Page images
PDF
EPUB

32, 13

sît sie die schalkheit wellen, ich gemache in vollen kragen. ze Österrîche lernt ich singen unde sagen:

15 dà wil ich mich allerêrst beklagen:

vind ich an Liupolt höveschen trôst, so ist mir mìn muot entswollen.

5. 6. AN BERNHARD VON KÄRNTHEN.

I.

Auch in diesem und dem folgenden Spruch sind die Gedanken mehr angedeutet als ausgeführt. Beide beziehen sich wohl auf dieselbe Angelegenheit. Wie sich aus v. 22 ergibt, hatte der Herzog dem Dichter Kleider versprochen, dieser sie aber nicht erhalten und sich irgendwie unmutig geäußert. Im ersten Spruch sucht er den Zorn des Herzogs zu beschwichtigen; im zweiten wendet er sich gegen die, die seinen Gesang falsch ausgelegt oder entstellt (v. 33) und ihn verleumdet hatten. Rieger ZfdA 47, 227 f. folgert aus v. 17 ein längeres Dienstverhältnis, das er zwischen Ende 1201 und Nov. 1203 oder Sept. 1204 ansetzt, während Wilmanns beide Sprüche nach 1213 entstehen läßt. Vgl. 1, S. 179 und 28, 11. Ich hàn des Kerendæres gàbe dicke enpfangen: wiler dur ein vermissen bieten mir also diu

Erklärung ist unsicher. Pfeiffer erklärt: 'der knolle swm., unförmlicher Auswuchs, tumor, kn. gewinnen, bildlich: vor Zorn aufschwellen, zornig werden.' Ebenso Hildebrand DWb 5, 1466. Schönbach Walther S. 146 und WSB 145, IX, 31 denkt an die Redensart sich einen Kropf ashängen', aber seine freie Umschreibung von v. 13 ist unmöglich. Wilmanns meinte in der ersten Ausgabe, der Dichter möge an das Kröpfen des Federviehes gedacht haben; knolle

Kloß, Nudel, s. DWb 5, 1466 (2 e). Dazu paßt jedenfalls die folgende Zeile gut: 'Nun, ich kriege auch vielleicht Knödel; wollen sie Nichtsnutzigkeit, ich will sie wacker kröpfen.' (krage, grade in Ausdrücken des Schlemmerlebens üblich. DWb 5, 1957.) Für Pfeiffers Erklärung spricht eher die letzte Zeile. Eine sichere Deutung scheint unmöglich. 14. Die Verbindung fehlt; v. 14 knüpft an v. 11 an, die beiden folgenden stehen wie in Parenthese.

[ocr errors]

Vgl.

65 A, 325 C. wangen?

Reinmar v. Zweter 150, 1 Von Rine so bin ich geborn ze Ôsterrich erwahsen usw. (wohl mit bewußtem Anklang, s. Roethe S. 230). Wenn dieser und der vorhergehende Spruch hintereinander gesungen wurden, so ist auffallend, daß der Dichter hier von Leopold in dritter Person spricht, während er ihn dort anredete; vgl. aber 71, 1. Die Worte ze Ôsterriche sind nur so zu verstehen, daß der Spruch nicht in Österreich gesungen wurde. Rieger meint, in Kärnthen. 16. Lachmann vergleicht Reinmar v. Zweter MSH 2, 204 (= Roethe 151, 1) mir ist geswollen hie der muot, al da daz herze lit. ist daz man sin niht widertuot mit einer suonesalben, so muoz ich min brust rûmen durch den munt. Otfr. 3, 3, 26. Vgl. Roethe S. 230. Vgl. ferner die Vorbemerkung zu 34, 34.

b

32, 17. Er beginnt mit dankbarer Anerkennung: 'Ich habe des Kärntheners

32, 19 Er wænet lîhte daz ich zürne: nein ich, niht.

20

im ist geschehen daz noch vil manegem milten man geschiht. Was mir lihte leide, dô was ime noch leider.

dò er hâte mir geschaffen kleider,

daz man mir niht engap, dar umbe zürne er anderswâ.

ich weiz wol, swer willecliche sprichet jà,

25 der gæbe ouch gerne, und wære ez danne dâ.

30

ditz ist ein zorn an alle schulde weizgot unser beider..

