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Nr. 10373.
Deutsches

Streitigkeiten, welche aus Ansprüchen wider den Nachlass entstehen mögen, sollen nach den Gesetzen des Gebietes, in welchem der Todesfall stattfand, Reich und entschieden werden.

Wenn am Orte des Ablebens kein Konsularbeamter des vertragschliessenden Theiles, welchem der Verstorbene angehörte, sich befindet, so hat die zuständige Ortsbehörde nach den Gesetzen ihres Landes zu handeln; sobald aber die Auslieferung des beweglichen Vermögens seitens des betreffenden Konsularbeamten nachgesucht ist, soll dasselbe gegen Empfangsbescheinigung entweder ihm selbst oder einer von ihm unter seiner Verantwortlichkeit zu dem fraglichen Zweck bezeichneten Persönlichkeit ausgeliefert werden.

Artikel 22.

Die beiden vertragschliessenden Theile sind übereingekommen, sich gegenseitig in Angelegenheiten des Handels, der See- und Binnenschiffahrt, sowie des Schutzes ihrer Angehörigen dieselben Rechte und Vortheile einzuräumen, welche sie der meistbegünstigten Nation zugestanden haben oder in Zukunft zugestehen sollten.

Begünstigungen, welche einer der beiden vertragschliessenden Theile unmittelbar angrenzenden Staaten zur Erleichterung des Verkehrs in den Grenzzonen gewährt hat oder gewähren sollte, dürfen von dem anderen Theile nicht in Anspruch genommen werden, so lange diese Begünstigungen auch allen übrigen nicht angrenzenden Staaten vorenthalten bleiben.

Artikel 23.

Ueber die gegenseitige Auslieferung von Verurtheilten und Angeschuldigten, sowie über die Erledigung von Requisitionen in Strafsachen wird zwischen den vertragschliessenden Theilen eine besondere Vereinbarung getroffen werden. Bis zum Inkrafttreten dieser Vereinbarung sollen dem ersuchenden Theile, gegenüber dem ersuchten Theile, dieselben Rechte und Begünstigungen, welche von dem letzteren der meistbegünstigten Nation mit Bezug auf die Auslieferung von Verurtheilten und Angeschuldigten, sowie in Betreff der Erledigung von Requisitionen in Strafsachen eingeräumt sind oder in Zukunft eingeräumt werden sollten, insoweit zustehen, als seitens des ersuchenden Theiles bei Stellung des Antrages für gleichartige Fälle die Gegenseitigkeit dem ersuchten Theile zugesichert wird.

Artikel 24.

Sollte einer der vertragschliessenden Theile der Meinung sein, dass eine Bestimmung des gegenwärtigen Vertrages zu seinem Nachtheile verletzt sei, so wird er alsbald eine mit dem Verlangen der Abhülfe und mit den nöthigen Urkunden und Belägen zur Begründung seiner Beschwerde versehene Auseinandersetzung der Thatsachen dem anderen Theile zugehen lassen, und er wird weder zu einer Massnahme der Wiedervergeltung schreiten, noch Feindseligkeiten begehen, es sei denn, dass die verlangte Genugthuung verweigert oder willkürlich verzögert wird.

Kolumbien.

Nr. 10373.

Deutsches

Artikel 25.

Reich und Der vorliegende Vertrag erstreckt sich auf die mit einem der vertragKolumbien. schliessenden Theile gegenwärtig oder künftig zollvereinten Länder oder Landestheile.

Artikel 26.

Dieser Vertrag soll ratifizirt und es sollen die Ratifikations-Urkunden in Bogotá sobald als möglich ausgetauscht werden.

Der Vertrag soll drei Monate nach dem Tage des Austausches der Ratifikations-Urkunden in Kraft treten und vom Tage des Inkrafttretens ab zehn Jahre in Geltung bleiben; wenn keiner der vertragschliessenden Theile zwölf Monate vor Ablauf dieser Frist durch eine ausdrückliche Erklärung seine Absicht ankündigt, die Wirksamkeit dieses Vertrages aufhören zu lassen, soll derselbe für ein weiteres Jahr Geltung behalten und so fort bis zum Ablaufe eines Jahres, nachdem die erwähnte amtliche Ankündigung erfolgt sein wird. Zu Urkund dessen haben die beiderseitigen Bevollmächtigten den vorliegenden Vertrag unterzeichnet und besiegelt.

