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für langes û sind aber die reime eben auf luter, und solche sind nur in md. gedichten anzutreffen, wo mit der kürze von luter zu rechnen ist. Ich glaube deshalb, dass auch in gekluter besser kurzes u angesetzt wird.

Zu suft mit kurzem u vgl. auch süffzen bei Luther, Franke § 54. Ohne bedeutung sind neben sus: Tiberius 4472, Jesus 3083. 3467. 4341, kus: Jesus 2605, die reime hús: Tiberius 4583, : Nicodemus 3791. Ihretwegen die endung -us (und consequenterweise dann auch kus) als länge anzusetzen, wie Amersbach tut, ist natürlich falsch. Die verschiedenheit erklärt sich daraus, dass der dichter die fremde endung je nach bedürfnis braucht.

o und u.

Dem übergang zwischen e und entspricht ein solcher zwischen o und u, wobei im einzelnen nicht leicht festzustellen ist, ob der lautwert o oder u anzusetzen ist. Amersbach setzt 1, 13 vor nasal u, vor r dagegen o an. Zweifellos ist davon jedoch nur der zweite ansatz. Mundartlich ist gerade vor r das o viel weiter verbreitet als die schriftsprache es anerkannt hat. Auch Luther setzte in früherer zeit vor r+cons. stets o, während er sich allerdings später auf die fälle beschränkt, in denen es auch im nhd. geblieben ist; vgl. v. Bahder, Grundlagen s. 193. Reimbelege sind vorsten getorsten 703; in antwurte: gekorte 1431 kann analogie an wort den lautlichen vorgang gestützt haben.

Anders steht es aber mit dem ansatz von u vor nasal. Vor n, m + cons. ist allerdings auf dem grössten teil des mitteldeutschen u fest; nur das rhein- und mittelfränkische haben auch hier o. Vor n, nn dagegen überwiegt o durchaus im ganzen md. gebiet, während vor m, mm auch öfter u geblieben ist, vgl. v. Bahder, Grundlagen s. 187. Wilmanns 1, § 225.

In unserem gedicht haben wir nur einen einzigen hierhergehörigen reim: kone: sune 733. 1313. 1483. 2105. 2693. 4805. Kone ist im reim auf ein anderes wort bei uns nicht belegt, sun nur noch auf berun 3023 und tuon 5321. Keiner dieser reime kann eine entscheidung bringen. Namentlich entbehrt sun tuon jeder beweiskraft, da er in der ganzen mhd. literatur als literarischer reim weit verbreitet ist (vgl. Wolfram).

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:

ei.

=

altem . Es steht in beide :

ei ist nie neuer diphthong leide 1811. 3557. 4847. 4359, weide 3. 1619, beiden leiden 1599. 2123, bescheiden 2763, beider : cleider 811; ebenso in zwein: ein 1437. 2171. 2492.

Dazu tritt ein neues ei aus contraction von -ege-, -age-. Da es sich auf die formen geseit (: -heit) 3417. 4007. 4631 und leiten (: bereiten) 2437 beschränkt, so ist es wol als rein literarisch zu betrachten; vgl. H. Fischer, Zur geschichte des mhd., Tübingen 1889.

iu.

Ursprünglicher diphthong iu ist stets durch û vertreten; eine scheidung in û und û ist nicht zu belegen (Behaghel, Pauls Grundr. 1, § 59, 2); sûchen (: brûchen) 3029, tûffe (: ûffe) 5385, fûr (: sûr) 2021. 3197, rûwen (: bûwen) 3495, (: trûwen) 2521, núwen (: búwen) 3767, nûwet (: bûwet) 5214. 5289, (: trúwet) 891. 2379. 5307.

=

Zu kurzem u wird dieses ú iu reduciert in frunt (: gesunt) 1305. 2511, (: kunt) 2177, frunden (: sunden) 2531, (: kunden) 3807, (: urkunden) 4081.

ie.

(Vgl. v. Bahder, Ein vocalisches problem des md.). Als lautwert für mhd. ie kann dreierlei in betracht kommen: î, é und diphthong.

1) kann im Ev. Nic. durch keinen reim belegt werden. Namentlich ist nicht beizuziehen v. 2293 tiere: vîre, da hier dem vocal ein r folgt. In v. 3093 ist wol vriesen nicht bisen zu lesen; vgl. dagegen Amersbach 1, 15.

biesen,

V. 5179 tiefel: zwivel kann nicht zum beweis herangezogen werden, da der reim als literarisch betrachtet werden muss 1) und als solcher auch in gedichten vorkommt, deren dialekt ie und sicher trennt, z. b. Martina 179, 60.