II.

Ichn weiz wem ich gelichen muoz die hovebellen, 66 A, 33 B, 326 C. wan den miusen, die sich selbe meldent, tragent si schellen. Des lekers 'her' der miuse klanc, kumt si ûz ir klus,

so schrien wir vil lîhte 'ein schalc, ein schalc! ein mùs, ein mus!'

Edel Kerendære, ich sol dir klagen sêre,

-

[ocr errors]
[ocr errors]

Gabe so oft empfangen, will er, weil es ihm an Mitteln fehlt, sich so abseits halten?' (vgl. 49, 19). 19. nein ich, s. zu 61, 26. niht, nachdrücklich hinzugefügt: 'o nein doch, nicht im geringsten.' hat got gesprochen wider sin eigen wort? nein er, nihtes niht Myst. 2, 184, 35 (Mhd. Wb. 3, 656b). 20. daß er nämlich mehr versprach, als ausgeführt werden konnte; 1. IV, 168 f. 21. Es schmerzte den Herzog, daß sein Versprechen unerfüllt bleiben mußte. - 22 f. Das logische Verhältnis zum Vorhergehenden würde die Konj. aber bezeichnen. 'Er war bekümmert; aber den Unmut darüber, daß man mir die bestimmten Gewänder nicht gab, möge er anderswohin richten', d. h. nicht gegen mich. geschaffen, wie 60, 38. 24. s. 1, S. 254. 25. Über und im Bedingungssatz s. v. Kraus ZfdA 44, 149 ff. Das danne würden wir in den Hauptsatz stellen, vgl. 42, 3.

[ocr errors]

32, 27. hovebelle swm. Hofhund, hier verächtliche Bezeichnung für einen Teil des Hofgesindes 1, S. 383. 28. Wie eine Maus, der man eine Schelle angebunden hat, sich selber verrät, so braucht der Lecker nur sein dienstfertiges Herr zu sagen, und man merkt gleich, daß es ein Schalk ist, der redet', Wackernagel. 'W. Grimm erinnert an die Sitte, die an einigen Orten herrscht, eine Maus lebendig zu fangen, ihr eine Schelle anzuhängen und sie wieder loszulassen, damit sie durch den Lärm und Klang die andern Mäuse verjage. die mauß verrath sich zuletz selbs ist ein Sprichwort (Gruteri Florileg. 2, prov. Germ. S. 25). Lachmann. Wallner PBb 33, 21 verweist auf Meißner MSH 3, 90 (11): Ich wolde, daz den argen hienge ein schelle vor an der nasen, diu dâ klünge helle, da man sie bi erkente: scht, daz wære ir reht. 29. Der Satz entbehrt der Kopula nach Art der Sprichwörter. miuse gen. sing. klus s. 1,

32,32 milter fürste, marterære umb êre,

ichn weiz wer mir in dînem hove verkêret mînen sanc. lâz ichz niht dur dich und ist er niht ze kranc,

35 ich swinge im also swinden widerswanc.

vernim, swaz ich gesungen habe, durch waz er mirz verkère.

7. SIMONIE.

Die sieben Sprüche 33, 134, 33 verfolgen dieselbe Tendenz. Verhältnisse, unter denen sie entstanden, s. 1, S. 131 ff.

Über die

In dem ersten Spruch

(1, S. 134) warnt Walther die deutsche Geistlichkeit vor dem Kauf geistlicher Ämter; er scheint an eine von Rom unabhängige nationale Kirche zu denken. Anders Wallner ZfdA 39, 430 ff. und Singer PBb 44, 458. Gegen den Versuch, die Sprüche in die Zeit Philipps zu schieben, spricht schon die komplizierte Strophenform.

33, Ir bischofe und ir edeln pfaffn, ir sit verleitet. 67 A, 339 C. seht wie iuch der bâbest mit des tievels stricken seitet.

