Page images
PDF
EPUB
[blocks in formation]

7, 17. Gott soll den Menschen helfen, er hat die Pflicht dazu, da sie alles, was sie sind, durch ihn sind. Fasching verweist auf Jerem. 18, 6 ecce sicut lutum in manu figuli, sic vos in manu mea. Jes. 29, 22 f. Non confundetur Jacob.. cum viderit filios suos, opera manuum mearum. Derselbe vergleicht u. a. Mariensequenz aus Muri (MSD XLII, 62) und daz er durch die namen drî sîner cristenen hantgetât gnædic in den sünden si. S. auch Kanzler MSH 2, 397 (XVI, 9): hilf, hêrre, diner hantgetât; din alt erbermde werde an uns erzeiget. uns rât: uns hât, reicher Reim.

[merged small][ocr errors][merged small][merged small]

und eine Rose im Tal. Wie eine Rose unter den Dornen, so ist meine Freundin usw. Also von einer Rose ohne Dornen ist hier nirgend die Rede (Fasching). Den Ausdruck Lilie in Dornen für die Maria belegt Grimm XXXVII, 9. frier rose sunder dorn, pleonastischer Ausdruck der Negation s. Wackernagel in Hoffmanns Fundgr. 1, 270.

24. sunnevarwiu stf. attrib. zu klâre swf. (s. zu 58, 7) Grimm S. XXXVIII, 33; klar aus der rhein. geistr. Poesie stammend, bei Süddeutschen erst seit Wolfram allgemein üblich, s. Steinmeyer, Üb. einige Epitheta d. mhd. Poesie 1889, S. 7.

7, 27. wurde, 'worden wäre, wo es je gesungen sein mag'. Arnsteiner Marienl. MSD XXXVIII, 78. Hed ich dûsent munde, gesagen ich niene kunde envollen des wunderes daz van dir gescriven is. izne mogen alle zungen gesagen nog gesingen, frowe, diner êren, nog dînes loves envollen, der himelischer hof singet aller dinen lof. lovet dig Cherubin, êret dig Seraphin. allez daz herie der heiliger engele usw. Grimm S. XXXIX, 30. 28. gesungen: orde

[blocks in formation]

die âne dich und àne got nieman ze gebenne hât.

nungen, reicher Reim. 29. in stimmen bezieht sich auf die Engel, zungen auf die Menschen; dieselbe Unterscheidung wie in v. 31 (Fasching). — 30. ordenungen, den Chören der Engel und Seligen. Frauenlob, Frauenleich 19, 12(MSH 2, 342b) der ordenunge niune sint, die nie min lop volzalten. 32. C liest ich mane dich gotes werde; es wäre die einzige Stelle im Leich, wo die erste Person Sing. durchbricht; s. zu 76, 36 werde

=

gotes werde, die Gottes würdig ist, aus der rhein. Marienlyrik, s. Steinmeyer, S. 8f. 33. biten s. 1, S. 324. 34. Zum Reim s. 1, S. 302. Die La. von kl genadenrich empfiehlt sich schon wegen des uns wenig. 36. vor dem Urquell der Barmherzigkeit' d. i. Gott oder Christus. Fasching verweist auf 2 Corinth. 1, 3 Pater domini nostri Jesu Christi, pater misericordiarum. Vgl. Grimm XLVI, 2. Über die Betonung s. 1, S. 326.37. gedinge stn. wie 95, 18; als swm. 92 7. 11, 4. gedinge: werde ringe, reicher Reim.

39. beladen:

[ocr errors]
[ocr errors]

gebaden, erweiterter Reim. 40. baden durch die Tränen der Reue. Freidank 35,4 swer mit sünden si geladen, der sol sin herze in riuwe baden; s. Bezzenbergers Anm. W. Grimm, Über Freid. 383. Auf weltliche Verhältnisse überträgt das Bild Morungen 131, 7. Eine ausführliche Beschreibung des Sünden bades im W. Gast v. 6669 f. Vgl. auch Roethe zu Reinmar v. Zweter, Leich 34. 8, 2. missetât: gebenne hất, reicher Reim. 3. âne, außer (ûzer bedeutet ex oder extra, nicht praeter). Vgl. den Schluß der Bamberger Beichte MSD XCI, z. 237 f.: Nu ruof ih, vile gnâdige got, mit állemo hérzan, zi dír, daz dú durch dina guoti unde durh die dige der frouwun sanctae Marîun und áller diner trûte mir gistúngide gilâzzist, daz ích inniglicho biweinon joh biwuoffin jóh bisúfton muge unde mitten reinen tráhinen nu gitoufan múge die únreinesten mina giwizzide von allen minen súndon usw.

