Page images
PDF
EPUB

von ihnen, in der Quelle BC standen, und erst später durch Verstümmlung der Hs. abhanden gekommen sind.1)

Im übrigen ist das Verhältnis der Hss. B und C hier dasselbe wie im ersten Teil. C hat in den gemeinsamen Tönen einige Strophen mehr, die vermutlich aus andern Quellen ergänzt, nicht in B aus Versehen übersprungen sind. Vier von diesen begegnen nachher in dem Anhang, der schon zur Quelle BC gehörte, aber nur eine von diesen (C210) zeigt einen mit B verwandten Text, die übrigen (C 171. 174. 194) müssen anderswoher genommen sein. Ebenso ist die Quelle für C 137. 139 und für 209. 210 ungewiß, doch läßt für die beiden letzteren die Strophenordnung des Tones Benutzung einer E ähnlichen Quelle als möglich erscheinen. C 154 hat denselben Text wie A. Ob der Sammler C die Quelle BC auch in demjenigen Teile, der in B fehlt, vermehrt hat, kann man nicht wissen.2)

Die Liedersammlung, welche den Hss. B und C hier zugrunde liegt, bietet uns Gesänge aus der besten Zeit Walthers; von seiner Jugenddichtung scheint sie nichts zu enthalten. Den Kern bildet. die vortreffliche Liedergruppe, in der er den Übergang von der hohen zur niederen Minne begründet; die Töne III. V. VI. X—XV. Aber in ihrer Integrität ist die Sammlung nicht überliefert. Eine gewisse planmäßige Ordnung ist nicht zu verkennen: zuerst die Lieder der Minne, dann das Preislied auf Deutschland, der Abschied von Frau Minne, ein spruchartiger Ton und zum Schluß eine Unterhandlung mit der Frau Welt. Aber sie ist doch an mehreren Stellen, namentlich hinter Ton VI und am Schluß, empfindlich gestört.3) Eine authen

1) In der Weimarer Hs. (F) entsprechen E 170 — 173 = F 34 — 37, E 174-177 F 29. 31. 30. 32, E 183-F 14, E 184. 185F 16. 17, E 186=F 15; E 178-181 und E 182 fehlen (s. u. S. 33).

2) Daß Str. 202 vielleicht später nachgetragen ist, ist oben S. 16 bemerkt. C 195 zeigt den gleichen Fehler wie A.

3) Wilmanns in den Vorbemerkungen der 2. Auflage zu den einzelnen Liedern und in der kleinen Ausgabe - ordnete um: 42, 15 (V); 45, 37 (X); 43, 9 (VI); 46, 32 (XI), dann bis 50, 19 (XV) unserer Überlieferung entsprechend (ZfdA 13, 223 wollte er noch 43, 9. 44, 11. 60, 34. 61, 32. 44, 35. 45, 37. 46, 32 auf ein Liederbuch zurückführen). Auch 40, 19 (III) nimmt er aus der überlieferten Folge heraus und stellt es hinter das unserer Sammlung nicht angehörige Lied 69, 1 Saget mir ieman, waz ist minne, das er auf 50, 19 folgen läßt. Er stellt ferner in seiner kleinen Ausgabe 44, 11 (VII); 41, 13 (IV) vor 60, 34 (VIII) und bringt 44, 35 (IX) in einem anderen Zusammenhang unter. Das alles scheint mir mehr oder weniger willkürlich, wichtiger dagegen die auch von

tische Sammlung bietet uns die Quelle BC also auch hier nicht, ebenso wenig wie in der Spruchreihe, die den ersten Teil der beiden Hss. bildet.

