Page images
PDF
EPUB

gr. vouάo 'lenke, regiere' lett. nômat 'mieten'; aind. námati 'beugt, beugt sich': lat. emō 'kaufe', got. niman 'nehmen'. Vgl. Prellwitz, Et. wb. s. v. véμo, vouάo. Uhlenbeck, Et. wb. s. v. niman.

Die germ. wz. hūr-, vorgerm. qu-ro-, scheint eine erweiterung der indog. wz. qū-, qau- zu sein. Vgl. got. hauns ‘niedrig, demütig', lett. kauns 'scham, schmach', gr.καυνός· κακός, καυρός· xaxós, lit. kuvetis 'sich schämen' (s. Uhlenbeck, Et. wb. s. v. hauns). Hier ist wol auch die grundbedeutung 'sich beugen, sich ducken'.

4. Aisl. kūra 'untätig sein', schw. kūra, dän. kūre, mengl. couren, engl. cower 'kauern' haben natürlich nichts mit mhd. hüren 'kauern' zu tun. Sie gehören mit kauzen zur selben wz. ku- (Kluge, Et. wb. s. v. kauzen) und lassen sich mit gr. rugós 'rund, gekrümmt, gebückt', yupos 'kreis', yuqów ‘biege, krümme' vergleichen. Hierher wol auch mhd. kūme ‘gebrechlich, schwach, elend', ahd. kūmig 'gebrechlich, schwack, krank', ursprünglich 'niedergebeugt, hinfällig' (vgl. engl. crank 'krümmung': d. krank, Kluge, Et. wb.5), ahd. chumōn 'trauern', as. kūmian 'beklagen' (vgl. got. driusan 'fallen': ahd. trūrēn 'trauern'), ags. cyme 'anmutig, schön', eigentlich 'biegsam, schmuck' (vgl. schmiegen schmuck). Weiteres über die wz. gu- bei Prellwitz, Et. wb. s. v. rúalov.

5. Got. hnasqus 'weich, fein', ags. hnesce 'zart', ahd. nascōn 'naschen' können auf vorgerm. *qnod-sqo- oder *qnəd-sqo- zurückgehen. Vgl. lit. kándu 'beisse', aind. khādati 'kaut, zerbeisst', gr. zvodov 'zahn am jagdspiess' (Brugmann, Grundr. 12, 420).

6. Got. new, newa 'nahe', aisl. nār, ags. nēah, as. ahd. nāh u. s. w. führe ich auf vorgerm. *nék-uo- zurück und vergleiche damit aind. náçati 'erreicht, erlangt', lat. nanciscor, got. ganohs 'genug' u. s. W.

7. Ahd. gisal, ags. zisel, aisl. gīsl 'kriegsgefangener, bürgschaftsgefangener' vergleicht man mit dem gleichbed. air. gíall. Die grundform *gheislo-, worauf diese sippe beruht, bedeutete vielleicht ursprünglich 'anhaftend, zurückbleibend' und lässt sich dann in diesem falle mit lat. haereo vergleichen.

8. D. mahr 'alp', mhd. mar, mare, ahd. mara 'quälendes nachtgespenst, nachtalp', ags. mara 'nightmare', aisl. mara

'mahr' sind nicht genügend erklärt. Ausserhalb des germ. vergleicht man russ. kikimora 'gespenst', poln. mora, böhm. můra 'alp'.

Die germ. wz. mar-, zu welcher auch ags. ma-mor 'schlaf, betäubung' gehört, ist identisch mit der indog. wz. mr'zermalmen, zerdrücken'. Vgl. aind. mṛnāti 'zerschlägt, zermalmt', gr. uάovapai 'kämpfe', uapaivo 'reibe auf', aisl. merja 'stossen' und auch aind. márate 'stirbt', lat. morior u. s. w. (s. Prellwitz, Et. wb.). Vgl. aind. svapiti 'schläft, schläft ein', svapayati 'schläfert ein, tötet', ags. swebban 'einschläfern, töten'.

9. Got. sels 'gütig, mild', aisl. sell 'glücklich', ahd. sālīg 'glücklich, selig', ags. sāliz 'gut, glücklich', salra 'besser' u. s. w. vergleicht man mit ncymr. holl 'ganz', lat. sollus, osk. sullus 'omnes', und weiter auch mit gr. 820s, aind. sarvas 'ganz'. Vgl. Brugmann, Die ausdrücke für den begriff der totalität 43 f. Kluge, Et. wb.5 s. v. selig; Schade, Wb. s. v. sels. Uhlenbeck, Et. wb. s. v. sels will diese erklärung verwerfen, schlägt aber keine andere vor.