[blocks in formation]

8, 4. In diesem Tone gab Walther, soviel wir wissen, das erste Beispiel politischer Dichtung in deutscher Zunge. Der zweite (in BC dritte) Spruch gehört in den Sommer oder Herbst 1198 (1, S. 84), der dritte (in BC zweite) in den Herbst des Jahres 1201 (1, S. 95), der erste enthält kein Merkmal einer bestimmten Zeit und ist möglicherweise gleichzeitig mit dem zweiten gedichtet (1, S. 90). Aber die augenfällige Übereinstimmung in der Anlage der drei auch durch ihr Thema. verwandten Sprüche ist doch trotz der verschiedenen Zeit der Abfassung gewiß nicht zufällig und absichtslos. Zu beachten ist schon der parallele Anfang der Sprüche. Ähnlich 11, 6; 11, 30; 12, 6; 12, 18; 13, 5 ff.; 84, 20 und 85, 1, s. Roethe, Reinmar v. Zweter S. 341. Walther wird den letzten gedichtet haben, um ihn im Anschluß an die beiden vorbergehenden vorzutragen. Die Verbindung zwischen dem älteren zweiten Spruche und dem neuen dritten ist um so enger, als der Dichter ihn dadurch, daß er sich als Seher des Verborgenen und Zukünftigen einführt, gewissermaßen in die Vergangenheit rückt. Walther braucht in diesen ältesten Sprüchen den Vers des höfischen Epos, aber in regelmäßiger Abwechslung klingender und stumpfer Reime; die Waise vor der letzten Reimzeile bezeichnet den Abschluß; auch das hat in der epischen Dichtung sein Gegenbild. Aus dem Minnesang läßt sich Reinmars Lied 156, 10 vergleichen, das aber doch der Liedform näher steht. Wenn Walthers Strophe dreiteilig gebaut ist, so wird vermutlich jeder Teil acht Verse umfassen. Über den Kunstwert s. 1, S. 227. Nach Plenio PBb 42, 4771 hätte der Spruch genau 100 Takte.

[ocr errors]

1. GEFÄHRDETES GELEIT.
Ich saz uf einem steine,
5 und dahte bein mit beine:

8, 4. Die Spruchdichter empfanden es recht gut, welch erhöhtes Leben sie ihren Gedichten gaben, wenn sie die Lehren, Gleichnisse usw. mit ihrer Person in Verbindung brachten. So fingieren sie sich gern als beteiligt bei den kleinen Geschichtchen, durch die sie ihre moralischen Vorschriften illustrierten. Walther wendet dies Mittel schon in weitem Umfange an. Die Späteren sind in dieser paradigmatischen Verwendung des Ich noch weitergegangen.' Roethe, Reinmar v. Zweter S. 197. Nach der älteren, auch von Wilmanns vertretenen Auffassung nimmt Walther die typische Stellung des Nachdenkenden ein. 'In der Weingartner und der Pariser Hs. ist Walther in der Stellung abgebildet, in

43 A, 18 B, 1 C.

welcher er sich über die Welt nachdenkend schildert. Es beruht diese Schilderung auf altherkömmlichen epischen Bildern, wie es für einen Spruch, der sich in seiner Form so enge an die erzählenden Gedichte des 12. Jahrh. anschließt, wohl passend ist. Auf Steinen sitzen die Sorgehaften, Nachdenkenden (Rother 447. Strickers Karl 12a (v. 973]. Grimm Sagen I, 207): „noch heute ist der Stein naß" heißt es in der Kaiserchronik, worauf Karl, da er den Heiden kaum entronnen, heiß weinend saß und Gott seine Sünden klagte" (Sagen II, 139); sie sitzen da, Bein über Bein geschlagen (W. Gast VII, 2, 127* [8711], W. Grimm, Gött. Gel. Anz. 1827, S. 2031), das Haupt lehnt auf der Hand (Gerard

[ocr errors]
[blocks in formation]

de Viane 2411. Vgl. die altspanischen Stellen in Bekkers Anm., Fierabras S. 164a). All diese einzelnen charakteristischen Züge vereinigt Walther mit überraschender Anschaulichkeit zu einem Ganzen. W. Grimm a. a. O. vergleicht damit einige ganz ähnliche Miniaturen in den Hss. des welschen Gastes und des Pfaffen Konrad.' Anm. zu Simrocks Übers. 2, 123 f. Demgegenüber verweist Wallner PBb 33, 1 nach Pfeiffers Vorgang auf DRA 2, 375 (763) und auf die Schilderung der richtenden Libussa bei Hagecius Ann. Boh. ed. Dobner II, 145, und meint, Walther fühle sich als Richter, aber die Gerichtsallegorie (Streit zwischen Ehre, Gut und Gotteshuld) sei nur angedeutet. Abbildungen richterlicher Personen bestätigen das nicht. Nach dem Muster Walthers reflektiert Frauenlob 263 (MSH 2, 351) darüber, daß ohne Geld keine Ehre zu haben ist: Ich saz ûf einer grüene und dâhte an maniger hande dinc, wie ich die werlt behielte und ouch gen gote iht wurde link usw. 5. dahte zu decken, alte bes. alem. Form neben dem häufigeren dacte MhdEB § 182.

6. Die überlieferte Form saste wird einem alem. Schreiber gehören, s. Zwierzina ZfdA 45, 46. 8. ein min wange (swn.) eine meiner Wangen, ein sîn nachgebúr (MF 29, 23) einer seiner Nachbarn. Der Artikel vor dem Pron.

