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hetzhundisch Garg. 163, wol 'hunde hetzend'; lugentisch Bienenk. 185 a, aus legendisch mit dem gedanken an lügen und ente entstellt, vgl. Andresen, Deutsche volksetymologie3 59; lugenden auch bei Grimmelshausen, Vogeln. 2, 13; meusisch Garg. 254; nachteulisch Garg. 28; nachtigallisch ohne tadel; predigkautzisch Garg. 6. 159. 216, immer in zusätzen der ausgabe von 1582; rosskäferisch Garg. 309; säuisch Podagr. trostb. 98, 12, auch bei Fischarts lehrer Scheidt, Grobianus s. 7 d. n. und v. 485; vihisch Garg. 3. 143.

19. Im 17. jh. hat die anwendung unserer adjectiva von tiernamen merklich abgenommen; aus dem Simplicissimus ist holtzböckisch 'unbeholfen' und säuisch zu nennen, aus Weises Erznarren schulfüchsisch 35. 81, bestialisch 151 (auch bei Grimmelshausen von menschlichen zuständen: Simpl. 109. 116. 137). Eine grössere menge dieser adjectiva lässt sich nur noch aus Stieler belegen: ohne tadel einige ableitungen von vogelnamen, wie adlerisch, falkisch und voglerisch, dann biberisch neben und gleichbedeutend mit bibern 'von biberfell', und tigerisch 'getigert', weit mehr aber tadelnd: äffisch, beestisch, melius quam bestialisch, böckisch, füchsisch, gauchisch (göuchisch ‘ineptus' bei Maaler, in Oberdeutschland bekannt aus Murners Geuchmatt, in der es das häufigste adjectiv auf -isch ist), geyerisch 'gierig', volksetymologisch zu vultur gestellt, hündisch, schneckisch, kühisch, schwälbisch 'unzuverlässig', seuisch, tierisch, viehisch, wölfisch.

Der erwähnung bedarf schliesslich noch eine eigentümliche verwendung die diese adjectiva von tiernamen in nmd. mundarten gefunden haben: einige ableitungen von den namen männlicher und weiblicher haustiere bezeichnen die brunst der entsprechenden weibchen. Das älteste dieser adjectiva, mhd. reinisch, bezeichnet die stute, die nach dem reine, dem hengste, verlangt; gerade dieses wort ist nicht nur md.: sollte es auf die bedeutung des nmd. reihisch (Zs. fdph. 8, 347. 9,472) eingewirkt haben? Woeste verzeichnet in seinem Wb. der westf. ma. bærsk 'brünstig' von sauen, zu bær = ahd. pêr, und riǝmelsk von der katze, die nach dem remel, dem kater, begehrt; Danneil im Wb. der altmärk.-plattd. ma. bocksch von schafen und ziegen 'nach dem bocke verlangend'. Zu scharfem vorwurf werden diese adjectiva, wenn sie vom menschen gebraucht

werden, so gut wie anders gebildete bezeichnungen der brunst, wie läufisch, reiisch, westfälisch feselsch (von fâsel 'fortpflanzung') und göttingisch bramsch (von brammen hd. brummen).

In der modernen sprache endlich ist die anwendung der adjectiva von tiernamen sehr eingeschränkt, ausser tierisch, viehisch und einigen fremdworten sind eigentlich nur äffisch und hündisch in lebendigem gebrauch; schweinisch, das wol gelegentlich gebildet wird, ist zuerst aus dem Leipziger singspiele von Harlequins hochzeit - schmausz 1696 (neudruck von Ellinger s. 67) zu belegen.

20. Die beispiele von no. 19 zeigen, dass die tadelnde verwendung der adjectiva von tiernamen, ihre übertragung auf menschen, wesentlich md. ist. Dasselbe wird die folgende betrachtung einiger besonders häufiger adjectiva auf -isch mit bösem sinne lehren.

abgöttisch und abgötterisch sind in ältester zeit nur aus Mitteldeutschland zu belegen; zuerst steht abgöttisch in des Thüringers Ernst von Kirchberg Mecklenburgischer chronik. Zu weiterer verbreitung ist das wort erst bei Luther und seit ihm gelangt; in der art wie er es verwendet, offenbart sich auch wie das seltsame wort aufzufassen ist: es bezeichnet die zugehörigkeit zur partei des abgottes: daher so oft die substantivierte form die abgöttischen Weish. Sal. 1, 5. 1. Cor. 5, 10. 11. 6, 9. Offenb. 22, 15. Ebenso noch im Spiesschen Faustbuch von 1587, s. 9, und erst danach allgemein 'falschgläubig', wie Apostelgesch. 17, 16, und durchgängig bei Fischart, Bienenk. 38 b. 57a. 83b. 175b.