[blocks in formation]

und ist er niht ze kranc, ist er (der Gegner) nicht zu gering, also satisfaktionsfähig. 35. Alliterierende Formel; das Bild vom Fechten hergenommen; vgl. 84, 23. Bei Freidank 127, 16 heißt es: ich weiz wol, daz niemen mac verbieten wol den widerslac. -36. 'verstehe, warum er mir das verdreht, was ich gesungen habe', nämnlich weil er, selbst zu schwach, sich doch darauf verlassen kann, daß ihm Walther um des Herzogs willen nichts zuleide tun wird. So im Anschluß an B. Nach dem Text von AC verlangt Walther Untersuchung. Aber auch mit Lach

manns Konjektur fråge wax ich sunge (für habe gesungen), und ervar uns werz verkêre bleibt die Lesart bedenklich wegen der fehlenden Eingangssenkurg und des nun entstandenen Hiatus (s. 1, S. 312) (einem etwaz ervarn, für ihn erforschen; z. B. W. Gast 13276 daz ein sneller bot vil wundern balde loufe dar und ervar uns dax vil gar). Die armselige Wiederholung von verkêren ist gewiß fehlerhaft. Auf diese beiden an den Kärnthener gerichteten Sprüche läßt Simrock 32, 7. 31, 31 folgen. Ebenso Pfeiffer.

33, 2. Das Reimwort ist verloren (seren A, seret C), vermutlich weil Walther ein ungewöhnliches Wort gebraucht hatte. seiten ist im Mhd. nicht nachweisbar; Wackernagel Vorr. XXXVf. vergleicht ahd. said decipula, saito laqueus, biseidon inlaqueare. Graff VI, 159. Bartsch Germ. 6, 201 und unabhängig von ihm Schönbach Zfd A 39, 349, WSB 145, IX, 32, Wallner ZfdA 39, 431, Möller Afd A 36, 198 vermuten verteilet; seilet. Ge

33, 3 Sagt ir uns daz er sancte Pêters slüzzel habe,

so sagt war umbe er sîne lêre von den buochen schabe.

5 Daz man gotes gabe iht koufe oder verkoufe,

daz wart uns verboten bî der toufe.

nû lêretz in sîn swarzez buoch, daz ime der hellemôr hât gegeben, und ûz im leset sîniu rôr:

läufig ist der Ausdruck des tiurels seil z. B. W. Gast 12019. Heinzel zu H. v. Melk Er. 710. 3. Wendet nicht ein, er sei Petri Nachfolger, denn als solcher zeigt er sich nicht. 4. von den buochen schaben aus der Schrift tilgen, vgl. 100, 27. Die folgenden Verse bezeichnen die Lehre Christi, die der Papst verwischt. 5f. Durch die heilige Taufe ist es uns untersagt, Gottes Gabe zu kaufen oder verkaufen (Dei donum emere et vendere), d. h. Simonie zu treiben. Act. apost. 8, 20 Petrus autem dixit ad eum (Simonem): Pecunia tua tecum sit in perditionem: quoniam donum Dei existimasti pecunia possideri. Ähnliche Klagen s. 1, IV, Nr. 562.

=

Schwerlich darf man, um den Hiatus (s. 1, S. 312) zu vermeiden, die Betonung oder annehmen. Vielleicht ist noch für oder einzusetzen. 7. hellemor, der Schwarze in der Hölle; den Ausdruck braucht außer Walther Hartmann 211, 5. swarzez buoch, nigri libri (Ekkehard IV De casibus S. Galli c. 2) Zauberbuch; swarze kunst, nîgromanzie (entstellt aus vɛzoou avτɛía). Vgl. Nagel Zschr. f. vergl. Literaturgesch. NF 2, 104 ff. Bruder Wernher MSH 2, 228 swer gît derst liep; daz hân ich an den swarzen buochen wol erlesen. Also: was die hl. Schrift verbietet, das lehrt das Zauberbuch. Thaner (Die Sprüche Walthers über Kirche und Reich. Nördlingen 1876, S 7) vermutet mit großer Wahrscheinlichkeit, daß Walther mit dem schwarzen Buch die

