Goethe: Vorlesungen gehalten an der Kgl. Universität zu Berlin, Volumes 1-2

Front Cover
W. Hertz, 1877 - 517 pages
 

Other editions - View all

Common terms and phrases

Popular passages

Page 117 - Dieser Mensch, dieser Goethe ist mir einmal im Wege, und er erinnert mich so oft, daß das Schicksal mich hart behandelt hat. Wie leicht ward sein Genie von seinem Schicksal getragen, und wie muß ich bis auf diese Minute noch kämpfen!
Page 26 - Den Einzigen, Lida, welchen du lieben kannst, Forderst du ganz für dich, und mit Recht. Auch ist er einzig dein. Denn seit ich von dir bin, Scheint mir des schnellsten Lebens Lärmende Bewegung Nur ein leichter Flor, durch den ich deine Gestalt Immerfort wie in Wolken erblicke : Sie leuchtet mir freundlich und treu, Wie durch des Nordlichts bewegliche Strahlen Ewige Sterne schimmern.
Page 116 - Eine ganz sonderbare Mischung von Haß und Liebe ist es, die er in mir erweckt hat, eine Empfindung, die derjenigen nicht ganz unähnlich ist, die Brutus und Cassius gegen Cäsar gehabt haben müssen; ich könnte seinen Geist umbringen und ihn wieder von Herzen lieben.
Page 314 - Doch rede sacht! denn unter diesem Dach Ruht all mein Wohl und all mein Ungemach: Ein edles Herz, vom Wege der Natur Durch enges Schicksal abgeleitet, Das, ahnungsvoll, nun auf der rechten Spur Bald mit sich selbst und bald mit Zauberschatten streitet Und, was ihm das Geschick durch die Geburt geschenkt. Mit Müh und Schweiß erst zu erringen denkt.
Page 104 - Vergnügen; und wenn er bei gutem Humor ist, welches diesmal so ziemlich der Fall war, spricht er gern und mit Interesse.
Page 314 - Gewiß, ihm geben auch die Jahre die rechte Richtung seiner Kraft. Noch ist, bei tiefer Neigung für das Wahre, ihm Irrtum eine Leidenschaft. Der Vorwitz lockt ihn in die Weite, kein Fels ist ihm zu schroff, kein Steg zu schmal; der Unfall lauert an der Seite und stürzt ihn in den Arm der Qual. Dann treibt die schmerzlich überspannte Regung gewaltsam ihn bald da, bald dort hinaus, und von unmutiger Bewegung ruht er unmutig wieder aus.
Page 116 - Er besitzt das Talent, die Menschen zu fesseln und durch kleine sowohl als große Attentionen sich verbindlich zu machen; aber sich selbst weiß er immer frei zu behalten. Er macht seine Existenz wohltätig kund, aber nur wie ein Gott, ohne sich selbst zu geben - dies scheint mir eine konsequente und planmäßige Handlungsart, die ganz auf den höchsten Genuß der Eigenliebe kalkuliert ist.
Page 104 - Sein erster Anblick stimmte die hohe Meinung ziemlich tief herunter, die man mir von dieser anziehenden und schönen Figur beigebracht hatte. Er ist von mittlerer Größe, trägt sich steif und geht auch so; sein Gesicht ist verschlossen, aber sein Auge sehr ausdrucksvoll, lebhaft, und man hängt mit Vergnügen an seinem Blicke.
Page 137 - Wenn ihn heiligere Gefühle aus dem Geschwirre der Gesellschaft in die Einsamkeit leiten, laß ihn auf seiner Wallfahrt ein Mädchen entdecken, deren Seele ganz Güte, zugleich mit einer Gestalt ganz Anmut, sich in stillem Familienkreis häuslicher, tätiger Liebe glücklich entfaltet hat.
Page 71 - Nasen aneinander stießen, daß mir's ganz wohl wurde. Nachsagen muß ich ihr, daß sie auch nicht durch die leiseste Berührung irgend ein altes Gefühl in meiner Seele zu wecken unternahm. Sie führte mich in jede Laube, und da mußt' ich sitzen, und so war's gut.

Bibliographic information