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3) Conditionalsätze. Eilharts frauenmonolog weist 11 solcher sätze auf (v. 2405*. 2468*. 2476.* 2497.* 2504.* 2540* (?). 2541* (?). 2548* (?). 2571.* 2574.* 2582*), aber darunter ist kein irrationaler, sondern alle sind von der einfachen natur, wie sie uns im älteren minnesange entgegentritt. Schon dem inhalte nach erinnert z. b. 2476* du engibest mir din hulde, sô enmag ich niht genesin an MF. 16, 21 ezn heile mir ein frouwe mit ir minne, ez enwirdet niemer mê gesunt. Ganz anders bei Veldeke. Er hat nicht weniger als 25 conditionalsätze: 10058.*1) 10131.* 10139.* 10141.* 10151.* 10164.* 10166.* 10168.* 10181.* 10185.* 10216.* 10227.* 10253.* 10267.* 10271.* 10281.* 10290.* 10297.* 10300.* 10302.* 10317.* 10346.* 10357.* 10368.* 10380*). In diesen sätzen erscheinen schon die complicierten typen, die mit dem auftreten Hausens in den minnesang eingeführt werden (Burdach s. 69). 1) 'Wäre das so und so, so würde. es ist aber nicht so, also' begegnet uns bei Veld. En. 10210*: mochte ich die (salwe) gewinnen, dat wâre grôt rîcheit: ich vorcht aver, si si vel ungereit. so wart ich onheiles geboren. Ueber die beispiele bei den lyrikern s. Burdach s. 65 ff. 2) Asyndetische aneinanderfügung zweier conditionalsätze: Veld. En. v. 4316: woldt ir ûch gemâten soliker ontochte, of et úch goet dochte, et dochte mich vele goet; v. 11161. v. 12677* des engetroude ich hem niet, of sîn dinc wale quâme, dat he mîn niet ware nâme, of hem got genâde, dat he mich versmâde. Die beispiele aus den lyrikern bei Burdach s. 65; im übrigen vgl. auch Behaghels En. s. cvi. 3) Die form

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der einschränkung: Veld. En. 10168* des endede ich aver niet, wan dat mir mîn herte riet, dat ich mich her wolde ernern, vgl. Haus. 54, 4.* 54, 15.* Reinm. 167, 26. Walth. 114, 10.*

Ueber periodenbau (Burdach s. 64 ff.).

Im minnesange kommen zuerst complicierte satzgefüge bei Hausen auf. MF. 45, 1 besteht aus einem conditionalen vordersatz mit consecutiv- und eingeschobenem relativsatz, dann folgt der nachsatz. Auch bei Veld. En. 10215* ff. findet sich in ähnlicher weise ein conditionaler vordersatz mit consecutiv- und eingeschobenem

1) Die gesperrten zahlen bedeuten irrationale fälle.

relativsatz, woran sich allerdings vor dem nachsatz noch ein zweiter consecutivsatz anschliesst.

Veld. En. 10380* ff.: Walth. 72, 1 ff., d. i. condit.-S., objectsatz mit daz, relativs., nachsatz mit antiphasis, bez. condit.-s., nachsatz mit antiphasis, relativsatz mit einschränkung.

Veld. En. 10290* ff.: Reinm. 172, 30, d. i. conditionalsatz mit relativs., nachs. mit causalsatz.

Eine kunstvoll verschlungene periode findet sich Veld. En. 10297*: conditionals., relativs., nachs. mit einem zweiten conditionals. und vergleichungssatz.

Endlich findet sich in Veldekes monologe auch das stilprincip der trennung (Burdach s. 65), d. h. die trennung zusammengehöriger satzteile durch einschiebung anderer: Veld. En. 10164* hedd ich joch mê gesproken..., end of ich sî hede beskolden; v. 10177* menegen wale gedânen man... end menegen skonen jongelinc.1)

Poetische technik.

Antithese und oxymoron.

I. Antithesen. 1) Die bei den minnesängern so beliebte gegenüberstellung der eigenen liebe und der anderer ist in antithetischer form auch in den beiden epen zum ausdruck gebracht. Eilh. Tristr. 2480* ff. Minne, nú senfte mir ein teil, daz ich dich moge irliden! Du bist niht allen wiben als ungenêdig als mir. Aehnliches liegt v. 2485* zu grunde. Nicht so deutlich bei Veld. En. 10492* ff. owê wat ich al weit des ovelen des van dir geskiet. des goeden enweit ich niet, dat hâstu mich noch verholen. Denselben gedanken, nur der allegorischen form entkleidet, haben wir bei Haus. 44, 5. Reinm. 153, 16. 155, 5 ff. Walth. 95, 29 ff.

