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14, 38. Über den Anlaß des Gedichtes, seine Anlage und seinen eigentümlich unpersönlichen Stil s. 1, S. 224. Für den Anfang vergleicht Nickel, Sirventes u. Sprachdichtung, Palästra 63, 36 das Kreuzlied des Provenzalen Peirol vom Jahre 1221: Pus flum Jordan ai vist e'l monimen, a vos, vers dieus, qu'es senhor dels senhors, ne ren merces, quar ros plac tan d'onors que'l sancte loc ou nasques veramen m'avetz mostrat, don ai mon cor jauzen (Da ich den Jordan und das Grab gesehen habe, sag ich dir, wahrer Gott, der du Herr der Herren bist, dafür Dank; denn dir gefiel das Herrliche, daß du mir den heiligen Ort, wo du wahrhaftig geboren wurdest, gezeigt hast, worüber mein Herz Freude hat'). Die Hss. überliefern eine kürzere Redaktion A und eine längere BCEZ, aus der aber B nur einen ungeschickten Auszug gibt: die einzelnen Momente aus dem Leben Christi sind in B lückenhaft und ohne Ordnung vorgeführt, die Schlußstrophe, welche die Summe zieht, hat gleich hinter der ersten ihren Platz gefunden, beliebte Themata der Poesie, der Opfertod Christi (15, 20) und die Sühnung aller Schuld beim jüngsten Gericht (16, 15, vgl. 1, S. 244), sind weiter ausgeführt oder hinzugefügt, obschon das letzte zu Walthers Aufgabe keine Beziehung hat. Der Strophenbestand von B war auch der der Quelle *BC. C hat ihn aus *AC (wie 15, 19 zeiden dienst der A, ze den ist din C heiden deist dir besonders deutlich zeigt) und in den Randstrophen 8 und 12 aus *EC ergänzt, wobei Str. 3 übersehen wurde; die falsche Einordnung der 11. Strophe wird nach *AC berichtigt sein. Daß diese schon aus der gemeinsamen Vorlage aller Hss. der B-Gruppe stammt, hat uns die Münstersche Hs. gezeigt, die ihrerseits Str. 9 und 10 umgestellt, sonst aber den Strophenstand der B-Gruppe am treuesten gewahrt hat; sie trägt auch durch selbständige Lesarten wesentlich zur Korrektur

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37. wie er in liebendem Herzen wohnt': also: laßt huldreich mich eure freundschaftliche Zuneigung gewinnen. 1, S. 286. Im Schluß des Liedes geht der Dichter zur Anrede über, obwohl das Gedicht schwerlich der Dame vorgesungen wurde (vgl. namentlich 14, 14).

24.
dienen'.
34. Der Heileswunsch (1, IV,
357) dient zur Verstärkung der folgen-
den Bitte, vgl. 52, 18. 115, 4. 35. mit
hulden adv. huldreich. 36. gruox hat
viel weitere Bedeutung als nhd. Gruß:
Entgegenkommen in gutem und bösem
Sinne. Vgl. mit dem swerte grüezen,
kampfliche grüezen angreifen'; mich
grüezet daz alter. verschulden hier 'ver-

