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Österr. gymn. nachzutragen. hier sei es mir nur noch vergönnt, über den 4 abschnitt dieses zweiten teils zu sprechen, der die stellung des verbums im satze behandelt. es ist eigentümlich, wie stark dieser abschnitt von den 3 anderen, die sich mit dem genus, tempus und zumal dem modus beschäftigen, absticht; er ist würklich nur in den grundzügen entworfen, und zumal in rücksicht auf die historische entwickelung fast gar nicht ausgeführt (wie E. selbst s. 197 und 182 zugibt). hier fehlten augenscheinlich dem verf. eigene sammlungen (0. etwa ausgenommen) völlig; sogar für inversion nach und mangeln ihm reichliche belege. mir, der ich seit jahren für eine geschichte der entwickelung der deutschen wortfolge sammele, ergaben sich zu jedem paragraphen nachträge. hier kann ich natürlich nur wenige einzelheiten berühren. § 206, 2 abs. selbst noch nhd., aber nur bei dichtern, können mehrere verschiedenartige bestandteile vor das verb treten. Goethe xi 1, 157 und eine thräne, von den liebesüfsen, zum ersten mal sie kehrt ins aug zurück. Venet. epigr. recht so! zwischen der wieg und dem sarg wir schwanken und schweben .; in beiden fällen ist characteristischer weise ein pronomen derjenige 2 bestandteil, der sich vor das verb drängt. aber noch stärkere fälle der art finden sich mhd. und sogar nhd.; zb. Pz. 229, 4 ze hove ein redespæher man bat komn ze vrävelliche den gast ellens riche zem wirte; Wieland xu 110 mein guter Hanns, die augen aus dem kopf gegeben mit freuden hättest lieber du und beide ohren noch dazu als mir das leben. diese beiden beispiele zeigen wider, wie weit dichter gehen können. eine lehre von der wortstellung muss sich vor allem an die prosa halten. jedes beliebige wort kann an erster stelle stehen, aber nicht jedes zieht das verb an sich heran; vor allem muss ein unterschied gemacht werden zwischen nhd. und älterem sprachgebrauch; im mhd. zb. zieht ja das verb an sich heran (doch auch nebensatzstellung bei ja s. Grz. § 211, 3), nhd. nicht mehr: Unser vrouwen klage (Beitr.v) 1523 ja bistû aller gndden rich; MF 160, 37 já ist si sô guot; bei weder kann es umgekehrt sein: Pz. 289, 1 weder ern sprach do sus noch so, aber nhd. weder so noch so sprach er da usw. $207. als ergänzung und berichtigung zu Starker s. meine bemerkungen Litteraturbl. f. germ. u. rom. phil. 1884 sp. 463-65 und 1885 sp. 131-34.- s. 185 ob. notiert E. ein par mhd. beispiele für wortstellung in hauptsätzen nach vorausgehendem cond. oder conc. nebensatze; sie findet sich aber auch sonst nicht selten, zb. nach tempor. vordersatz. ein beispiel aus der prosa: Predigtm. 21, 30 und dô er heim kam zuo siner muoter, die frôgete in umbe den zuobuoss; in der poesie wider öfter zb. AH 75; Pz. 164, 8; Trist. 2555. vgl. freie anfügung des hauptsatzes Myst. 298, 30. 342, 35. - § 210. E. kennt kein mhd. beispiel für schlussstellung des verbs in der frage. ich finde in meinen notizen Hadam. 304, 5 wan oder wer

in hab zuo mir gehetzet (und auch hier tritt das hilfsverb nicht ganz ans ende). diese fügung scheint mhd. in der tat sehr selten zu sein. - § 211 kommt E. nochmals (s. § 126) auf die inversion nach und im 2 gliede coordinierter hauptsätze zu sprechen; hier wie dort erklärt er sie für eine seltene fügung; 'sie findet sich auch' (§ 126), 'bisweilen' (§ 211). beidemal bringt er dasselbe beispiel AH 47 vor und fordert hier sogar auf, weitere mhd. beispiele zu sammeln. ich weifs nicht, ob das E. im ernst meint, aber ich folge der aufforderung; einige belege waren übrigens schon bei Paul § 329, 2 zu finden, und die folgenden zahlen werden beweisen, dass Paul recht hatte, wenn er diese fügung eine häufig vorkommende nannte. ich schicke voraus, dass in der prosa (speciell bei Berthold) auch allein stehende mit und eingeleitete hauptsätze sehr häufig invertierte wortstellung zeigen, zb. I 103, 37 und ist ir freude und ir spise nu verre ungelicher danne dô, oder 381, 28, Myst. 389, 27 uo. dasselbe ist es nun, wenn ein coordinierter hauptsatz vorausgeht, nur ist in diesem falle die voranstellung des verbs noch viel häufiger. einige ahd. belege aus der SG. Notkerhs. bei Heinzel, Wiener Notkerhs. s. 18; im folgenden ein par mhd. beispiele: Schwanritter 885 sin varwe schein rot unde blanc und was sin hár brûn unde reit. MF 8, 23. 9, 9. 34, 30. 35, 12. 26. 171, 21. 192, 15. 198, 3. 212, 19. Engelh. 242. 1046. 1255. 1345. Wd. D vш 258, 3. Ix 5, 4. Wh. 1, 6. Unser vr. klage 674 ff. Predigtm. 9, 2. 10, 26. 11, 16. 17, 30. 29, 13. 33, 15. 34, 2. 6. Mhd. evangelienbruchst. (Germ. XIV) Mt. 26, 24. Berth. 1 104, 36. 318, 14. 373, 15. 374, 3. Myst. I 371, 10. nhd. beispiele in mengen bei Lehmann, Sprachliche sünden, Keller, Antib., Andresen, Sprachgebr. die von E. s. 187 vorgeschlagene rechtfertigung dieser verb-stellung, dass man nämlich annehmen könnte, ein zu ergänzendes doch beeinflusse dieselbe, kann nur für die wenigsten fälle der art platz haben. sonderbar ist es, wenn sich der ref. im Litt. centralblatt 1880 sp. 1751 aus verschiedenen gründen für diese construction erwärmt: 1) weil sie uralt, 2) stark eingebürgert und 3) weil meist ein logischer grund vorhanden ist, der diese stellung erklärlich macht (hierher gehört E.s motivierung). das sprachgefühl der würklich gebildeten verdammt sie aber trotz alle dem (vgl. Andresen, Sprachgebr. s. 256 a.). wol zu unterscheiden von dem eben besprochenen fall ist der, dass im 2 (3) glied coordinierter nebensätze das verb an und herantritt; dies ist so zu erklären, dass durch die vorausgehende schlussstellung des verbs der satz hinreichend gekennzeichnet ist, daher der zweite satz die differenzierung durch die wortstellung nicht mehr so nötig hat. es ist dies ein rest aus jener sprachperiode, wo vielleicht alle nebensätze das verb vorangestellt hatten. beispiele aus den ahd. übersetzern habe ich in meinen Relativsätzen 88 ff gesammelt; s. 87 finden sich einige belege aus Luther; ich

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will noch einige mhd. und nhd. beispiele hinzufügen. Berth. I 3, 31 so sprechent ouch sumeliche, die sich gar wise dunkent und sint doch itel tôren. Myst. 6, 16. 9, 32. 13, 20. 323, 8 (das 3 glied hat vorstellung des verbs). 325, 21. 344, 20. 356, 27. 387, 10. Engelh. 90. MF 202, 39. 207, 33. - Wieland, Ober. II 27, 8. Stifter, Vermischte schriften (Aprent) 1 55 ich kannte einen mann, der ... behaftet war und trieb alle mögliche vornehmheit und legte sie.. Stieler, Hochlandsl. 1879 s. 113 wie kümmert (bekümmert) mich euer werben, dass ich so schön und gewaltig bin und muss euch alle verderben (dieser satz auch darum interessant, weil 1) dass='weil' gebraucht ist, und 2) die coordinierung logische subordinierung vertritt: weil ich, obwohl..., euch dennoch verderben muss). es kann auch vorkommen, dass in einer gröfseren reihe coordinierter nebensätze der dritte wider schlussstellung des verbs bekommt, zb. Wieland 12,37. 16, 77. in den langen perioden bei Berthold und den mystikern findet sich das oft, ähnliches auch häufig im nhd. im vordergliede breit ausgeführter gleichnisse, obwol wir in diesen fällen meist ein völliges aufgeben der anfänglichen construction anzunehmen haben. § 212. mhd. conditionalsätze ohne einleitende conjunction, in denen das verb ans ende gestellt ist, kann ich nur als zweites glied coordinierter cond. vordersätze nachweisen: Hadam. 