[ocr errors]

poss. im Mhd. ganz gewöhnlich. Grimm DGr. 4, 418. MhdEB § 232. 235. — Vgl. Hartmann, Gregor 287 er begunde sêre weinen, daz houbet underleinen so riuweclichen mit der hant, als dem ez ze sorgen ist gewant. Wigalois 155, 38 daz siht ouch noch ein ieslich man mit lihter kunst dem andern an, daz sin herze swære treit, swenn er in sîne hant leit dax houbet und ez geneiget hât. 9. Der reflexive Dativ bei denken häufig. 185, 19 swenn ich mir so gedenke. 12. erwurbe; ob Walther die umgelautete oder nicht umgelautete Form gebraucht habe, läßt sich nicht erweisen. Er hat für Liquida als Silbenschluß nur indifferente Reime; dünne : gewünne reimt 17, 20, fünde : künde 22, 13. 14. varnde unflektierte Form. Wenn Walther drei Dinge nennt, liebt er es, erst zwei zusammenzufassen und das dritte ihnen gegenüberzustellen (1, S. 360), auch wenn nicht, wie hier, das dritte zu den beiden andern seiner Natur nach in Gegensatz steht. Der grundlegende Gegensatz ist hier der von Welt und Gott; das weltliche Streben ist teils auf Ehre, teils auf Gut gerichtet. Gut, Ehre, Gottes

[ocr errors]

Huld werden auch sonst nicht selten als Ziele menschlichen Strebens genannt; Walthers Versen auffallend ähnlich ist eine Stelle des Wernher von Elmen

8, 16 daz dritte ist gotes hulde,

der zweier übergulde.

die wolte ich gerne in einen schrîn.

jâ leider des enmac niht sîn,

20 Daz guot und werltlich êre und gotes hulde mêre

zesamene in ein herze komen. stig unde wege sint in benomen: untriuwe ist in der sâze,

25 gewalt vert ûf der strâze:

frid unde reht sint sêre wunt.

diu driu enhabent geleites niht, diu zwei enwerden ê gesunt.

dorf; s. 1, IV, 83. Andere sind abhängig von Walther. Lachmann vergleicht Lichtenstein 587, 31 ietwederz dem andern schaden tuot (gotes hulde, êre, gemach und guot); Müllenhoff den Pleier im Garel 85d (10611) mit guote man verdienen sol werltlich êre und gotes hulde, daz ist alles guotes übergulde; Schönbach WSB 145, IX, 1 Berthold von Regensburg 1, 107, 19: so nimt ex (das Laster) dir êre unde guot unde gotes hulde; Singer PBb 44, 452 Mâze 116: wir mugen wol gewinnen mit êren gotes hulde, daz ist ein übergulde.

übergulde stn. Übergoldung; übergülte, übergulde stf. was etwas übergiltet, mehr wert ist als alles andere. Das letztere wird hier gemeint sein. s. Lexer, Mhd. Wb. 2, 1621. Haupt zu Erec2 11 133. 21. mêre entweder 'noch dazu' (daß Gut und Ehre, die sich schon häufig entgegenstehen (v. 15), und Gottes Huld noch außerdem') oder zeitlich künftig wieder'. Lachmann vergleicht j. Titurel 6, 4 (Hahn 578) ich mein daz min her Walther kunde sprechen, hulde gotes und guot und weltlich êre mitsamt wær nieman habende (nach andern Hss. daz hulde gotes usw. in einen schrin iht möhte).

22. in ein herze komen ist durch Zeugma auch Prädikat zu guot und werltlich êre; vgl. 9, 6. Schönbach ZfdA 39, 339, WSB 145, IX, 1f. verweist auf Cyprianus De duodecim abusionibus c. 7: mundi amor et Dei pariter in uno corde cohabitare non possunt; Alanus ab Insulis Lib. parabolarum c. 2: Sic duo sunt, quae non possunt habitare (var. intrare) cor unum: Huius amor mundi vanus amorque Dei (Migne 210, 584 B). 23. stige und wege formelhaft verbunden wie v. 26 fride und reht. Die Betonung des unde zwischen zwei koordi nierten Wörtern im Eingang des Verses ist sehr gewöhnlich: 4, 2; 8, 26; 9, 27; 13,6; 26,20; 31, 25; 26, 31; 35, 29; 59, 15; 83, 33; 90, 29; 102, 8. 24. Untreue und Gewalt werden als Wegelagerer und Straßenräuber aufgefaßt (vgl. 26, 15f.), die Friede und Recht tödlich verwundet haben. Ehe ihre Wunden nicht heilen, haben auch Gut, Ehre und Gotteshuld kein sicheres Geleit. Vgl. Konrad von Würzburg 2, 47 (MSH 2, 313) gewalt ist ûf der strâze michel, gerihtes hat man sich verschamt, diu reht stânt krumber danne ein sichel, vride unt genâde sint erlamt. 26. Vgl. Gerlacus Milovicensis MG. SS. XVII, 709: mortuo im

« PreviousContinue »