Wilmanns betonte metrische Zusammengehörigkeit der auch in AEF hintereinanderstehenden Lieder 45, 37 (X) Sô die bluomen ûz dem grase dringent und 46, 32 (XI) Aller werdekeit ein füegerinne, sowie die Tatsache, daß von hier ab bis 54, 37 ein künstlerisches Prinzip der Anordnung zu walten scheint. Wilmanns hat glücklich bemerkt, daß die Strophen 47, 36 (XIII) Zwô fuoge hân ich doch, swie ungefüege ich sî einen guten Übergang bilden von dem unbefriedigten Minneverhältnis, über das die kunstvolle Strophe 47, 16 (XII) Ich minne, sinne lange xit klagt, zu dem köstlichen Liede 49, 25 (XIV) Herzeliebez frouwelin. An dieses aber reiht sich 50, 19 (XV) ganz ungezwungen an: es ist aus derselben Stimmung; Wackernagel-Rieger und Bartsch in seiner Schulausgabe behalten denn auch die überlieferte Stellung der beiden Lieder bei, während Pfeiffer beide umstellt. 51, 13 (XVI) Muget ir schouwen wax dem meien zeigt einen neuen Einsatz hält aber den hohen Ton der vorhergehenden Lieder glücklich fest, und an den Schluß dieses Liedes mit der Bitte um ein kleine fröudelin fügt sich dann wieder gut die Klage in 52, 23 (XVII) Min frouwe ist ein ungenædic wip. Pedantisch ist die Ordnung nirgends. 53, 25 (XVIII) Si wunderwol gemachet wip schließt wiederum nicht eng an, stört aber auch nicht, während 54, 37 (XIX) Ich freudehelfelôser man das Thema von 52, 23 wieder aufnimmt und einen guten Abschluß bildet. Die losen Strophen desselben Tones Frou Sælde teilet umbe sich und Wer gap dir, Minne, den gewalt lassen sich ganz wohl als Zugaben fassen, mit denen der Sänger am Ende eines Vortrags für den wiederholt gespendeten Beifall dankte. Die Überlieferung der Töne X-XIX scheint mir also in der Tat der Reflex eines zu Vortragszwecken zusammengestellten Liederbuches zu sein. Mit 56, 14 (XX) Ir sult sprechen willekomen beginnt gewiß ein neuer Vortrag, ein neues Liederbuch. Es scheint mir unmöglich, mit Wilmanns (2S. 7 u.) unsere ganze Sammlung auf einen einzigen Vortrag, ein einziges altes Liederbuch zurückzuführen. Wir haben es mindestens mit zweien, wenn nicht mit dreien zu tun. Die Entscheidung wird von der Stellung abhängen, die man zu 60,34 (VIII) im Rahmen unserer Überlieferung einnimmt. 44, 35 (IX) Die hêrren jehent, man sülz den frouwen war wohl schwerlich der Anfang des eben betrachteten Liederbuches, obwohl Wilmanns (S. 217) bemerkte, daß es sich zur Einleitung eines längeren Vortrags eigne; eher 45, 37, womit A anhebt. Aber 60, 34 Ich wil nû teilen, è ich var ist der deutliche Abschluß eines anderen, auch wenn man var zunächst mit 'sterbe' zu übersetzen hat. Nun ist freilich oben im Anschluß an Wilmanns ausgeführt worden, daß in BC außer den beiden nur in B überlieferten anderen Strophen dieses Tons auch noch E 178-181 (oder wenigstens einige von ihnen) standen. In das eben analysierte Liederbuch passen diese Strophen gewiß nicht hinein; sie müßten also als unorganischer Anhang zu dem eigentlich mit 60, 34 abgeschlossenen voraufgehenden betrachtet werden. Aber ebensogut läßt sich dann auch schon 60, 34 selbst als ursprünglich nicht hierhergehörig auffassen. Wilmanns nahm an, daß schon 'hinter Ton VI fremde Liedfragmente

[blocks in formation]

Die Abweichungen zwischen den beiden Hss. lassen sich erklären. Die vereinzelte Strophe B 101 ist in C übergangen, weil das ganze Lied, zu dem sie gehört, in C schon an anderer Stelle vorangeht.1) In dem dritten Tone hat C eine Strophe mehr; B ließ sie aus, weil sie schon vorher (B 84 C 218) ihren Platz gefunden hatte.

