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wegen der Leut Gott gleichsam selbsten? Job leidet vom Teufel, Pharao leidet von Fröschen, Schauer, Kåfer ic. Herodes leidet von Würmern, die Knaben zur Zeit Elifåi leiden von Båren; Paulus leidet von Schlangen, aber unter den Leuten leidet fast ein jeder wegen der Leut. Es ist ganz gemein, daß man sagt, ich wollte gern so und so leben, aber mir ist nur. wegen der Leut, was würden diese sagen? Ei sø Leut!

wor:

Es ist wohl wahr, daß die Kleiderpracht den göttlichen Augen sehr mißfalle, wessenthalben Christus der Herr Joannem in der Wüste nicht ein wenig herfür gestrichen, um, weil er einen so schlechten Aufzug von Kameelhaaren gehabt, entgegen ist jene große et caetera in apocalipsi, verdammt wør. den, meistens wegen der Kleiderhoffart. Es ist wohl wahr, daß unsere ersten Eltern von dem allmächtigen Gott felbsten seynd gekleidet worden, nicht aber im Sammet und Seiden, welche doch dem Höchsten nicht gemangelt, sondern in schlechten Schaffellen. Es ist wohl wahr, daß auch gekrönte Häupter und große Monarchen die äußerliche Kleiderpracht gehaßt haben: Kaiser Aurelianus hat gar nichts von Seide getragen, wenig von Silber und Gole, auch solche zu tragen der Kaiserinn selbst verboten. Karolus Quintus, dies fer unüberwindliche Herkules der Welt, ist in gemeinen wollenen Kleidern aufgezogen, dergleichen sich der Zeit etwan ein Bürger schẳmte. Ludovikus IX., dieser sieghafte König in Frankreich, hat sich so gemein in den Kleidern gehalten, daß man ihn fast nicht von dem Pöbel konnte unterscheiden. Es ist wohl wahr, daß eine vom Gold gestickte Schabracke oder Decke

das Pferd nicht besser mache. Es ist wahr, daß S. V. ein Misthausen im Winter nicht darum mehr ist, weil er mit dem schönen weißen Schnee verhüllt ist. Es ist wahr, daß ein Buch nicht desfentwegen höher zu schẳßen, weil es in Sammet eingebunden, and einen guldenen Schnitt hat, also folgsam dem Menschen nicht mehr Ehr zuwachse, um weil er in kostbaren Kleidern daherprangt.

Ich muß bekennen, der stattliche und theare Prokat thut dermal einem manchen armen Bettler einen guten Brocken abstehlen, wegen der überflüffigen langen Röcke kommt jest mancher Bettler zu kurz, die filbernen und guldenen Spik stechen die armen Leut nicht ein wenig, der Ueberfluß der Kleider ist eine Ursach des großen Abgangs bei den Armen 2c. Wie wird sich einmal die Seide schämen, wann am jùng. Fen Tag die armen Bettlerjoppen sie bei dem gerech ten göttlichen Richter wird anklagen.

Ueber alles dieses muß ich auch gestehen, daß die zwölf Apostel, obschon zwölf Fürsten der Kirche, in ganz gemeinen Kleidern aufgezogen, ja sogar der hl. Bartholomåus, fo von königlichem Geschlecht her. stammt, ganze fünf und zwanzig Jahr ein Kleid ge tragen. Der hl. Eremit Paulus hatte keinen andern Mantel als von Palmenblåttern geflochten, nach dessen Tod besagten Mantel der hl. Antonius in so großem Werth gehalten, daß er denselben nur an vornehmen Festtagen an Statt des Gallakleides gebraucht hat.

Ich weiß auch gar wohl, daß, wie der gottfelige und sieghafte Kaiser Heraklius das hl. Kreuz, so lange Zeit in Persien gewest, wieder nach Jerufalem

gebracht, und selbes auf seinen Achseln wollen auf den Berg Kalvariå tragen in einer stattlichen großen und volkreichen Prozession, da hat der gute Monarch bei der ersten Porte müssen still halten, und konnte durch sonderliche göttliche Macht nicht einen Tritt weiter thun, bis er den prächtigen kaiserlichen Habit und Aufzug, so in Sammet, Seide, Gold und Kleis nodien 2c. bestanden, hinweg gelegt, und in einen rauhen hårenen Sack geschloffen, mit welchem Kleid er nachmals ohne fernere Hindernuß das heilige Kreuz. hinauf gebracht. Officium St. Cruc. Aus welchem Allem sonnenklar erhellet, daß die Kleiderpracht den göttlichen Augen höchstens mißfalle. Alles dieses ist wahr, alles dieses weiß ich, und wollt ich von Herzen gern in gemeinen Kleidern aufziehen, damit ich nur Gottes Gnade nicht verscherze oder verliere, aber wann ich nur sollte in einem gemeinen kråuerischen Zeug oder schlechten Kronrasch daher gehen, was würden die Leut sagen?