So geschehen zu Bogotá in zwei Urschriften am dreiundzwanzigsten Juli des Jahres eintausend achthundert und zweiundneunzig.

Lueder.

Marco F. Suárez.

Bogotá, den 23. Juli 1892.

Der unterzeichnete Kaiserlich deutsche Minister - Resident beehrt sich, Seiner Excellenz Herrn Marco F. Suárez, Unterstaatssekretär, beauftragt mit der Leitung des Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten des Freistaates Kolumbien, die nachstehende Mittheilung zu machen:

Mit Bezug auf Artikel 20 Absatz 3 des Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrages, welcher heute zwischen dem deutschen Reiche und dem Freistaate Kolumbien vereinbart worden ist, herrscht unter den vertragschliessenden Theilen darüber Einverständniss, dass die kolumbische Regierung, falls sie in Zukunft Schäden einem Nicht-Deutschen ersetzen sollte, welche in Kolumbien von Aufständischen oder wilden Stämmen verursacht sind, obgleich ein Verschulden oder ein Mangel schuldiger Sorgfalt seitens der kolumbischen Behörden oder ihrer Organe nicht vorliegt, die gleiche Entschädigung Deutschen zu gewähren hat, welche sich in ähnlicher Lage befinden.

Der Unterzeichnete benutzt diesen Anlass, um Seiner Excellenz die Versicherung ausgezeichnetster Hochachtung zu erneuern.

Seiner Excellenz Herrn

(gez.) Lueder.

Marco F. Suárez,

Unterstaatssekretär, beauftragt mit der Leitung des Ministeriums
der auswärtigen Angelegenheiten des Freistaates Kolumbien

etc. etc. etc.

(Uebersetzung.)

Nr. 10373.

Deutsches

Kolumbien.

Der unterzeichnete Unterstaatssekretär, beauftragt mit der Leitung der Reich und auswärtigen Angelegenheiten, hat die Ehre, Seiner Excellenz Herrn C. Lueder, Minister-Residenten des deutschen Reichs, folgende Mittheilung zu machen:

Mit Bezug auf Artikel 20 Absatz 3 des Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrages, welcher heute zwischen dem deutschen Reiche und dem Freistaate Kolumbien vereinbart worden ist, herrscht unter den vertragschliessenden Theilen darüber Einverständniss, dass die kolumbische Regierung, falls sie in Zukunft Schäden einem Nicht-Deutschen ersetzen sollte, welche in Kolumbien von Aufständischen oder wilden Stämmen verursacht sind, obgleich ein Verschulden oder ein Mangel schuldiger Sorgfalt seitens der kolumbischen Behörden oder ihrer Organe nicht vorliegt, die gleiche Entschädigung Deutschen zu gewähren hat, welche sich in ähnlicher Lage befinden.

Der Unterzeichnete benutzt diese Gelegenheit, um Seiner Excellenz Herrn Lueder den Ausdruck seiner höchsten und vorzüglichsten Hochachtung zu wiederholen.

gez. Marco F. Suárez.

Bogotá, den 23. Juli 1892.

Seiner Excellenz Herrn C. Lueder,

Minister-Residenten des deutschen Reichs.

Denkschrift.

Mit dem Freistaate Kolumbien, früher Neu-Granada, haben die Hansestädte Hamburg, Bremen und Lübeck unter dem 3. Juni 1854 einen Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrag abgeschlossen, dessen Ratifikation im Jahre 1857 erfolgte. Wenngleich das im Artikel 25 dieses Vertrages den übrigen Staaten des damaligen Deutschen Bundes vorbehaltene Beitrittsrecht formell niemals ausgeübt worden ist, so wurde doch deutscherseits stets versucht, der kolumbischen Regierung gegenüber den Grundsatz zu vertreten, dass der Geltungsbereich des Vertrages sich thatsächlich auf ganz Deutschland erstrecke.