Germ. *se-la- leite ich von der wz. sẽ- 'säen' ab. Morphologisch ist es mit air. sil 'same' identisch. Vorgerm. se-lobedeutete also 'das säen, die säezeit' und dann 'jahreszeit, zeit' überhaupt. Vgl. die ähnliche bedeutungsentwicklung bei lat. satio, franz. saison, engl. season, wz. sē-. Als adj. bedeutete es 'zeitgemäss, rechtzeitig, schicklich, passend' (wie engl. seasonable), woher 'tauglich, glücklich, gut' u. s. w. Vgl. gr. oa 'zeit, jahreszeit, tageszeit, rechte zeit', opałos 'rechtzeitig, schicklich, schön'; lat. tempestivus 'zeitgemäss, rechtzeitig, schicklich, passend'.

Dass diese erklärung des germ. *sē-la- das richtige trifft, beweist die bedeutung von ags. sal: 'zeit, günstige zeit, gelegenheit, glücklicher umstand, glück'. Daraus erklärt sich auch der begriff von ags. salan: 'zufallen, zu teil werden'. Vgl. ags. tid 'zeit:: tidan 'zufallen'. Ags. sal steht dem grundbegriff 'das säen, die säezeit' am nächsten. Obwol dieses wort weder von Kluge noch von Uhlenbeck bei der anführung von wörtern erwähnt wird, die mit got. sels verwant sind, darf es nicht davon getrennt werden. Für germ. *sēla- können wir also folgenden bedeutungswandel constatieren: vorgerm. *sēlo

'das säen, die säezeit; zum säen, zur säezeit gehörig, rechtzeitig ags. sal 'zeit, günstige zeit, glück'; aisl. sæll 'glücklich' u. s. w. Vgl. lit. se-kłà, lett. sê-kla 'same' lat. sae-culum, Brugmann, Grundr. 2, 115. Fick, Vgl. wb. 24, 294.

:

10. Mhd. schrube, nl. schroef, aisl. skrūfa 'schraube', worin Kluge, Et. wb.5 lehnwörter aus lat. scropha 'sau' sieht, sind vielleicht echt germ. Sie lassen sich gut mit lat. scrupus 'spitzer stein', gr. oxоoлios 'stachlig' verbinden und vielleicht auch mit aisl. pl. skurfor, as. scurf, ahd. scorf 'schorf' (vgl. Noreen, Urg. lautlehre s. 205 f.). Diese beruhen auf der grundform *squerpo- mit den ablautsstufen *squrp-, *squrp-, *squṛp(vgl. Brugmann, Grundr. 12, 260).

Die grundform *squerpo- kann man von der wz. squerherleiten, welche sich in corn. bret. spern 'spinae', lit. skverbti 'mit einem spitzen werkzeug bohrend stechen' findet (vgl. Fick, Vgl. wb. 24, 311). Vielleicht ist mhd. schrübe enger mit lit. skverbti als mit lat. scrupus zu verbinden. Dann repräsentiert schrübe ein vorgerm. *squṛbha-.

11. Ags. stridan 'schreiten': ahd. stritan 'streiten' ist eine gleichung, an deren möglichkeit Kluge gar nicht gedacht zu haben scheint (s. dessen Et. wb. s. v. streit). Phonetisch darf sie allerdings nicht für ganz sicher gelten, da germ. str- auf vorgerm. str oder sr- zurück gehen kann. Begrifflich aber ist diese verbindung natürlich und ohne schwierigkeit, wenn man für die germ. wz. strīd- die ursprüngliche bedeutung 'ausstrecken, wonach trachten, sich anstrengen' annimmt. Daraus entwickelt sich leicht sowol 'schreiten' als 'streiten'.

Man vergleiche ähnliche bedeutungsentwicklung bei den folgenden: gr. ogέyo ‘ausstrecken': 'schreiten': 'angreifen, anfallen', ogeyua 'das ausstrecken' : 'schritt'; aind.stigh- 'schreiten': 'angreifen'; aslov. stignati ‘eilen' : gr. otɛízo ‘gehe, steige', got. steigan 'steigen'; gr. лɛτávvvu 'strecke aus': лéтoμai 'fliege' lat. peto 'greife an'; ags. ræsan 'stürzen': 'anfallen': ze-rīs ‘wut' : rīsan 'steigen': mhd. reise 'zug, reise'; ags. clacian 'eilen' clacu 'streit'; tengan 'eilen': 'anfallen'.