O läppische Furcht! laß die Hund bellen, laß die Gais gemeckeßen, laß die Schaaf blårren, laß die Såu kürren, laß die Gåns schnattern, laß die Hennen gackeßen, laß die Tauben guruckeßen, laß die Kagen gemauckeßen, laß die Hühnl pipiken und laß die Leut reden. Ihr Reden sticht dir die Augen nicht aus, wie der heil. Luzia. Ihr Reden schneidt dir die Nasen und Ohren nicht ab, wie dem heil. Martiali zu Korduba. Ihr Reden bricht dir die Zähne nicht aus, wie der heil. Apollonia. Ihr Reden reißt dir die Zunge nicht aus, wie der heil. Bafilisse zu Rom. Ihr Reden schlägt dir den Kopf nicht ab, wie dem

beil. Paulus. Laßt die Leut reden, die Leut werden am jüngsten Tag für dich Antwort geben; die Leut werden für dich nicht in die Höll steigen; die Leut werden für dich nicht ewig leiden, and warum, wilft du wegen der Leut das Gute unterlassen, und das Böse wirken? Wie der heil. Franziskus alle üppige Kleiderpracht hinweg geworfen, und einen rauhen (pissigen Sack angelegt, auch zu allen Zeiten baarfuß gangen, da haben die Leut auch geredt, etliche sogar haben seinen Wandel ausgehöhnt und verlacht, aber dieser Leut halber hat sich Franziskus nicht lassen ab: wendig machen; sein rauhes Bußkleid hat er wegen der Leut Reden nicht ausgezogen, obschon solches das zumal von etlichen veracht worden, so ist es doch der Zeit in so hohem Preis, daß auch gekrönte Monarchen sich glückselig schåken, wann sie nur etliche Faden von dem Kleid des seraphischen Vaters in ihren Hån, den haben. Laß die Leut Leut seyn.

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Schändlich und sehr übel stehet es, wann man in den Kirchen und Gotteshäusern sich ungebårdig Haltet, und unnüßes Geschwäß verführet. Unser lieber Herr ist einmal, als es Kirchweih war in dem Vorhof oder Vorgang des salamonischen Tempels, hin und her spazieren gangen. Ambulabat in templo in porticu etc., fonnt wohl jemand fragen und sagen: warum ist Christus nicht in den Tempel hinein gangen, und das selbst seine Andacht verrichtet? Aber håre diese Ursach, der gebenedeite Heiland hat‍ schon, vermög seiner göttlichen Alwissenheit, vorgesehen, daß die Hebråer ihn werden anreden, und allerlei Geschwåg unter einander machen, darum hat er ihrer vor dem Tempel heraus gewartet,

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dadurch zu zeigen, daß man in den Kirchen und Gotteshäusern nicht soll unnüglich schwåßen und plau. dern. Freilich stehet es nicht wohl, wann man in dem Haus Gottes von seiner eigenen Hauswirthschaft reden thut. Uebel stehet es, wann man in dem Tempel vom sauren Plempel einen Diskurs führet. Ungereimt stehet es, wann man unter dem Gottesdienst von Dienstboten schwägen thut. Schändlich stehet es, wann man an dem Ort, wo das schneeweiße Lamm Gottes aufgeopfert wird, gar einen Bocksdiskurs führet, und buhlerische Reden vorbringt. Sündlich ist es, wann man von der Taberna redet, wo Gott seinen Taber. nakul hat. Verdammlich ist es, wann man in der Kirche an Statt der Schlußgebetel die Augen hin und her schießen läßt, um zu sehen, wo ein und an. derer Gallus und Galan stehet, mit dem man die Zeit vertreiben kann. Schändlich und mehr als schånd, lich ist es, wann einer nur ein Knie in der Kirche beugt, und gleichsam eine Postur macht, als wollt er einen Hasen schießen. Fürwahr bei dem Evangelisten Lukas lieset man, daß unser lieber Herr auf dem Delberg, als er das Gebet zu seinem himmlischen Vater verricht, nicht habe nur ein Knie sondern alle beide auf die Erd fallen lassen, Positis genibus etc. Der heil. Paulus spricht sogar, daß zu dem Namen Jesu die verdammten und bösen Geister ihre Knie beugen in der Hill: Omne Genu flectatur, etc. Infernorum etc.; ja nach Aussag des heil. Vin: zentii Ferrerii hat zu Rom ein Teufel in sichtbarer Gestalt einem jungen Kerl in der Kirche einen harten Backenstreich versett, um weil er bei der Aufwand,

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