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Uns

Liebe, als ihrem Oberhaupte und Hirten. sere Heiligkeit besteht in der Heiligkeit der Ges sinnung und des Wandels, deren sich die Gläubis gen befleißigen. Unsere Allgemeinheit besteht in der Aufnahme Aller, die durch Christum- selig werden wollen; unser apostolischer Ursprung gründet sich auf das Bestreben, die äußere Kirche der apostolischen Einrichtung gemäß zu bestimmen, durch die Predigt des Evangeliums und Austheis lung der Sacramente. Unsere Kirche ist aber im Gegensaße zur jezigen katholischen und zu andern christlichen Kirchen (denn wir erkennen alle Parteien, die Christi Lehre predigen, als christliche an) vorzugsweise die evangelische zu nennen, ins dem wir den Glauben an die Versöhnung des Menschen mit Gott durch Christum als die wichtigste Lehre für jeden Christen und als das einz zige Erwerbungsmittel seiner Seligkeit hervors heben, und alle übrigen Lehren als durch sie bes dingt erachten.

b) zur sichtbaren, damaligen und jezigen katholis schen Kirche.

Durch zwei Punkte unterscheidet sich der Protestantismus, wie er in der Confession ausgedrückt ist, von der sichtbaren, katholischen Kirche

1) im Lehrbegriffe durch die in ihrer ganzen Liefe und Consequenz von den Protestanten aufgefaßte Lehre vom Glauben; sie war auch der eigentliche Stein des Anstoßes, weil dem gepries

senen Werthe der guten Werke Eintrag geschah, und der herrschendeu Kirche eine Menge äußerer Vortheile, ja der größte Theil des äußern Ansehens und Einflusses auf die Kirchenglieder entzogen wurde. Der menschliche Wille, mußte Gott gegen über seine ganze Nichtigkeit erkennen, und seine Freiheit und Herrlichkeit in der Unterordnung uns ter die Gnade Gottes finden. Was aber auf der einen Seite der menschlichen Kraft entzogen schien, das wurde ihr wieder durch den Glauben an Christum geschenkt und in ihm die Gnade und Freiheit vermittelt. Und diese tiefe Lehre, welche zugleich das erste Bedürfniß des Menschen, und oft und nachdrücklich von Christo gelehrt ist, wurde der Kern des ächten Protestantismus, und der Punkt, um den sich von nun an die ganze Schrifterklärung, ja selbst die Denk- und Handlungsweise der wahren Protestanten drehte. Nur in diesem Sinne ist Christus wieder der alleingeltende König der Kirche, die ihn größtentheils verloren oder verdrängt hatte, und das einzige Haupt der sichtbaren und unsichtbaren Kirche geworden.

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2) Wegen der kirchlichen Gebräuche durch die Lehre von der Tradition, wiewohl sie auch auf den Lehrbegriff eingewirkt hatte, weil die Ges bräuche vielen Glaubenslehren ihre Gestalt oder auch ihr Daseyn gaben. Die Reformatoren er: kannten die kirchlichen Gebräuche nur als Ausflüsse der biblischen Religions wahrheiten an. Was nun der biblischen Sanction entbehrte, wurde,

wo nicht als Mißbrauch verworfen, doch nicht als göttliche Stiftung erklärt. Es war dieß durchaus nothwendig, da die Tradition, so viel Gutes sie sie auch enthalten mochte, und so ehrwürdig die Stimme grauer Jahrhunderte war, wegen der vielen Irrthümer, welche sich in die Kirche eingeschlichen hatten, als Quelle der Wahrheit aufgegeben werden mußte. Diejenigen kirchlichen Gebräuche, bei denen ein Mißbrauch zu erkennen war, erhielten von Neuem ihre Form und ihr Bestehen streng nach der Lehre der Schrift "); die göttliche Hier rarchie verschwand aus der Kirche und bescheidene Prediger und Verwalter der Sacramente ohne bes sondere Heiligkeit vor dem Volke traten an ihre Stelle; selbst der ergreifende Zauber der Messe wurde als ein menschliches Machwerk und hinders lich der stillen Anbetung Gottes im Geiste und in der Wahrheit aufgegeben; das Gewissen der Beichtenden ward von unnüßen Vorwürfen befreit, und roch andere Aenderungen wurden im äußeren Cultus getroffen. Man bedurfte dazu keiner neuen Ges lehrsamkeit; die Schrift selbst lehrte das Rechte und Währe; des Gnadenbeistandes Gottes im les bendigen Glauben gewiß fand man zugleich den rechten Ausdruck für die Wahrheit und die rechtën, schlagenden Stellen, die Niemand umstoßen könnte.

