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Narrenbeschw. 35, 32. Dan du (Luther) ... vnderstast vnsern glauben zu schedigen, vnd bohemische meren zů verkünden Murner, An den adel 22 d. n. geht deutlich auf die Hussiten; zigeunerisch 'vagabundus et vage' Stieler. Auf die zigeuner als marktschreier zielt der satz jnen das pludermusz vnd wurmsamenkat auff zigeinerisch eingauckelen Garg. 302; spanisch noch fast im eigentlichen sinne bei Grimmelshausen: da satzte es schmale biszlein, so meinem magen, der nunmehr zu den westphälischen tractamenten gewöhnet war, gantz spanisch vorkam Simpl. 371. Uebertragen schon bey diesem herrn kam mir alles widerwertig und fast spanisch vor 174. Der herr ist ein Kroate. Allmählich hat man die herkunft der wendung so ganz vergessen, dass die gelahrtheit des magisters Serz und C. S. T. Bernds dabei an gr. oлάvios gedacht hat, mit dem es natürlich ausser durch diese gelehrte volksetymologie nicht im geringsten zusammenhängt. Eine spur schliesslich der inquisition sind die spanischen stiefel und der spanische mantel; kauderwelsch, weitverbreitet in der älteren sprache: Fischart, Praktik 11. Bienenk. 1b. Grimmelshausen, Teutscher Michel 5. Simpl. 684. Gryphius, Peter Squenz 12. Stieler. Germ. 28, 371, und in den neueren mundarten: Bernd. Zs. fdm. 1, 286. 2, 247. 6,292. Freier als der heutige sprachgebrauch bewegt sich Grimmelshausen, Vogelnest 2, 3: so kauderwelsch..., dasz ich keins verstehen konte, und Serz: kauderwälsch, verborum praestigiae, mixobarbarum; kauderwälsches latein, cum faunis et aboriginibus loqui; krautwelsch, nach dem urteile des Tirolers Schöpf, Zs. fdm. 6, 292 nur eine entstellung aus kauderwelsch; - kurwelsch, als churwallisch zuerst in einer Graubündner urkunde. Fischart, Garg.31; rotwelsch, zunächst und noch heute die stark mit welschen brocken versetzte sprache der bettler bezeichnend (der erste teil des wortes selbst ist welsch: rupta > mhd. rote), aber früh verallgemeinert zu 'ungereimt' (Grimmelshausen, Teutscher Michel 13) und 'unverständlich'. Ganz allgemein in Holteis Schlesischen gedichten, ausgabe letzter hand 218: uf lateinsch a brünkel ruthwälschen; kinder-, klugwelsch in Kluges wb. unter kauderwelsch; rebsteckenwelsch Grimmelshausen; - zeitungswelsch Grenzboten vom 5. 6. 1897 (58, 18) s. 213; gotisch nahmen die Deutschen, vorurteilslos genug, in der bedeutung 'mittelalterlich beschränkt' aus dem

französischen herüber, oft bei Goethe. Vgl. Zs. fdph. 30, 510. J. Grimm, GDS. 454*). Socin, Schriftsprache und dialekte 12. Paul, DWb.

deutsch. Luther hat einmal, vielleicht an ein im volke lebendes wortspiel denkend, ein gewundenes und gedehntes deutsch wendisch oder denisch deudsch genannt. Natürlich machen es unsere nachbarn mit uns nicht besser, als wir mit ihnen: im dänischen heisst, in unbewusstem widerspruch zu der etymologie des wortes deutsch, det er tydsk for mig 'das sind mir böhmische dörfer'; von einem kinde das noch nicht ordentlich sprechen kann, heisst es: barnet taler endnu tydsk: eine bestätigung für Fr. Polles ansicht von der volksmeinung über fremde sprachen; auf die deutsche grobheit zielt der ausdruck: han bliver saa vred som en tydsker. Noch gröber sind unsere slavischen nachbarn, die uns überhaupt die sprache absprechen und uns němici 'stumm' nennen. Im norditalischen heisst todescare 'unverständlich sprechen', im übrigen ist den Italienern an uns Deutschen der grosse durst das auffallendste gewesen, so bei Scheffels trinkas wein alla tedesca (Gaudeamus, Abschied von Olevano), aber auch schon in K. Scheidts vorwort zum Grobianus 4 d. n. und in Basiles Pentamerone (1. tag, 7. märchen. 2. tag, 7. märchen und Liebrechts anmerkungen in seiner übersetzung). Die Franzosen halten sich über die deutsche schwerfälligkeit auf, ein beispiel dafür steht im Simpl. 384, wo ein französischer arzt zu Simplicius sagt: ihr redet von der sache wie ein teutscher, wan ihr aber einer andern nation wäret, so wolte ich sagen, ihr hättet davon geredet wie ein narr (das wolte verrät, dass der satz aus dem französischen übersetzt ist). Umgekehrt ist im deutschen seit Brants, Luthers und Huttens tagen deutsch zum lobe geworden; die ganze entwicklung lässt sich bei Grimmelshausen zeigen und wir führen daher einige beispiele aus seinen schriften hier an: zunächst heisst deutsch deutlich von der sprache: sagte dieser mit teutschen worten Simpl. 87; meinen auszdrücklichen teutschen worten Keuscher Joseph 8 (von der Egypterin Selicha), ferner vom inhalt der rede: dasz sie mir endlich nach lang-gehabter mühe und vergeblicher umschwaiffender weitläuffigkeit nur allzu teutsch zuverstehen gab Simpl. 217; sie solte aber nicht so dunckel, sondern fein teutsch mit der sprache herausz 340; teutscher zu