2) Der gedanke: 'ich bin ihr so treu, sie aber will nichts von mir wissen' (Lehfeld, Beitr. 2, 401. Burdach s. 105) findet

1) Es ist auffällig, dass diese eigentümlichkeiten einer höheren kunstform des stiles in Veldekes liedern, insbesondere in seinen frauenmonologen, noch nicht erscheinen, offenbar weil diese vor dem epischen monologe gedichtet waren. Ebenso möchte ich diesen syntaktischen unterschied als ein kriterium für die priorität Eilharts vor Veldeke ansehen, eine ansicht, welche noch andere sachliche momente stützen, s. s. 380, anm. 1.

...

sich bei Eilh. Tristr. 2552* wie ist mir geschên sô, duz ich minne den man der des nî keinen mûd gewan daz her mich minnen wolde? V. 2519* wan ich in lip hân und he mich nicht. Veld. En. 10400* nu enweit ich leider wat ich sal, dat ich den man moet minnen de alsus vert hinnen dat he mich niet ane siet, vgl. Haus. 52, 17. Fenis 81, 9. Mor. 130, 11 ff. Reinm. 166, 31. Hartm. 208, 14. Walth. 64, 21.

3) Auch der zeitlich gefasste gegensatz zwischen der jetzigen und der früheren lage hat bei Veldeke schon etwas vergleichbares: Veld. En. 10071* we hat mir sus gebonden min herte in korten stonden, dat ê was ledelike fri, vgl. Haus. 43, 27. Reinm. 192, 29.* Walth. 113, 37 ff.

4) Die gegensätze der liebesempfindung werden bei den epischen dichtern vorzugsweise durch schilderung der körperlichen veränderungen anschaulich gemacht: Eilh. 2497* was ich bevorn an hitze balt, ich werde nú als ein is kalt und dar nâ alsó sêre heiz daz mir rinnet der sweiz ûz allen mînen geledin, vgl. 2377 ff. 2534.* Veld. En. 10046* want si brande end si frôs in vele korten stonden. Von den lyrikern kennt nur Reinm. 178, 31* die veränderung der farbe (vgl. Eilh. 2363. Veld. 10057).

II. Oxymoron. Die alte epische formel liep- leit1) findet sich bei Eilh. 2402.* Veld. 2295 und im minnesange bei Veld. MF. 58, 24. Johannsd. 94, 36.* Hartm. 217, 35.* Reinm. 187, 11.* Walth. 116, 28. Oefter erscheint sie kunstvoller mit geringer variation in antithetische verbindung gebracht (Haus. 54, 10. 13.* 50, 38. 49, 29. Hartm. 217, 35.* Reinm. 166, 26* u. ö.).

Aehnliche oxymora finden sich Veld. En. 11435 der skône ovel Êneas, v. 11463 holt ende gram, v. 1876 rouwich ende frô, v. 10390 wonne end ongemac, v. 9865 ongemac-soete; Reinm. 159, 24.* Walth. 92, 30 u. ö. süeze arebeit; Walth. 119, 25 (vgl. Mor. 125, 35. 147, 4) senfte unsenftekeit.

Revocatio (Burdach s. 71).

In kunstvoller und ergreifender weise ist in dem Tristrant Eilharts diese figur durchgeführt. 2403.* 2413.* 2568.* 2579.* 2589: 'ich liebe ihn und darfs doch nicht wagen; ich will ihn vergessen das kann ich nicht; ich will ihm die liebe

1) Kettner, Die österreichische Nibelungendichtung s. 29.

gestehn und ich schäme mich doch so will ich sterben doch nein ich werde es ihm sagen', vgl. Veld. En. 10084.* 10104.* 10306.* Auffälligerweise kennt widerum Veldeke in seinen liedern diese redefigur nicht, wie denn auch die älteren minnesänger kein beispiel aufweisen. Die revocatio scheint erst bei Hausen aufzutreten (54, 27.* 28*). Freilich fällt bei diesem beispiel zwischen satz und gegensatz die pause des strophenendes,1) Reinm. 187, 24.* 187, 27.* 193, 17* u. ö. Hartm. 213, 21.* Walther (Wilmanns s. 67). 69, 27 u. ö.

Fragen (bei Burdach s. 120, 72).

Synonyma und synonymer parallelismus
(s. Burdach s. 85. Wilmanns' ausg. s. 71 ff.).

Das ausserordentlich häufige vorkommen der figur der variation in den epen Eilharts und Veldekes zeigt die bewusste absicht des dichters.

a) Substantiva. Tristr. 2485* ungemach und schaden. 2442* herze unde mûd, 2600* mit sorgen und mit rûwe; Veld. En. 10360* hopeninge end goet wân u. ö., vgl. besonders 8057 ff. und 12615 ff. b) Adjectiva und adverbia. Trist. 2414* gehaz oder gram, 2438.* 2458.* 2461* u. ö. Veld. En. 12617* getrouwe ende warhacht u. ö. c) Verbale verbindungen. Tristr. 2489* bestân — ane gân, 2545 (?).* 2558.* Veld. 10126* derren vale maken, 10196.* 10247.* 10374.* - Ueber die minnesänger vgl. Burdach s. 88 f. 94. 97. Wilmanns, Walth. s. 71.

