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Germ. 6, 204. Martin ZfdA 20, 51. 63. Die Zäsur, welche die lateinischen Lieder in v. 1. 3. 6. 7 hinter der vierten Silbe haben, ist in Walthers Gedicht nur in Str. 1. 2. 3. 6 regelmäßig beobachtet, nicht in Str. 4. 5. Merkwürdig, aber doch wohl zufällig ist es, daß gerade diese beiden Strophen auch in der Hs. A fehlen. Jedenfalls sah der Sammler der Carm. Bur. in dem Fehlen der Zäsur kein Hindernis, Walthers Strophen nach der Weise des lateinischen Liedes zu singen. Hinsichtlich des Inhalts steht das erste der beiden lateinischen Gedichte (2. Anhang Nr. IV) dem Walthers so nahe, daß man an einem nahen Zusammenhang nicht wohl zweifeln kann; aber welches als das Original anzusehen sei, ist noch unentschieden. Martin hält das lateinische für das ältere, Burdach R S. 159. 165f. glaubt Walthers Originalität erwiesen zu haben. Wilmanns neigte der Auffassung Martins zu. Ebenso Plenio PBb 42, 467. Kein Dichter vor Walther hat die belebende Maienlust in einem so ausgeführten, an frischen Einzelzügen reichen Gemälde dargestellt, die Keime zeigt das lateinische Gedicht. Die Personifikation des Mais tritt hier bestimmter hervor als in dem Liede 39, 1, das sich gleichfalls an lateinische Dichtung anlehnt: die ganze Natur lebt, die Vöglein üben ihre beste Weise, Klee und Blumen wachsen um die Wette, alle Welt ist in freudiger Bewegung, und mitten inne steht der Dichter, vielleicht als Vorsänger, um die Gesellschaft zu Tanz und Sang zu führen. Vgl. Kanzler MSH 2, 391 (V).

51,13 1. Muget ir schouwen waz dem meien 175 C, Lutoit von Seven 44 A. wunders ist beschert?

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51,25 Wê wer wære unfrô?

30

35

sit die vogele also schône

schallent mit ir besten dône,

tuon wir ouch alsô!

3. Wol dir, meie, wie dù scheidest allez âne haz!

Wie wol dû die boume kleidest,

und die heide baz!

Diu hât varwe mê.

'dû bist kurzer, ich bin langer,'
also strîtents ùf dem anger,
bluomen unde klê.

4. Rôter munt, wie dù dich swachest! lâ dîn lachen sîn.

sagt?; s. zu 64, 31. Das Adj. dörperlich braucht Walther 124, 25. Von den älteren Minnesängern hat nur Veldeke 57, 31 dorpelike, 68, 10 dorpheit. Hartmann braucht dörperheit im Iwein 7121, a. Heinr. 51. Hochdeutsche Form würde f st p verlangen. 27. schallen vom Vogelgesang 111, 7; schal 39, 5.

51, 29. scheidest ane haz, in Liebe schlichtest. Der Mai wird als König aufgefaßt, der sich auf dem Richterstuhl niederläßt; so sagt Neidhart 75, 23, der Winter habe des Sommers stuol besezzen. 31. Der Mai kleidet sein Gesinde in Festgewand. Neidhart 5, 8 heid anger walt in fröuden stát; diu habent sich berihtet mit ir aller besten wat die in der meie hat gesant. 19, 8 wie wol er (der walt) siniu grüeniu cleider an sich strichet; der hat im der meie vil gesant, vgl. Strauch zu Marner IV, 8. Von dem Kleide der Heide usw. spricht namentlich G. v. Neifen gern; s. Kummers Sammlung, Herrand S. 220. Vgl. ferner Kanzler MSH 2, 394 (XI, 2). Klingen MSH 1, 73 (V, 1). Der Mai als Krämer, Strauch. Marner IV, 8. 32. Die Heide ist besser ge

177 C, Lut. 45 A, M.

178 C, M.

kleidet, weil sie vor den grünen Bäumen den Schmuck bunter Blumen voraus hat (v. 33). Andere Dichter stellen solche Vergleiche nicht an, Walther liebt sie. 64, 13 erkennt er dem Walde den Vorrang zu. 34. Auch der Wettstreit zwischen Blumen und Klee ist Walther eigen; er wiederholt ihn 114, 27; dann borgt ihn der Dichter der Virginal 20, 4: bluomen lachen (Walther 45, 38) durch daz gras, der kurzer, dirre lenger was; vgl. auch Martina (ed. Keller) 59, 6. 91, 39. Schließlich erbt ihn das Volkslied; Uhland 3, 415. Vgl. auch Neidhart XXVII, 15 ex gruonet schône widerstrit der walt und diu heide. Steinmar MSH 2, 157 ûz grüener boume brozzen so dringet widerstrit bluot vil manigerleien.