380, 4 wil und muoz er stæt dar an beliben, und im gereht daz gát von herzen grunde. . . (der zweite conditionalsatz ist gebaut, wie wenn der erste mit einer conjunction eingeleitet wäre); anders wird sich vielleicht ein ähnlicher fall bei Berth. I 313, 13 erklären lassen: 'git man zwei kint zesamene, diu siben jar alt sint, unde stirbet daz eine, 3unde noch nie bi einander geldgen, weder ir munde noch nie an einander kámen, "unde sprechent die friunde usw.; 1, 2, 5 haben das verb an erster stelle, 3 und 4 an letzter; diese schwierige construction wird am deutlichsten, wenn man annimmt, dass 3 und 4 fortsetzungen des relativsatzes in 1 sind; allerdings ist dann die trennung durch das vordrängen von 2 auffallend. besonders selten steht in einem conjunctionslosen concessiven vordersatze das verb an 2 stelle (typus 1), wie bei Hadam. 286, 5 er gát ouch ab, sô hetze ich in zuo Triuwen geht er auch (scil. von der fährte) ab, SO § 215, 3. über die wortstellung im participialsatze vgl. Scherer zu Dkm. XXXIV 5, 10. ein besonders merkwürdiges beispiel dafür, dass die vom infinitiv abhängigen bestimmungen hinter demselben stehen können, finde ich Myst. 397, 27 der mensche sol loufen als ein rise krefteclichen im nach. namentlich das pronomen hinter dem inf. oder particip fällt auf: Unser vr. klage 1082 si mohte niht gerüeren in. Troj. kr. 702 mit êren wol geblüemet wart von schoenen wiben er. 783 (DWB ш 684). das regelmäfsige ist allerdings: wir haben... sagen hören (statt: gehört); es darf aber nicht unbemerkt bleiben, dass der assimilierte inf.

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auch vor dem abhängigen inf. stehen konnte und noch kann. speciell ich habe ihn hören sagen wird man jetzt sich nicht mehr ausdrücken, es ist aber früher möglich gewesen, wie sich aus dem compositum hörensagen ergibt; gerade die beiden ältesten beispiele, mit denen E. § 153 diesen assimilierten infinitiv belegt, haben hæren sagen. am leichtesten kann ein solcher assimilierter inf. vortreten bei häufung der infinitive (§ 154, d). das dort citierte beispiel aus Maria St. 3, 3 ihr wisst, dass ihr mich habt ermorden lassen wollen würde ebenso richtig lauten dass ihr mich habt wollen ermorden lassen. übrigens kann man auch jetzt selbst in der prosa noch finden: ich habe ihn nicht können erreichen ; der dichter kann sich natürlich da wider freier bewegen und zb. auch sagen: ich habe ihn lassen kommen. § 216, 1. schlussstellung des verbs findet sich in hauptsätzen comparativer perioden: số ..., số ... nicht nur vereinzelt, sonderu ungemein häufig; jedoch auch sonst, zb. Myst. 1 366, 14 dû bist under allen dingen, alliu dinc ûf dich gegruntvestet sint; nach vorausgehendem nebensatze 362, 13 und swer hie die vünf sinne endelichen kan nützen . . ., der sie danne labet in dem himelriche. sie kann auch eintreten im 2 (3) glied coordinierter hauptsätze nach und; nicht blofs nach unmittelbar vorausgehendem nebensatze (wie in dem beispiel Grz. s. 75), sodass man mit E. an eine einwürkung der wortstellung des 1 satzes auf die des zweiten denken könnte: Hadam. 307, 3 der wænet han gevallen und man in wol den sældenrichen nennet. 432, 4. Myst. 1 301, 26. Pz. 96, 17. MF 170, 26 ff. auch noch nhd.: Hamerling, Sinnen und minnen3 s. 306 mit blätterzungen trinkt der wald den segen und blumen ihn in ihre kelche fassen; s. 295. auch nach doch, zb. MF 156, 2 du bist ze grôz, doch ich dich liden muoz; desgleichen nach noch, zb. Myst. I 111, 35 dô enweiz ich nicht vone noch nummer meêre ervaren wil; 386, 7 (ein ahd. beispiel Grz. § 126, 3). zur anmerkung s. 193 erwähne ich, dass Scherer zGDS' 353 und Kluge QF 32, 113f als wortstellung des indogermanischen satzes obj. praed. (subj.) postulieren; das ist aber nicht das, was wir wortstellung des nebensatzes nennen (typus II E.), sondern eben unsere (invertierte) wortstellung des hauptsatzes (typus 1 E.); zb. ím laúsam édôm got. ina lausida ihn löste ich. diese aufstellung ist also der Delbrücks und Behaghels gerade entgegengesetzt. § 216, 2, schluss. schlussstellung des verbs auch bei ausrufen, die nicht an eine interjection angeschlossen sind, zb. Myst. 1 333, 30 so si unsælic müeze sin möge sie verdammt sein; mit der annahme des einflusses abhängiger sätze auf solche allein stehende hat E. jedesfalls recht. 