Auch manches andere der die zugehörigkeit zu einer partei bezeichnenden adjectiva zeigt md. ursprung und ist auf Mitteldeutschland beschränkt geblieben, s. no. 9 churfürstisch, kaiserisch, ketzerisch, lutherisch, papistisch und päpstisch, pfalz- und landgräfisch, markgräfisch Städtechroniken 11, 660 (Nürnberg). Einen fränkischen beleg bringt Lexer im nachtrag. Nicht zufällig ist es der Mitteldeutsche Clajus, der diese gruppe unserer adjectiva zuerst aufgestellt und aus dem Mitteldeutschen Luther belegt hat. Hierher scheint auch elbisch zu gehören, wenigstens kommt es im Vocabular von 1482 als substantiv 'phantasta' vor, so dass es zunächst den den elben anhangenden bezeichnete. Die älteren belege gehören durchweg Mittel

deutschen, Herbort von Fritzlar, Rüdiger von Münerstadt an
der Rhön, dem alten Passional an, jetzt ist es in der bedeutung
'yon elben verwirrt' in md. mundarten weit verbreitet, vgl.
Grimm, Myth. 412. Schambach. Zs. fdm. 5, 472, doch auch obd.
Zs. fdm. 4, 40. Staub-Tobler 1, 186.

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21. Entschieden md. herkunft sind folgende adjectiva auf
-isch, die einen vergleich enthalten: bettlerisch und bettelisch
bei Lexer, Stieler, Luther, Fischart, Sachs, sammt den ablei-
tungen bettelsäckisch 'dürftig' bei Weise, Erznarren 82, und
bettelschamisch 'sich des bettels schämend' Garg. 299, ohne
umlaut und daher wol vom substantiv. -diebisch verdrängte
von Mitteldeutschland aus das mhd. dieplich, das bei Luther
nur noch vereinzelt als adverb, als adjectiv überhaupt nicht
mehr vorkommt. Er hat das im 15. jh. gebildete diebisch -
älter wirds wegen des fehlens der brechung nicht sein in
die schriftsprache eingeführt, doch auch schon früh im obd.:
Murner, Schelmenzunft 26, 20. 29, 12 (1512). An den adel 42.
Dasypodius 1535. Maaler 1561, viel häufiger aber bei Mittel-
deutschen: Sachs, Fastn. 1, 130. 6, 51. 7, 34. 95. Schwänke 1,
31. 364. 2,53. 516. 600, hier übertragen 'heimlich' 2, 83 (zu
dieser verwendung leitet die des unübertragnen adverbs über:
das ir mir wölt den enspan mein so diebisch tragen aus dem
haus 1,364) und diebischer verräter 'bösewicht' 1, 109 in ganz
allgemeiner bedeutung Fischart, Bienenk. 215 a. 238 b. M. Hay-
neccius, Hans Pfriem v. 1833. 1852. 2361. Grimmelshausen, Simpl.
117. 177. 675. Keuscher Joseph 2. Kalender Kurz 4, 252. Beson-
ders deutlich ist die vergleichung in der häufigen wendung
diebischer weis zu erkennen Simpl. 594. 717. Vogeln. 1, 12. 17.
2, Privilegia und 25. Participiale auffassung des wortes ver-
raten hingegen Fischarts zusammensetzungen blutdiebisch ‘blut-
stehlend' Flöhhaz, überschrift vor v.893 und nachtdiebisch Garg.
91. läppisch zeigt in seiner form nd. ursprung; auf hd.
boden kommt es zuerst bei Heinrich von Wittenweiler vor,
mit starker erinnerung daran bei Sachs, Schwänke 1, 588,
beide male daneben der dorfname Lappenhausen. Seine ver-
breitung verdankt das wort also wol der satirik des 15. 16. jh.'s;
ein bild von seiner verbreitung in den mundarten ist schwer
zu gewinnen; jedenfalls gehört es im nmd. zu den häufigsten
adjectiven auf isch. Einzelne belege: Spiessches Faustbuch

yon 1587, 129. Fischart, Bienenk. 230 a. Praktik 18. 31. Neithart
Fuchs (um 1500) v. 227. 2332. 2360. Grimmelshausen, Simpl.
495. Galgenmänlin Kurz 4, 293. Sachs, Fastn. 5, 140. 146.
Schwänke 2, 399, In Chr. Reuters lustspiel von der Ehrlichen
frau (1695) heisst ein hippenjunge so. - närrisch steht zuerst
in Heinrichs von Freiberg Tristan. Von ihm gilt das über
läppisch gesagte fast noch mehr. Es ist gewis, dass das wort
im md. viel fester wurzelt als im obd., wo es mit narreht und
dessen nachkommen das gebiet teilen muss, aber dank dem
obd. charakter der narrenliteratur lässt es sich in älterer zeit
für Oberdeutschland viel öfter belegen. Eine grössere be-
deutungsentwicklung hat es dagegen nur im md. erlebt. Zu-
nächst ist der sinn viel milder geworden, wie in der ganzen
wortsippe. Ferner ist, da oft der zornige närrsch genannt
wurde, unser wort in einigen gegenden Mitteldeutschlands zu-
nächst in prädicativer stellung zu 'reizbar' geworden, vgl. Zs.
fdm. 3, 267 und Woeste, Westf. wb.

