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SARAN, ZUR ROMAN. UND DEUTSCHEN RHYTHMIK.

S. 85. Zu B gehören lieder wie folgendes sehr künstliche von Konrad von Würzburg, Bartsch 360, no. 9:

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Ebenso Nîthart 14, 14:

Willekomen sî des meien schoene.

ich hân vernomen, manegem senedem herzen

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Man sieht wie der reim oft benutzt wird, die stellen der zusammenziehung anzudeuten.

S. 86. Zu MF. 127, 1. Wenn man in strophe 2, v. 1, 6 und str. 3, v. 6 vil streicht, stimmen die drei strophen hinsichtlich der auftaktverhältnisse genau überein. Str. 2 wäre dann zu lesen dér alsó und Nu ist. Vil konnte leicht zugesetzt werden. S. 90 lies in str. 1 alsám mîn sélbes.

HALLE a. S., october 1898.

F. SARAN.

UNTERSUCHUNGEN

UEBER

HEINRICH HESLERS EVANGELIUM NICODEMI.

1. Die überlieferung.

1. Die einzelnen handschriften.

Das sogenannte Evangelium Nicodemi des Heinrich Hesler1) ist uns erhalten in den hss. zu Schwerin (S), Görlitz (G), Stuttgart (s) und Heidelberg (p). Von diesen ist jedoch nur S von absichtlichen kürzungen frei, hat aber durch verlust mehrerer blätter nahezu 1000 verse eingebüsst. Zu diesen mehr oder weniger vollständigen hss. treten folgende fragmente: zu Wien (W), Erlangen-Berlin-Retz (éiner hs. E angehörend), München (M), Karlsruhe (K) und Görlitz (I). Endlich sind stücke unseres gedichts in der Weltchronik Heinrichs von München erhalten (m).

S. Perg.-hs. des 14. jh.'s auf der grossherzogl. regierungsbibliothek zu Schwerin, früher auf dem dortigen staatsarchiv. In stark wurmstichigem holzband; 16,5 × 23. 67 bll. Der text ist zwischen vorgezeichneten linien geschrieben in zwei spalten zu je 34 zeilen auf der seite. Jeder zweite vers ist eingerückt, abschnitte werden durch rote und grüne initialen gekennzeichnet.

Die blätter 1-30 enthalten das Ev. Nic. Von diesen bilden bl. 2-30 drei lagen von je 4 und eine von 3 doppelblättern. Von der letzten ist die zweite hälfte des zweiten blattes vor dem beschreiben ausgeschnitten worden. Bl. 1 ist der rest einer

1) Vgl. im allgemeinen: P. Piper, Die geistliche dichtung des mittelalters 2, 141. K. Amersbach, Ueber die identität des verfassers des gereimten Ev. Nicodemi mit Heinrich Hesler (beilage zum Konstanzer gymnasiumsprogr. 1882/83 und 1883/84). F. Pfeiffer, Altdeutsches übungsbuch s. 1 ff. R. P. Wülcker, Das Ev. Nic, in der abendländischen literatur s. 44 ff,

lage die verloren ist; das gedicht ist deshalb im anfang defect überliefert. Vorhanden sind vers 437-572 und 1413 ff. Es fehlen also nach der zählung von G 840 verse; wir können darnach auf einen verlust von 6 blättern schliessen, die allerdings, falls sie nicht zum teil enger beschrieben waren (etwa wie bl. 30), nur 816 verse enthalten haben. Vor bl. 1 ist jedenfalls nur éin blatt verloren gegangen: denn es ist nicht anzunehmen, dass die erste lage ursprünglich 5 doppelblätter enthalten hätte, da sie selbst dann für die fehlenden 436 verse zu klein gewesen wäre; vgl. auch Lisch, Heinrich von Krolewitz s. 3. War dagegen am anfang nur éin blatt weiter da, und war dieses wie beim Vaterunser des Heinr. v. Krolewitz in derselben hs. nur auf der rückseite beschrieben, so konnte es gerade die 68 fehlenden verse des eigentlichen gedichtes enthalten. Darnach hätte die hs. also den prolog nicht gehabt. Auf bl. 30y und & sind, offenbar um den raum auszunutzen, öfters zwei verse in eine zeile geschrieben. Custoden finden sich auf bl. 9 sprach nyco und bl. 17 wid' ante.

Die hs. enthält einige rasuren und von späterer hand einige correcturen. Auf dem rand neben 27 findet sich von späterer hand der eintrag gens tua et plebs tua cōprobavit te regem. Ideo praecepi te flagellari secundum statuta principum et post modum in cruce levari.

Bl. 31 a ist leer, 31b-67a enthalten das Paternoster des Heinrich von Krolewitz, hg. v. Lisch 1839.

Stücke dieser hs. sind abgedruckt von Lisch, Jahrbuch für mecklenburgische geschichte 2, 156 ff.: v. 1413-1460. 1605 -1634. 4837-4905. 5339 bis schluss, von Pfeiffer a.a.o. v.2327 -3786 und von H. Haupt, WSB. 68, 201: v. 1425 f.

S ist die einzige der grösseren hss., welche den md. charakter des originals bewahrt hat. Sie hat deshalb anspruch auf eine eingehendere betrachtung.

I. Vocale. Umlaut von a finden wir in: geweldig 3155. 3189, heldes 3365, anmehte 3897; einzeln steht freilich auch a einem e in G gegenüber: sanften 4448, vaterlich 3441, na(h)sten 4200; offenbare 1849, das sicher unursprünglich ist, da es stets nur mit æ reimt.