12. Engl. throe 'schmerz', ags.prowian, ahd. druoen 'leiden' aus der germ. wz. pro- sind aus der indog. wz. tre- 'drehen' entstanden, also mit ags. prawan, ahd. draen verwant. Vgl. für die bedeutung lat. torqueo 'drehe': 'peinige'; engl. writhe

'drehen, winden': 'sich winden, sich vor schmerz krümmen', an zuckungen leiden'.

13. Mhd. strafe 'tadel, strafe', strafen 'bestrafen, züchtigen' sollen nach Kluge den übrigen germ. dialekten fehlen. Man darf sie aber mit ags. prafian 'antreiben; tadeln, züchtigen', prafung 'verweis, züchtigung' verbinden und auf die erweiterte wz. trě-po- zurückführen. Vgl. gr. τρέлo 'drehe, wende; treibe zurück, schlage ab; treibe an, überrede', ¿v-toέлo 'beschäme, züchtige', aind. trapate 'schämt sich, wird verlegen', trapayati 'beschämt', lat. trepidus etc. Vgl. Prellwitz, Et. wb. s. v. τQέлo. Persson, Wurzelerweiterung s. 51. Diese sippe ist also mit der vorhergehenden urverwant.

14. Ahd. zīdalāri, mhd. zīdelære 'zeidler', ableitung zu ahd. zīdal-, mhd. zīdel- in der zusammensetzung zīdalweida u. s. w. (s. Kluge, Et. wb. s. v. zeidler) weisen auf ein germ. *tīþla-, vorgerm. *di-tlo- hin, welches der wz. di-, dei- entstammt. Aus derselben wz. sind entstanden lett. dejums 'gehöhlter bienenstock', dêjele 'baum, worin ein bienenstock ausgehöhlt ist oder ausgehöhlt werden kann' (wegen weiterer beziehungen vgl. Prellwitz, Et. wb. s. v. Sīvos).

Mt. VERNON, Iowa.

FRANCIS A. WOOD.

UEBER DEN GOTISCHEN DAT. PLUR. NAHTAM.

Nach der ansicht der meisten autoren haben wir bei den consonantstämmen im got. die endung -um im dat. pl. zu erwarten. Diese endung finden wir bewahrt in den verwantschaftswörtern auf -r, in mênópum, bajóþum und bei denjenigen consonantstämmen welche dank diesem dativ auf -um und anderen ein lautgesetzliches u enthaltenden endungen (acc. sg. -u; acc. pl. -uns) zur u-declination übergetreten sind. Solche nomina sind bekanntlich fótus (gr. лove, lat. pes, aisl. fótr), tunþus (gr. ódovs, lat. dens, aisl. tonn) und wol auch handus (aisl. hond, pl. hendr). Baúrgs, alhs, spaúrds, brusts, dulps, waihts, miluks, mitaps haben sich alle mehr oder weniger der i-declination genähert und haben im dat. pl. -im.) Die endung -am, wol der a-declination entlehnt, haben die participia praesentis und das masc. reiks, welches sich auch im gen. sg. mit der form reikis den mascc. auf -a anschliesst. Das wort nahts steht aber mit seiner dativendung -am unter den got. femininis absolut vereinzelt, und es wird deshalb vergeblich sein, die betreffende form durch annahme von anlehnung an andere paradigmen erklären zu wollen.

Joh. Schmidt, meines wissens der erste welcher diese eigentümliche form zu erklären versuchte (KZ. 26, 18), findet in got. nahtam den rest eines alten n-stammes und betrachtet das betreffende wort als ein beispiel des wechsels zwischen -r- und -n- in verschiedenen indog. neutralen substantiven.

1) Die angaben der grammatiker über die declination der zur letztgenannten gruppe gehörenden substantive müssen jedoch mit einiger reserve aufgenommen werden, weil ihre pluralformen bei Ulfilas sehr spärlich vertreten sind. Nach Schulzes stellenverzeichnis sind nur von baúrgs alle pluralcasus überliefert, ausser baúrgim ist spaúrdim der einzige dat. pl., von miluks und dulps sind gar keine pluralformen da.

« PreviousContinue »