von *BC bei. In E ist Str. 5, möglicherweise absichtlich, übergangen, 2 und 3 vertauscht, vielleicht weil 3 in der Quelle noch am Rande stand; Str. 11 ist von der dritten Stelle wieder mehr an den Schluß des Liedes gerückt, hat aber mit der Zusatzstrophe 8 (=Z 9) den Platz getauscht; möglicherweise bot die Quelle auch diese Strophe noch am Rande. In einer des Dichters würdigen Form ist das Lied nur in der ältesten Hs. A erhalten; hier herrschen Plan und Ordnung, wie sie dem Ziel des Dichters entsprachen. Die Überlieferung beweist, wie beliebt und verbreitet das Lied war. Auch begegnen wir, wie Lachmann bemerkt hat, seiner Strophenform bei jüngeren Dichtern, dem Markgrafen Otto von Brandenburg MSH 1, 11ab und Ulrich von Lichtenstein S. 434; ein Lied des Hesso von Rinach MSH 1, 210 hat nur in der letzten Zeile eine Hebung mehr. Ulrich bezeichnet sein Lied als eine Tanzweise; vgl. 1, S. 44. Dreizeiliger Abgesang mit gleichem Reim, wie in 59, 37. 102, 29. 110, 27. 75, 25. Fallende Verse; nur 15, 1 bat nach unserer Überlieferung Auftakt. Über die in der Münsterer Hs. überlieferte eigenartig schwermütige und graziöse Melodie vgl. Kühn ZfdA 53, 357, Molitor, Sammelbände der internationalen Musikgesellschaft 12, 475 ff. (13, 506) und Wustmann ebenda 13, 247 ff.

15, 1

50 A, 12 B, 21 C, 201 E, M, 4 Z.

14,38 1. Nû alrêrst lebe ich mir werde
sît mîn sündic ouge siht
Daz hêre lant und ouch die erde
Dem man vil der êren giht.
Mirst geschehen des ich ie bat,
ich bin komen an die stat
dâ got mennischlichen trat.

5

14, 38. ich lebe mir werde, nach Gefallen und in frohem Bewußtsein dessen, was man kann und soll. Ähnliche Stellen für das Adv. werde mit dem reflex. Pron. s. bei Haupt zu Neidhart 98, 21. 15, 1. Auffallend ist der Auftakt. Die Hss. gehen im Adjektiv auseinander: daz hêre lant A wird scheinbar durch Z gestützt. Vielleicht hatte die gemeinsame Vorlage nur daz lant, was mit Wustmann zu hie daz lant zu ergänzen wäre. - und ouch, die Verbindung ist im Mhd. um nichts loser oder nachdrücklicher als das einfache und; vgl. z. B. 3, 22. 19, 36. 21, 3. 83, 15. lant als politisch begrenzter Bezirk, erde der heilige Boden. 2. dem (AZ) ist vielleicht als kollektives Neutrum zu fassen;

vgl. Erdmann, Syntax Otfrids 2 § 75. Oder dem bezieht sich auf das erste der beiden Substantiva 'weil das Land der Verheißung die Hauptsache ist (15,6), auf welches es hier mehr ankommt, als auf den Boden, auf die Stätten, an welchen Christus gewandelt ist'. Zacher. Herder schreibt in seinem Auszug aus einem Briefwechsel über Ossian und die Lieder alter Völker (Suphan 5, 164): davon und davon allein hängt das Wesen, der Zweck, die ganze wundertätige Kraft ab, den (Suph.: die) diese Lieder haben. Oder aber dem ist Fehler der letzten erschließbaren Quelle für den, wie 16, 3 in EC in für im steht.

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daz der mensche reine sì. Dô liez er sich hie verkoufen, daz wir eigen wurden frî. Anders wæren wir verlorn.

=

wol dir, sper kriuze unde dorn!
wê dir, heiden! deist dir zorn.

15, 6. here sagt Walther gewöhnlich, aber auch her, ebenso riche und rich s. 1, S. 337. 8. ex als Vorläufer des Prädikates, wie 26, 30. 50, 37. DGr. 4, 222. ir aller êre der Preis, die Zierde aller; schon im ahd. Boethius allero manno era pretiosissimum generis humani decus (DWb 3, 55). — 12. ein wunder gar, ein ganzes Wunder. Die jungfräuliche Geburt wird oft als größtes Wunder gepriesen und gegen ketzerische Angriffe verteidigt; s. zu 5, 33. Albrecht v. Johansdorf 90, 1 die heiden wellent einer rede an uns gesigen, daz gotes muoter niht ensi ein maget, swem disiu rede niht nahe an sin herze vellet, owê war hat sich der gesellet! Vgl. auch Kolmas MF 120, 23, Lateinische Parallelen bei Wolfram ZfdA 30, 131 Anm.