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reden Simpl. 2 continuatio (Keller 1023) Courage 22 warhaffter zu reden Teutscher Michel 4 (derselbe comparativ auch in neuen mundarten: dés muəst mə deutschǝ machn 'besser ausdeutschen' Schmeller 1, 555); wan ich dir ausz brüderlicher liebe teutsch herausz sage 489; der könig fing selbst an sein gut teutsch mit mir zureden 'mir ohne umschweife vorwürfe zu machen' 553 (in Kögels ausgabe sind die seitenzahlen 553 und 554 verdruckt). Schliesslich von der gesinnung: werde ich... mich so gut teutsch erzeigen 274; ich muste schweigen, weil Spring-insfeld ausz einem teutschen auffrichtigen hertzen mir die warheit so getreulich sagte 321; so vertraue ich meine person ihrer angebornen teutschen redlichkeit 393. Ganz vergessen ist der eigentliche sinn des wortes im Keuschen Joseph 11: Musai, der allerdings nach der Elamiten art einen offenhertzigen teutschen sinn hatte.

altdeutsch konnte erst zum lobe werden mit und nach der ausbildung des Hermanncultus. Aus Fischart gehört hierher die alt teutsch tugendmutsamkeyt Peter von Stauffenberg v. 79 (1588); vnd für alt teutsch standhafftigkeyt reiszt ein weibisch leichtfertigkeyt Eikones 1, 47 f.; aus Grimmelshausen: auff gut alt-teutsch, ohn einzige bemäntelung und gleisznerey Simpl. 441; bey christlicher treue und altteutschem bidermannsglauben 760. Stieler kennt altteutsch nur als bezeichnung für verba obsoleta; ebenso altväterischteutsch 2277; undeutsch ist 'undeutlich' geworden, so schon bei Luther: so ich nu nicht weis der stimme deutunge, werde ich vndeudsch sein dem, der da redet, vnd der da redet, wird mir vndeudsch sein. Bei Grimmelshausen ist es widerholt 'nicht deutsch': ausz jedem unteutschen wort Simpl. 686; die unteutsche hinter Liffland 689; an einigen undeutschen orten Vogelnest 2, 16. Mit tadel: dasz ein solcher phantast ... sich verlarven, mit allem fleisz zum unteutschen machen und seine redliche landsleut verachten will Teutscher Michel 3; seltzam, unteutsch und unverständlich Simpl. 660.

Während der name deutsch überall in Deutschland, wo er einen gefühlswert bekommen hat, zum lobe geworden ist, sind die namen der einzelnen stämme mannichfach mit tadel behängt worden, der meist harmlose neckerei zum ausgangspunkte hat; pommerisch enthält den vorwurf des bäurisch kräftigen in der wendung pommrischer trunk bei Stieler und Schmeller;

preussisch ist in den zeiten des particularismus in Sachsen zum schreckenswort geworden: da gennte mer ja breissch wärn heisst 'das ist um aus der haut zu fahren'. In der Schweiz bedeutet prüssisch 'grob, brutal'; schwäbisch hat an einer stelle bei Fischart einen tadel: dann ich kan auch noch fünff sprachen ohn schwätzenschwäbisch, das ist die sechszt, heiszt lügen Garg. 459 (geschwätzigkeit wirft auch Sachs den Schwaben vor, Schwänke 2, 421, ebenso Rûmelant dem Marner: daz ander rat dir swabisch melt, dîn diutsch ist uns ze dræte MSH. 3, 56b). Ferner das häufige wort 'schwäbisch ist gäbisch'. fränkisch wird in der Altmark gebraucht wie sonst spanisch: dat wärt di fränksch ankaomn Danneil. Hiermit vergleiche man, dass schon Luther in den Tischreden die sprache der Franken als grob und vngehöflet bezeichnet, ferner die untugenden die ungefähr gleichzeitig der Schwabe Frank und der Baier Sachs den Franken nachsagen: geldgier, räuberei und gotteslästerung, raub und trank. Schliesslich gehört hierher altfränkisch, das bei dem Franken Hugo von Trimberg natürlich ohne tadel erscheint:

auch sol man noch besvnder danken eins sprichwortes allen Franken. man sprichet gern, swen man lobt

hevte,

er sei der alten frenkischen leute: die waren einveltich getreu, gewere. wolte got, daz ich alsam were

Renner 22264 ff.