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Anhang. Zur synonymik der worte für freude und leid2): 1) sælic findet sich in den höfischen epen zuerst bei Veldeke (En. 1511. 6535. 10024), noch nicht bei Eilhart. Im minnesange kommt dieser ausdruck zuerst3) auch bei Veldeke vor (61,36), öfter bei Hausen (44, 6. 45, 24. 54, 1.* 4.* 55, 2*) und wird dann stehender ausdruck (Burdach s. 68. 103).4)

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2) Un

1) Doch s. Lehfeld Beitr. 2, 363 und Becker a. a. o. s. 134. 2) Ueber den älteren minnesang vgl. Scherer, Deutsche stud. 2, 33. 66, über den ganzen minnesang bis Walther s. E. Schmidt a. a. o. s. 102, über Hausen s. Lehfeld, Beitr. 2, über Walther s. Wilmanns, Leb. W. s. 192.

9) MF. 6, 17 sælic si daz beste wip: dieses gedicht aber weisen die überschlagenden reime und die mehrstrophigkeit in die zeit nach 1180. Ausserdem bedeutet sælic hier wol nur 'gesegnet'.

1) Die wendung salic man u. a. für einen niederschlag alter deutscher volksliedchen zu halten, wie es R. M. Meyer, Zs. fda. 29, 144 tut, halte ich

gleich wichtiger und zahlreicher sind die worte für liebesleid: es zeigt sich, dass manche synonyma, welche erst durch Hausen und spätere eingeführt werden, schon in den epen Eilharts und Veldekes vorkommen. a) Substantiva: rouwe (= riuwe), das wort für empfindsamen liebesschmerz (s. Bock, Wolframs bilder und wörter, QF. 44, 55) findet sich bei Eilh. Tristr. 2400.* Veld. En. 9877, im minnesange zuerst bei Haus. 45, 7. 49, 33 und wird nun allgemein üblich. Hausen hat den ausdruck kumber, der später so viel gebraucht und typisch geworden ist, zuerst 1) in den minnesang eingeführt, aber Eilhart wendet ihn schon in seinem epos an v. 7166 só saltu ... minen kumber clagin den ich nách im lide; Tristr. 2390 herzesêr Haus. 53, 21; Haus. 47, 1; Tristr. 2532* smerze

=

Tristr. 2485* schaden

=

--

Fenis 85, 24. Mor. 146, 7.2) Veld. En. 9880 wendet das im minnesange widerum bei Hausen zuerst auftretende wort angest bereits im epos an (s. Haus. 44, 17. 44, 33). b) Adjectiva: Eilh. 2462*. Veld. En. 10233* swêre, vgl. Haus. 45, 9; Veld. En. 10196* wunt, vgl. Haus. 49, 13.- c) Das adverbium leider Veld. En. 10404*, vgl. Haus. 44, 3. d) Das verbum liden hat Eilh. 2395*, im minnesange zuerst bei Haus. 43, 39; klagen Eilh. 2486.* Haus. 43, 34; verwüeten Eilh. 2539* (?). Haus. 51, 13; betrüeben Veld. En. 9834. 10355.* Haus. 55, 2*; mich twinget3) Veld. En. 10152.* 10467.* Haus. 43, 1. Natürlich haben die epischen und lyrischen dichter noch manche synonyma, die auf sie selbst beschränkt geblieben sind. Eilh. 2479* unheil, 2496* wankelmûd u. a. Haus. 44, 38 daz sêren, 44, 37 daz klagen, 49, 3 daz wê unde ach. Reinm. 152, 13 erliden. Walther 118, 17 ungelücke.

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Synonymer parallelismus.

Eilh. 2468* 2470* habe ich ergin dîn gebot mit ichte î missehaldin und habe ich... icht wedir dich getan. V. 2476 f.

zum mindesten für bedenklich, da die beispiele erst spät bei dichtern, welche von höfischer manier beeinflusst sind, vorkommen.

1) Schon MF. 5, 27 sender kumber, doch dieses gedicht gehört wahrscheinlich kaiser Heinrich an (s. Er. Schmidt a. a. o. s. 102).

2) Scherer, Deutsche stud. 2, 61. Das wort smerze ist fast nur auf das

epos beschränkt (vgl. E. Schmidt a. a. o. s. 108).

3) Schon Graf Rudolf, Grimm 17, 13. Später im minnesange sehr zahlreich, vgl. R. M. Meyer, Zs. fda. 29, 138. Lehfeld, Beitr. 2, 404.

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