*) Wo die heil. Schrift nicht entgegen war, wie bei der Sonntagsfeier, Kindertaufe ic. konnte unbedenklich der Gebrauch der Kirche beibehalten werden, zumal wesentliche Gründe für die Beibehaltung dieser Gebräuche sprachen.

Die Augsburgische Confession hört daher nicht auf, gegen einen Katholicismus, der nicht auf der heiligen Schrift allein beruht, und die Lehre vom Glauben an die Spiße der andern stellt, zu protestiren, und sie muß es thun, weil sie sich selbst vernichten, und, was sie verwirft, als Wahrheit annehmen würde.

der

Die noch jezt in der herrschenden, katholischen Kirche geltenden Lehrsäße, die wir gemäß unserem *) Glaubensbekenntniß entweder ganz verwerfen, oder doch als ungenügend und zweideutig erklären, find folgende: Der Mensch behielt auch nach dem Falle einen sittlich-freien Willen **), - die Erbsünde wird schon durch die Laufe getilgt, und die dann noch zurückbleibende, böse Lust ist keine Sünde Buße 'muß nicht der Glaube an Christi Verdienst nachfolgen, wenn der Mensch in den Zustand der Gnade kommen will der christliche Glaube ist ein Fürwahrhalten der göttlichen Verheißungen die Rechtfertigung erfolgt nicht, um des Glaubens willen, sondern ist eine Wirkung der göttlichen Gnade der Mensch kann sich zur Gnade ́aus eigener Kraft vorbereiten und nachher mitwirken,—

*) Wir übergeben hier manche Lehren, welche im Glaubensbekenntnisse nicht berührt sind z. B. die abweichende Vorstellung der Katholiken von der ursprünglichen Beschafz fenheit der Menschennatur, vom Ebenbilde Gottes, u. a. m. **) Die Confession leugnet nicht alle Freiheit des Willens (Art. 18), wie uns höchst ungerecht die Katholiken behaupten lassen, um uns den absurden, Saß aufzubürden, daß Gott Urheber der Sünde sei.

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die guten Werke sind nicht nothwendige Folgen des Glaubens, sondern Wirkungen der Gnade, und verdienen den Himmel wegen der zeitlichen Süns denstrafen ist Genugthuung den Menschen nöthig es giebt sieben Sacramente die Sacramente wire ken schon durch ihre äußere Handlung, sobald man die Wirkung nicht hindert das Bekenntniß der einzelnen Sünden ist nothwendig die kirchliche Tradition ist das ungeschriebene Wort Gottes die sichtbare katholische Kirche ist die alleinwahre es giebt eine göttliche Hierarchie

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der Pabst ist das sichtbare, von Gott selbst verordnete Obers haupt der Kirche die Heiligen sollen gottesdiensts lich verehrt und zur Fürbitte angerufen werden der Priestercölibat ist eine Folge der höheren Weis hen-Klöster, Ablaß, Wallfahrten und Entzies hung gewisser Speisen sind nüßliche Einrichtungen.

So lange die katholische Kirche auf diesen Lehren und Gebräuchen beharrt, können die Protes stanten ihrer Bekenntnißschrift nicht entbehren, und haben die Verpflichtung, ihre Glaubensgenossen von der Unrichtigkeit der ihrem Lehrbegriffe entgegens stehenden Behauptungen zu belehren. Diese Vers pflichtung hebt kein staatsbürgerliches Verhältniß auf, wie sich auch die katholische Kirche die Befug niß nicht nehmen läßt, bei jeder Gelegenheit ung des Irrthums anzuklagen. Nur ist zu wünschen, ja es ist zu fordern, daß, nachdem die beiden Religionsbekenntnisse in Deutschland gleiche Rechte und gleiche Gültigkeit haben, der Streit vom wis

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