedauert werden. Bei den Streit, der unter den namhaftesten Kantforschern selbst über die Interpretation der Grundbegriffe besteht, ist es freilich eine sehr schwierige Aufgabe, den Text durch sachliche Anmerkungen zu erläutern, ohne einen vollen Kommentar zu schreiben; auch würden Noten, welche direkt im Dienste einer bestimmten Interpretation stehen, dem Ziele, welches die neue Ausgabe verfolgt, eher hinderlich sein; denn sie will ja erst die Grundlage für das geschichtliche Verständnis der Kantschen Philosophie schaffen. Gleichwohl glauben wir, daß nicht bloß dem eigentlichen Kantstudium fernstehende Leser, sondern auch manche Kantforscher es begrüßt hätten, wenn in den sachlichen Erläuterungen durch kurze, rein objektiv gehaltene Hinweise auf die gesicherten Resultate der Vorund Nach-Geschichte Kants das Verständnis seines Systems erleichtert worden wäre, Die eigentliche Darstellung und Interpretation wird stets Spezialwerken überlas-en werden müssen Die Hoffnung, daß die Wissenschaft über Kant und seine Philosophie in absehbarer Zeit ein einheitliches Urteil gewinnen werde, wird denen naiv erscheinen, welche die tatsächliche Zerfahrenheit der modernen Wissenschaft zu überblicken vermögen. In kleinen Nebenfragen wird die neue Ausgabe das Verständnis Kants ohne Zweifel fördern; der Streit aber, der sich, wie Wilhelm Dilthey selbst anerkennt, ,von der Gesamtauffassung bis auf die Interpretation der Hauptbegriffe Kants erstreckt" (Bd. I, S. IX ff.), wird erst erlöschen, wenn Kant einmal der Geschichte angehört.

Roma, S. Anselmo.

P. Laurentius Zeller O. S. B.

8. Georg Hagemann: Psychologie. Ein Leitfaden für akademische Vorlesungen sowie zum Selbstunterricht. 7. Aufl. teilweise neu bearbeitet und vermehrt von Dr. Adolf Dyroff. Mit 27 Abbildungen. Freiburg i. Br., Herder. 1905.

Die Neuauflage ist von 210 auf 354 Seiten gewachsen. Der Herausgeber hat, laut Vorwort, versucht, des Buches Benutzung von der Hagemannschen Metaphysik unabhängig zu machen. Trotz verschiedener Abweichungen von Hagemanns Auffassung und Darstellung konnte der Herausgeber in pietätvoller Rücksicht gegen den Verfasser sich nicht entschließen, die Teile seines Buches, auf die er sichtliche Liebe verwendet hatte (wie z. B. seine Mitteilungen über das Gefühl) durchgreitend zu ändern". Es kann somit von einer Kritik hier nicht die Rede sein. Im übrigen ist der Charakter der Hagemannschen Psychologie zur Genüge bekannt. Sie bringt einen reichen Stoff empirischen Materials zur Darstellung, ohne tiefere Verarbeitung desselben. Auch vermißt man sehr die der scholastischen Behandlung eigene scharfe Begriffsfassung. Der innere substantielle Zusammenhang zwischen Leib und Seele wird gelockert durch die Lehre, daß nur die sinnlichen Erkenntniszustände organische Tätigkeiten seien, die sinnlichen Begierden und „Gefühle" aber von der Seele allein ausgeübt werden.

Der Herausgeber hat unter anderem einen Paragraphen über die Substantialität der Seele insbesondere gegen die Wundtsche Aktualitätstheorie hinzugefügt. Andere Erweiterungen beziehen sich auf die Ver

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