138,4. pfahten, vgl. zu 10,8. — 5. Nur von den neutestamentlichen Wundern ist

51 A, 22 C, 203 E, 5 Z.

202 E, 7 Z.

52 A, 23 C, 204 E, 8 Z.

im Folgenden die Rede; die Wunder des alten Testaments, deren Schauplatz Kanaan ist, kommen nicht in Betracht.

15, 13. reine Adj. Ezzo 13,11. Kaiserchr. 315, 15 (10289) hêrre, dû wurde getouft in dem Jordâne. dâ wuoske dû abe zewâre aller diner getriuwen missetát. Freid. 7, 24 dô wart Krist al eine für alle menschen reine. Bezz. Anm. In der Strophe herrscht die Rhetorik. 16. wir eigen, wir Leibeigne, die der Sünde und dem Tode verfallen waren, bis Christus uns löste. 1. Cor. 6, 20 empti enim estis pretio magno. 1. Petr. 1, 18 non corruptibilibus auro vel argento redempti estis ... sed pretioso sanguine. Freid. 20, 24. 18. Speer, Kreuz und Dornenkrone, die Hauptreliquien der Kreuzigung, zugleich Abzeichen der königlichen Würde (s. 1, S. 107 f. 292. II, 124). Der Speer ist die Lanze des

14 B, 24 C, 9 Z.

15, 20

25

30

5. Do er sich wolte übr uns erbarmen, do leit er den grimmen tôt,

Er vil rîche durch uns armen,

daz wir komen ûz der nôt.

Daz in dô des niht verdrôz,

ist daz niht ein wunder grôz,

aller wunder übergnôz?

6. Hinnen fuor der sun zer helle 53 A, 15 B, 25 C, 205 E, 9 Z.

von dem grabe, da'r inne lac.

Des was ie der vater geselle,

und der geist, den niemen mac Sunder scheiden: dêst al ein, sleht und ebener danne ein zein, als er Abrahâme erschein.

Longinus, die 1098 in Antiochia aufgefunden wurde. Diese Lanze und die Dornenkrone wurden in Konstantinopel anfbewahrt, 1238 von dem lateinischen Kaiser Balduin II. an die Venetianer verpfändet und kamen dann an Ludwig IX. von Frankreich. Menge, Kaisertum und Kaiser bei den MS Progr. Köln 1880, S. 27 Anm. W. Grimm ZfdA 5, 381 f. Hofmeister, Die hl. Lanze, ein Abzeichen des alten Reiches, Breslau 1908. Burdach, Berliner Sitzungsber. 1903, 612 u. Ilbergs Neue Jahrbücher 1916 I, 30 ff. Der Dichter begrüßt diese wichtigen Reliquien, die gewissermaßen die Bürgschaft für den kräftigen Schutz Gottes sind. 19. 'Wehe dir Heidenschaft! für dich ist ein Gegenstand des Zornes, was unser Heil ist.' 'heiden nimmt Haupt für heidani (Heidenschaft), welches Graff 4, 812 ohne Bezeichnung der Quelle gibt; wie kristen.' Lehm. Das Wort ist im Mhd. nicht nachweisbar.

15, 20. Der Anfang der Strophe führt nur weiter aus, was in der vorhergehenden Strophe gesagt ist; der Abgesang sind leere Worte zur Füllung des vorgeschriebenen Maßes. barmest mich (mir) oder ich erbarme Wilmanns, Walther v. d. Vogelweide II.

dû er

mich über (umbe) dich. 23. er riche uns armen; nach dem Pron. pers. finden sowohl starke als schwache Flexion des Adj. statt. DGr. 4, 564. 26. übergenôz st. swm. ein häufiges Wort, auch in Rechtsdenkmälern, einer, der einem höheren Stande angehört. Schönbach ZfdA 39, 342 vergleicht Bernhard v. Clairvaux im Sermo de quadruplici debito: quis audivit unquam tale miraculum aut quis vidit huic simile?