3). sehr auffallend ist einmal invertierte wortstellung nach daz: Predigtm. 16, 9 ich bin her zuo iuch gesant, daz sol ich sagen, wie ez umbe iuch stande, unde daz ich ime die wôrheit sage (der zweite daz-satz zeigt, dass auch der erste als nebensatz zu fassen ist). es kann auch vor

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kommen, dass ein nebensatz, der durch einen eingeschalteten satz in 2 teile getrennt ist, im 2 teil vorstellung des verbs aufweist, zb. Pz. 165, 10 daz ein vater sinen kinden, der sich triwe kunde nieten, möhtez in niht paz erbieten. zu unterscheiden hiervon sind fälle von anakoluthie, wo die begonnene construction völlig aufgegeben erscheint, fälle, wie sie in der mhd. poesie und besonders prosa nicht selten erscheinen. in relativsätzen zumal lehnt sich das verb an das relativpron. an, wenn dasselbe zugleich subj. des nebensatzes ist, sodass der relativsatz das ansehen eines hauptsatzes gewinnt: Pz. 738, 14 daz solt in fröude neigen, die sint erkant für guotiu wîp; 145, 6 (nach den hss.) der geliez nie vorhtlichen sweiz, im kom ein ritter widerriten (so verbindet Bartsch, der aber gegen die hss. nie geliez schreibt, während L. nach sweis einen punct setzt); 165, 6. Predigtm. 32, 15. 35, 1. Stricker 12, 113. Wd. D vi 10, 1. VIII 62, 2. Barl. 270, 38. MF 169, 29. es ist selbstverständlich, muss aber doch betont werden, dass in rücksicht auf die stellung von satzteilen hinter das abschliefsende verb das mhd. freier ist als das nhd.; sätze wie Pz. 745, 14 nu geloube, helt, daz ich gesach bi minen ziten noch nie'n man können wir nicht mehr wortgetreu widergeben. für die erklärung einer eigenen nebensatzstellung habe ich in meinen Relativsätzen s. 91 ff (besonders s. 97), gestützt auf statistische daten, auf die pronomina und besonders das pronominale subject als jene teile des satzes hingewiesen, von denen aus die bewegung, welche dann zu einer eigenen wortstellung des nebensatzes führte, ihren anfang genommen haben mag. wie ich dort s. 94 bemerkte (E. ist derselben ansicht Otfridsyntax s. 54 und Grz. s. 195), ist ein ansatz zu einer scheidung zwischen der wortstellung des hauptsatzes und des nebensatzes schon darin zu sehen, dass die dem nebensatze blofs als formales zeichen vorangestellte conjunction das ursprünglich vor dem verb. finitum stehende nomen an seiner stelle beliefs, sodass jetzt schon das verb an 3 stelle stand; dass dann das verb immer weiter zurücktrat, bis ans ende, wird von E. nur als folge des differenzierungstriebes hingestellt (so auch Anz. v 373). hier nun setzt meine theorie ein und sucht nachzuweisen, dass diese bewegung von den pronominibus begann und unter deren einfluss auf die übrigen satzteile weitergeführt wurde. den differenzierungstrieb stelle ich dann an 2 stelle (aao. s. 101), in so ferne er die schon vorhandene bewegung, die sich ursprünglich auf alle hauptsätze ausdehnte, benutzte, um den typus: verb am ende, in jenen hauptsätzen, die dann zu nebensätzen wurden, zu befestigen, die ansätze dazu in den anderen hauptsätzen aber wider absterben zu lassen; so erklärt es sich am leichtesten, dass man noch spät hauptsätze mit schliefsendem verb findet. s. 196, 4 absatz. infinitive mit allen ihren bestimmungen können hinter dem verb stehen; das verb kann.

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