Diese Auffassung begegnete indess bei der kolumbischen Regierung theoretischen Zweifeln, welche der kolumbische Minister der auswärtigen Angelegenheiten, nach wiederholter Erörterung der Frage, in einer an den Kongress gerichteten Denkschrift vom 31. Juli 1890 in die Erklärung zusammenfasste, es sei zwar aus Rücksichten (,,conveniencia") die Gültigkeit des hanseatischneugranadinischen Vertrages,,nicht zu verkennen"; der Vertrag bleibe aber selbstverständlich auf die Städte, welche ihn unterzeichneten, beschränkt und sei in keiner Weise auf das gesammte deutsche Reich auszudehnen.

Die ablehnende Haltung, welche die kolumbische Regierung von Anfang an seit Bildung des früheren Norddeutschen Bundes gegen die rechtliche Geltung des hanseatisch- neugranadinischen Vertrages und gegen dessen An

Deutsches

Nr. 10373. wendung auf das deutsche Reich einnahm, veranlasste bereits im Jahre 1883 Reich and die Aufnahme einer Anregung des hiesigen kolumbischen Vertreters wegen Kolumbien. Abschlusses eines Handels- Vertrages und einer Konsular-Konvention zwischen

dem Reiche und Kolumbien. Die zu dem Zwecke eingeleiteten Verhandlungen gelangten jedoch durch die Abberufung des kolumbischen Vertreters zum Stillstand und konnten in Bogotá in Folge der damals dort herrschenden unsicheren Zustände eine Zeit lang nicht fortgesetzt werden. Im Jahre 1886 erst war es dem deutschen Vertreter in Kolumbien wieder möglich, auf die Frage des Vertragsabschlusses zurückzukommen; die mit Unterbrechungen zwei Jahre hindurch fortgeführten Unterhandlungen verliefen indessen gleichfalls ergebnisslos, weil die kolumbische Regierung schliesslich erklärte, sie wolle, bevor sie sich überhaupt zum Abschluss von Handels- und Schiffahrtsverträgen verstände, zuvörderst die Frage prüfen, ob solche Verträge auf Grundlage der Meistbegünstigung oder gebundener Zolltarife zu vereinbaren seien.

Die Verhandlungen ruhten hierauf; erst im Jahre 1891 gelang es, die Vertragsfrage erneut in Fluss zu bringen, nachdem unser Handelsverkehr mit Kolumbien bis dahin stetig zugenommen hatte und beiderseits das Bedürfniss einer festen vertragsmässigen Regelung unserer wirthschaftlichen Beziehungen mehr und mehr fühlbar geworden war.

Ziffermässig gestaltete sich der Handelsverkehr zwischen Deutschland und Kolumbien in den letzten Jahren wie folgt:

Die Ausfuhr Deutschlands nach Kolumbien betrug im Jahresaussenhandel im Jahre 1889: 3823 000 M und im Jahre 1890: 4 761 000 M; die Einfuhr Deutschlands von Kolumbien belief sich im Jahre 1889 auf: 5 101 000 M und im Jahre 1890 auf: 8890 000 M; Hauptausfuhrartikel von Deutschland nach Kolumbien sind Wollen- und Baumwollen waaren, Eisenwaaren und Bier; Haupteinfuhrartikel von Kolumbien nach Deutschland Tabakblätter, Rohkaffee und Steinnüsse.

Das Ergebniss der mit der Regierung des Freistaates geführten letzten Verhandlungen, denen der Kaiserliche Ministerresident auftragsgemäss die Handelsverträge des Reichs mit San Domingo und bezw. Ecuador zu Grunde gelegt hat, bildet der vorliegende, zu Bogotá am 23. Juli 1892 unterzeichnete Handels-, Freundschafts- und Schiffahrtsvertrag, welcher die Zustimmung des kolumbischen Kongresses bereits gefunden hat.

Während Artikel 13 des Vertrages mit den Hansestädten die Meistbegünstigung nur in beschränkter Form enthält, sichert Artikel 22 des neuen Vertrages dem deutschen Handel und der deutschen Schiffahrt diesen Vortheil unbedingt zu. Die grosse Bedeutung dieser Erweiterung der Meistbegünstigung bedarf bei der gegenwärtigen handelspolitischen Lage Amerikas keiner näheren Darlegung.