15, 29. Die Menschwerdung Gottes und die Dreieinigkeit hebt Walther als die wichtigsten Mysterien des christlichen Glaubens mit besonderem Nachdruck hervor; vgl. Freidank 24, 5 ff. Die Dreieinigkeit aber mag er deshalb grade an dieser Stelle erwähnen, weil im Tod und in der Beerdigung Christi seine andere Natur am deutlichsten hervortrat. 32. zein deutet Wilmanns als den glatten Pfeilschaft, Schönbach WSB 145, IX, 16f. als gegossenen Eisenstab. Dasselbe Bild 30, 28. sleht und ebener, die Komparativendung gehört auch zu sleht. Ähnlich kann auch die Flexion bei dem ersten von zwei koordinierten Wörtern fehlen. DGr. 4, 488. MhdEB § 206, A. 2. 33. Bezieht sich 7

15, 34 7. Do er den tievel dô geschande, 54 A, 26 C, 206 E, 11 Z.

35

40

16, 1

5

10

daz nie keiser baz gestreit,

Do fuor er her wider ze lande.
do huob sich der juden leit,
Daz er hêrre ir huote brach,

und man in sît lebendic sach,
den ir hant sluoc unde stach.

8. Sît was er in disem lande

vierzic tage: dô fuor er dar Dannen im sîn vater sande

sînen geist, der uns bewar. Den sant er hin wider zehant. heilic ist daz selbe lant:

sîn name ist vor gote erkant.

auf dem Rande C, 211 E, 12 Z.

9. In diz lant hât er gesprochen 55 A, 16 B, 27 C, 208 E, 14 Z.

einen angeslîchen tac,

Dâ diu witwe wirt gerochen

und der weise klagen mac Und der arme den gewalt

auf die Erscheinung Jehovas vor Abraham 1. Mos. 18, wo zuerst von Jehova, dann von drei Männern die Rede ist, und der Singular mit dem Plural wechselt. Kaiserchr. 314, 17 (10259) unser sæliger vater Abraham der sah die dri namen die wir beten in einen wären got.

15, 36. her wider, hierher zurück. 38. huote brach s. zu 11, 23. — 40. sluoc und stach, als Plusquamperf. zu fassen.

16, 1. Die Himmelfahrt gehört mit zur Deutung der septem sigilla, auf der die Anlage von Walthers Lied beruht; aber er hatte sie übergangen, weil sie seinem Zweck nicht diente; s. 1, S. 224. 3f. Nach Joh. 7, 33. 16, 5. 7 in Verbindung mit Matth. 3, 16; Mc. 1, 10; Luc. 3, 22; Joh. 1, 23. Christus, s. Joh. 16, 7. An das Pfingstwunder ist gedacht (Acta 2).

kant, bekannt, berühmt.

5. er,

7. er

16, 8. in dix lant, nämlich in das Tal

Josaphat, östlich von Jerusalem zwischen der Stadt und dem Ölberge, nach der Prophezeiung des Propheten Joel c. 3, namentlich von v. 12 an. Daher beginnt das Volksbuch vom jüngsten Gericht (Simrock, Volksb. 12, 1) Joel ein Prophet bin ich genannt, den Gott hat in die Welt gesandt zu warnen alle Menschenkind' usw. einen tac sprechen, einen Gerichtstag ansagen. 10. Witwen, Waisen und Arme als Vertreter der Schutzlosen überhaupt. Von Konrad II. erzählt Wipo, daß inmitten des Zuges zur Krönung der neugewählte König von Klagenden, einem Kolonen der Mainzer Kirche, einer Waise, einer Witwe angesprochen ward und auch gegen den Rat der Fürsten ihnen gleich zur Stelle zu ihrem Recht helfen ließ. Waitz VG 8, 15. Daß von jeder Kategorie sich just einer fand, erhöht die Glaubwürdigkeit des Berichtes nicht. 12. gewalt stm. stf., das fem. besonders

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