1) Eine andere möglichkeit liegt indessen hier doch noch vor, dass wir nämlich tuvel lesen müssen, wie auch S stets schreibt. Wir müssten dann in zwivel verdunkelung des vocals unter einfluss des w annehmen, wie sie für kurz i in v. 3299 zuschen: erluschen belegt ist. Für ist diese erscheinung freilich nirgends zu stützen, ausser durch das auch nicht streng beweisende kût (= quidit), vgl. Weinhold § 227, das aber bei uns nicht

In der Apokalypse findet sich in den ersten 13400 versen nur éin reim ie: i: 0 6472 sis: verlies, der bei dem grossen umfang des gedichtes natürlich nicht ins gewicht fällt.

2) Für ê kann nur ein sehr zweifelhafter reim angeführt werden: 1369 knête ('kniete'): vlête. Die Apokalypse bietet keinen beleg für diesen fall.

3) In weitaus den meisten fällen wird dagegen ie mit sich selbst gebunden: im Ev. Nic. 110 mal gegen drei. Die lautliche sonderstellung kann dadurch als gesichert gelten. Ein directer beweis, dass tatsächlich noch diphthong anzusetzen ist, ist jedoch nicht zu erbringen. Die reime auf i, i vor r sind unbrauchbar. Ebenso ist diet geschiet 2309 nicht zwingend, da nicht unbedingt ie angesetzt werden muss. Bemerkenswert sind jedoch einige reime der Apokalypse. Während z. b. im Ev. Nic. spieten auf zîten 4965 und siten 1517 reimt, ist in der Apokalypse bei wihen im praet. die synkope unterblieben; die betreffenden formen reimen nie auf -ît, dagegen auf diet (: gewiet D 77a) und diete (: wiete) D 68a.

ио.

Auch hier sind dreierlei lautwerte denkbar: û, ó und diphthong.

:

1) Für û bietet das Ev. Nic. keinen beleg; û uo reimen nur im auslaut (vgl. v. Bahder a. a. o. s. 35. 42): nu: vruo 2335. 2571,: zuo 1229. Der reim sun: tuon beweist nichts (vgl. oben). Die Apokalypse hat dagegen für ú: uo ebenso wie für : ie einen reim in lûten (= liuten): hûten (= huoten) D 92b. Die von v. Bahder angeführten reime brûtegum : ruom, wîstuom sind anders zu beurteilen, da in ihnen kurzes u vorliegt. Zweifelhaft ist die erklärung des in der Apokalypse sehr häufigen reimes zûhit (ziuhit) : bluot 83b. 92b, guot 87 a, tuot 74c. Man kann hier zût lesen oder entsprechend dem obengenannten gewiet auch zûit. Im reim auf -ût ist die form nicht belegt.

2) An reimen von wo auf ô zeigt das Ev. Nic. nur einen: ruoren : stôren 1837; ausserdem drei auf o (kurz): vuorten : be

kommt; vgl. quit: Davit v. 1615 u. a. Nur einen reim aus unserem gedicht wüsste ich anzuführen, der für unsere auffassung sprechen kann: v. 5283 beswich: bôch, wenn die lesart richtig ist. Daneben steht freilich ein reim beswich gelich 3419. Zu tûvel vgl. Heinrich v. Krolewitz 4053 dubel: ubel.

korten 2765, fuor: urbor 3881, ruochte: wrohte 3245. Im reim auf fruo kann v. 2647 duo gelesen werden, wenn auch die übliche form im Ev. sonst do ist, vgl. die reime auf den dat. lateinischer wörter v. 673. 2551, ausserdem dó: frô (adj.). Die Apokalypse zeigt ebenfalls einige reime auf ô, nämlich vuor: urbor, zuo : lô, sehr häufig tuon : lôn, und armuot: nôt, : vorbôt. Unter diesen reimen müssen die gesondert betrachtet werden, in welchen dem vocal ein r folgt. In dieser stellung wird in einzelnen mitteldeutschen gegenden zu ú verengt, vgl. Weinhold § 114; für Veldeke Behaghel s. Lv; für den hessischen dialekt Behaghel, Lit.-bl. 1880, 437.