Der umlaut anderer vocale ist nicht bezeichnet, vgl. romesch 4725, geloset 4946, bosen 3713. 4793; ou in drowe 5140,

geloubic 4572, couflinge 4724, vroude 2917. 4442; u in lutzel 5232, gekundet 1549; û in kuschheit 4274, uo in truobe 3383, pruwen 3263.

Einzelne vocale:

a. S hat stets sal, fast ausnahmslos van und einmal var (statt vor) 1746. Ob in gelart: gekart 3901. 5049, kart 2992. 4197. 4227 kurzes oder langes a anzusetzen ist, lässt sich nicht entscheiden.

e. Die verschiedenen e-laute werden in der hs. nicht unterschieden. Ausserordentlich zahlreich sind die belege für e statt i: vorlegen: gestegen 4869, gedegen 5113, meist bei diser: desen resen 5081, geneses 4487, werdes 5047, gebet 2524. 3743. 5226, vortelgen 5242, rechet 3413, besmedet 3177, gescreben 1924, negen 3325, werden (zu wirt) 3072, selber 3964. 4669, hemelisch 3744. en 2460, segenunft 1634. 2072. 2593. 3502; mer (= mir) 2690, wer 1700. 1865. 1953. 2394. 2661. 2698. 2720, en (acc. sg.) 1424. 1449. 1502. 1926. 3924. (dat. pl.) 1438. 5036 in der enklise oder proklise.

=

Seltener ist der umgekehrte fall i für ë: sprichet (2 pl.) 1596, riche (conj.) 4206, piches 3328, anbiten 3626; für e: willet (2 pl.) 4718. 4778. 5056. 5104, hitzete (zu hetzen, statt regelrechtem hatzte mit rückumlaut) 3134, with 5343.

Nur vereinzelt erscheint für i, e und e auch ie: wieldet : hieldet 5065, swiegen 2499, und ei: heilt : steilt 5069, weige 3780.

In den nebensilben ist i häufig: obiz 2010, undirste 3226, rechtiz 4169, praefix ir- und int- stets statt er- und ent-, auch dir (aus dar geschwächt) 1635.

Der entsprechende wechsel zwischen o und u stellt sich in S so dar, dass o vor r, u dagegen vor n, m vorherscht, vgl. zornete 4583, wormig 4885, worfes 570, storme 3910, worden (pl. praet.) 1734. 3782, koren (praet.) 4144, orteil 2118. 3604. 4741, kort: gebort 1735, dagegen kuninc 537. 1480. 3167, benumen 3149, aber auch vernommen 4731. 4905.

Auch sonst erscheint einzelnes o: wocher 4933, vohse 1909, beslozzen (praet.) 3568.

Für alten diphthong iu steht stets û: hute 1563, nuwet 1593, uch 472. 522. 1549. 2380. 2783, uwer 481. 1594. 1924. 2396, von du 1488, tufel 1789. 3035. 3305. 3475. 4187. 5333. gezuc: luc (imp.) 2489, vorbutet 5284.

ie ist oft geschrieben; sehr häufig begegnet dafür aber auch e: nergen 4696. 4906, besen 3094, vlen 5239, schere 2434, mete 3836, ne 1598, swe 2164. 2530. 4717. 4818, we 2140. 4622. 5052, verzich 1642. 2637; auch ei findet sich dafür: keiset : vorleiset 5109 f., bescheit 4883, deit 1668.

Umgekehrt erscheint ie für ê in lien (lêhen) 4827; siele 4158 geht zurück auf seola, vgl. Leidener Williram (Beitr. 20, 508. 22, 464).

Einige male steht für altes ei ein e: begref 2601, tref 4662, vlesch 1673, egen 4695, und auch für dieses e tritt öfters ie ein: tielten 2126, trieb 3909. 3932, hiesset (= heisst) 3112, tielhaft 4824, ziechen 3111. 3650, blieket (bleichet) 3203.

uo, üe wird meist durch u widergegeben; o erscheint dagegen regelmässig vor r: vorte 2617, vorten 1424. 1440, vortes : rortes 3535, zuvort: gerort 1685, sonst nur vereinzelt verdomet 5208, mosten 2015.

o für û steht in troric 509. 1897. 2670, vgl. Behaghel, Lit.bl. 1, 437.

ou für uo (*ô) in touken (tuochen) 3205 kann nd. einfluss zuzuschreiben sein; u für ou (Weinhold, Mhd. gr.) findet sich in tugender, tugentlich 3235.

Für die nebensilben ist abgesehen von dem oben schon gesagten noch zu erwähnen, dass stets vor- als praefix erscheint statt ver-: vorreters 484, vornam 1415, vorhal 1673.

II. Consonanten. mb ist zu mm geworden, doch vereinzelt als mb erhalten: kumber 3851, tumbe 1486. 1810; umgekehrt einmal imber (vgl. Werner v. Niederrhein).

Sonst ist b spirant (vgl. Pauls Grundr. 22, 722), für den im silbenauslaut oft f geschrieben wird: huof 464, touf: rouf 4545 f., lof 3534. 3539, of 513, dar af 2058, afteilig 3542, afgot 4564, starf 4016. 4601, screif 2781. 5257, vorderfnisse 3377; inlautend oft v, w: gewelve 2326, geweveten 1608, worwen 4246, darwes 442; ebenso anlautend in vewal 3884.

Umgekehrt wird für inlautendes f auch b geschrieben in hobe 4584, hobe bischobe 2513 f., tubel 1789. Häufig ist f widergegeben durch ph: couph 528, ruphes 1416, elph 558, semphtes 1532, scripht 1587. 1640, bigrapht 1562; so auch das für beingetretene: trieph 3932, treph 4662, loph.

Für ft ist einige male ht eingetreten: luht 3679. 3781.

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