Dem Vertrage hat im Wesentlichen der zwischen dem Reiche und der dominikanischen Republik am 30. Januar 1885 (Reichs-Gesetzblatt 1886 Seite 3) abgeschlossene Vertrag zum Vorbilde gedient. Zu den Abweichungen von dem

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letzteren ist abgesehen von solchen Aenderungen, die lediglich redaktionelle Nr. 10378. Verbesserungen bezwecken im Einzelnen Folgendes zu bemerken:

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Reich und

Die Artikel 4, 5 und 7, welche in veränderter Fassung den Inhalt der Kolumbien. Artikel 6 bis 8 des deutsch-dominikanischen Vertrages wiedergeben, sichern den beiderseitigen Staatsangehörigen volle Reziprozität hinsichtlich des Rechtsschutzes. Die Bestimmung des zweiten Absatzes im Artikel 5 entspricht allgemeinen Grundsätzen des Völkerrechts und schliesst sich ausserdem dem Artikel 12 des kolumbischen Fremdengesetzes vom 26. November 1888 an, wonach Ausländer, welche sich an einem Aufruhr betheiligen, wie Kolumbianer behandelt werden sollen.

Der die Ausweisung übelbeleumundeter Individuen betreffende Artikel 6 ist dem Artikel III des Vertrages zwischen dem Reiche und Ecuador vom 28. März 1887 (Reichs-Gesetzblatt 1888 Seite 136) nachgebildet.

Artikel 20 entspricht dem Artikel 18 des deutsch-mexikanischen Vertrages vom 5. Dezember 1882 (Reichs-Gesetzblatt 1883 Seite 247). Analoge Vereinbarungen, wie sie die Absätze 2 und 3 dieses Artikels enthalten, hat die französische Regierung unter Hinweis auf den mit dem vorbezeichneten Artikel des deutsch-mexikanischen Vertrages wesentlich übereinstimmenden Artikel 11 des französisch-mexikanischen Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrages vom 27. November 1886 in einem besonderen Notenaustausch, welcher den Abschluss der französisch-kolumbischen Konvention vom 30. Mai 1892 begleitete, getroffen. Ferner haben in dem am 27. September v. Js. abgeschlossenen italienisch-kolumbischen Handelsvertrage sachlich gleiche Bestimmungen Aufnahme gefunden, wie sich denn überhaupt der italienische Vertrag dem vorliegenden Abkommen aufs engste anschliesst. Uebrigens entsprechen die in dem Artikel entwickelten Grundsätze dem vom auswärtigen Amt seit einer Reihe von Jahren in zahlreichen Einzelfällen vertretenen Standpunkt, zu dem auch die grossbritannische Regierung auf Grund der Gutachten der englischen Kronjuristen sich mehrfach bekannt hat. Um indessen jede Möglichkeit zu beseitigen, dass bei Ersatz von Rebellenschäden etc. Angehörige einer dritten Nation vor Reichsangehörigen bevorzugt werden könnten, sind zwischen dem kaiserlichen Ministerresidenten in Bogotá und der kolumbischen Regierung die beifolgenden Noten ausgetauscht worden, wonach die kolumbische Regierung, falls sie in Zukunft einem Nichtdeutschen Schäden ersetzen sollte, welche in Kolumbien von Aufständischen oder wilden Stämmen verursacht sind, obgleich ein Verschulden oder ein Mangel schuldiger Sorgfalt seitens der kolumbischen Behörden und ihrer Organe nicht vorliegt, die gleiche Entschädigung Deutschen zu gewähren hat, die sich in ähnlicher Lage befinden.

Artikel 21 spricht den Grundsatz aus, dass bis zum Abschluss einer Konsular-Konvention die beiderseitigen Konsuln die Rechte der Konsuln der meist begünstigten Nation geniessen sollen. Insbesondere ist ihnen die im hanseatisch-neugranadinischen Vertrage nicht berührte Befugniss der freien Verwahrung und Verwaltung der Nachlässe von solchen ihrer Landsleute bei

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