Der Tiroler Vintler bezeichnet in seiner Blume der tugend um 1411 das wort als neumodisch. Im schlesischen hat es, schon 1640 bei Wencel Scherffer, den beigeschmack von 'einfältig' angenommen, doch scheint dieser durchaus auf den osten beschränkt geblieben zu sein, denn sowol bei denen die vor und mit Scherffer zugleich schrieben (Maaler. Fischart, Garg. 446. Grimmelshausen, Simpl. 314. 657. Vogelnest 2, 1) wie auch in den heutigen mundarten ist es durchaus nur 'altmodisch'. Ob in bairisch eine neckerei liegt, wenn Grimmelshausen, Simpl. 195 sagt: unter den falschen würffeln befanden sich Niderländer, welche man schläffend hinein rollen muste..., andere waren oberländisch, denselben muste man die bayrische höhe geben, wan man werffen wolte, ist nicht zu sagen: die beiden andern ländernamen sind nur der äusseren anlehnung wegen eingesetzt.

Auch einzelnen städten wird ein tadel angehängt, den bedeutendsten zuerst, vor allen Köln. Kölnisches gewicht sind

'schläge', in Holland 'zu leichtes gewicht', Kölsche muff 'maulhänger' werden die Kölner im Rheinfränkischen gescholten (Zs. fdm. 3, 555), am verbreitetsten ist die redensart vom Köllschen bötchen, in der den Kölnern nachgesagt wird, dass sie noch einmal so viel auf die ware aufschlagen, als sie zu nehmen vorhaben. Zu Hildebrands belegen im DWb. Woeste, Wb. der westf. ma. 138. Mit dieser redensart fällt die vom niderlenschen bieten (Murner, Schelmenzunft 2, 20) zusammen: der Alemanne Murner meint mit Niderland eben Köln. In Oberdeutschland spielt Nürnberg die rolle von Köln: vff Nürenbergerisch handlen (Zarncke zum Narrenschiff 48, 86) entspricht hier dem Köllschen bötchen. Andre äusserungen des unmuts über Nürnberg stehen bei Murner, Schelmenzunft 16, 27. 28, 40. Narrenbeschw. 79, 14. sodomitisch. Sodomit war nach 1. Mos. 19, 4 ff. zuerst in der theologischen und juristischen sprache zu 'knabenschänder' geworden, aus dem Schwabenspiegel bringt Adelung ein beispiel dafür, dazu sodomitisch Fischart, Bienenk. 146b. Frisch 2,284 a. Adelung 4, 501. Campe 4, 463. -altwilisch Garg. 40 f. bringt J. Grimm im DWb. mit mhd. altvil 'hermaphroditus' zusammen; da aber bei Fischart beide male der sinn 'altmodisch' sein wird und gleich nach der ersten stelle Rastatt, Schilckhaim und Henau (Schiltigheim und Hagenau) genannt werden, so ist es wahrscheinlicher, dass Fischart an das dorf Altweiler im kreise Zabern gedacht und dass ihm dabei doch mhd. wile vorgeschwebt hat: das wäre ganz fischartisch. Diese erklärung scheint mir näher zu liegen als die Grimms unter altwilisch und auch unter antiquisch, wo er altwilisch für eine scherzhafte verdrehung oder für einen druckfehler für altwibisch hält.

Fast überall tragen hier adjectiva auf -isch einen tadel, den ihre grundworte nicht oder doch nicht so scharf ausdrücken; man darf aber doch nicht den tadel schlechtweg auf rechnung der endung setzen, wie es z. b. Albrecht, Leipziger ma. s. 42 tut: gerade bei seinen beispielen Pegsche schuster und de Zwickschen liegt die misachtung schon in den grundworten: man denke bloss daran, dass Pegau hierzulande nicht anders als Kuhpege heisst. Auch brauchen es nicht immer die adjectiva auf isch zu sein, die den tadel tragen, so namentlich wenn dieser seinen ursprung nur einem zufälligen anklang dankt, wie bei der in Leipzig beliebten Zwenkschen laune,

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