Dekretalensammlung meine, die Innocenz im Jahre 1210 durch seinen Notar anlegen ließ und der Universität Bologna behufs ihrer Benutzung sowohl beim Lehren als beim Urteilsprechen übersandte. Über die hohe Bedeutung dieses Werkes s. Schulte, Quellen u. Lit. des kan. Rechtes 1, 86 f. - 8. Eine befriedigende Erklärung des Verses ist noch nicht gefunden. Lachmann dachte anfangs an den Opferstock (34, 14) und so auch Simrock S. 68, J Grimm vermutete ûz im lesent si nu rôr, aus der Erfindung des höllischen Buches schneiden sie nun Pfeifen, oder liset siniu rôr, der Papst schneidet sich seine Pfeifen; vgl.: wer im Rohr sitzt, hat gut Pfeifen schneiden. W. Grimm: ûz im leset siniu rôr. ir kardenâle, aus diesem schw. Buch müßt ihr Kardinäle lesen (rôr : Schrift?). Wiggert (und ûx im les et oder er): damit er daraus seine Halme lese, seine Ernte tue, seinen Schnitt mache, oder mit Bezug auf das Bild des folgenden Verses, damit er daraus sein Stroh oder Rohr zum Dachdecken sammle. Bezzenberger (Zfd Ph 6, 36) nahm eine frühere Vermutung Wackernagels (blæst er) auf und verglich Catos sprichwörtlich vielfach gewandte Sentenz: fistula dulce canit, volucrem dum decipit auceps; aber was sollte der Plural? und kann man sagen er bläst Pfeifen aus einem Buche'? Schönbach ZfdA 39, 350 faßt ror = calamus im Sinne von penna 'Schreibfeder' und meint, es spiele

33, 9 ir kardenâle, ir decket iuwern kôr:

10

der unser alter frône stêt undr einer übelen troufe.

8. DER NEUE JUDAS.

„Auch dieser Spruch bezieht sich auf die Simonie, denn Judas Iscariot gehört, weil er den Herrn verkauft hat, zu den vier typischen Beispielen dieser verhängnisvollen Sünde“ (ZfdA 39,351).

Wir klagen alle, und wizzen doch niht waz uns wirret, 25 B. daz uns der bâbest unser vater alsus hât verirret.

Nu gât er uns doch harte vaterlîchen vor:

wir volgen ime [nâch] und komen niemer fuoz ûz sînem spor. 15 Nû merke, werlt, waz mir dar ane missevalle.

gîtset er, si gîtsent mit im alle:

liuget er, si liegent alle mit im sîne lüge: und triuget er, si triegent mit im sîne trüge.

vielleicht ein Bezug auf die Käuflich-
keit der päpstlichen Kanzlei mit. Wall-
ner ZfdA 39, 431 will und ûz im liset
sine hôr einsetzen: 'und aus dem er
(der Teufel) seine Hora liest', Möller AfdA
36, 19 leset ir iur or lest ihr eure
Hora. Lachmann meinte, Walther
fordere die deutschen Bischöfe auf, dem
Papst für die Erteilung geistlicher Ämter
kein Geld mehr zu geben, denn Petri
Lehre sei das nicht. Weiter interpre-
tiert er, indem er lêr etz und les et
schreibt: 'mag er solche Lehre und Rohr
für sein Dach aus seinem Zauberbuch
herauslesen.' Aber die Verbindung der
beiden Gedanken wäre seltsam und nahe-
zu unverständlich; und der Chor wird
doch nicht mit Rohr gedeckt. In v. 7
von der Überlieferung abzuweichen liegt
kein Grund vor. Am annehmbarsten
scheint noch J. Grimms zweite Erklä-
rung.
9. Man erinnert sich eines
Streiches, den der Pfaffe von Kalenberg
seinen Bauern spielt. Er überläßt ihnen
großmütig, ob sie lieber den Chor oder
das Langhaus decken wollen. Aus Spar-
samkeit wählen sie den Chor, und müs-

[ocr errors][merged small]
[ocr errors]

33, 12 daz, daß nämlich. 13. vgl. 1, S. 136. 14. niemer fuoz 60, 11. daz spor, die Spur; der spor, der Sporn. 15. Nachdrückliche Ankündigung 1, S. 354. Freidank 157, 23 gehorsam ist al eine guot, die wile der meister rehte tuot. 16. gitsen, habgierig sein; das Nhd. erhält die Bedeutung in geizen nach, Ehrgeiz, nicht im Simplex Geiz. 17 f. Erweiterter Reim. Vgl. auch 1 S. 373 f. Freidank 168, 19 Liegen triegen rüement sich, si erkenne der bâbest bax dan ich. — 18. Freid. 152, 4 Rôme ist

[ocr errors]

-

« PreviousContinue »