22. Noch auffälliger als bei diesen vergleichenden adjec-
tiven ist die md. herkunft bei denen die bis zu participialer
bedeutung durchgedrungen sind. argwöhnisch ist in md.
form und bedeutung schriftsprachlich geworden: schwäbisch
arckweinisch heisst z. b. in Augsburger chroniken des 16. jh.'s
(Städtechroniken 23, 162. 165. 238) 'verdächtig, beargwöhnt',
ebenso bei Th. Platter und im Vocabularius von 1482, so dass
man zur erklärung des nhd. wortes einen starken druck von
Mitteldeutschland her annehmen muss. Vgl. Sachs, Fastn. 6,
146. Schwänke 2, 26. Grimmelshausen, Simpl. 223. Vogelnest
2, 4. Keuscher Joseph 10. - grämisch 'feindselig' in Kirch-
bergs chronik, also aus der wendung 'einem gram sein' ge-
bildet (sich ergrämsen 'sich erzürnen' K. G. Anton, Verzeich-
nis oberlaus. wörter 8, 5), später 'grämlich' Sachs, Fastn. 1,
143. Simpl. 465. Vogeln. 2, 8. 21. sieben grümische, grämische
böhmische polnische bettelleut Dunger, Kinderlieder und kinder-
spiele aus dem Vogtlande2 132. Das wort ist nie über md.
gebiet hinausgekommen, ebensowenig die jüngere bildung gries-
grämisch. hämisch ist nach Kluges Et. wb." ebenfalls md.,
wenn aber Kluge hier angibt, das wort trete zuerst im 15. jh.
in Mitteldeutschland auf, so wird er durch Lexer widerlegt,
der es für Heinrich von Freiberg (um 1300) und Nicolaus von

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Jeroschin (nach 1355), zugleich aber auch für Oberdeutsche
wie Ottokar von Steier (um 1309; im steirischen des 15. jh.'s
auch hemischheit), den sog. Seifried Helbling (1290-98) und
Oswald von Wolkenstein (1367-1445) belegt. In den nd.
wörterbüchern kommt es nirgends vor; für 'hinterlistig' gibt
es hier reichlich ersatz in den weitverbreiteten wörtern fünisch
und glupisch, nücksch und luurhaftig (Adelung 2, 731. 932. 1080.
Woeste 305. Schambach 65. 259. 283. Mi 21. 24. 27. Danneil
58. 65. Weinhold 28. Müllenhoff zu Klaus Groths Quickborn 11
284). Dagegen ist hämisch in obd. mundarten weit verbreitet:
für Baiern belegt es Schmeller von Sachs (auch Fastn. 1, 139.
2, 7. 3, 94. 7, 98. Schwänke 1, 25. 153. 482. 2, 32. 430. 622)
bis auf die gegenwart, noch früher ist es durch Oswald von
Wolkenstein für Tirol bezeugt, während es Zs. fdm. 5, 447 für
die jetzige Etschtalmundart belegt wird. Im Nordböhmischen
ist es jetzt gleichfalls geläufig, vgl. Knothe, Markersdorfer ma.,
und so steht eigentlich nichts als der beleg aus Jeroschin der
annahme im wege, dass hämisch ein altes bairisch-fränkisches
wort sei, das Luther (z. b. Fabeln 7 d. n.) adoptiert und in md.
form in die nhd. schriftsprache eingeführt habe. Bei obd. ur-
sprung ist es aber unwahrscheinlich, dass hämisch mit heimisch
zusammenfällt, wie Kluge und Paul in ihren wörterbüchern
vermuten: bairisch hámisch fällt nicht mit hoamisch zusammen,
vielmehr wird hämisch, wie Lexer im mhd., Heyne im DWb.
und Wilmanns in seiner Grammatik annehmen, zum stamme
ham, spec. zu mhd. hem 'zu schaden beflissen, aufsässig' ge-
hören, in dem also der begriff des heimlichen schon von dem
des böswilligen zurückgedrängt war, als das adjectiv auf -isch
davon abgeleitet wurde. Wider eine andere bedeutungs-
entwicklung zeigt schw. hemsk 'schauerlich, düster'. Später
ist dann freilich hämisch oft mit heimisch vermischt worden:
heimisch erscheint in der bedeutung von 'boshaft' bei dem
Thüringer Jonas (Nordhausen 1546), dem Sachsen Musculus
(Frankfurt an der Oder 1564), dem Franken Eyring (Witten-
berg 1725), sowie bei den Oberdeutschen Frank (Tübingen
1534) und Scheidenreiszer (Augsburg 1838), umgekehrt hämisch
bei Sachs in der bedeutung 'versteckt', Und gerade Sachs
kann uns zeigen, wie man dazu gekommen ist, hämisch zu
'heimlich boshaft' zu machen: zunächst braucht er das wort

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