Page images
PDF
EPUB

1

Ar

Mein Gärtchen, wo von allen Farben
Ich Blumen, Dir zum Kranze, jog;
Es ist dahin!

Mein Häuschen, wo zu Schmuck und Labe
Ich Perlen Dir und Früchte barg;

Es ist dahin!

Das Vöglein, das Dir singen sollte
Und froh um meine Schultern flog;
Es ist dahin!

Und Dich, Du meines Lebens Leben,

Umschließt, geschüßumdroht, der Sarg.

Ich bin dahin!

Ein trüber Schatten wandel' ich am Strande
Und sammle Kiesel in dem dden Sande.

[merged small][ocr errors]

Vorrede.

Nur in Stunden, in denen ich für den Zweck meiner Reise zu arbeiten verhindert werde, oder die ich noch in später Nacht dem Schlafe entziehe, kann ich die Herausgabe dieses Werkes besorgen. Dennoch muß ich, wie kostbar mir auch jede Minute ist, einige, wenn auch nur flüchtige, Worte ihm zur Vorrede mits geben.

Vor allem habe ich dem Königl. Preuß. Ministerium der geistlichen und Unterrichts-Angelegenheiten, dessen hochverehrter Chef, der Hr. Freiherr von Altenstein, mein Unternehmen, die Aufstellung eines etymologisch bearbeiteten althochdeutschen Sprachschaßes, nicht nur als Minister seines hohen Schußes, sondern auch als Gelehrter seiner theilnehmenden Aufmerksamkeit würdigt, für die Erlaubniß und Unterstüßung zu der meiner Arbeit unentbehrlichen Aufsuchung der noch vorhandenen und hier und dort zerstreuten Quellen unserer alten Sprache, in meinem und der Wissenschaft Namen den verehrungsvollsten Dank abzustatten und an die allgemeine Bewunderung, die In- und Ausland dem preußischen Staate für seine großfinnige Pflege des wiffenschaftlichen Lebens zollt, auch meine einzelne Stimme öffentlich anzuschließen. Möge diese Herausgabe meiner Sammlungen ein Zeugniß ablegen, wie sehr ich mich zu den raftlosesten Anstrengungen auf der mir bewilligten literarischen Reise verpflichtet fühle.

Was ich auf dieser Reise von noch ungedruckten Denkmålern der altdeutschen Sprache in öffentlichen und Privat-Sammlungen Deutschlands und benachbars ter Länder vorgefunden habe, soll in diesen Blättern

theils durch vollständigen Abdruck, theils durch Auszüge und Anzeigen der langen Verborgenheit, manches auch, dessen Schrift dem gänzlichen Erlöschen nahe ist, dem Untergange entzogen und der gelehrten Benußung überliefert und gesichert werden, doch mit Ausnahme des minder Wichtigen und alles des, dessen Herausgabe mir nicht gestattet oder schon von andern vorbereitet ist, wie z. B. die altsächsische Evangelienharmonie, die Scherer, die münchner Glossen, die Docen herauszugeben schon längst versprochen haben. Anschließen sollen sich sowohl unbekannte Literarnotizen über hier und dort vorfindliche und noch nicht benußte altdeuts sche Handschriften, als auch Berichtigungen fehlerhafter, Ergänzungen lückenhafter Abdrücke.

Durch Treue und - was aus Mangel an Kennt niß der Sprache fast allen bisherigen Ausgaben altdeutscher Denkmäler abging Richtigkeit der Abschrift bin ich diesem Werke den Werth und Nußen einer Quelle zuzusichern bemüht gewesen. Außer den Auflösungen der Abbreviaturen *) und der Berichtigung durchaus unzweifelhafter Schreibfehler habe ich mir keine Veränderung des Textes erlaubt. **)

Des leichtern Absages wegen erscheint das Werk, das ich nach dem Rathe eines gelehrten Freundes Diutiska betitelt habe, in Heften, deren jedes, um den Käufern, zu denen ich nicht nur Philologen, sondern

*) Nur un im Mittelhochdeutschen, weil es für und und unde, steht, habe ich immer und den über Vokalen da, wo ich für n oder m nicht zu entscheiden wagte, stehen lassen.

**) So habe ich z. B. ich kan gegangen nicht in ich kam gegangen verändert, und Schreibweisen, wie warwe für uarwe, oder ierre für irre überall treu beibehalten. Was besondere Rücksichten beim Abdrucke einiger Denkmåler z. B. der Pariser Glossen, zu ändern mich nöthigten, habe ich in den zu ihnen gehörigen Einleitungen bemerkt, und außerdem in jedem einzelnen Falle angezeigt. - Erst während des Drucks, nachdem schon die ungewöhnlichen Lettern gegossen waren, bemerkte ich, daß ich auch w mit überstehendem o håtte bestellen sollen; um den Druck nicht aufzuhalten, habe ich es durch vv ersehen lassen. Für ù, u, ú, u ist, da diese Zeichen ganz willkührlich in den Handschriften wechseln und bei einigen sehr klein geschriebenen Handschriften kaum unterschieden werden können, überall ù gedruckt worden.

1

auch Geschichtsforscher, Rechtsgelehrte und Freunde der Literatur des Mittelalters zählen zu dürfen glaube, in ihrem verschiedenen Interesse zu genügen, Denkmåler verschiedener Art und Zeit enthalten wird.

Mit der Herausgabe während meiner Reise zu eilen, bestimmte mich ein Unfall, der mich im vorigen Sommer traf. Auf dem Wege von Nanch nach Straßburg gingen meine Papiere beim nächtlichen Umpacken der Diligence verloren. Obgleich ich sie durch das Einschreiten des Hrn. Pråfekten Grafen v. Choiseul nach drei Tagen wieder erhielt, so brachte mich doch die Gefahr ihres Verlustes, der für mich unerseßlich wäre, auf den Entschluß, jeden freien Augenblick zur Bearbeitung und Ordnung meiner Sammlungen anzuwenden und das Wichtigste derselben so rasch als möglich durch den Druck zu sichern. *) Ich trug dem Hrn. Geheimen Rath Cotta von Cottendorff den Verlag des Werkes an. Mein Vertrauen zu ihm täuschte mich nicht; ja, ich lernte in ihm einen der edelsten und liberalsten Månner kennen. Ohnerachtet der Verlag eines Werkes, wie das vorliegende, mehr bedenklich als anlockend ist, so kam Hr. v. Cotta mir doch mit dem uneigen nüßigsten Eifer, meine Vorarbeiten zur Aufstellung des altdeutschen Sprachschaßes zu befördern, so bereits willig und hülfreich entgegen, daß ich ihn auf das dankbarste unter denjenigen zu nennen haben werde, durch deren Unterstüßung mir die Ausführung meines Unternehmens möglich gemacht wurde.

.

Welche Theilnahme meinem Werke geschenkt wird, kann ich überhaupt nicht dankbar genug anerkennen. Nicht nur belebt und begeistert sie mich, wenn meine Kräfte unter der Menge und Mühsamkeit meiner Ar

*) Diejenigen Gloffen, die sich nicht zum Drucke eignen, sind durch eine 2te Abschrift, die Hr. Oberlieutenant Schmeller, Mitglied der königl. bairischen Akademie der Wissenschaften, der geistreiche Verfasser der Grammatik des bairischen Dialekts, zum Behuf seines nächstens erscheinenden bairischen Idiotikons, eines Musterwerkes deutscher Sprachforschung, sich von allen meinen Sloffensammlungen genommen hat, einiger maßen gesichert.

[ocr errors]
« PreviousContinue »