51, 37. Der Inhalt der folgenden Strophen, die Anrede an die Frau, das spöttische Lachen, der Schaden finden in dem Vorhergehenden keine Erklärung. Lachmann nahm deshalb die drei letzten Strophen als selbständiges Lied; aber der Anfang wäre abgerissen und der Inhalt durch die Trennung nicht ver

52, 1

10

Scham dich daz dû mich an lachest

nach dem schaden mîn.

Ist daz wol getân?

ôwê sô verlorner stunde,

sol von minneclichem munde

solch unminne ergân!

5. Daz mich, frouwe, an fröiden irret,

daz ist iuwer lip.

An iu einer ez mir wirret,

ungenædic wip.

Wâ nemt ir den muot?

ir sît doch genâden rîche:

ständlicher. Einen befriedigenden Zusammenhang, bemerkte Wilmanns, erhält man, wenn man zunächst wie in der Hs. A die letzte Strophe folgen läßt. Nachdem der Dichter die allgemeine Freude geschildert hat, erbittet er auch für sich ein Freudelîn. Die Gunst bleibt ihm versagt, und nun kommt die Klage in den beiden nur in der Hs. C überlieferten Strophen. Schönbach WSB 145, IX, 55 stimmte zu: es scheide 51, 29 der Mai, 52, 15 die Frau. Wenn das Lied, wie es nach v. 51, 23 recht wohl möglich ist, ein Tanzlied war, so mußte die begleitende Aktion zeigen, welche Gunst der Sänger erwartete; bat er nur um einen Tanz? bot er ein Sträußchen? oder einen Kranz, wie 74, 20? oder wünschte er gar ein Küßchen, wie es in dem zu 74, 20 mitgeteilten volkstümlichen Tanzliede geschieht? Bei dieser letzten Annahme erscheint die Fortsetzung in Str. 51, 37 jedenfalls am wirksamsten. Auf den roten Mund war Auge und Sinnen gerichtet, daher richtet sich die Rede an ihn. Aber auch ohne diese Voraussetzung ist die Anrede roter munt verständlich und sehr anmutig; um den Mund der Frau spielt der neckische

179 C, 415 s.

Hohn, der den Sänger erregt; er ergreift den unmittelbaren sinnlichen Eindruck, und der Mund wird ihm zum selbständigen Wesen. Spätere Dichter brauchen dann rôter munt geradezu zur Bezeichnung der Geliebten. Namentlich Gottfr. von Neifen 7, 24. 33f. 16, 5. 27, 14. 36, 19. Heinrich von Meißen MSH 1, 13 (III). Albrecht von Raprechtswîle MSH 1,342 (II, 1). Heinzelin von Kostenz (?), Minnelehre v. 133. 1800. 2126. J. V. Zingerle, Germania 9, 402. 52, 5. von minneclichem munde unminne, v. 12 genâdenriche.. ungenaedecliche, solche Gegensätze liebt Walther. 1, S. 373. Die Strophe Walthers klingt nach in einem Liede des Grafen Kraft von Toggenburc MSH 1, 20; vgl. besonders: wolde ein reine salic wip niht sô vil gelachen miner swære. Lache, ein rôsevarwer munt, so daz mir din lachen nienen swache mine vröude.

.

52, 9. ex wirret (stv.) mir, es drückt mich, Lieblingswort Walthers 33, 11. 48, 10. 64, 20. 117, 33. 83, 19. 103, 2. gewerren 29, 21. 6, 38. 'An euch allein liegt der Grund meines Verdrusses.'