Dieser vorgang war gewis nicht nur auf den westen beschränkt, sondern erstreckte sich auf weitere strecken Mitteldeutschlands, wenn auch der resultierende laut nicht überall der gleiche gewesen sein muss. Jedenfalls müssen wir für unser gedicht die möglichkeit der verengung anerkennen.

Ebenso dürften die reime auf -ôn aufzufassen sein. Es bliebe also dann nur noch übrig armôt (: nôt), wo das o wol der stellung in nebentoniger silbe zuzuschreiben ist und zô (: ló), das im ganzen md. gebiet abgesehen vom thüringischen einzeln neben zuo zu belegen ist, das auch bei uns in erster linie steht. Vielleicht ist hier im vocal einfluss einer benachbarten nd. mundart zu erkennen.

3) Diphthongische aussprache des uo ist aus dem Ev. Nic. nirgends zu erweisen, wenn es auch vorwiegend mit sich selbst gebunden wird. In der Apokalypse sind es die erwähnten reime auf zûit, die diphthongisch gefasst werden können.

Wir erhalten also weder für ie noch für uo ein völlig einheitliches bild; bei beiden zeigen sich nebeneinander verschiedenartige sprachformen. Als grundcharakter des dialekts kann aber doch die lautliche sonderstellung von ie, uo betrachtet werden, die durch die überwiegende zahl von reimen gesichert ist.

II. Consonanten.

Die consonanten stehen im wesentlichen auf gemeinmhd stufe. Im einzelnen ist zu bemerken:

a) Labiale. mb ist zu mm assimiliert: dumme : stumme 335, krummen: stummen 745. 1231. 3117, wammen : flammen

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4180.') Intervocalisches f mit b im reim gebunden: huoben : pruofen 5121; vgl. Apok. O 8356 biever lieber. Dazu stimmt auch die orthographie in S: hobe: bischobe. Verschiebung von p nach r zu f ist gesichert durch scharf: darf 283, warf : darf 4589. ft> ht in mehtic creftic.

b) Gutturale. Ob die aus -ege-, -age- contrahierten ei (s. oben) lautlich von bedeutung oder rein literarisch sind, muss dahingestellt bleiben.

Im auslaut reimt g: c; tac: smac 1961, erschrac 4001, lac: smac 7. 123, strac 1215, schrac 2369. 2595, slac: erschrac 3065, wec: flec 2209, dranc: stane 1245, danc: sanc 3545.

In der ableitungssilbe -ic ist wie schon teilweise im ahd. (Jellinek, Beitr. 15, 268 ff.) spirans anzusetzen: unvellic: sich 225, vellic sich 271, kundic: sich 2511. Ueber die erklärung dieser in den heutigen md. mundarten weit verbreiteten erscheinung vgl. Behaghel, Pauls Grundr. 1, § 103. V. 235 ist zu lesen dahte (zu decken): mahte. Der reim patriarche : starke 3165 ist literarisch. Grammatischer wechsel h g ist zu belegen durch gestigen vorligen 4869, sluog: genuog 4585, truog 533, twuog: genuog 449 (vgl. Braune, Ahd. gr. § 346, anm. 2). h verstummt nach gemeinmd. regel 1) im auslaut: hố : unvró 3781, sâ : entwâ(h) 444; vgl. Apokalypse 111ð blásin : ná sîn; 2) nach liquida: bevolen vorstolen 2281. 2359. 2445. 5129, erholen 3777, dolen 621, enpfolen: kolen 627, bevelen : stelen 2273, vorte (vorhte): horte 695; 3) zwischen vocalen: stên lên 4695, iên 2179, Cyrêne : ze sêne 1570, stân: slán 3613, : sân (= sâhen) 2661. 4013. 4303, gần : hân (hahen) 1465. 4343, ás: gâhes 4885, âne : ze entfâne 3021, tât: slát 1064, wâr : nár (náher) 2175. 2703, lôste hôste 151. 1737, Marien : zien 989; 4) meist fällt h endlich in niet (: diet) 395. 1651. 1661. 2805. 5035, (: riet) 1588. 2007; vgl. Hertel, Thüringischer sprachschatz s. 16.

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c) Dentale. Unverschobenes t findet sich in dit : trit 2220; in der Apokalypse findet sich auch der reim diz : vorgiz bl.97b; kurt (: geburt) 1003. 1735. 3386. 4911. 5387 kann anders erklärt werden. Ueber die 3 pl. praes. ohne t s. unten.

1) Die von Amersbach gegebenen belege zum teil nicht beweisend, z. b. umme: krumme.

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