Man wird diese sechs Töne nicht als einen Teil des vorhergehenden Anhangs, sondern als eine zweite selbständige Liedersammlung ansehen müssen. Denn während der Anhang nur einzelne Strophen zu den vorhergehenden Tönen nachträgt, haben wir hier wieder selbständige Lieder; und die Tatsache, daß Str. C 218 in 233 wiederholt ist, findet eine ungezwungene Erklärung nur in der Annahme, daß hier eine neue Sammlung benutzt ist. Eben diese Strophe führt weiter zu dem an und für sich nicht unwahrscheinlichen Schluß, daß die beiden Sammlungen sich teilweise deckten. Denn wenn, wie sich als wahrscheinlich ergab, Str. C 218 eine Nachtragstrophe war, so muß das Lied 63, 32, zu dem sie gehört, ursprünglich auch in der ersten Sammlung vorhanden gewesen sein. Nur weil es dort ausgefallen war, behauptete es in der zweiten Sammlung seinen Platz. Es kann also die zweite Sammlung ursprünglich sehr viel mehr Lieder umfaßt haben, als uns jetzt an dieser Stelle der Hss. B und C vorliegen; der Sammler überging sie, weil er sie schon aus der ersten Sammlung aufgenommen hatte. — Übrigens waren beide Sammlungen ähnlich angelegt; auch in der zweiten bildet eine Unterhandlung mit der Welt den Schluß.

Wir fassen das Resultat der vorhergehenden Untersuchung zusammen: B 1-20. 40-107 und C 1-29. 126-239 gehen auf eine gemeinsame Quelle BC zurück, die aus drei Teilen bestand.

eingeschoben' seien. Folgt man ihm nicht und sieht man in den Nummern I-VIII den Reflex eines selbständigen Liederbuches, so ist es jedenfalls ebenso wie das 56, 14 beginnende in BC nur trümmerhaft erhalten.

1) Lachmann zu 39 (S. 167).

Der erste enthielt Sprüche und das Kreuzlied, der zweite und dritte Lieder. Die zweite und dritte Sammlung deckten sich teilweise. Die zweite war durch Nachträge vervollständigt, hatte aber dann, schon ehe sie mit der dritten Sammlung verbunden wurde, Verluste erfahren. B repräsentiert die gemeinsame Quelle im allgemeinen treuer, zeigt jedoch eine bedeutende Lücke in ihrer Überlieferung; C hingegen hat sie aus andern Quellen ergänzt und berichtigt.

In beiden Hss. sind dann mit der Quelle BC noch andere unverwandte Bestandteile vereinigt: B 21-39. 108-112. C 30—125. 240-444, und zwar ist ein Teil dieser in beiden Hss. hinter dem ersten Teil der alten Sammlung eingeschoben. Dies letztere hat seinen Anlaß vermutlich im Inhalt; der erste Teil enthielt die Sprüche, an die man andere Sprüche anschloß.

Quelle AC.

Eine ähnliche Sammlung Waltherscher Lieder, wie sie in A vorliegt, ist in C an zwei Stellen benutzt, einmal in Str. 240-273, sodann in Str. 355-378. Zwar entsprechen den 151 Strophen der Hs. A an der ersten Stelle nur 34, an der zweiten nur 24; die bedeutende Minderzahl hat ihren Grund darin, daß ein großer Teil der Lieder, die A enthält, in C schon vor Str. 240 resp. 355 aus andern Quellen, namentlich aus BC aufgenommen war. Wir bezeichnen in der folgenden Tabelle die in C schon vorhergehenden Strophen mit v, die fehlenden mit f.

[merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][ocr errors][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small]
[blocks in formation]

Was zunächst C1 betrifft, so zeigt die Übersicht, daß unsere Hs. A 1-151 eine nicht unerhebliche Anzahl von Strophen, 43 im ganzen, mehr hat, als in C1 aufgenommen sind. Es fehlen sowohl ganze Töne als auch einzelne Strophen, und unter ihnen selbst solche, die augenscheinlich mit den aufgenommenen in Zusammenhang stehen. Daß der Sammler, dem es auf Vollständigkeit ankam und nament

1) S. Lachmann zu 12, 6: Diese und die folgenden Strophen sind in C unter den aus der Quelle von A nachgetragenen; daber stimmen beide Hss. genau überein.'

2) Die auch im 2. Teil von BC überlieferten Töne (s. o. S. 21) sind mit *, die in E als Walthers Eigentum überlieferten mit bezeichnet. XXXIV steht auch U 7-11, XXXV F 11-13. Im 1. Teil von BC stehen XIII. XV. XIX, im 3. XXIII.

« PreviousContinue »