12. Vgl. den ähnlichen Strophenschluß 62, 35.

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52, 23. Die ursprüngliche Folge der ersten drei Strophen hat die Hs. E (und U) bewahrt. Strophe 1 und 2 sind durch das Ôwê 52, 27 und 53, 1 aneinander gebunden, 3 und 4 durch In gesach, 1 und 5 durch Min frouwe (Miner frouwen). Daß die zweite, vierte und fünfte Strophe durch die Responsionsreime auf eine enger verknüpft sind, haben Giske Zfd Ph 18, 224 und Plenio PBb 39, 299 Fußnote bemerkt. Hieß es in Str. 1 (52, 28f.) etwa zerrunnen: gewunnen in Responsion zu Str. 3 (52, 35 f.) sunnen: gewunnen? Alle Verse sind fallend. Der Stollen hat 10 (5 und 5), der Abgesang 15 (4, 3, 3 und 5) Takte. Über die verwandten Töne 40, 19 und 85, 34 s. bei 40, 19. Vgl. auch Ton 99, 1. Aus 52, 25 f. ergibt sich, daß dieses Lied nicht in des Dichters Jugend gehört, aus 53, 17, daß es in die Zeit seines Wanderlebens fällt; und so mag man aus den deutlichen Beziehungen auf Morungens Kunst vermuten, daß es nicht früher entstanden ist, als Walther nach Mitteldeutschland gekommen war. Möglicherweise folgte es, ebenso wie 48, 38, auf das Lied 56, 14, denn, wie Lachmann zu 53, 17 bemerkt, es sieht aus, als entschuldige Walther seine Strophe 56, 30. Vgl. auch die Schlußbemerkung zu Nr. XVI des 1. Anhangs (184, 1ff.). Plenio PBb 42, 442 A. 2 stellt aus formalen Gründen die Chronologie auf: 69, 1. 70, 1. 40, 19. 52, 23; v. Kraus (Lieder Reimars III, 14) ist geneigt, unser Lied unmittelbar vor Reinmar 158, 1 zu setzen; s. unten zu 53, 1. Zwei nur in E überlieferte Strophen s. 1. Anhang Nr. XII.

52, 16. die zit, d. h. die niuwe zit, die Saison, wie bei Dietmar 33, 15 ahî nû kumet uns diu zit, der kleinen vogelline sanc. 17. an vröiden borgen wie 48, 6. 20. Derselbe Vers beim Schenken von Landegge MSH 1, 355a und zweimal bei Ulrich von Winter

stetten MSH 1, 154". 161. 22. Die Stelle erinnert an Reinmar 165, 35 dû gist al der werlte hohen muot: wan maht och mir ein lützel fröiden geben; wirksamer ist Walthers Deminutivum fröidelin. 1, S. 374. Erich Schmidt S. 51 Anm.

52, 23 1. Mîn frouw ist ein ungenædic wip,

25

30

daz si wider mich als übele tuot. Jâ brâht ich doch einen jungen lîp in ir dienest, und vil hôhen muot. Ôwê do was mir so wol:

wiest daz nù verdorben!

waz hân ich erworben?

anders niht wan kumber den ich dol. 53, 1 2. Owê mîner wünneclichen tage!

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hab ich die verlorn, daz ist mir leit. 52,31 3. In gesach nie houbet baz gezogen:

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181 C, 45 E, 31 U.

183 C, 46 E (32 U).

182 C, 47 E.

es, daß er den aufgewandten Dienst in Gegensatz bringt zu der verlornen Zeit, während Morungen sie parallel nebeneinander stellt. An dasselbe Lied Morungens erinnert eine andere Stelle Walthers (92, 3). Morungen klagte über verlornen Dienst und Zeit, Walther nur über die Zeit, Reinmar (158, 35) übertrumpft Walther: daz si dà sprechent von verlorner arebeit, sol daz der miner einiu sip, daz ist mir leit.. ist mir dâ misselungen an, doch gab ichz wol als ez dô lac. Walther aber parodiert ihm dafür sein Lied; s. zu 73, 16. wünneclichen; die st. Form wünneclicher nach dem flektierten Pron. poss., die C bietet, ist in Walthers Gedichten nicht verbürgt. 5. Die von C gehotene Fassung des Verses lide ich not und arebeit ist Reminiszenz an Reinmar 174, 10 Lide ich not und arebeit, die han ich mir selbe an alle ir schult genomen.

-

52, 31. baz gezogen bezieht sich hier nur auf die äußere Schönheit = baz

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